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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.02.2008
Aktenzeichen: 6 W 154/07
Rechtsgebiete: ZSEG


Vorschriften:

ZSEG § 3 Abs. 2
ZSEG § 16
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 154/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Kostensache

betreffend den Rechtsstreit

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts in Brandenburg durch die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard als Einzelrichterin

am 19. Februar 2008

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 08. August 2007 - 14 O 315/03 - wird zurückgewiesen.

Die Entscheidung ergeht gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat die Beklagte mit der Klage auf Leistungen aus einem Mietverhältnis in Anspruch genommen.

Mit Beschluss vom 01.7.2002 hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und der Klägerin eine Vorschusspflicht von 2.000,00 € auferlegt.

Die Klägerin hat den Vorschuss am 22.07.2002 entrichtet.

Mit Beschluss vom 06.12.2002 ist mit der Erstellung des Gutachtens der Sachverständige Bl... beauftragt worden. Dieser hat sein Gutachten am 10.04.2003 erstellt und hierüber eine Rechnung in Höhe von 2.978,59 € gelegt. Diesen Betrag hat die Justizkasse am 28.04.2003 angewiesen.

Mit Schriftsatz vom 25.04.2003 hatte die Klägerin die Höhe der in Rechnung gestellten Gutachterkosten angegriffen.

Mit Beschluss vom 11.07.2003 hat das Landgericht Frankfurt (Oder) eine weitere Gutachtenserstellung angeordnet und den Sachverständigen W... beauftragt. Es ist der Klägerin eine Vorschusspflicht über 2.000,00 €, der Beklagten eine solche über 1.500,00 € auferlegt worden.

Die Beklagte hat den geforderten Vorschuss entrichtet, die Klägerin jedoch nicht. Die Gutachtenerstellung ist dem Sachverständigen W... am 05.11.2003 in Auftrag gegeben worden. Dieser hat sein Gutachten erstellt und eine Rechnung über 3.748,82 € gelegt. Diesen Betrag hat die Justizkasse am 24.03.2004 angewiesen.

Mit Urteil vom 14.07.2004 des Landgerichts Frankfurt (Oder) sind der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu 1/3, der Beklagten zu 2/3 auferlegt worden. Die Beklagte ist amtsbekannt pfandlos.

Mit Kostenrechnung vom 18.11.2005 (Kassenzeichen: 0204500026727Z001) ist die Klägerin zur Zahlung von Gerichtskosten in Höhe von restlichen 2.228,20 € aufgefordert worden, wobei sie als Zweitschuldnerin in Anspruch genommen worden ist.

Die Klägerin hat gegen die Kostenrechnung Beschwerde vom 24.11.2005 eingelegt. Sie hat das Gutachten des Sachverständigen Bl... als unbrauchbar erachtet, auch der Sachverständige W... habe Kosten überhöht abgerechnet.

Mit Beschluss vom 08.08.2007 nach Anhörung des Bezirksrevisors hat das Landgericht Frankfurt (Oder) die als Erinnerung anzusehende Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, sowohl dem Sachverständigen Bl... als auch dem Sachverständigen W... stehe ein Anspruch auf Vergütung in der bereits gezahlten Höhe zu. Der Vergütungsanspruch eines Sachverständigen bestehe unabhängig davon, ob das Gutachten objektiv richtig sei bzw. wie die Parteien oder das Gericht das Gutachten bewerteten. Der Vergütungsanspruch gehe nur dann verlustig, wenn das Gutachten unverwertbar sei und der Sachverständige diese Unverwertbarkeit verschuldet habe. Eine schuldhafte Pflichtverletzung, welche zur Unfallwertbarkeit der Gutachten geführt hätte, liege nicht vor.

Die Klägerin hat gegen den Beschluss vom 08.08.2007 die Beschwerde vom 22.08.2007 eingelegt.

Mit der Beschwerde wendet sie sich gegen die Notwendigkeit der Einholung eines zweiten Gutachtens.

Ferner meint sie, qualitative Mängel des Gutachtens müssten bei der Honorarbemessung berücksichtigt werden. Zudem sei die Beklagte hinsichtlich des zweiten Beweisbeschlusses einer Kostenvorschusspflicht nicht nachgekommen. Die Vergütungen der Sachverständigen seien völlig übersetzt.

Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig (§ 66 Abs. 2 Satz 1 GKG), in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.

Mit Kostenrechnung vom 18.11.2005 sind neben den Gerichtskosten des Rechtsstreit in Höhe von 4.079,34 € (auf 90 % reduziert entsprechend der Festlegungen des Einigungsvertrages) Sachverständigenauslagen von 6.727,41 €, insgesamt 10.806,75 € in Rechnung gestellt worden. Von den auf die Klägerin entfallenden 2/3 (7.204,50 € Zweitschuldnerhaftung) sind abgesetzt worden von der Beklagten entrichtete Beträge in Höhe von 1.500,00 €, ein weiterer Betrag von 2.537,68 € sowie ein von der Klägerin gezahlter Überschuss von 938,62 €. Hieraus ergibt sich der bei der Klägerin eingeforderte Restbetrag von 2.228,20 €.

Weiterhin ist der Klägerin ihre Haftung als Zweitschuldnerin (§ 49 GKG) mitgeteilt worden, da die Kostenschuldnerin Rita Berg amtsbekannt pfandlos ist.

1.

Die Beschwerde ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Vergütung des Sachverständigen Bl... (2.978,59 €) richtet.

Soweit die Klägerin vorträgt, dieses Gutachten sei unbrauchbar bzw. weise qualitative Mängel auf, begehrt sie entweder eine Festsetzung des Honorars auf 0 € oder jedenfalls eine Minderung des Honorars.

a.

Im vorliegenden Falle berechnen sich die Vergütung und die Auslagen des Sachverständigen nach den Vorschriften des ZSEG, da das JVEG erst seit 01.07.2004 in Kraft ist und die Leistungen des Sachverständigen Bl... bereits vor diesem Termin erbracht worden sind (§ 25 JVEG).

Das ZSEG hat keine Regelungen über den Ausschluss oder den Verlust des Entschädigungsanspruches aufgrund des Verhaltens seines Sachverständigen enthalten. Nach der gefestigten Rechtsprechung in diesem Punkte war jedoch eine Vergütung nur dann zu versagen, wenn die bestimmungsgemäße Entschädigung grob unbillig gewesen wäre, weil der Sachverständige schuldhaft seinen ihm obliegenden Verpflichtungen nicht nachgekommen war oder die Unverwertbarkeit der ihm obliegenden Leistung vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführt hatte (Meyer/Höver/Bach, Gesetze über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 22. Aufl., § 3 Rn. 9).

Entstand Streit über die Höhe der festzusetzenden Vergütung, war es den Parteien nicht möglich, eine gerichtliche Festsetzung nach § 16 ZSEG zu beantragen. Vielmehr konnte die kostenpflichtige Partei eine gerichtliche Überprüfung der im Kostenansatz enthaltenen Sachverständigenentschädigung nur im Verfahren über die Erinnerung/Beschwerde gegen den Kostenansatz erreichen (§ 5 GKG a. F.). So ist es auch im vorliegenden Falle geschehen.

b.

Der Verlust der Vergütung tritt ein, wenn das Gutachten unverwertbar ist und der Sachverständige die Unverwertbarkeit verschuldet hat. Insofern muss Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorliegen (Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 3 Rn. 12).

Der Entschädigungsanspruch kann auch versagt werden, wenn das Gutachten zeigt, dass der Sachverständige nicht über die zur Beurteilung der Beweisfrage erforderlichen Sachkenntnisse verfügt.

Die genannten Voraussetzungen für den Ausschluss des Entschädigungsanspruches liegen nicht vor. Eine Unverwertbarkeit des Gutachtens aufgrund verschuldeter inhaltlicher Mängel ist nicht ersichtlich.

Gemäß Beweisbeschluss vom 01.07.2002 war dem Sachverständigen aufgegeben worden, den objektiven Mietwert des Objektes ...-Damm 67 in B... zu ermitteln, wobei ihm entsprechend der Behauptung der Klägerin bestimmte Monatsmieten vorgegeben worden sind. Ferner sollte der Sachverständige zu den von der Beklagten behaupteten Mängel der Mietsache Stellung nehmen.

Zwar ergibt sich aus dem Mietvertrag eine Vermietung einer Fläche von 350 m² als Gewerberäume, verteilt über zwei Etagen. In § 23 des Mietvertrages ist jedoch eine Aufteilung der Nutzung dahin erfolgt, dass die Räume im Erdgeschoss sowie die beiden Terrassenräume im Obergeschoss zu privaten Wohnzwecken, die übrigen Räume des Obergeschosses als Gästezimmer zu nutzen seien.

Entsprechend den Angaben der Parteien im Ortstermin vom 21.03.2003 ist der Sachverständige davon ausgegangen, dass eine tatsächliche Nutzung zu 50 % gewerblich, zu 50 % zu Wohnzwecken vorliege.

Der Sachverständige hat den Mietwert anhand von Vergleichsobjekten (Wohnraumnutzung) festgestellt und eine Untersuchung hinsichtlich der ortsüblichen Gewerbemiete unterlassen, weil ausweislich des Inhalts der Gerichtsakten die Nutzung des Mietgegenstandes überwiegend der Wohnnutzung diene.

Bei Abfassung des Gutachtens am 10.04.2005 lag zwar das Teilurteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 20.04.2001 vor, mit welchem das Landgericht das Mischmietverhältnis insgesamt als Geschäftsraummiete qualifiziert hatte. Es fehlte jedoch die Entscheidung des Berufungsgerichts, welche erst am 19.10.2005 in bestätigender Weise - jedenfalls was die Klage anbelangt - ergangen ist.

Zwar kann die Vorgehensweise des Sachverständigen Bl... als eigenwillig bezeichnet werden. Sie hat ihren Grund jedoch darin, dass das Landgericht seine Leitungsbefugnis nicht hinreichend ausgeübt (§ 404 a ZPO). Die dem Sachverständigen gemachten Vorgaben waren offensichtlich unzureichend. Dem Beweisbeschluss ist nicht zu entnehmen, anhand welcher Verfahrensweise der objektive Mietwert zu bestimmen ist, noch, von welcher Nutzung des Objektes auszugehen ist.

Ferner hat das Landgericht Frankfurt (Oder) ausweislich seines Urteils vom 14.07.2004 (Tatbestand vorletzter Absatz) sowie seinen Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss vom 08.08.2007 sich neben dem Gutachten des Sachverständigen W... auch desjenigen des Sachverständigen Bl... bedient bei "vergleichender Bewertung der als Mischmietverhältnis genutzten Immobilie".

Bei der dargestellten Sachlage kann von einer Unverwertbarkeit des Gutachtens, welche der Sachverständige verschuldet hat, nicht ausgegangen werden (Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 3 Rn. 12.4, 12.5).

Eine Verneinung des Vergütungsanspruches wegen fehlender erforderliche Sachkenntnisse seitens des Sachverständigen Bl... kommt nicht in Betracht. Bei dem Sachverständigen handelt es sich um einen öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen für die Verwertung von bebauten und unbebauten Grundstücken. Der Inhalt des Gutachtens lässt unzulängliche Fähigkeiten bzw. eine unzulängliche Arbeitsweise des Sachverständigen nicht erkennen.

c.

Schließlich kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Abrechnung des Sachverständigen Bl... völlig übersetzt ist, wie die Klägerin meint.

Die Vergütung und die Auslagen des Sachverständigen waren nach den Vorschriften des ZSEG zu berechnen, da der Sachverständige seine Leistung vor dem 01.07.2004 erbracht hat (§ 25 JVEG). Soweit die Klägerin im Verlaufe des Rechtsstreits den Zeitaufwand des Sachverständigen und die Fahrtzeiten zu Arztterminen moniert hat, greifen diese Einwendungen nicht.

Das Gutachten weist mehr als vierzig Seiten Umfang auf. Hinsichtlich des Zeitaufwandes sind alle Tätigkeiten des Gutachters, die mit der Abfassung des Gutachtens zusammenhängen, zu erfassen. Auch die Fahrtzeiten des Sachverständigen zu den Ortsterminen sind mit dem nach § 3 Abs. 2 ZSEG zu gewährenden Stundensatz abzugelten.

2.

Einwendungen gegen das Gutachten des Sachverständigen W... hat die Klägerin betreffend Qualität nicht vorgebracht. Ausweislich des Urteils des Landgerichts ist das Gutachten des Sachverständigen W... in der Entscheidung verwertet worden.

Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die Abrechnung des Sachverständigen W... nicht den gesetzlichen Grundlagen des ZSEG entsprechen sollte.

Soweit die Klägerin mit ihrer Beschwerde rügt, dass das Landgericht bei dem Beweisbeschluss vom 11.07.2003 zwar der Beklagten eine Kostenvorschusspflicht (in Höhe von 1.500,00 €) auferlegt habe, diese aber dann bei Auftragserteilung unberücksichtigt gelassen habe, ist dies nicht zutreffend. Die Beklagte hat den ihr auferlegten Vorschuss entrichtet, während die Klägerin die Vorschusszahlung von 2.000,00 € verweigert hat.

3.

Im Übrigen ist die Kostenrechnung vom 18.11.2005 nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat unter Ansetzung eines Reduzierungssatzes von 10 % die Gerichtskosten des Prozesses errechnet, die tatsächlich angefallenen Sachverständigenauslagen addiert, das im Wege der Zweitschuldnerhaftung angefallene 2/3 (Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 14.07.2004) errechnet, die Vorschüsse sowie den Überschussbetrag zu Gunsten der Klägerin von 938,62 € in Abzug gebracht.

Dieser Überschussbetrag errechnete sich aus der die Klägerin als Entscheidungsschuldnerin betreffenden Kostenlast von 1/3 (Kostenrechnung vom 26.8.2004). Er wurde im Wege der Zweitschuldnerhaftung der Klägerin mit Kosten der Gegenseite verrechnet wegen amtsbekannter Pfandlosigkeit der Beklagten(§ 49 GKG a. F.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 66 Abs. 8 GKG (n. F.)

Ende der Entscheidung

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