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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 12.12.2007
Aktenzeichen: 7 U 119/07
Rechtsgebiete: BRAGO, BGB


Vorschriften:

BRAGO § 6 Abs. 1
BRAGO § 23 Abs. 1
BRAGO § 26
BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 1
BRAGO § 118 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 119/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 12.12.2007

Verkündet am 12.12.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Fischer als Einzelrichter

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels - das am 26. April 2007 verkündete Schlussurteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/ Oder teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger - über den bereits durch das Anerkenntnisurteil zuerkannten Betrag hinaus - weitere 2.192,53 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über den Basiszinssatz seit dem 25. August 2005 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens haben der Kläger zu 9 % und die Beklagten zu 91 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen dem Kläger zu 14 % und den Beklagten zu 86 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen anwaltlicher Tätigkeit auf der Grundlage seiner beiden Rechnungen vom 27.06.2005 - Rechnungs-Nr. 196 - über 6.922,16 € (Bl. 73 d.A.) und vom 05.08.2005 - Rechnungs-Nr. 206 - über 136,07 € (Bl. 79 d.A.) in Anspruch.

Die Beklagten haben die Klageforderung in Höhe eines Teilbetrage von 4.200,11 € nebst Zinsen anerkannt und insoweit am 07.11.2006 ein Anerkenntnisteilurteil gegen sich ergehen lassen. Zur Rechnung vom 27.06.2005 wenden sie ein, der Gegenstandswert betrage nicht - wie vom Kläger eingesetzt - 178.690,44 €, sondern nur 141.088,72 €, dem Kläger stehe die in Rechnung gestellte Besprechungsgebühr nicht zu und schließlich sei nur der Ansatz einer Mittelgebühr von 7,5/10 gerechtfertigt. Zur Rechnung vom 05.08.2005 setzen die Beklagten einen Gegenstandswert von 500,00 € an, während der Kläger von - "vorläufig" (Bl. 79 d.A.) - 1.000,00 € ausgegangen ist; außerdem beanstanden die Beklagten die angesetzte Gebühr der Höhe nach und halten eine 7,5/10 Gebühr für angemessen.

Das Landgericht hat die auf Zahlung von weiteren 2.858,12 € gerichtete Klage abgewiesen.

Hiergegen wendet sich die Berufung des Klägers.

Der Kläger beantragt,

unter der Abänderung des angefochtenen Urteils, die Beklagte zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn - über das Anerkenntnis hinaus - weitere 2.539,02 € zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 2.471,21 € seit Klagezustellung sowie aus weiteren 67,80 € seit Zustellung der Berufungsbegründung zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch nur teilweise Erfolg dahingehend, dass dem Kläger über den durch das Anerkenntnisurteil titulierten Betrag noch weitere 2.192,53 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.08.2005 (Zustellung der Mahnbescheide - Bl. 4 R, 5 R d.A.) zuzuerkennen sind.

1.

Soweit es die Rechnung vom 27.06.2005 über 6.922,16 € (Bl. 73 d.A.) betrifft, stehen dem Kläger über die bereits zuerkannten 4.118,68 € (Seite 3 des Schriftsatzes der Beklagten vom 25.09.2006 - Bl. 175 d.A.) weitere 2.192,53 € zu. Der Kläger kann für diesen Teil seiner Tätigkeit nur insgesamt 6.311,21 € verlangen. Die Beklagten beanstanden zu dieser Rechnung nämlich zu Recht den Gegenstandswert als überhöht; mit ihren weiteren Einwendungen können sie allerdings nicht durchdringen.

a)

Der Gegenstandswert ist auf 141.088,72 € beschränkt. Dafür sind folgende Umstände maßgeblich:

Der Gegenstand des erteilten Auftrages ist in der vom Kläger - vorgelegten - Kopie der Vollmacht vom 21.03.2002 mit "EKH-Darlehen(s), u.a." (Bl. 207 d.A.) beschrieben. Unter "EKH-Darlehen" sind die von den Beklagten bei Kreditanstalt für Wiederaufbau aufgenommenen Eigenkapitalhilfedarlehen gemeint, welche die Sparkasse ... - in Vollmacht der Deutschen Ausgleichsbank - mit Schreiben vom 08.02.2002 (Bl. 45 d.A.) gekündigt hatte.

Der in der vom Kläger - vorgelegten - Kopie der Vollmacht aufgenommene Zusatz "u.a." (Bl. 207 d.A.) ist schon für sich gesehen so nicht aussagekräftig; hieraus kann nicht ohne weiteres entnommen werden, dass sich der dem Kläger erteilte Auftrag auch auf das bei der Sparkasse für die Beklagten geführte Konto beziehen sollte. Deshalb stellt sich die Frage nicht, ob der Zusatz "u.a." späteren Datums ist, wie die Beklagten vermuten und mit entsprechenden Schreiben der Sparkasse ... und der Kreditanstalt für Wiederaufbau belegen (Seite 2 des Schriftsatzes vom 21.03.2007 - Bl. 227 d.A.).

Schließlich spricht für einen - auf die Regulierung der EKH-Darlehen - beschränkt erteilten Auftrag der Umstand, dass die Beklagten mit der Sparkasse ... die Rückführungsvereinbarung vom 13./14.01.2004 (Bl. 177, 178 d.A.) ohne Mitwirkung des Klägers getroffen haben.

Der auf die Regulierung der EKH-Darlehen erteilte Auftrag betrifft einen Gegenstandswert von 141.088,72 €, wie auch in der Rechnung des Klägers vom 27.06.2005 (Bl. 73 d.A.) ausgewiesen. Dem Kläger steht es nicht an, den Gegenstandswert unter Berücksichtigung der aufgelaufenen Zinsen auf 168.779,34 € zu erhöhen, wie dies - erstmals - im zweiten Rechtszug auf Seite 7 der Berufungsbegründung (Bl. 315 d.A.) geschehen ist.

b)

Das Landgericht hat rechtsirrig angenommen, der Kläger habe die Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO) nicht verdient.

Die Besprechung vom 22.03.2005, die der Kläger - in den Geschäftsräumen der Sparkasse in F... (Seite 6 der Anspruchsbegründung vom 24.01.2006 - Bl. 34 d.A.) - führte, fand im Einverständnis mit den Beklagten statt. Das Einverständnis der Beklagten brauchte nicht ausdrücklich erteilt zu werden; es kann sich nämlich auch aus den Umständen ergeben (Madert in: Gerold/Schmidt/v.Eicken/Madert, BRAGO, 15. Aufl., § 118 BRAGO, Rdnr. 8).

Der Auftrag des Auftraggebers geht in der Regel - ohne Beschränkungen - dahin, die Angelegenheit sachgemäß im Interesse des Auftraggebers zu erledigen; gehört zu der sachgemäßen Erledigung eine mündliche Verhandlung, ist der Rechtsanwalt ermächtigt, diese Verhandlung - im stillschweigenden Einverständnis des Auftraggebers - zu führen (Madert, a.a.O.).

Nicht gefolgt werden kann der nicht näher belegten Auffassung des Landgerichts, im Streitfall hätte sich die Abwicklung des gekündigten Kredits auch schriftlich bewältigen lassen.

Es versteht sich von selbst, dass Verhandlungen, wie sie hier anstanden, nur im persönlichen Gespräch geführt werden (können). Auf schriftlichem Weg lassen sich die beiderseitigen Interessen und Standpunkte nicht zielführend darstellen. Kreditinstitute pflegen im Allgemeinen nicht schriftliche Angebote zur Abwicklung eines Kreditengagements anzunehmen. Vielmehr werden - im Wirtschaftsleben - hierzu Verhandlungen an einem gemeinsamen Tisch geführt. Derartige Gespräche finden in aller Regel auch nur in den Geschäftsräumen der Kreditinstitute statt, allein schon deswegen, weil auf diese Weise, wenn nötig, weitere Personen hinzugezogen werden können. Die hier interessierende Besprechung wurde auf Seiten der Sparkasse von deren Sachbearbeiterin, Frau B..., und dem Leiter der Rechtsabteilung, Herrn K..., geführt (Bl. 34 d.A.). Allein der Umstand, dass auf Seiten der Sparkasse zwei Personen an der Besprechung beteiligt waren, zeigt, wie wichtig und richtig es war, die Angelegenheit in einem persönlichen Gespräch zu klären; nur so war es möglich, verschiedene Lösungsansätze mit allem Für und Wider zu erörtern.

Der Kläger hat den Auftrag in der Tat nur sachgerecht ausführen können, indem er ein persönliches Gespräch mit Bediensteten der Sparkasse führte. Ein anderer Weg war ihm nach Lage des Falles verschlossen.

c)

Die Annahme des Landgerichts, der Ansatz der Mittelgebühr von 7,5/10 sei sachgerecht, weil keine außergewöhnlichen Umstände mitgeteilt worden seien, ist aktenwidrig, weil sie den unstreitigen Sachverhalt außer Acht lässt.

Das Landgericht hat schon verkannt, dass die Mittelgebühr nur für ganz einfache Sachen von geringem Umfang in Betracht kommt (Madert in: Gerold/Schmidt/v.Eicken/ Madert, § 12 BRAGO, Rdnr. 10).

Der hier in Rede stehende Kredit war schon von seiner Höhe her (141.088,72 €) keine nur ganz einfache Sache. Erschwerend kam hinzu, dass der Kredit durch Grundpfandrechte auf dem Hausgrundstück der Beklagten abgesichert war und demzufolge wegen der Kündigung die Zwangsvollstreckung drohte.

Der Kläger hat im Einzelnen dargelegt, dass der Umfang seiner anwaltlichen Tätigkeit in zeitlicher Hinsicht wie auch den tatsächlichen Umständen nach langwierig und schwierig war. Dies belegt der vorgelegte Schriftwechsel eindrucksvoll.

d)

Aus seiner Tätigkeit zur Abwicklung der EKH-Darlehen stehen dem Kläger insgesamt 6.311,21 € zu, die sich unter Berücksichtigung des Gebührenabschlags von 10 % (Maßgabe 26 des Einigungsvertrages) wie folgt berechnen:

Gegenstandswert: 141.088,72 €

 Geschäftsgebühr, § 118 I Nr. 1 BRAGO 10/10 Gebühr1.426,50 €
Erhöhungsgebühr § 6 I BRAGO 3/10 Gebühr427,95 €
Besprechungsgebühr § 118 I Nr. 2 BRAGO 10/10 Gebühr1.426,50 €
Vergleichsgebühr § 23 I BRAGO 15/10 Gebühr2.139,75 €
Auslagenpauschale § 26 BRAGO20,00 €
Zwischensumme5.440,70 €
Umsatzsteuer 16 %870,51 €
Gesamtbetrag6.311,21 €.

2.

Im Hinblick auf die Beauftragung zur Grenzfeststellung, mit der Rechnung-Nr. 206 berechnet, steht dem Kläger über den in Höhe von 81,43 € bereits anerkannten Betrag (Seite 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 25.09.2006 - Bl. 176 d.A.) weiter nichts zu.

Es lässt sich nicht beanstanden, dass die Beklagten einen Gegenstandswert von nur 500,00 € angesetzt haben. Es handelt sich um eine Angelegenheit von nur untergeordneter Bedeutung. Demgegenüber ist der von dem Kläger mit 1.000,00 € zugrunde gelegte Gegenstandswert nicht maßgeblich, und zwar schon deswegen nicht, weil der Kläger selbst in seiner Rechnung vom 05.08.2005 den Gegenstandswert nur mit der Einschränkung "vorläufig" (Bl. 79 d.A.) angegeben hat.

Die Beklagten haben zu Recht auch nur eine Mindestgebühr angesetzt. Es handelte sich, wie gesagt, in der Tat um eine Angelegenheit von nur untergeordneter Bedeutung. Der Kläger hat zur Erledigung seines Auftrages auch nur ein Schreiben, nämlich dasjenige vom 27.06.2005 (Bl. 76 d.A.) verfasst, das keinen besonderen Einsatz erforderte.

3.

Der geltend gemachte Zinsanspruch ist gemäß §§ 288 Abs. 1, 291 BGB gerechtfertigt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 2.539,02 €.

Ende der Entscheidung

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