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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 12.09.2008
Aktenzeichen: 6 W 146/08
Rechtsgebiete:


Vorschriften:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 15.07.2008 - 13 O 221/06 - wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Klägerin, die sofortige Vollziehung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 15.07.2008 auszusetzen, wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nahm die Beklagte aus einer Bürgschaft in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage ab. Dagegen legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 08.05.2008, bei Gericht am selben Tag per Telefax eingegangen, Berufung ein. Gleichzeitig unterrichtete sie die Beklagte davon, dass vorsorglich und fristwahrend Berufung eingelegt worden sei. Sie bat darum, dass die Beklagtenvertreter sich zur Vermeidung unnötiger Kosten noch nicht bestellen mögen. Mit Schriftsatz vom 15.05.2008, den sie dem Gericht per Telefax übersandte, nahm die Klägerin die Berufung zurück. Das Oberlandesgericht veranlasste unter dem 16.05.2008 die Zustellung der Berufungsschrift an die Beklagte. Die Beklagtenvertreter sandten das Empfangsbekenntnis mit Datum vom 19.05.2008 zurück. Ihr Empfangsbekenntnis, mit dem sie den Eingang des Berufungsrücknahmeschriftsatzes bestätigen, trägt das Datum vom Folgetag. Das Oberlandesgericht erlegte der Klägerin mit Beschluss vom 22.05.2008 die Kosten des Berufungsverfahrens auf.

Die Beklagtenvertreter haben unter dem 28.05.2008 die Festsetzung einer 1,1-Verfahrensgebühr und der Postpauschale für ihre Tätigkeit im Berufungsverfahren beantragt. Hierzu haben sie vorgetragen, am 09.05.2008 habe sie die Beklagte telefonisch mit der Abwehr der klägerischen Berufung beauftragt und zu deren Erfolgsaussichten befragt.

Die Klägerin ist dem Kostenfestsetzungsantrag entgegengetreten. Sie meint, auf Seiten der Beklagtenvertreter sei die zur Festsetzung angemeldete Gebühr nicht entstanden. Diese hätten keinen Schriftsatz gefertigt.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 15.07.2008 die der Beklagten im Berufungsverfahren entstandenen Kosten antragsgemäß gegen die Klägerin in Höhe von 1.393,01 € festgesetzt.

Gegen diesen Beschluss, der ihr am 23.07.2008 zugestellt worden ist, wendet sich die Klägerin mit ihrer am 06.08.2008 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie die Festsetzung insgesamt beanstandet. Sie macht geltend, aufgrund des chronologischen Ablaufs habe die Beklagte ihre anwaltlichen Vertreter erst nach bereits erfolgter Rücknahme der Berufung mit der Wahrnehmung ihrer Interessen im Berufungsverfahren beauftragen können. Die Zustellung der Berufungsschrift sei erst am 19.05.2008 erfolgt. Sie, die Klägerin, habe die Beklagtenvertreter am 15.05.2008 von der Rücknahme der Berufung unterrichtet.

Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 15.08.2008 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 1.393,01 € und übersteigt damit den Beschwerdewert von 200 €.

Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht zugunsten der Beklagten eine 1,1-Verfahrensgebühr und die Postpauschale für die Tätigkeit ihrer Prozessbevollmächtigten im Berufungsverfahren festgesetzt.

Die Beklagte hat vorgetragen, dass sie ihre erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 09.05.2008 mit ihrer Vertretung in der Berufungsinstanz beauftragt hat. Dass eine entsprechende Beauftragung auf Grund des chronologischen Ablaufs erst nach erfolgter Rücknahme der Berufung möglich war, macht die Klägerin vergeblich geltend. Die Beklagte war am 09.05.2008 in der Lage, einen Auftrag für ihre Vertretung in zweiter Instanz zu erteilen und über die Erfolgsaussichten der Berufung der Klägerin mit ihren Prozessbevollmächtigten zu sprechen. Denn an diesem Tag wussten ihre Prozessbevollmächtigten und damit auch die Beklagte bereits von dem Rechtsmittel. Die Klägerin hat selbst vorgetragen, dass sie die Beklagtenvertreter zeitgleich mit der Einlegung der Berufung am 08.05.2008 von dem Rechtsmittel in Kenntnis gesetzt hat. Mit dieser Beauftragung entstand auf Seiten der Beklagtenvertreter die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3200 VV RVG, die sich gemäß Nr. 3201 VV RVG auf 1,1 ermäßigte, weil die Klägerin die Berufung zurückgenommen hat, bevor die Beklagtenvertreter einen Schriftsatz für die Beklagte einreichen konnten. Allein der Auftrag des Mandanten lässt die Gebühr entstehen, dass ein Schriftsatz bei Gericht eingereicht wird, ist dafür gerade nicht erforderlich.

Die Gebühr gemäß Nr. 3201 VVRVG ist auch erstattungsfähig.

Gemäß § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei in allen Prozessen zu erstatten. Daraus folgt, dass eine Partei im Prozess einen Rechtsanwalt zu Hilfe nehmen darf und die dadurch entstandenen Kosten erstattungsfähig sind. Eine Einschränkung dieses Grundsatzes für die Fälle, in denen ein Rechtsmittel nur vorsorglich eingelegt wird, ist im Gesetz nicht ausdrücklich vorgesehen. Vielmehr ist dem Berufungsbeklagten eine zur Kostenfestsetzung angemeldete ermäßigte Verfahrensgebühr eines zu diesem Zeitpunkt bereits beauftragten zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zu erstatten, wenn der Berufungskläger die Berufung nur zur Fristwahrung einlegt und vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zurücknimmt (BGH, Beschluss vom 17.12.2002, X ZB 9/02, MDR 2003, 530).

Zwar hat hier die Beklagte und Berufungsbeklagte ihre zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten beauftragt, bevor ihr vom Gericht die Berufungsschrift zugestellt worden ist. Sie hat jedoch zuverlässig Kenntnis von der Berufungseinlegung gehabt. Dies berechtigte sie, einen Anwalt mit ihrer Vertretung zu beauftragen.

Deshalb sind die der Beklagten durch die Beauftragung ihrer Prozessbevollmächtigten für die zweite Instanz verursachten Kosten notwendig und von der Klägerin zu erstatten.

Da die sofortige Beschwerde keinen Erfolg hat, musste auch der Antrag, die sofortige Vollziehung des Kostenfestsetzungsbeschlusses auszusetzen, zurückgewiesen werden.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes unterbleibt, weil sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem Streitwert berechnen, vgl. § 63 Abs. 1 GKG. Im Beschwerdeverfahren wird eine Festgebühr erhoben, wenn die Beschwerde erfolglos bleibt, Nr. 1812 KV GKG, anderenfalls entstehen keine Gerichtsgebühren.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.



Ende der Entscheidung

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