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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 10.10.2008
Aktenzeichen: 6 W 68/08
Rechtsgebiete: RPflG, ZPO, ZSEG, GKG


Vorschriften:

RPflG § 11 Abs. 1
ZPO § 104 Abs. 3
ZPO § 567 Abs. 1
ZPO § 567 Abs. 2
ZPO § 569 Abs. 1
ZSEG § 3 Abs. 2 Satz 2
ZSEG § 3 Abs. 3 Satz 1 b
ZSEG § 16
ZSEG § 16 Abs. 2 Satz 2
ZSEG § 16 Abs. 4
GKG § 4
GKG § 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Potsdam vom 6.12.2006 - 2 O 389/04 - in der Fassung des teilabhelfenden Beschlusses vom 24.4.2008 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe: I.

Der Kläger hat gegen die Beklagte rückständige Gewerbemieten aus einem Mietverhältnis über eine Halle in F. geltend gemacht. Er hat zunächst beim Amtsgericht Nauen einen Vollstreckungsbescheid erwirkt. Das Verfahren wurde nach Einspruch der Beklagten an das Amtsgericht Spandau abgegeben und von dort aus an das für den Ort des Mietobjekts zuständige Amtsgericht Nauen verwiesen. Die Beklagte hat dem Klageanspruch entgegengehalten, die Miete sei wegen Schimmelbefall des Mietobjekts gemindert.

Aufgrund Beweisbeschlusses des Amtsgerichts Nauen vom 10.5.2004 und nach einer Vorschusszahlung durch den Kläger in Höhe von 1.000,00 € wurde der Sachverständige M. Sch. im Juni 2004 mit der Erstellung eines Gutachtens zu der Frage beauftragt, ob ein Schimmelbefall wie aus zur Akte gereichten Lichtbildern ersichtlich innerhalb von vier bis sechs Wochen eintreten könne. Der Sachverständige nahm seine Tätigkeit auf. Ein von ihm für notwendig erachteter Ortstermin konnte nicht durchgeführt werden. Das Amtsgericht Nauen forderte deshalb die Akte von ihm zurück. Nachdem die Beklagte Widerklage erhoben hatte, hat das Amtsgericht Nauen den Rechtsstreit an das Landgericht Potsdam verwiesen. Der Sachverständige Sch. erhielt aus der Landeskasse eine Vergütung in Höhe von 669,96 €. Er hatte für seine Tätigkeit einen Stundensatz von 41,00 € und eine Zulage von 20,50 € angesetzt. Insgesamt hat er neun Stunden in Rechnung gestellt, davon zwei Stunden für Terminfestlegungen. Außerdem hatte er 20,00 € für Porto/Telefon- und Faxkosten berechnet.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und die Klage im Übrigen sowie die Widerklage abgewiesen. Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat nach Rücknahme der Berufung der Beklagten gegen die Abweisung der Widerklage die Verurteilung auf die Klage teilweise abgeändert. Nach der Kostenentscheidung des Berufungsurteils haben von den Kosten des Rechtsstreits erster Instanz der Kläger 18 %, die Beklagte 82 % zu tragen, von den Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger 15 % und die Beklagte 85 % zu tragen.

Das Landgericht hat mit Beschluss vom 6.12.2006 die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen ausgeglichen und die von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Kosten auf 1.912,76 € festgesetzt. Dabei wurden die vom Kläger verauslagten und von der Landesjustizkasse gezahlten Sachverständigenkosten in voller Höhe berücksichtigt.

Gegen diesen Beschluss, der ihr am 12.12.2006 zugestellt worden ist, wendet sich die Beklagte mit ihrer am 27.12.2006 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde, mit der sie geltend macht, zu Unrecht sei ein Abwesenheitsgeld ihres Hauptbevollmächtigten in Höhe von 31,00 € nicht berücksichtigt worden. Im Übrigen wendet sie sich gegen die Erstattung der Sachverständigenkosten. Sie beanstandet die Gewährung der Zulage in Höhe von 20,50 € pro Stunde, die Vergütung für Porto/Telefon- und Faxkosten und einen Zeitaufwand von zwei Stunden für die Festlegung des Ortstermins.

Der zuständige Rechtspfleger hat mit Beschluss vom 24.4.2008 dem Rechtsbehelf hinsichtlich des abgesetzten Abwesenheitsgeldes von 31,00 € teilweise abgeholfen und den von der Beklagten an den Kläger zu erstattenden Betrag auf 1.909,63 € festgesetzt. Im Übrigen hat er der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gemäß den §§ 11 Abs. 1 RPflG, 104 Abs. 3, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 ZPO zulässig. Der Wert der Beschwer beträgt für die Beklagte 239,99 € (Einwendungen gegen die Sachverständigenvergütung: 233,52 € [82 % von 9 Stunden x 20,50 € + 41 € für eine Stunde für Terminsfestlegung + 20 € Auslagen für Porto/Telefon-Faxkosten, zzgl. Mehrwertsteuer von 16 %] und Beanstandung der unterbliebenen Berücksichtigung des Abwesenheitsgeldes: 6,47 € [18 % von 31 € zzgl. Mehrwertsteuer]) und übersteigt damit den Beschwerdewert von 200 €.

Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

1.) Zwar ist im Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich der Einwand zulässig, dass die vom Prozessgegner verauslagten und zur Erstattung geltend gemachten Sachverständigenkosten sowie sonstige Gerichtskosten zu Unrecht an die Gerichtskasse gezahlt worden seien (OLG Koblenz Rpfleger 1985, 333 und JurBüro 1990, 733; OLG München JurBüro 1979, 122; Zöller/Herget, ZPO, 26. Auflage §§ 103/104 Rn 21 "Sachverständigenkosten"). Das Fehlen eines Entschädigungsanspruchs des Sachverständigen führt dazu, dass dem Kläger nach Durchführung eines erfolgreichen Erinnerungsverfahrens nach dem GKG gegen den Kostenansatz wegen der Sachverständigenkosten ein entsprechender Rückerstattungsanspruch in Höhe der bereits gezahlten Kosten gegen die Gerichtskasse zustehen würde (vgl. BGH NJW 1984, 870/871). Dann wären diese Kosten nicht entstanden und damit auch nicht zu erstatten.

Die Zulässigkeit dieses Einwands im Kostenfestsetzungsverfahren rechtfertigt sich dann, wenn der Erstattungspflichtige seitens des Gerichts nicht als Kostenschuldner in Anspruch genommen worden ist, daraus, dass ihm anderenfalls jegliche Möglichkeit genommen wäre, sich gegen die Sachverständigenkosten dem Grunde und der Höhe nach zu wenden. Denn an dem Verfahren über die Festsetzung der Vergütung des Sachverständigen gemäß § 16 ZSEG werden die Parteien nicht beteiligt. Ihnen steht gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 ZSEG auch kein Beschwerderecht zu. Diese Festsetzung ist deshalb weder für das Kostenansatzverfahren gemäß §§ 4, 5 GKG bindend, vgl. § 16 Abs. 4 ZSEG, noch für das Kostenfestsetzungsverfahren. Mangels Inanspruchnahme als Kostenschuldner ist dem Erstattungspflichtigen anders als dem Erstattungsberechtigten aber auch nicht die Möglichkeit einer Erinnerung gegen den Kostenansatz gemäß § 5 GKG hinsichtlich der Sachverständigenentschädigung eröffnet. Dies rechtfertigt es in diesen Fällen, den Erstattungsberechtigten zunächst bei einem nicht offensichtlich unbegründeten Einwand des Erstattungspflichtigen zu den Sachverständigenkosten auf die Möglichkeit der Kostenansatzerinnerung nach § 5 GKG zu verweisen, die bei Erfolg zu einem entsprechenden Rückerstattungsanspruch gegen die Gerichtskasse führt.

Allerdings ist hier der Einwand der erstattungspflichtigen Beklagten offensichtlich unbegründet, so dass der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss Bestand hat und der Kläger nicht auf die Durchführung eines Erinnerungsverfahrens verwiesen werden muss.

Die Beklagte hat nicht beanstandet, dass der Sachverständige Sch. seiner Vergütungsberechnung einen Stundensatz von 41,00 € zugrunde gelegt hat. Dies liegt geringfügig über dem Durchschnitt und ist für einen Bausachverständigen, der eine anspruchsvollere Beweisfrage zu beantworten hat, auch angemessen (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 23.3.1995, 5 W 167/95, zitiert nach Juris: 80 DM). Abzustellen ist bei der Bemessung des Stundensatzes auf den Grad der erforderlichen Fachkenntnisse und auf die Schwierigkeit der Leistung, § 3 Abs. 2 Satz 2 ZSEG.

Vergeblich wendet sich die Beklagte gegen die Gewährung eines Zuschlags von 20,50 € pro Stunde. Der Zuschlag rechtfertigt sich aus der Bestimmung des § 3 Abs. 3 Satz 1 b ZSEG. Danach kann die Entschädigung um bis zur Hälfte erhöht werden, wenn der Sachverständige durch die Dauer oder die Häufigkeit seiner Heranziehung einen nicht zumutbaren Erwerbsverlust erleiden würde oder wenn er seine Berufseinkünfte zu mindestens 70 v. H. als gerichtlicher oder außergerichtlicher Sachverständiger erzielt. Die zweite der in § 3 Abs. 3 Satz 1 b ZSEG genannten Voraussetzungen ist erfüllt. Dies ergibt sich aus den Erklärungen des Sachverständigen vom 22.10.2007. Er hat erklärt, er sei im Jahre 2004 vollberuflich als Sachverständiger tätig gewesen.

Die Vergütung ist auch nicht deshalb teilweise zu kürzen, weil ein Zeitaufwand von zwei Stunden für "Terminfestleg./Ladung auch mehrm." überhöht gewesen wäre. Der vom Gericht bestellte Sachverständige konnte die ihm übertragene Beantwortung der Beweisfrage nur durch eine Ortsbesichtigung beantworten. Der von ihm anberaumte Ortstermin musste zunächst zwei Mal verlegt werden. Die Beklagte hat zum dritten Termin die hierfür erforderliche Mitwirkung verweigert, um die Ausführung des ihrer Meinung nach falschen Beweisbeschlusses und die Auslösung von Kosten zu verhindern. Es kommt nicht darauf an, wer letztlich die Komplikationen bei der Anberaumung des Ortstermin zu vertreten hat und ob es hierfür einen Rechtfertigungsgrund gab. Jedenfalls ist aktenkundig, dass der Sachverständige versucht hat, seinen Gutachtenauftrag auszuführen und dass zunächst zwei Termine verlegt wurden. Außerdem ist der Akte zu entnehmen, dass die Beklagte die Durchführung des dritten Termins versucht hat zu verhindern. Dass der Sachverständige sich angesichts dieser Umstände weniger als zwei Stunden damit beschäftigt hätte, einen Ortstermin anzuberaumen, ist nicht ersichtlich. Die Beklagte hat dem Sachverständigen sogar schriftlich und unter Übersendung von juristischer Fachliteratur erläutert, warum sie sich berechtigt glaubte, ihm zu untersagen, die zu besichtigenden Örtlichkeiten zu betreten. Hiermit musste sich der Sachverständige auseinandersetzen, eine Tätigkeit, die üblicherweise bei der Erstellung gerichtlicher Gutachten nicht anfällt und die hier zu einem höherem als dem üblichen Aufwand für die Anberaumung eines Ortstermins geführt hat.

Aus zutreffenden Gründen, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, hat das Landgericht auch die Einwendungen der Beklagten gegen die dem Sachverständigen erstatteten Auslagen für Porto/Telefon-/Faxkosten als nicht durchgreifend erachtet.

2.) Soweit es das geltend gemachte Abwesenheitsgeld in Höhe von 31,00 € angeht, hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde insoweit teilweise abgeholfen, als es zugunsten des vom Hauptbevollmächtigten der Beklagten unterbevollmächtigten Rechtsanwalts ein Abwesenheitsgeld in Höhe von 15,00 € berücksichtigt hat.

In weitergehendem Umfang können aus den zutreffenden Gründen des Nichtabhilfebeschlusses keine Kosten zugunsten der Beklagten festgesetzt werden. Die Beklagte kann entweder Reisekosten ihres Hauptbevollmächtigten geltend machen oder stattdessen Kosten eines Unterbevollmächtigten bis zur Höhe ersparter Reisekosten des Hauptbevollmächtigten, nicht jedoch beides.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO. Der Teilerfolg der sofortigen Beschwerde, der seinen Niederschlag in der teilabhelfenden Entscheidung gefunden hatte, war so geringfügig, dass er bei der Kostenverteilung nicht berücksichtigt werden muss. Die Festsetzung des Beschwerdewertes unterbleibt, weil sich die Gerichtsgebühren nicht nach dem Streitwert berechnen, vgl. § 63 Abs. 1 GKG. Im Beschwerdeverfahren wird eine Festgebühr erhoben, wenn die Beschwerde erfolglos bleibt, Nr. 1812 KV GKG, anderenfalls entstehen keine Gerichtsgebühren.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Ende der Entscheidung

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