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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 10.12.2007
Aktenzeichen: 6 W 196/07
Rechtsgebiete: UWG, StGB


Vorschriften:

UWG § 3
UWG § 4 Nr. 11
UWG § 8 Abs. 3 Nr. 1
StGB § 138
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

6 W 196/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König als Einzelrichter

am 10.12.2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 16. 10. 2007 (2 O 377/07), soweit mit ihm der beantragte Erlass der einstweiligen Verfügung verweigert worden ist, wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens beträgt bis zu 6.000 €.

Gründe:

I.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie den erstinstanzlich zurückgewiesenen Teil ihres Verfügungsantrages weiterverfolgt, ist zwar zulässig, aber nicht begründet.

Der Antragstellerin steht der für den Erlass der beantragten Verfügung erforderliche Verfügungsanspruch gegen die Antragsgegnerin nicht zu.

Der von ihr geltend gemachte Unterlassungsanspruch kann sich lediglich aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG ergeben. Eine Unterlassungsverpflichtung nach diesen Vorschriften träfe die Antragsgegnerin, die nicht selbst Mitbewerber auf dem von der Antragstellerin bedienten Markt ist, nur dann, wenn sie an Gesetzesverstößen der Anbieter "b... 76"und "j...29021968"teigenommen hat bzw. noch teilnimmt, also die Anbieter zu den beklagten Gesetzesverstößen angestiftet hat oder sie vorsätzlich unterstützt (vgl. Hefermehl-Köhler-Bornkamm Rdnr. 11.22 zu § 4 UWG).

Dass die Antragsgegnerin die genannten Anbieter dazu angestiftet hat, sich über die verbraucherschützenden Normen betreffend Adressangaben und Belehrung über Widerrufsrechte hinwegzusetzen, hat die Antragstellerin selbst nicht behauptet.

Die Antragsgegnerin wirkt aber auch nicht im Sinne der Beihilfe fördernd an den von der Antragstellerin behaupteten Verstößen mit. Eine aktive Hilfe hat die Antragstellerin nicht behauptet. In Betracht kommt daher lediglich eine durch Unterlassen begangene Hilfeleistung, die nur dann der Antragsgegnerin zuzurechnen ist, wenn ihr als Garantin eine Handlungspflicht obläge und sie dieser nicht nachgekommen wäre.

An einer Garantenstellung, die die Antragsgegnerin zum Handeln verpflichtete, fehlt es aber. Die Antragsgegnerin stellt - vergleichbar einer Zeitung, die einen Anzeigenteil führt oder einer Gemeinde, die regelmäßige Flohmärkte auf gemeindeeigenem Grund veranstaltet - lediglich gegen Entgelt einen Verkaufsplatz zur Verfügung Auf diesem führen die Anbieter, die gemietet haben, in eigener Verantwortung ihr Geschäft. Sie sind demzufolge auch ausschließlich selbst für die Befolgung der sie betreffenden strafrechtlichen, gewerberechtlicher und verbraucherschützender Normen verantwortlich.

Soweit ihr die tatsächlichen Mittel dazu zur Verfügung stehen und ein Vorgehen ihr zuzumuten ist, mag die Antragsgegnerin entsprechend dem in § 138 StGB enthaltenen Rechtsgedanken trotz der aufgezeigten begrenzten Ausgestaltung ihres Verantwortungsbereichs zur Überprüfung der bei ihr eingestellten Angebote auf Gemeingefährlichkeit oder sonst offenkundige erhebliche strafrechtliche Relevanz verpflichtet sein; sie mag ferner verpflichtet sein, derartige Angebote zu entfernen und die verantwortlichen Anbieter zu sperren. Sie ist jedoch mangels einer § 138 StGB entsprechenden Norm im Verbraucherschutz- und Gewerberecht nicht gehalten, anstelle der hierzu berufenen Stellen als Quasi-Ordnungsbehörde eine permanente Kontrolle der Anbieter im Bezug auf die Einhaltung der in § 4 Nr. 11 UWG aufgeführten Vorschriften durchzuführen. Insbesondere obliegt es ihr nicht, selbst Nachforschungen anzustellen und aufgrund von selbst ermittelten oder ihr mitgeteilten Indizien rechtlich zu beurteilen, ob und von welchem Geschäftsumfang an ein als privat gemeldeter Anbieter gewerblich tätig ist und ob er die dem Schutz von Verbrauchern dienenden besonderen Vorschriften, denen er als Gewerbetreibender unterworfen ist, einhält.

Die Antragsgegnerin ist nach allgemeiner Auffassung (vgl. Hefermehl-Köhler-Bornkamm a. a. O.) auch nicht als Störerin nach den Grundsätzen der allgemeinen Störerhaftung (§§ 12, 1004, 823 analog BGB) zu dem von der Antragstellerin geforderten Unterlassen bzw. Verhalten verpflichtet. Ob die Tatsache, dass die Antragsgegnerin ihren Kunden die objektive Möglichkeit verschafft, in wettbewerbswidriger Weise Angebote im Internet zu verbreiten, überhaupt eine Störerhaftung auszulösen vermag (dazu kritisch Hefermehl-Köhler-Bornkamm Rdnr. 2.15 zu § 8 UWG), kann dahinstehen. Denn jedenfalls können nach der Rechtsprechung des BGH, die eine derartige Störerhaftung im Grundsatz noch anzunehmen scheint, Dritte, die ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden an dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten beteiligt sind, nur dann als Störer in Anspruch genommen werden, wenn - was aus den aufgeführten Gründen vorliegend nicht der Fall ist - ihnen eine Überprüfung etwaiger Wettbewerbsverstöße ihrer Kunden obliegt und sie ihrer Prüfungspflicht nicht nachkommen (BGH, GRUR 2004, 860; GRUR 2003, 969).

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.

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