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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.01.2006
Aktenzeichen: 7 U 121/05
Rechtsgebiete: BGB, ZPO
Vorschriften:
BGB § 13 | |
BGB § 139 | |
BGB § 492 Abs. 1 | |
BGB § 494 Abs. 1 | |
BGB § 494 Abs. 2 | |
BGB § 494 Abs. 2 Satz 1 | |
BGB § 499 Abs. 1 | |
ZPO § 543 Abs. 2 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
7 U 121/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 18.01.2006
Verkündet am 18.01.2006
In dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 07.12.2005 durch
den Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das am 23.06.2005 verkündete Teilurteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt/Oder wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung des Beklagten zu 3. wird das am 23.06.2005 verkündete Teilurteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt/Oder teilweise dahingehend abgeändert, dass die gegen den Beklagten zu 3. gerichtete Klage abgewiesen wird.
Die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin und der Beklagten zu 1. je zur Hälfte auferlegt.
Von den außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin die des Beklagten zu 3. insgesamt und ihre eigenen zur Hälfte, die Beklagte zu 1. ihre eigenen und die Hälfte der Kosten der Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte zu1. kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte zu 3. vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe:
I.
Zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. bestanden geschäftliche Beziehungen. Die Beklagte zu 1. schuldete der Klägerin hieraus einen Betrag von insgesamt 122.283,31 € nebst Zinsen. Zur Abgeltung dieser Schuld setzte die Klägerin eine Vereinbarung auf; nach deren Inhalt verzichtete die Klägerin auf einen Teil ihrer Forderungen, die Restschuld von 86.000,00 € sollte die Beklagte zu 1. in monatlichen Raten von 5.375,00 € begleichen; zusätzlich zur letzten Rate sollte eine weitere Zahlung von pauschal 3.000,00 € zur Abgeltung aller aus der Vereinbarung sich ergebenden Zinsen sowie deren Kosten geleistet werden; die Beklagten zu 2. und 3. sollten die Verbindlichkeiten der Beklagten zu 1. als eigene Schuld übernehmen. Der Beklagte zu 3. unterzeichnete die Vereinbarung am 28.10.2003 zugleich auch für die übrigen Beklagten und sandte sie per Fax an die Klägerin zurück. Die Klägerin unterzeichnete das Original der Vereinbarung am 13.04.2004, nachdem sie dieses auf ihr Betreiben im April 2004 erhalten hatte.
Die Beklagten zahlten bis zum 08.07.2004 insgesamt 16.750,00 € und nach Rechtshängigkeit weitere 8.000,00 €.
Die Klägerin hat - gestützt auf die in der Urkunde vom 28.10.2003 niedergelegte Vereinbarung - Klage im Urkundenprozess erhoben.
Über das Vermögen der Beklagten zu 2. ist am 09.03.2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden.
Die Klägerin hat - zuletzt - beantragt,
die Beklagten zu 1. und 3. zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie 69.250,00 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2004 abzüglich am 03.02.2005 gezahlter 8.000,00 € zu zahlen.
Die Beklagten zu 1. und 3. haben beantragt,
die Klage abzuweisen. Sie haben die Auffassung vertreten, die Vereinbarung sei nicht wirksam zustande gekommen, weil die Unterzeichnung durch die Klägerin eine verspätete Annahme sei; dem Beklagten zu 3. gegenüber seien die Formvorschriften des Verbraucherdarlehens nicht beachtet worden.
Das Landgericht hat mit Teil-Vorbehaltsurteil im Urkundenprozess vom 14.04.2005 der Klage gegenüber den Beklagten zu 1. und 3. stattgegeben. Es hat die Einwendungen der Beklagten nicht durchgreifen lassen.
Im Nachverfahren hat die Klägerin beantragt,
das Teil-Vorbehaltsurteil vom 14.04.2005 für vorbehaltlos zu erklären. Die Beklagten zu 1. und 3. haben beantragt,
das Vorbehaltsurteil vom 14.04.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat mit Teilurteil vom 23.06.2005 der Klage gegenüber den Beklagten zu 1. und 3. unter Wegfall des Vorbehaltes stattgegeben. Es hat die Einwendungen der Beklagten nicht durchgreifen lassen.
Die Beklagten zu 1. und 3. haben gegen das ihnen am 30.06.2005 zugestellte Urteil am 25.07.2005 Berufung eingelegt und diese am 26.08.2005 begründet.
Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagten zu 1. und 3. beantragen,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.
II.
1.
Die Berufungen der Beklagten zu 1. und 3. sind zulässig. Entgegen den Ausführungen der Klägerin (Bl. 214 d.A.) ist die Berufung der Beklagten zu 1. nicht unzulässig. Die Berufungsbegründung (Bl. 158 d.A.) befasst sich nicht nur mit verbraucherschützenden Erwägungen, sondern unter den Ordnungszahlen 1. und 2. auch mit Angriffen, die sich gegen die Annahme des Zustandekommens einer wirksamen Vereinbarung an sich richten.
2.
Die Berufung der Beklagten zu 1. ist unbegründet.
a)
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die der Klage zugrunde liegende Vereinbarung (Bl. 5 - 7 d.A.) als solche zwischen den Parteien abgeschlossen worden ist.
Ausweislich der Seite 1 der Sitzungsniederschrift vom 24.03.2005 lag das Original der Vereinbarung vom 28.10.2003 (Kopie: Bl. 5 - 7 d.A.) vor, und zwar ist - nach den von der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts - die Urkunde von beiden Parteien im Original unterzeichnet (Bl. 64 d.A.).
Damit ist die Vereinbarung als solche zwischen den Parteien zustande gekommen.
Die Beklagten haben das von ihnen im Oktober 2003 unterzeichnete Exemplar der Vereinbarung der Klägerin auf deren Aufforderung hin im April 2004 übersandt (Bl. 10 d.A.); dieses erneute Angebot der Beklagten hat die Klägerin sogleich angenommen.
b)
Die Beklagte zu 1. kann sich nicht auf die Schutzvorschriften über Verbraucherdarlehensverträge (§§ 491 ff. BGB) berufen. Die Beklagte zu 1. gehört nicht zu dem Personenkreis, auf den diese Vorschriften anzuwenden sind. Der Anwendungsbereich dieser Vorschriften ist auf Unternehmer als Darlehensgeber einerseits und auf Verbraucher als Darlehensnehmer andererseits beschränkt. Die Beklagte zu 1. ist als GmbH organisiert und somit nicht eine natürliche Person, so dass sie auch nicht ein Verbraucher im Sinne der Definition des § 13 BGB ist.
c)
Die Berufung der Beklagten zu 1. ist somit im Ergebnis unbegründet.
3.
Die Berufung des Beklagten zu 3. hat Erfolg.
Die Klage ist gegenüber dem Beklagten zu 3. nicht begründet.
Der von der Klägerin aus der Vereinbarung der Parteien mit Datum vom 28.10.2003 hergeleitete Anspruch besteht nicht. Die Vereinbarung ist gemäß §§ 499 Abs. 1, 492 Abs. 1, 494 Abs. 1 BGB nichtig, soweit sie eine Zahlungsverpflichtung des Beklagten zu 3. zum Gegenstand hat.
Mit der Vereinbarung beabsichtigten die Parteien die Feststellung einer Verbindlichkeit der Beklagten zu 1. (Ziffer 1. der Vereinbarung), einen Schuldbeitritt der Beklagten zu 2. und 3. (Ziffer 2. der Vereinbarung) und den Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung mit einer Laufzeit von 16 Monaten (Ziffer 4. der Vereinbarung). Diese Vereinbarungen sind dem Beklagten zu 3. gegenüber aufgrund der vorgenannten gesetzlichen Bestimmungen nichtig.
Die Vereinbarung zu Ziffer 4. regelt einen entgeltlichen Zahlungsaufschub im Sinne des § 499 Abs. 1 BGB von mehr als 3 Monaten.
Ein Zahlungsaufschub liegt vor, wenn die vereinbarte Fälligkeit der vom Verbraucher geschuldeten Zahlung gegen Entgelt hinausgeschoben wird (Palandt/Putzo, BGB, 64. Aufl., § 499 BGB, Vorbem. 2 e). In der Ratenzahlungsabrede ist der Zahlungsaufschub zu sehen.
Der Zahlungsaufschub ist entgeltlich. Die zusätzliche pauschale Zahlung von 3.000,00 € (Ziffer 4. der Vereinbarung - Bl. 6 d.A.) soll die Zinsen und Kosten der Vereinbarung abdecken. Die "Zinsen" sind beim Darlehen das Entgelt für die Überlassung des Kapitals. Das bedeutet bei der hier vorliegenden Konstellation, dass die "Zinsen" das Entgelt für den vereinbarten Zahlungsaufschub sind.
An diesem rechtlichen Ergebnis ändern die Ausführungen der Klägerin in deren Schriftsatz vom 14.12.2005 nichts.
In der Vereinbarung ist klargestellt, dass die pauschale Zahlung sich gerade nicht auf die auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 14.12.2005 erwähnten "Verzugszinsen" beziehen sollte. Denn in Ziffer 4. der Vereinbarung heißt es insoweit: "Zusätzlich ... ist eine weitere pauschale Zahlung von 3.000,00 EUR (brutto) zur Abgeltung aller sich aus dieser Ratenzahlungsregelung ergebenden Zinsen (ohne Verzugszinsen) sowie Kosten der Vereinbarung fällig. Die Klägerin kann sich folglich nicht darauf berufen, dass mit der Zahlungspauschale bereits entstandene Verzugszinsen bzw. Kosten abgegolten sein sollten. Das hat um so mehr zu gelten, als aus der Vereinbarung gerade nicht hervorgeht, welcher Teil der Pauschale auf den Kostenersatz entfallen soll.
Der Beklagte zu 3. ist Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. Er ist eine natürliche Person; der Schuldbeitritt und der hierauf bezogene Zahlungsaufschub erfolgten nicht in Verfolgung eines Zwecks, der seiner gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann. Dies gilt auch in Ansehung seiner Stellung als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. und 2. (BGHZE 133, 71).
In Ansehung der Verbrauchereigenschaft des Beklagten zu 3. bedurfte die Vereinbarung eines Zahlungsaufschubs zwischen ihm und der Klägerin der Schriftform, die erfüllt ist, und der in § 492 Abs. 1 BGB genannten Angaben. An letzteren fehlt es hier zumindest teilweise. Insbesondere fehlen Einzelbezeichnungen zu Zinsen und Kosten sowie Angaben zum effektiven Jahreszins. Der Zahlungsaufschub ist mithin nichtig.
Auf eine Heilung gemäß § 494 Abs. 2 BGB kann die Klägerin sich nicht berufen. Zwar haben die Beklagten sich auf die im Wege der Vereinbarung ausbedungenen Zahlungen eingelassen und damit auch den ihnen gewährten Zahlungsaufschub in Anspruch genommen.
Ungeachtet der Frage, inwieweit dadurch § 494 Abs. 2 Satz 1 BGB in entsprechender Anwendung nach § 499 Abs. 1 BGB heranzuziehen ist, reicht die daraus folgende Gültigkeit der Vereinbarung jedenfalls nur insoweit, als der Zahlungsaufschub in Anspruch genommen wurde.
Die Nichtigkeit der Regelung unter Ziffer 4. der Vereinbarung erfasst diese zur Gänze, soweit sie den Beklagten zu 3. betrifft. Diese Rechtsfolge ergibt sich - sofern nicht bereits aus §§ 494 Abs. 1, 499 Abs. 1 BGB - jedenfalls aus § 139 BGB.
Die Vereinbarung der Parteien mit Datum vom 28.10.2003 stellt sich trotz einer Mehrzahl von Regelungen als einheitliches Rechtsgeschäft dar. Die einzelnen Regelungen stehen, insbesondere für die dem ursprünglichen Schuldverhältnis der Klägerin und der Beklagten zu 1. Beigetretenen, darunter der Beklagte zu 3., in einem nicht auflösbaren Verhältnis zueinander.
Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, ein nachträglich vereinbarter entgeltlicher Zahlungsaufschub führe nicht dazu, dass das ursprüngliche Schuldverhältnis unwirksam werde. Die Klägerin verkennt hierbei, dass der Beklagte zu 3. mit seinem Schuldbeitritt auch und gerade die Haftung im Umfang der in der Vereinbarung neu festgelegten Schuld übernommen hat. Der Formmangel umfasst nämlich gerade die im Zusammenhang mit der Ratenzahlungsabrede getroffenen Vereinbarungen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Ende der Entscheidung
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