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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 28.12.2001
Aktenzeichen: 6 W 144/01
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO, BRAGO, GKG
Vorschriften:
RPflG § 11 Abs. 1 | |
ZPO § 104 Abs. 3 | |
ZPO § 577 | |
ZPO § 567 | |
ZPO § 766 | |
ZPO §§ 91 ff. | |
ZPO § 91 Abs. 1 S. 1 | |
ZPO § 3 | |
BRAGO § 118 Abs. 1 | |
BRAGO § 20 | |
GKG § 12 Abs. 1 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
6 W 144/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In dem Kostenfestsetzungsverfahren
hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht den Richter am Oberlandesgericht und die Vorsitzende Richterin am Landgericht
am 28. Dezember 2001
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Cottbus vom 21.6.2001 - 4 O 292/00 - aufgehoben. Der Antrag der Verfügungsbeklagten vom 3.1.2001 auf Kostenfestsetzung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Verfügungsbeklagte zu tragen.
Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.890,00 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Das Landgericht Cottbus hat der Verfügungsbeklagten, die - wie sich später herausstellte - keine selbständige Rechtspersönlichkeit, sondern eine unselbständige Verkaufsstelle einer im einzelnen nicht feststehenden Gesellschaft ist, auf Antrag des Verfügungsklägers durch Beschluss vom 11. Oktober 2000 - 4 O 292/00 - im Wege einstweiliger Verfügung untersagt, den Vertrieb einer Telefonnummern-CD vorzunehmen, auf welcher sich auch Anschrift und Nummer des Verfügungsklägers befanden.
Mit Schriftsatz vom 16. November 2000 haben die Rechtsanwälte S, K u.a. die Vertretung der Verfügungsbeklagten angezeigt und vorgetragen, diese existiere nicht. Alsdann ist für die Verfügungsbeklagte Widerspruch eingelegt worden. Mit dem am 14. Dezember 2000 verkündeten Urteil hat das Landgericht Cottbus die einstweilige Verfügung wegen Unzulässigkeit des Antrags aufgehoben und dem Verfügungskläger die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Die Verfügungsbeklagte hat unter dem 3. Januar 2001 Kostenfestsetzung beantragt und zur Begründung ausgeführt, die geltend gemachten Kosten seien tatsächlich entstanden. Die hinter der nicht existenten Verfügungsbeklagten stehende R e.G., sei zur Zahlung der angefallenen Rechtsanwaltskosten verpflichtet. Für diese sei es dringend erforderlich gewesen, sich gegen die einstweilige Verfügung zur Wehr zu setzen. Die Umsatzsteuer sei zu erstatten, weil die Verfügungsbeklagte als nicht existente Partei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sei.
Das Landgericht Cottbus hat die Kosten durch Beschluss vom 21. Juni 2001 antragsgemäß auf 2.890,00 DM festgesetzt.
Gegen diesen, dem Verfügungskläger am 28. Juni 2001 zugestellten Beschluss richtet sich seine am selben Tage bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde.
II.
Die sofortige Beschwerde des Verfügungsklägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Cottbus vom 21. Juni 2001 ist zulässig, §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 577, 567 ZPO.
Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
Die Kostenfestsetzung zugunsten einer nicht existenten Partei verbietet sich im vorliegenden Falle bereits aus der Natur der Sache. Einer solchen "Partei" können keine notwendigen Kosten im Sinne von § 91 ZPO entstehen. Sie kann bereits keinen Rechtsanwalt beauftragen. Dergleichen ist nur dem hinter der "Partei" stehenden Dritten möglich. Eine Kostenfestsetzung würde damit im Ergebnis auf eine Erstreckung der Kostengrundentscheidung zugunsten dieses Dritten hinauslaufen.
Dabei kann es dahinstehen, ob eine solche Erstreckung angezeigt ist, wenn für eine erst im Laufe des Rechtsstreits erloschene juristische Person Kostenfestsetzung begehrt wird (s. dazu BGH in NJW 1982, 238) oder wenn die Existenz oder Identität einer Person im Rechtsstreit Gegenstand der Auseinandersetzung gewesen ist. Denn so liegt der Fall hier nicht:
Die Verfügungsbeklagte existiert unstreitig nicht und hat auch nie existiert, weswegen der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach Durchführung des Rechtfertigungsverfahrens letztlich keinen Erfolg gehabt hat. In einem solchen Fall mag dem hinter der nicht existierenden Partei stehenden Dritten ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Ersatz der ihm entstandenen Kosten zustehen; ein solcher Anspruch ist jedoch der Realisierung im Kostenfestsetzungsverfahren nicht zugänglich. Hierzu müsste der Klageweg beschritten werden, in welchem zuverlässig und erforderlichenfalls unter Anwendung der Mittel des Strengbeweises geklärt werden kann, ob und in welcher Höhe ein Anspruch besteht.
Der Senat folgt nicht der in der Rechtsprechung vertretenen Meinung (z.B. OLG Koblenz, Beschluss vom 15. Mai 2001 - 14 W 332/01; OLG Köln, Beschluss vom 21. Februar 2001 - 17 W 69/01), es sei die existente Partei als fiktiver gebührenrechtlicher Auftraggeber anzusehen, die Frage der Notwendigkeit der ausgelösten Kosten habe sich im Ergebnis an der natürlichen, den Rechtsanwalt mandatierenden Person, dem Dritten, zu orientieren.
Diese Ansicht ist bereits mit Sinn und Zweck des Kostenfestsetzungsverfahrens nicht in Einklang zu bringen. Dieses, sich dem Rechtsstreit gewissermaßen als Appendix anschließende Verfahren ist in der ZPO bewusst einfach ausgestaltet worden; es soll freigehalten werden von umfangreichen materiell-rechtlichen Prüfungen. Dementsprechend wird z.B. die Berücksichtigung vorprozessualer, aus § 118 Abs. 1 BRAGO folgender Kosten in diesem Verfahren abgelehnt, weil dann die Prozessbezogenheit des Kostenansatzes und die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage für die Kostenerstattung zu prüfen wären. Zur Feststellung des Sachverhalts und zur Prüfung der Anspruchsgrundlage wäre ein Aufwand erforderlich, der dem Ziel des Kostenfestsetzungsverfahrens - der schnellen Schaffung eines Kostentitels - zuwiderlaufen würde (so auch OLG Rostock in JurBüro 1998, 1999).
Die vorstehend aufgezeigten Probleme bestehen auch im vorliegenden Fall: Soll für die Frage der Entstehung und Notwendigkeit der angemeldeten Kosten im Rahmen des prozessualen Erstattungsanspruchs die Person des Dritten maßgeblich sein, so wird dem Rechtspfleger die oben beschriebene, unter Umständen umfangreiche Prüfung auferlegt. Zwar mag die Frage der Entstehung der angemeldeten Kosten noch einfach zu klären sein. Problematisch wird jedoch die Prüfung der Notwendigkeit. Diese setzt die Klärung der Identität des Dritten voraus, ohne welche nicht zu beantworten ist, weshalb der Dritte durch die klageweise Inanspruchnahme einer nicht existierenden Partei überhaupt in rechtlich relevanter Weise tangiert werden kann. Hinzu kommt, dass dem Rechtspfleger zur Klärung der Identität nur ein eingeschränktes Instrumentarium zur Verfügung steht (s. § 104 Abs. 2 ZPO), welches für den Kostenansatz im eigentlichen, nicht aber für seine weiteren Voraussetzungen im oben genannten Sinne geeignet ist.
Der vorliegende Fall macht in besonderer Weise deutlich, welche Schwierigkeiten der Rechtspfleger meistern müsste, wollte er die Person des Dritten und damit die durch schützenswerte Interessen ausgelöste Notwendigkeit klären: Als "Dritte" kommt zum einen die B Holding GmbH & Co. KG in Betracht, welche sich mit Schreiben vom 20. September 2000 zur richtigen Adressatin der Abmahnung des Verfügungsklägers erklärt und durch Angabe, sie handele auch für ihre "Tochtergesellschaften", evtl. beim Verfügungskläger die irrige Vorstellung der rechtlichen Selbständigkeit der einzelnen Verkaufsstellen hervorgerufen hat. Zum anderen könnte die R. e.G. "Dritte" sein, die "hinter" der Verfügungsbeklagten stehen soll.
Die Klärung der Identität des Dritten kann auch nicht dahinstehen, weil nur so verlässlich einzelne Fragen der Notwendigkeit wie die Reisekosten der Partei, die Bestellung eines Korrespondenzanwalts oder der Anfall einer Gebühr gemäß § 20 BRAGO geklärt werden können. Wollte man hierfür auf die - nicht existente - Verfügungsbeklagte abstellen, so würde dies zu untragbaren, mit den Gesetzen der Logik nicht mehr in Einklang zu bringenden Ergebnissen führen. Dies verdeutlicht der Vortrag der Verfügungsbeklagten auf Schönste, wenn sie ausführt, da sie nicht existiere, sei sie nicht vorsteuerabzugsberechtigt und müsse der Verfügungskläger dementsprechend auch die Umsatzsteuer erstatten.
Schließlich kann sich die Notwendigkeit der von dem Dritten ausgelösten Kosten auch nicht aus der Überlegung ergeben, der Schutz seiner Vermögensinteressen habe die Beauftragung eines Rechtsanwalts erforderlich gemacht. Diese können bei sachgerechter Ausnutzung der in der ZPO zur Verfügung gestellten Rechtsbehelfe nicht gefährdet sein. Sollte ein Vollstreckungsorgan aus einem Titel gegen einen Dritten vollstrecken, so steht diesem die Erinnerung gemäß § 766 ZPO offen und die in diesem Verfahren dem Dritten entstandenen Kosten auch gemäß §§ 91 ff. ZPO wären zu erstatten.
Aus alledem ergibt sich, dass die Verfolgung von Kostenerstattungs- bzw. Schadensersatzansprüchen des Dritten nur im Klagewege einen zuverlässigen, den Interessen aller Parteien gerecht werdenden Weg darstellt.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Verfügungsbeklagte zu tragen, da sie die Kostenfestsetzung betrieben hat, § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO.
Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 12 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.
Ende der Entscheidung
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