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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 22.01.2008
Aktenzeichen: 6 U 91/06
Rechtsgebiete: BGB, PatG
Vorschriften:
BGB § 683 | |
BGB § 684 | |
BGB § 684 S. 2 | |
BGB § 687 Abs. 1 | |
BGB § 812 Abs. 1 | |
BGB § 994 | |
BGB § 1002 Abs. 1 | |
PatG § 8 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
6 U 91/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 22.01.2008
Verkündet am 22.01.2008
In dem Rechtsstreit
hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in Brandenburg auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2007 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Berufung des Beklagten wird das am 25. Juli 2006 verkündete Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus (6 O 60/06) teilweise abgeändert.
Die Klage wird vollständig abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe:
I.
Die Klägerin verlangt die Erstattung von Geldbeträgen, die sie für die Einleitung und Aufrechterhaltung von auf Erfindungen des Beklagten beruhenden Patentanmeldungen aufgewendet hat.
Wegen der Feststellungen wird auf das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 25.7.2006 Bezug genommen (§ 540 I Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat den Beklagten überwiegend antragsgemäß - bis auf einen Teil der Zinsen und auf die Nebenforderung - zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe ein Anspruch aus § 684 BGB zu. Die Klägerin habe sich nicht vertragswidrig verhalten, indem sie die Patente auf sich selbst angemeldet habe. Die Parteien hätten eine vertragliche Abrede getroffen, die zur Vollrechtsübertragung auf die Klägerin geführt habe, denn die Klägerin sei auch grundsätzlich zur Verwertung berechtigt gewesen. Dass sie sich ggf. noch nicht über die Verwertungsart und die Erfindervergütung verständigt hätten, sei unschädlich, weil die Parteien diese Abreden auch noch nachträglich hätten treffen können. Mit dem Versäumnisurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 31.10.2002 - nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin ein Vindikationsurteil - werde diese Situation aber grundsätzlich und zwar gegensätzlich abgeändert. Das Vindikationsurteil setze eine unberechtigte Besitzerstellung der Klägerin dieses Verfahrens voraus.
Zur Lösung dieses Widerspruches sei es nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gerechtfertigt, die Parteien so zu behandeln, als wenn die Klägerin von Anfang an Nichtberechtigter im Sinne des § 8 PatG gewesen wäre. Die Rechtsfolgen ergäben sich jedoch danach nicht aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis. Vielmehr seien die Parteien in einer Art Treuhandverhältnis verbunden gewesen, auf das die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag anzuwenden seien. Danach habe der Geschäftsherr - bei der unberechtigten Übernahme der Geschäftsführung ohne Auftrag - dem Geschäftsführer alles, was er durch die Geschäftsführung erlangt habe, nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Der Beklagte habe auf der Grundlage des Versäumnisurteils die Schutzrechte inne. Das sei nur möglich durch die Anmeldungs- und Aufrechterhaltungstätigkeit der Klägerin. Auch gegen den Anspruch der Höhe nach bestünden keine Bedenken. Das Klageverlangen sei nicht rechtsmißbräuchlich. Das Verlangen der Klägerin habe ihren Ursprung im Versäumnisurteil und dem Umstand, dass der Beklagte die Patentverwertung jetzt anderweitig betreibe. Mit dem Versäumnisurteil habe die Klägerin ihre Rechte verloren. Im Jahr 2005 habe sie ihre Aufwendungen verlangt. Dieser relativ kurze Zeitraum rechtfertige nicht die Annahme, die Klägerin werde ihre Aufwendungen nicht mehr verlangen. Es liege auch keine unzulässige Rechtsausübung vor. Die Einrede der Verjährung greife nicht durch. Die Regelverjährungsfrist habe zum 31.12.2005 geendet. Die Klägerin habe den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides bereits am 19.12.2005 gestellt, der am 5.1.2006 erlassen und am 7.1.2006 zugestellt worden sei. Die Verjährung sei danach bereits mit Eingang des Mahnbescheidsantrages gehemmt worden.
Gegen diese Entscheidung wendet sich der Beklagte mit der Berufung, mit der er die vollständige Klageabweisung begehrt.
Er beanstandet, dass die Tatbestandsfeststellungen zu den ursprünglichen Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien 1993 unvollständig seien. Aus dem Umstand, dass der Beklagte den bearbeitenden Patentanwalt bei der Anmeldung der Patente unterstützt und dabei nicht bemerkt habe, dass die Patente auf die Klägerin angemeldet wurden, habe das Landgericht fehlerhaft geschlossen, dass sich aus dem fehlenden Widerspruch ein "positives Einverständnis" ergebe. Das Landgericht habe bei der Bejahung eines Herausgabeanspruches nach § 684 BGB die Voraussetzungen der Geschäftsführung ohne Auftrag verkannt, wenn es zuvor das Vorliegen eines Vertrages der Parteien bejaht habe. Zudem sei systemwidrig die Rechtsfolge des § 683 BGB - Aufwendungsersatz - zur Rechtsfolge des § 684 BGB - Herausgabe - gemacht, obwohl keine Genehmigung im Sinne des § 684 S. 2 BGB festgestellt worden sei. Die Voraussetzungen eines Treuhandvertrages, der zur Begründung der Ablehnung der Anwendung der Regeln des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses angeführt worden sei, habe das Landgericht nicht dargelegt. Ebenso habe es nicht begründet, warum auf das angebliche Treuhandverhältnis die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag anwendbar sein sollten. Fehlerhaft sei das Landgericht davon ausgegangen, dass die Verjährung ab dem Dezember 2002, dem Erlass des Versäumnisurteils gegen die Klägerin, zu berechnen sei. Die Ausführungen zu Rechtsmissbräuchlichkeit und unzulässiger Rechtsausübung beruhten auf mangelhafter Sachverhaltsbasis und seien fehlerhaft. Das Landgericht habe seiner Entscheidung bestrittene Tatsachen zugrunde gelegt und die Verspätungsregelungen der ZPO umgangen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 25.7.2006, Az.: 6 O 60/06 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die zulässige Berufung ist begründet. Der Klägerin steht aus keinem Rechtsgrund ein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen für die Anmeldung und Aufrechterhaltung von auf Erfindungen des Beklagten beruhenden Patenten zu.
1. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Kostenerstattung aus der ursprünglichen vertraglichen Abrede der Parteien zu. Zutreffend hat das Landgericht nämlich festgestellt, dass die Parteien dahin übereingekommen sind, dass die Klägerin die Patente verwerten sollte, wobei die Kosten für die Schaffung und Erhaltung des Patentschutzes von ihr zu tragen waren. Das entspricht dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien. Deshalb stehen der Klägerin auch aus einem - angenommenen - ursprünglichen Treuhandverhältnis der Parteien Ansprüche nicht zu.
2. Der Klägerin steht kein Anspruch aus §§ 683, 684 BGB zu. Denn zwischen den Parteien bestand eine vertragliche Beziehung, die Ansprüche wegen Geschäftsführung ohne Auftrag ausschließt, weil die Parteien dahin übereingekommen sind, dass die Klägerin die Patente verwerten sollte, wobei die Kosten für die Schaffung und Erhaltung des Patentschutzes von ihr zu tragen waren. Daran ändert das rechtskräftig gewordene Teilversäumnis- und Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 3.12.2002 (4 O 188/02), mit dem die Klägerin zur Herausgabe der Patente an den Beklagten verurteilt worden ist, nichts.
Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass wegen des rechtskräftigen Teilversäumnis- und Teilurteils des Landgerichts Düsseldorf vom 3.12.2002 (4 O 188/02) von einer von Anfang an zwischen den Parteien bestehenden Vindikationslage gemäß § 8 PatG auszugehen wäre, wären die für das Verhältnis des Berechtigten zum Nichtberechtigten rechtsähnlichen Bestimmungen des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses entsprechend anzuwenden (vgl. BGH, Urteil vom 6.10.1981, X ZR 57/80 - zitiert nach juris). Ansprüche aus §§ 684, 683 BGB wären gemäß § 687 I BGB ausgeschlossen, weil nur von einer irrtümlichen Eigengeschäftsführung ausgegangen werden könnte.
3. Der Klägerin stehen auch keine Verwendungsersatzansprüche aus § 994 BGB infolge des gegen sie ergangenen rechtskräftig gewordenen Patentvindikationsurteils des Landgerichts Düsseldorf vom 3.12.2002 zu. Dem steht bereits die vertragliche Abrede der Parteien entgegen.
Zudem sind Ansprüche der Klägerin hinsichtlich sämtlicher auf den Beklagten übertragenen Patentrechte erloschen, weil sie erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 1002 I BGB geltend gemacht worden sind. Die Patentrechte sind mit Eintritt der Rechtskraft des Teilversäumnis- und Teilurteils des Landgerichts Düsseldorf vom 3.12.2002 von der Klägerin auf den Beklagten übertragen worden (vgl. § 894 I 1 ZPO). Die Eintragung der Rechtsänderung in das Patentregister hat nur deklaratorische Wirkung. Die Klägerin hat jedoch ihre Ansprüche erst im Jahr 2005 geltend gemacht.
4. Der Klägerin steht schließlich kein Anspruch aus § 812 I BGB zu, weil durch das rechtskräftig gewordene Teilversäumnis- und Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 3.12.2002 (4 O 188/02) Patente an den Beklagten zurückgefallen sind. Rechtsgrund für diese Vermögensverschiebung ist das rechtskräftige Teilversäumnis- und Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 3.12.2002, dem eine materiell-rechtliche Prüfung der bürgerlich-rechtlichen Ansprüche der Parteien zugrunde liegt.
5. Dieses Ergebnis ist auch sachgerecht. Der Senat hält es nicht nach dem Grundsatz von Treu und Glauben für geboten, die Parteien so zu behandeln, als wenn die Klägerin von Anfang an Nichtberechtigter im Sinne des § 8 PatG war und hier wegen der Besonderheiten des Falles nicht die Rechtsfolgen aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis anzuwenden, sondern die Rechtsfigur des Treuhandverhältnisses mit den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag. Denn die Parteien hatten zunächst eine Abrede getroffen, nach der die Kosten für die Schaffung und Erhaltung der Patentrechte bei der Klägerin bleiben sollten. Zwar bewirkte das Teilversäumnis- und Teilurteil des Landgerichts Düsseldorf vom 3.12.2002 eine Änderung der Rechtslage. Die Klägerin war jedoch Partei dieses Verfahrens und hatte alle Rechte und Möglichkeiten, um auf das Prozessergebnis einzuwirken. Jedenfalls hatte sie die Möglichkeit, wie es auch sonst die Beklagten in Patentvindikationsverfahren tun, ihren Anspruch auf Verwendungsersatz aus § 994 BGB für die Schaffung und Aufrechterhaltung des Patentschutzes im Wege der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts geltend zu machen (Busse-Keukenschrijver, Patentgesetz, 6. Aufl., Rn. 21 zu § 8). Dass die Klägerin es versäumte, ihre Rechte in gebotener Weise wahrzunehmen, ist kein Umstand, der unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben zu einer sonst rechtlich nicht gerechtfertigten Zuerkennung von Ansprüchen gegen den Beklagten führen kann.
III.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 I 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordern (§ 543 II Nr. 1 und 2 ZPO).
Ende der Entscheidung
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