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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 25.07.2007
Aktenzeichen: 6 W 42/07
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO, EGZPO
Vorschriften:
RPflG § 11 Abs. 1 | |
ZPO § 104 Abs. 3 | |
ZPO § 293 | |
ZPO § 567 | |
ZPO § 569 a. F. | |
EGZPO § 26 Nr. 10 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
6 W 42/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In dem Kostenfestsetzungsverfahren
hat der 6. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. König, den Richter am Oberlandesgericht Kuhlig und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke
am 25. Juli 2007
beschlossen:
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Verfügungskläger wird der Kostenfestsetzungsbeschluss II. Instanz des Landgerichts Potsdam vom 17.10.2000 - 10 O 3/98 - teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Auf Grund des Urteils des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 25.11.1999 werden
1) die von der Verfügungsklägerin zu 1.) an die Verfügungsbeklagte zu erstattenden Kosten auf 5.977,54 DM (= 3.056,27 €) (i. B.: fünftausendneunhundertsiebenundsiebzig und 54/100 DM = dreitausendsechsundfünfzig und 27/100 EUR) nebst 4 % Zinsen ab dem 28.12.1999 festgesetzt.
2) die von der Verfügungsklägerin zu 2.) an die Verfügungsbeklagte zu erstattenden Kosten auf 5.977,54 DM (= 3.056,27 €) (i. B.: fünftausendneunhundertsiebenundsiebzig und 54/100 DM = dreitausendsechsundfünfzig und 27/100 EUR) nebst 4 % Zinsen ab dem 28.12.1999 festgesetzt.
3) die von dem Verfügungskläger zu 3.) an die Verfügungsbeklagte zu erstattenden Kosten auf 5.977,54 DM (= 3.056,27 €) (i. B.: fünftausendneunhundertsiebenundsiebzig und 54/100 DM = dreitausendsechsundfünfzig und 27/100 EUR) nebst 4 % Zinsen ab dem 28.12.1999 festgesetzt.
Die Verfügungsbeklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Der Beschwerdewert beträgt 8.180,67 € (= 16.000 DM).
Gründe:
I.
Die Verfügungskläger haben beim Landgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Verfügungsbeklagte, die ihren Sitz auf den britischen Kanalinseln hat, beantragt. Die Verfügungskläger haben das Ziel verfolgt, dass ein Widerspruch gegen das Eigentumsrecht der Verfügungsbeklagten an einem in M... belegenen Grundstück in das Grundbuch eingetragen wird. Das Landgericht hat mit Beschluss vom 15.1.1998 die einstweilige Verfügung erlassen. Dagegen hat die Verfügungsbeklagte, nunmehr anwaltlich vertreten, Widerspruch eingelegt. Auf Veranlassung des Generalbevollmächtigten der Verfügungsbeklagten erstellte Prof. Dr. A. W... unter dem 7.12.1998 eine gutachterliche Stellungnahme zu den Fragen, ob der Verfügungsbeklagten ein materielles Eigentumsrecht an dem streitgegenständlichen Grundstück zusteht und welche Auswirkungen die Eintragung der Verfügungsbeklagten auf die "Passivlegitimation der übrigen Beklagten" hat. Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung durch am 23.3.1999 verkündetes Urteil aufrechterhalten.
Auf die Berufung der Verfügungsbeklagten hat das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Urteil vom 25.11.1999 das landgerichtliche Urteil abgeändert, die einstweilige Verfügung aufgehoben und die Kosten des Verfahrens den Verfügungsklägern auferlegt.
Der Rechtspfleger des Landgerichts hat mit Kostenfestsetzungsbeschluss II vom 17.10.2000 die von den Verfügungsklägern an die Verfügungsbeklagte zu erstattenden Kosten auf jeweils 11.310,88 DM festgesetzt und dabei die zur Festsetzung angemeldeten Kosten für das Privatgutachten des Prof. Dr. A. W... in Höhe von 16.000 DM für erstattungsfähig gehalten.
Gegen diesen Beschluss, der ihnen am 25.10.2000 zugestellt worden ist, wenden sich die Verfügungskläger mit ihrer am 30.10.2000 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend machen, die Kosten für das Privatgutachten seien nicht erstattungsfähig.
Der Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 22.2.2007 dem Rechtsbehelf nicht abgeholfen und ihn dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige Beschwerde der Verfügungskläger ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO a. F. zulässig. Für das Beschwerdeverfahren gilt die Zivilprozessordnung in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung, weil das Rechtsmittel sich gegen eine Entscheidung richtet, die noch vor diesem Zeitpunkt erlassen worden ist, § 26 Nr. 10 EGZPO. Über die Beschwerde muss deshalb der Senat in voller Besetzung entscheiden.
Die sofortige Beschwerde ist begründet. Die Kosten für das Gutachten des Prof. A. W... sind nicht erstattungsfähig. Sie waren zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwenig.
Die Gutachterkosten sind schon der Höhe nach nicht nachvollziehbar, weil die Verfügungsbeklagte keine Rechnung des Gutachters vorgelegt hat. Jedenfalls findet sich keine Abrechnung in der Akte. Deshalb ist es nicht erklärlich, warum die Verfügungsbeklagte in dem Kostenfestsetzungsantrag vom 28.12.1999 die Festsetzung von 8.000 DM, in dem weiteren Kostenfestsetzungsantrag vom 21.1.2000 ohne jede Erläuterung die Festsetzung von 16.000 DM an Gutachterkosten begehrt hat.
Eine weitere Klärung der Gutachterkosten der Höhe nach ist jedoch nicht erforderlich. Die Verfügungsbeklagte kann die Erstattung der Gutachterkosten weder ganz noch anteilig beanspruchen.
Dies gilt schon deshalb, weil nicht ersichtlich ist, dass dieses Gutachten überhaupt anlässlich des vorliegenden Verfahrens der einstweiligen Verfügung von der Verfügungsbeklagten in Auftrag gegeben worden ist.
Wie sich aus der Überschrift der gutachterlichen Stellungnahme ergibt, ist es in dem Rechtsstreit Ri... u. a. ./. Re... u. a. erstellt worden, wobei nach dem Gutachteninhalt die Kläger zu 1.), 2.) und 3.) die Erben nach J... Ri... sein sollen. Beklagte zu 1.) und 2.) sollen die Erben nach W... Re..., Beklagte zu 3.) die hiesige Verfügungsbeklagte sein. Daraus lässt sich ein Bezug zwischen dem Gutachten und dem vorliegenden Verfahren nicht herstellen. Aus den Parteibezeichnungen im Gutachten ergibt sich, dass es in einer Hauptsache, nicht in einem einstweiligen Verfügungsverfahren erstellt worden ist. Im Übrigen sind die in dem Gutachten aufgeführten Parteien nicht, jedenfalls nicht vollständig mit den hiesigen Verfahrensbeteiligten identisch. Zwar sind die hiesigen Verfügungskläger die Erben nach J... Ri..., Verfahrensgegner ist jedoch allein die Verfügungsbeklagte, nicht noch weitere Personen.
Nur im Gutachteneingang wird zum hiesigen Verfahren ein Bezug hergestellt, dies jedoch nicht ausschließlich. Dort ist von zwei Verfahren die Rede, von einem Hauptsacheverfahren (Landgericht Potsdam 10 O 251/97) und von dem hiesigen Eilverfahren (Landgericht Potsdam 10 O 3/98).
Man kann für die vorliegende Entscheidung zugunsten der Verfügungsbeklagten unterstellen, dass das Gutachten für die beiden im Gutachteneingang genannten gerichtlichen Auseinandersetzungen, mithin auch für das vorliegende Verfahren, erstellt worden ist. Dass dies den Tatsachen entsprechen dürfte, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass die Verfügungsbeklagte zunächst nur die hälftigen Gutachterkosten zur Kostenfestsetzung angemeldet hat. Auch eine teilweise Festsetzung von Gutachterkosten kommt jedoch nicht in Betracht.
Kosten für ein Rechtsgutachten sind nur ausnahmsweise erstattungsfähig. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Zum einen ist das Gutachten des Prof. W... ein Gutachten zum deutschen Recht, das in einem laufenden Verfahren vor einem deutschen Gericht von einem Verfahrensbeteiligten eingeholt worden ist. Das deutsche Zivilprozessrecht sieht eine Rechtsfindung zum deutschen Recht durch Rechtsgutachten nicht vor. Es ist Aufgabe der Prozessbevollmächtigten, sich auch in schwierige Rechtsmaterien einzuarbeiten und das Ergebnis ihrer Bemühungen selbst schriftsätzlich vorzutragen. Dementsprechend ist es Aufgabe des Gerichts, Rechtsfragen eigenverantwortlich zu entscheiden. Das deutsche Gericht hat das deutsche Recht zu kennen (iura no-vit curia), es kann deshalb nicht einen Gutachter damit beauftragen, die Fragen zu bearbeiten, die es selbst zu beantworten hat. Nur wenn es sich um ausländisches Recht handelt, kann ein Gericht ein Rechtsgutachten einholen oder ein von einer Partei vorgelegtes Gutachten verwerten. Auch für die Ermittlung ausländischen Rechts ist jedoch die Einholung eines Gutachtens nur ausnahmsweise das adäquate Mittel, wie sich aus dem Wortlaut des § 293 ZPO ergibt.
Nichts anderes gilt deshalb, weil es sich bei der Verfügungsbeklagten nicht um eine deutsche Gesellschaft handelt. Sie ist nicht in stärkerem Maße als ein deutsches Unternehmen auf gutachterliche Stellungnahmen angewiesen. Die Verfügungsbeklagte ist eine juristische Person und als solche Kaufmann. Von einem Kaufmann darf erwartet werden, dass er sich nicht nur in seinem Heimatland, sondern auch im nahe gelegenen Ausland Rechtsrat zu den üblichen Kosten beschafft. Dazu gehören Gutachterkosten nicht.
Dem Umstand, dass die Verfügungsbeklagte eine ausländische Gesellschaft ist, hat der Rechtspfleger im Übrigen schon dadurch Rechnung getragen, dass er die Korrespondenzanwaltskosten ausnahmsweise für erstattungsfähig angesehen hat. Ein deutsches Unternehmen hätte in einem Kostenfestsetzungsverfahren die Erstattung von durch die Einschaltung mehrerer Rechtsanwälte verursachten Kosten nicht vom Prozessgegner verlangen können.
Auch der Eilcharakter des vorliegenden Verfahrens rechtfertigt erstattungsrechtlich die Einholung eines derartigen Gutachtens nicht. Das Gutachten ist ausweislich seiner Datierung nahezu ein Jahr nach Beginn des Eilverfahrens erstellt worden, jedenfalls auch erst Monate nach der Kenntnis der Verfügungsbeklagten von diesem Verfahren.
Die Verfügungsbeklagte benötigte dieses Gutachten auch nicht, um entscheiden zu können, ob sie sich gegen die gegen sie gerichtete einstweilige Verfügung zur Wehr setzt. Mit der Prüfung dieser Frage konnte sie die deutschen Rechtsanwälte, die sie zum einen als Verfahrensbevollmächtigte, zum anderen als Korrespondenzanwälte eingeschaltet hatte, ohne zusätzliche Kosten beauftragen.
Der von den Verfügungsklägern an die Verfügungsbeklagte zu erstattende Betrag beläuft sich deshalb auf 17.932,63 DM. Die kopfteilig festgesetzten Beträge waren um die anteilig festgesetzte Gutachtervergütung zu kürzen.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Festsetzung des Beschwerdewertes beruht auf den §§ 47 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Ende der Entscheidung
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