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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 27.11.2007
Aktenzeichen: 6 W 193/07
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 104
ZPO § 522 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 193/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Kostenfestsetzungsverfahren

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch die Richterin am Oberlandesgericht Eberhard - als Einzelrichterin - am 27.11.2007 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Neuruppin vom 26.9.2007 - 2 O 217/03 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.200 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin ist die Rechtsnachfolgerin des im Verlaufe des Rechtsstreits verstorbenen Klägers, ihres Ehemannes.

Dieser hatte im Mai 2003 Klage erhoben auf Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalles, den er mit dem Beklagten zu 1) erlitten haben wollte.

Die Beklagte zu 2) als Unfallversicherer hatte in der Klageerwiderung eingewendet, es liege ein manipulierter Unfall vor. Bei Herbeiführung des Schadensereignisses hätten der vormalige Kläger und der Beklagte zu 1) zusammengewirkt. Bereits am 28.3.2003 hatte die Beklagte zu 2) den Sachverständigen Dipl.-Ing. B... mit der Erstellung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens beauftragt. Dieses Gutachten ist am 15.8.2003 erstellt worden und von der Beklagten zu 2) in den Rechtsstreit eingeführt worden mit weiterem Vortrag hinsichtlich der behaupteten Unfallmanipulation.

Das Landgericht Neuruppin hat mit Beschluss vom 31.5.2005 die Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zum Zwecke der Unfallrekonstruktion angeordnet.

In dem vom Sachverständigen erstellten Gutachten vom 24.1.2006 wird teilweise Bezug genommen auf das Gutachten des Dipl.-Ing. B....

Mit Urteil vom 5.12.2006 hat das Landgericht Neuruppin die Klage abgewiesen und die Kosten des Rechtsstreits der Klägerin auferlegt.

Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Klägerin nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 2. hat mit Antrag vom 11.12.2006 um Festsetzung ihrer außergerichtlichen Kosten nach § 104 ZPO nachgesucht. Dabei hat sie unter anderem zur Festsetzung die Kosten des außergerichtlichen Sachverständigengutachtens in Höhe von 3.001,31 € angemeldet.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.8.2007 hat das Landgericht Neuruppin die von der Klägerin an die Beklagte zu 2) zu erstattenden Kosten festgesetzt, jedoch ohne Berücksichtigung der angemeldeten Sachverständigenkosten.

Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) hat das Landgericht Neuruppin mit Beschluss vom 26.9.2007 der sofortigen Beschwerde der Beklagten zu 2) abgeholfen und die Festsetzung weiterer Kosten von 3.101,61 € zu Lasten der Klägerin und zu Gunsten der Beklagten zu 2) angeordnet.

Gegen diesen ihr am 1.10.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die am 3.10.2007 bei Gericht eingegangene sofortige Beschwerde der Klägerin.

Diese meint, die Gutachtenkosten könnten lediglich im Klagewege geltend gemacht werden, seien jedoch nicht Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens.

II.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig, in der Sache bleibt sie jedoch ohne Erfolg.

Wie das Landgericht zutreffend in dem Abhilfebeschluss vom 26.9.2007 ausgeführt hat, stellen die geltend gemachten Privatgutachterkosten notwendige Kosten des Rechtsstreits dar (§ 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und finden deshalb im Kostenfestsetzungsverfahren ihre Berücksichtigung.

Ein vorprozessual eingeholtes Sachverständigengutachten kann ausnahmsweise zu den notwendigen Kosten des Rechtsstreits zählen, wenn es zeitnah zum Rechtsstreit in Auftrag gegeben worden ist und im konkreten Falle notwendig war zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung. Es soll nämlich verhindert werden, dass eine Partei ihre allgemeinen Unkosten oder prozessfremden Kosten auf den Gegner abzuwälzen versucht und so den Rechtsstreit verteuert. Erforderlich ist daher, dass die Tätigkeit des Privatsachverständigen in unmittelbarer Beziehung zu dem Rechtsstreit steht, ferner, dass eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei diese Gutachtenkosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen dürfte (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH, NJW 2006, 2415). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Falle erfüllt.

Bei Erteilung des Gutachtenauftrages am 28.3.2003 hatte die Beklagte zu 2) bereits Kenntnis von dem Unfall. Sie war nämlich mit Schreiben der Klägervertreter vom 27.1.2003 zur Ausgleichung der Schadensersatzforderung aufgefordert worden. Nach dem Inhalt der Klageschrift hatte die Beklagte zu 2) bereits eingewendet, dass sich die Schilderungen der Klägerseite zum Unfallhergang mit den amtlichen Ermittlungen nicht decken würden. Es sei vielmehr zu prüfen, ob der Unfallschaden vorsätzlich herbeigeführt worden sei. Das Gutachten des Sachverständigen B... ist dann während laufendem Rechtsstreit, nämlich am 15.8.2003 erstellt worden.

Die geschilderten Umstände genügen zur Bejahung der geforderten unmittelbaren Prozessbezogenheit.

Der Auftrag an den Sachverständigen B... war im konkreten Falle auch zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beklagten zu 2) erforderlich. In Fällen, in den ein Versicherungsbetrug auf Grund verabredeten Unfalles in Betracht kommt, gestaltet sich der für den beklagten Versicherer zu führende Nachweis eines versuchten Versicherungsbetruges erfahrensgemäß schwierig. Der Versicherer bedarf daher regelmäßig sachverständiger Hilfe, um den zu seiner Rechtsverteidigung erforderlichen Vortrag halten zu können, insbesondere die festgestellten objektiven Umstände hinsichtlich der Frage des Vorliegens eines Unfalles auswerten zu können. Anderenfalls ist ein substantiierter Vortrag zu der Behauptung des manipulierten Unfalles nicht möglich.

Sind die vorstehend genannten Voraussetzungen erfüllt, so sind die Kosten des zuvor prozessual eingeholten Sachverständigengutachtens als Kosten des Rechtsstreits anzusehen und können im vereinfachten Verfahren der Kostenfestsetzung Berücksichtigung finden.

Einwendungen gegen die Höhe der geltend gemachten Sachverständigenkosten hat die Klägerin nicht erhoben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens war gemäß § 3 ZPO festzusetzen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind.

Ende der Entscheidung

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