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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 09.09.2008
Aktenzeichen: 6 W 39/08
Rechtsgebiete: RVG, BRAGO


Vorschriften:

RVG § 61
BRAGO § 134 Abs. 1 S. 1
BRAGO § 134 Abs. 1 S. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 5. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beklagte zu tragen.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf die Wertgrenze bis 600 € festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 2, 567 Abs. 1 und 2, 569 ZPO zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Mit der sofortigen Beschwerde rügt die Beklagte zum einen die Reduzierung der Anwaltsgebühren um 10 % nach Maßgabe der einschlägigen Vorschriften des Einigungsvertrages, zum anderen die Berücksichtigung der Fahrtkosten auf Klägerseite. Beide Einwände greifen nicht durch.

1. Das Landgericht hat zu Recht die Anwaltsgebühren um 10 % nach Maßgabe des Einigungsvertrages vorgenommen, da die Voraussetzungen der Reduzierung (insoweit auch von der Beklagten nicht bestritten) gegeben sind. Dass diese Vorschrift durch Gesetz mit Wirkung ab dem 25.4.2006 aufgehoben wurde, spielt keine Rolle. Denn für die Gebührenberechnung maßgeblich ist der Zeitpunkt der Auftragserteilung. Nachfolgende Gesetzesänderungen verändern diese Gebühren nicht mehr. Dies ergibt sich aus den §§ 61 RVG, 134 Abs. 1 S. 1 und 3 BRAGO (vgl. dazu auch Schneider/Wolf, 3. A., § 61 RVG Rn. 134). Danach wird die Vergütung im Falle von Gesetzesänderungen nach bisherigem Recht berechnet, wenn der Auftrag vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung erteilt worden ist; dies gilt gemäß § 134 Abs. 1 Satz 3 BRAGO nicht nur für Änderungen innerhalb der BRAGO, sondern auch von Vorschriften, auf die verwiesen wird. Damit ist klargestellt, dass die Aufhebung der oben genannten Gebührenermäßigungsvorschrift im Jahre 2006 auf die Vergütung von Aufträgen, die vor dieser Aufhebung erteilt wurden, keine Auswirkungen hat. Der Beklagtenvertreter ist bereits im Jahre 2002 mandatiert worden.

2. Das Landgericht ist auch zutreffend von der Erstattungsfähigkeit der Reisekosten ausgegangen. Dies entspricht der mittlerweile gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach es sich grundsätzlich um notwendige Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung handelt, wenn eine vor einem auswärtigen Gericht klagende oder verklagte Partei einen in der Nähe ihres Wohnsitzes oder Geschäftsortes ansässigen Rechtsanwalt mit ihrer Vertretung beauftragt (vgl. beispielsweise BGH v. 13.12.2007, NJW-RR 2008, 654). Sitzt der Anwalt nicht am Geschäftsort oder in dessen Nähe, sondern an einem dritten Ort, sind die Reisekosten begrenzt auf die fiktiven Reisekosten eines am Geschäftsort ansässigen Rechtsanwalts (BGH v. 23.1.2007, NJW-RR 2007, 1561). Hier sitzt der Klägeranwalt zwar nicht am Geschäftssitz der Klägerin in B.. Der Kanzleisitz in J. befindet sich jedoch nach unbestrittenem Klägervortrag nur ca. 9 km von J. entfernt und damit in unmittelbarer Nähe des Geschäftsortes der Klägerin. Diese hat zudem - gleichsam unwidersprochen - vorgetragen, dass direkt in B. kein spezialisierter Anwalt zur Verfügung gestanden habe, so dass auch ein sachlicher Grund für die Auswahl eines in unmittelbarer Nähe befindlichen Anwalts gegeben war (vgl. BGH v. 18.12.2003, NJW-RR 2004, 855). Dass hier einer der vom BGH mittlerweile aufgestellten Ausnahmetatbestände (beispielsweise eigene Rechtsabteilung und deshalb kein Mandantengespräch erforderlich) vorliegen würde, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Der Beschwerdewert beläuft sich unter Berücksichtigung der Kostenquotelung und einer anhand dieser durchgeführten Vergleichsberechnung auf die Wertgrenze bis 600 €.



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