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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: 6 W 135/07
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 420 | |
ZPO § 445 | |
ZPO § 447 | |
ZPO § 448 | |
ZPO § 574 Abs. 2 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
6 W 135/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In dem Prozesskostenhilfeverfahren
hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in Brandenburg durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke und den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig,
am 19.06.2008
beschlossen:
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des Landgerichts Potsdam vom 23. März 2007 in der Fassung des der sofortigen Beschwerde teilweise abhelfenden Beschlusses vom 27. Juli 2007 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung von Anwaltsvergütung.
Der Kläger vertrat die Beklagte und deren Ehemann im Jahre 2001 zunächst außergerichtlich in einer Sache betreffend den Kauf eines Grundstückes. Die Beklagte und ihr Ehemann hatten von den Eheleuten E... und K... R... im Jahr 2000 für 600.000 DM das im vorderen Teil der Grundfläche ... Straße 26 in C... belegene Grundstück erworben. Die Beklagte und ihr Ehemann zahlten auf den Grundstückspreis 100.000 DM an und zogen in das auf dem gekauften Grundstück stehende Haus, eine Finnhütte, ein. Später kam es zu Auseinandersetzungen zwischen der Beklagten und ihrem Ehemann sowie den Verkäufern wegen der Zahlung des Restkaufpreises. Die Verkäufer traten schließlich vom Kaufvertrag zurück und verlangten zunächst außergerichtlich sowie schließlich in den beiden bei dem Landgericht Potsdam geführten Verfahren 10 O 57/02 und 10 O 364/01 Räumung des Grundstücks und Schadensersatz von der Beklagten und deren Ehemann. In dieser Angelegenheit führte der Kläger persönliche und telefonische Gespräche mit dem Anwalt der Gegenseite. Die Beklagte und ihr Ehemann verglichen sich schließlich mit den Eheleuten R... in dem nach Verbindung der beiden Verfahren führenden Verfahren 10 O 364/01. Das Landgericht setzte den Streitwert auf 306.775,12 € fest.
Der Kläger vereinnahmte aus dem Vergleich am 25.7.2002 von den Eheleuten R... einen Betrag in Höhe von 2.204,44 € zugunsten der Beklagten und deren Ehemannes.
Der Kläger rechnete seine Vergütung unter Berücksichtigung einer vom Rechtsschutzversicherer der Beklagten und ihres Ehemannes anteilig zu zwei Drittel erteilten Deckungszusage einschließlich einer Besprechungsgebühr zunächst mit Schreiben vom 8.12.2004 ab. Am 30.12.2004 beantragte er bei dem Landgericht die Festsetzung seiner Vergütung. Mit Schreiben vom 25.1.2005 korrigierte der Kläger seine Vergütungsabrechnung, indem er nunmehr den Gebührenabschlag in Höhe von 10 % Anlage I des Einigungsvertrages, Kapitel III, Sachgebiet A, Abschnitt III, Maßgabe Nr. 26 lit. a zur BRAGO berücksichtigte. Die Beklagte erhob gegen den Antrag auf Vergütungsfestsetzung außergebührenrechtliche Einwendungen. In Erwiderung hierauf erklärte der Kläger mit Schriftsatz vom 23.3.2005, die von ihm vereinnahmte Zahlung der Eheleute R... mit seinen Gebührenansprüchen aus den bei ihm unter den Aktenzeichen 312/01, 434/01 und 220/01 geführten weiteren Angelegenheiten verrechnet zu haben. Als Anlage dazu legte er eine mit "Aufrechnung" überschriebene Abrechnung vor (Bl. 200 in Bd. II der Beiakte 10 O 364/01 Landgericht Potsdam).
Gegenüber dem Ehemann der Beklagten setzte das Landgericht durch Beschluss vom 2.6.2006 die Vergütung des Klägers auf 2.518,48 € fest. Die Besprechungsgebühr berücksichtigte das Landgericht nicht, weil diese nicht zu den Kosten des Rechtsstreits gehöre. Der Ehemann der Beklagten leistete bisher keine Zahlungen auf den festgesetzten Betrag.
Der Kläger behauptet, er habe die ursprüngliche Abrechnung auch gegenüber dem Rechtschutzversicherer hinsichtlich des Gebührenabschlages in Höhe von 10 % berichtigt. Er macht außerdem geltend, den von ihm aus dem Vergleich mit den Eheleuten R... vereinnahmten Betrag wie im Kostenfestsetzungsverfahren dargelegt verrechnet zu haben.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, als Gesamtschuldner mit Herrn Dr. G... H..., ... Straße 62, C..., an den Kläger 3.149,02 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beantragt außerdem, ihr für ihre Rechtsverteidigung Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe schon deshalb keinen Anspruch auf eine Besprechungsgebühr, da dieser sie, die Beklagte, und ihren Ehemann nicht darauf hingewiesen habe, dass diese Gebühr durch ein persönliches Gespräch des Klägers mit dem gegnerischen Anwalt anfallen würde. Vorsorglich hat die Beklagte die Aufrechnung mit einem ihr aus dieser Pflichtverletzung zustehenden Schadensersatzanspruch erklärt. Die Beklagte meint weiter, der Kläger hätte außerdem den von ihm auf Grund des Vergleiches vereinnahmten Betrag in Höhe von 2.204,44 € als Zahlung auf die streitige Vergütungsforderung anrechnen müssen. Der Kläger sei zur anderweitigen Verrechnung nicht befugt gewesen. Im Übrigen wendet die Beklagte die Verjährung der den vom Kläger genannten Rechnungen zugrunde liegenden Forderungen ein.
Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluss in der Fassung des der sofortigen Beschwerde teilweise abhelfenden Beschlusses der Beklagten Prozesskostenhilfe gewährt, soweit sie sich gegen die Klage im Betrage von 1.102,22 € verteidigt. Im Übrigen hat das Landgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg abgelehnt. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Kläger könne grundsätzlich von der Beklagten Anwaltshonorar für sein Tätigwerden im Verfahren 10 O 364/01 verlangen. Dies gelte auch für die Besprechungsgebühr. Die Beklagte könne dem nicht entgegenhalten, der Kläger habe sie und ihren Ehemann nicht über das Anfallen der entsprechenden Gebühr aufgeklärt, und ihr sei auf Grund dieser Pflichtwidrigkeit ein Schaden in Höhe der entsprechenden Anwaltsgebühr entstanden. Der Kläger habe substantiiert dargelegt, dass entsprechende Gespräche mit dem gegnerischen Anwalt zur letztlich vergleichsweisen Beilegung des Ausgangsrechtsstreites geführt haben. Davon, dass für die zur Mandatsbearbeitung erforderlichen anwaltlichen Tätigkeiten die entsprechenden gesetzlichen Gebühren anfallen würden, habe die Beklagte ausgehen müssen. Die für das Vorliegen einer Pflichtverletzung und eines durch diese kausal verursachten Schadens darlegungs- und beweispflichtige Beklagte habe weder dargelegt, dass ein entsprechendes Ergebnis auch ohne zusätzliche Gespräche von Anwalt zu Anwalt hätten erzielt werden können, noch, dass sie und ihr Ehemann falsche Vorstellungen über die Kostenpflicht zusätzlicher Gespräche von Anwalt zu Anwalt gehabt und dies dem Kläger hätte bekannt sein müssen.
Die Beklagte könne gegen die Forderung des Klägers auch nicht einwenden, dass dieser die Rechnungslegung gegenüber dem Rechtsschutzversicherer nicht korrigiert und er deshalb einen höheren Anteil als zwei Drittel von der Versicherung erlangt habe. Aus dem Schriftsatz des Klägers vom 23.3.2005 im Vergütungsfestsetzungsverfahren 10 O 364/01 (Bl. 197 Bd. II der Beiakte) ergebe sich diese Korrektur. Unabhängig davon würde ansonsten mangels Rechtsgrundes für die Zahlung insoweit ein Rückforderungsanspruch der Versicherung bestehen.
Soweit die Beklagte einwende, der Kläger müsse sich die von ihm vereinnahmte Zahlung der Eheleute R... in Höhe von 2.204,44 € anrechnen lassen, habe dies nur in Höhe von 1.102,44 € Erfolg. Ein Anspruch der Beklagten auf Auskehr des vereinnahmten Betrages beschränke sich auf die Hälfte. Der Gesamtbetrag sei unstreitig nicht für die Beklagte allein, sondern für sie und ihren Ehemann vom Kläger vereinnahmt worden. Die Beklagte sei insoweit ehemals gegenüber den Eheleuten R... und nunmehr gegenüber dem Kläger Teilgläubigerin im Sinne des § 420 BGB. Die Behauptung der Beklagten, die vom Kläger zur Aufrechnung gestellten Forderungen aus den Rechnungen 312/01, 334/01 und 220/01 seien auf den 14.1.2003 rückdatiert worden und die betreffenden Tätigkeiten des Klägers seien vor dem Jahr 2005 gegenüber der Beklagten und ihrem Ehemann nie abgerechnet worden, als wahr unterstellt, dürfte eine Aufrechnungslage zu unverjährter Zeit nicht bestanden haben.
Ein "kollusives Zusammenwirken" zwischen dem Kläger und ihrem geschiedenen Ehemann habe die Beklagte nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.
II.
Die zulässige sofortige Beschwerde der Beklagten ist, soweit über sie nach der teilweisen Abhilfe durch das Landgericht noch zu entscheiden ist, aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch das Beschwerdevorbringen nicht entkräftet werden, unbegründet.
1. Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass der Kläger grundsätzlich Anwaltshonorar für seine Tätigkeit im Verfahren 10 O 364/01 des Landgerichts Potsdam von der Beklagten verlangen kann. Der Kläger kann auch eine Besprechungsgebühr zum vollen vom Landgericht festgesetzten Streitwert verlangen. Dass die Besprechungsgebühr nur zum von den Eheleuten R... herauszugebenden Teil des Kaufpreises geführt worden ist, kann nach den Darlegungen des Klägers und den von ihm dargelegten Unterlagen nicht angenommen werden. Es erscheint auch unplausibel, dass der Kläger nur darüber mit den Eheleuten R... bzw. deren Rechtsvertretern gesprochen haben soll, nicht jedoch über die zu bereinigende Gesamtproblematik. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Beklagten und ihres Ehemannes in Höhe der Besprechungsgebühr, die sie mit Aussicht auf Erfolg im Wege der Aufrechnung dem Klageanspruch in Höhe der Besprechungsgebühr entgegensetzen könnte, hat aus den Gründen des angefochtenen Beschlusses, auf die der Senat verweist, die Beklagte nicht dargelegt.
2. Aus den ebenfalls zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses kann die Beklagte auch nichts zu ihren Gunsten daraus ableiten, dass nach ihrer Darstellung der Kläger seine Gebührenrechnung gegenüber dem Rechtsschutzversicherer nicht korrigiert habe.
3. Das Landgericht hat der Beschwerde der Beklagten bereits abgeholfen, soweit sie sich im Betrage von 1.102,44 € gegen die Klageforderung verteidigt und insoweit mit Aussicht auf Erfolg die Verjährung der Forderungen des Klägers einwenden kann, die dieser zur Aufrechnung stellt.
Hinsichtlich des restlichen einbehaltenen Betrages in Höhe von 1.102,44 € kann die Beklagte keine Ansprüche geltend machen und sich demzufolge insoweit nicht mit hinreichender Aussicht auf Erfolg verteidigen, weil die Beklagte hinsichtlich des gesamten vom Kläger für diese und deren Ehemann vereinnahmten Betrages gegenüber dem Kläger nur Teilgläubigerin im Sinne des § 420 BGB ist. Die Beklagte hat nunmehr zwar behauptet, dass der Kläger unmittelbar nach dem Pfändungstermin Anfang Juli 2002 telefonisch geäußert habe, er werde den eingezogenen Betrag nicht auskehren, sondern mit den noch offenen Honorarforderungen aus dem Rechtsstreit H... ./. R... verwenden. Sie hat außerdem behauptet, der Kläger habe sinngemäß erklärt, dass damit die Angelegenheit gänzlich abgeschlossen sei. Selbst wenn dem eine konkludente Aufrechnungserklärung des Klägers entnommen werden könnte, erscheint es ausgeschlossen, dass die Beklagte diese Behauptung wird beweisen können. Die von ihr angebotene Vernehmung von ihr selbst als Partei ist gemäß § 447 ZPO nur mit Zustimmung des Klägers möglich. Eine solche liegt nicht vor und ist nicht zu erwarten. Die Parteivernehmung der Beklagten als beweispflichtige Partei ist gemäß § 448 ZPO zulässig, wenn ein Anbeweis der behaupteten Tatsache vorliegt. Dafür ist nichts ersichtlich. Ebenso wenig ist nach den bisherigen Einlassungen des Klägers von dessen zulässiger Parteivernehmung gemäß § 445 ZPO zu erwarten, dass dieser die Behauptung der Beklagten bestätigen wird.
Auf die weiteren im Zusammenhang mit dem vom Kläger vereinnahmten Betrag erörterten Fragen kam es danach im Rahmen der Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht an.
4. Ein "kollusives Zusammenwirken" zwischen dem Kläger und ihrem Ehemann hat die Beklagte auch in der Beschwerde nicht schlüssig dargelegt.
III.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Kosten werden nicht erstattet (§ 127 IV ZPO).
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Gründe des § 574 II ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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