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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.02.2003
Aktenzeichen: 7 U 135/02
Rechtsgebiete: BGB, VBG 37, VBG 1, SGB VII, ZPO


Vorschriften:

BGB § 254 Abs. 1
BGB § 288 a. F.
BGB § 291
BGB § 823 Abs. 1 a. F.
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 843 Abs. 1
BGB § 847 Abs. 1 a. F.
VBG 37 § 12 a
VBG 1 § 6 Abs. 1
SGB VII § 104
SGB VII § 104 Abs. 1 Satz 1
SGB VII § 105
SGB VII § 106
SGB VII § 106 Abs. 3
SGB VII § 106 Abs. 3, 3. Alternative
ZPO § 92 Abs. 1
ZPO § 97 Abs. 2
ZPO § 138
ZPO § 138 Abs. 1
ZPO § 139
ZPO § 256
ZPO § 286
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 531 Abs. 2 Nr. 3
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 135/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.02.2003

verkündet am 19.02.2003

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 29.1.2003 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 6.6.2002 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 11.242,21 € sowie eine Geldrente in Höhe von monatlich 571,86 € für die Zeit ab 1.2.2000 bis 31.12.2000, in Höhe von monatlich 477,72 € für die Zeit ab 1.1.2001 bis 31.12.2001 und in Höhe von monatlich 371,89 € für die Zeit ab 1.1.2002 bis 3.11.2030 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000,00 € nebst 4 % Zinsen ab 1.4.2000 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger 3/4 aller materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm aus dem Unfall vom 17.3.1997 noch entstehen werden, soweit der Anspruch des Klägers nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist oder übergehen wird.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Kosten der ersten Instanz der Kläger zu 30 % und die Beklagte zu 70 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger erlitt am 17.3.1997 einen Unfall bei Arbeiten auf der Baustelle H...Straße in B... .

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Zeit ab Mai 1997 bis Januar 2000 Verdienstausfall in Höhe von 14.990,77 € zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ab 1.2.2000 einen monatlichen Verdienstausfall von 762,80 € vorbehaltlich einer etwaigen Änderung seiner monatlichen Nettobezüge zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld nebst 4 % Zinsen ab 1.4.2000 zu zahlen, mindestens jedoch 51.129,196,

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihm alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, der ihm aus dem Unfall vom 17.3.1997 noch entstehen werden, soweit der Anspruch nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat bestritten, dass der Kläger vor Beginn der Arbeiten die Bewehrungspläne selbst eingesehen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 6.6.2002 die Beklagte zur Zahlung eines Verdienstausfalls in Höhe von insgesamt 11.243,08 € für die Zeit ab Mai 1997 bis Januar 2000, einer Geldrente in Höhe von monatlich 571,86 € für die Zeit ab Februar 2000 bis Dezember 2001 und in Höhe von monatlich 390,48 € für die Zeit ab Januar 2002 und zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 35.000,00 € nebst 4 % Zinsen ab 1.4.2000 verurteilt sowie festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet sei, dem Kläger 3/4 des zukünftigen Schadens zu ersetzen; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ansprüche des Klägers bestünden nach § 823 Abs. 1 BGB und nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 12 a VBG 37, 6 Abs. 1 VBG 1. Die Beklagte sei nicht nach §§ 104 Abs. 1 Satz 1, 106 Abs. 3, 3. Alternative SGB VII von der Haftung befreit, da eine gemeinsame Betriebsstätte nicht vorgelegen habe. Die Beklagte habe gegen § 12 a VBG 37 verstoßen, da die Sperrholzplatte über der Öffnung in der Montagedecke weder gegen ein Verschieben gesichert noch mit einem Hinweis auf die darunter befindliche Öffnung versehen gewesen sei; dies stehe nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Zudem habe die Beklagte gem. § 6 Abs. 1 VBG 1 verstoßen, da sie, wie ebenfalls nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, Ausführungspläne ausgegeben habe, in denen die Öffnung nicht eingezeichnet gewesen sei. Allerdings treffe den Kläger ein Mitverschulden, das mit 1/4 zu bewerten sei, da er - der Kläger - sich angesichts der stets in Betracht zu ziehenden Vorläufigkeit und Wandelbarkeit der Verhältnisse auf Baustellen habe vergewissern müssen, dass das Betreten der durch die Holzplatte überdeckten Fläche gefahrlos möglich gewesen sei. Der Höhe nach ergebe sich der Verdienstausfall unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteils aus dem schlüssigen Sachvortrag des Klägers zu seinem vormaligen Nettoverdienst abzüglich des bezogenen Verletzten- und Übergangsgeldes sowie für die Zeit ab Februar 2000 abzüglich der dem Kläger nun zufließenden Einkünfte. Der Schmerzensgeldanspruch sei gem. § 847 Abs. 1 BGB a. F. angesichts der Verletzungen und Beeinträchtigungen des Klägers, die er durch die von ihm vorgelegten Gutachten im Wege des Urkundenbeweises bewiesen habe, in erkannter Höhe begründet. Der Feststellungsantrag sei ebenfalls begründet, da der Eintritt weiterer Schäden möglich erscheine.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 11.6.2002 zugestellt worden ist, hat die Beklagte am 10.7.2002 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 12.9.2002 am 10.9.2002 begründet hat.

Die Beklagte trägt vor, für sie gelte das sozialversicherungsrechtliche Haftungsprivileg nach §§ 104, 106 SGB VII. Unfallursächliche Pflichtverletzungen, wie sie das Landgericht angenommen habe, lägen nicht vor; jedenfalls aber sei ihr Verursachungs- und Verschuldensbeitrag so gering, dass er hinter dem Verschulden des Klägers zurücktrete. Das vormalige Nettoeinkommen des Klägers in Höhe von 3.941,23 DM werde ebenso bestritten wie die vom Kläger vorgetragenen Einkünfte seit Februar 2000. Das vom Landgericht erkannte Schmerzensgeld sei übersetzt. Der Feststellungsantrag sei zurückzuweisen, da sie bereits dem Grunde nach nicht hafte.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 6.6.2002 die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist im Wesentlichen unbegründet.

1.

Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte aus §§ 843 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB auf Ersatz des ihm entstandenen Verdienstausfalls durch Zahlung einer Geldrente.

a)

Der Kläger hat eine Gesundheitsbeeinträchtigung i. S. d. § 823 Abs. 1 BGB erlitten. Insoweit sind das Unfallereignis vom 17.3.1997 sowie der Umstand, dass der Kläger dabei erheblich verletzt worden ist, zwischen den Parteien unstreitig.

b)

Die Beschädigung der Gesundheit des Klägers ist auf ein haftungsrelevantes Verhalten der Beklagten zurückzuführen. Denn die Beklagte hat, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, gebotene Sicherungsmaßnahmen unterlassen.

aa)

Die Beklagte hat das Unfallereignis dadurch herbeigeführt, dass sie unter Verstoß gegen § 6 Abs. 1 VBG 1 Ausführungspläne ausgegeben hat, in denen die Öffnung in der Zwischendecke nicht eingezeichnet gewesen ist.

Gem. § 6 Abs. 1 VBG 1 hat ein Unternehmer, der - wie hier die Beklagte - Arbeiten an Subunternehmer vergibt, eine Person zu bestimmen, die die Arbeiten aufeinander abstimmt, soweit dies zur Vermeidung einer Gefährdung erforderlich ist. Dem hat die Beklagte nicht genügt. Dass sie der Arbeitgeberin des Klägers zum Zwecke der Koordinierung der Arbeiten einen eigenen Mitarbeiter zur Seite gestellt hätte, ist nicht dargetan. Ob die Ausgabe von Ausführungsplänen vor Beginn der Arbeiten hierzu ausreichen kann, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Denn dem Landgericht ist darin zu folgen, dass nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme auf Grund der Aussagen der Zeugen H... und O... davon auszugehen ist, dass die tatsächlich übergebenen Pläne die streitbefangene Öffnung nicht ausgewiesen haben. Der Senat sieht keinen Anlass für eine Abweichung von der Beweiswürdigung durch das Landgericht im angefochtenen Urteil (S. 10 - 12), auf die zur Vermeidung überflüssiger Wiederholungen Bezug genommen wird.

Der Ursächlichkeit dieses Versäumnisses der Beklagten kann nicht entgegengehalten werden, dass der Kläger selbst die Bewehrungspläne vor Beginn der Arbeiten nicht eingesehen habe. Denn zum einen geht - insbesondere - aus der Aussage des Zeugen H... hervor, dass dieser die Ausführungspläne geprüft und sodann die übrigen Mitarbeiter eingewiesen hat; selbst wenn also der Kläger persönlich die Pläne nicht in Augenschein genommen haben mag, hätte die Überlassung zutreffender Ausführungspläne durch die Beklagte das Unfallereignis verhindert, da der Kläger dann durch den hierfür auf der Baustelle verantwortlichen Zeugen H... entsprechend unterwiesen worden wäre. Zum anderen hat die Beklagte für ihre Behauptung weder erstinstanzlich im Schriftsatz vom 16.11.2000 (Bl. 78, 79 d. A.) noch in der Berufungsbegründung vom 9.9.2002 (Bl. 347 d. A.) Beweis angetreten. Dies geht zu ihren Lasten, da sie sich hier zu ihren Gunsten auf ein rechtmäßiges Alternativverhalten beruft, für das sie beweispflichtig ist (vgl. BGHZ 120, 281, 287; NJW 1991, 166, 167; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Rn. 107 vor § 249).

bb)

Daneben hat die Beklagte einen weiteren Verursachungsbeitrag dadurch geleistet, dass sie die Öffnung in der Bodenplatte vor Ort nicht hinreichend abgesichert hat. Gem. § 12 a VBG 37 sind an Öffnungen in Böden Einrichtungen anzubringen, die ein Abstürzen, Hineinfallen oder Hineintreten von Personen verhindern; nach der Durchführungsanordnung zu § 12 a VBG 37 hat eine Abdeckung unverschieblich zu sein. Das ist hier nach dem Ergebnis der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme nicht der Fall gewesen; auch insoweit schließt sich der Senat der Beweiswürdigung des Landgerichts im angefochtenen Urteil (S. 8 - 10) an, die Rechtsfehler nicht erkennen lässt und auf die zur Vermeidung von Wiederholungen ebenfalls Bezug genommen wird.

Auch diesbezüglich kann dem von der Beklagten in der Berufungsbegründung vom 9.9.2002 (Bl. 346 d. A.) erhobenen Einwand gegen die Ursächlichkeit für das Schadensereignis nicht gefolgt werden. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger auch bei ordnungsgemäßer Befestigung der Platte in die Öffnung gestürzt wäre, da er die Platte auch dann abtransportiert hätte. Dem steht schon entgegen, dass der Kläger an einer ordnungsgemäßen, den Unfallverhütungsvorschriften entsprechenden Befestigung der Platte hätte erkennen können, dass sie zur Überdeckung einer Gefahrenstelle angebracht worden ist und sein Verhalten darauf hätte einstellen können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob, worüber die Parteien ebenfalls streiten, solche Platten üblicherweise auch als Sitz- oder Abstellfläche aufgestellt werden. Denn auch dann, wenn - wie die Beklagte vorträgt - dies nicht zutrifft, musste der Kläger aus dem Vorhandensein der Platte nicht zwangsläufig auf eine darunter befindliche Gefahrenstelle schließen, da angesichts der - vom Landgericht in anderem Zusammenhang angesprochenen - Vorläufigkeit und Wandelbarkeit der Verhältnisse auf Baustellen die Lagerung von Baustoffen und -geräten auf mannigfaltigen Gründen beruhen kann.

c)

Umstände, die der Rechtswidrigkeit der Schädigung des Klägers oder der Schuldhaftigkeit des Verhaltens auf Seiten der Beklagten entgegenstehen könnten, lassen sich dem Sachvortrag der Parteien nicht entnehmen.

d)

Die Beklagte ist auch nicht gem. §§ 104 Abs. 1 Satz 1, 106 Abs. 3 3. Fall SGB VII von der Haftung befreit.

aa)

Denn die Beklagte gehört bereits nicht zum Kreis der durch § 106 Abs. 3 SGB VII geschützten Personen. Dem steht der klare Wortlaut des § 106 Abs. 3 SGB VII entgegen, wonach der Haftungsausschluss nach §§ 104, 105 SGB VII - nur - für die Ersatzpflicht der "für die beteiligten Unternehmen Tätigen untereinander" gelten soll; darin kommt der Wille des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass nur die selbst und unmittelbar tätigen Personen untereinander, nicht aber auch der - selbst nicht vor Ort tätige - Unternehmer für Schädigungen durch einen Beschäftigten von der Haftung befreit sein soll (BGH NJW 2001, 3125, 3126; 3127, 3128; Kasseler Kommentar/Ricke, SGB VII, 2003, § 106, Rn. 11 a; Kater/Leube, SGB VII, § 106, Rn. 14; a. A. : 13. Senat, r+s 2000, 373, 375; Geigel/Kolb, Der Haftpflichtprozess, 23. Aufl., § 31, Rn. 84). Demgemäß kommt hier eine Haftungsbefreiung der Beklagten, die als Handelsgesellschaft Verrichtungen auf der Baustelle nicht originär selbst, sondern nur durch Mitarbeiter vornehmen konnte, nicht in Betracht.

bb)

Ungeachtet dessen hat aber auch eine gemeinsame Betriebsstätte der Beklagten und der K... GmbH, die Arbeitgeberin des Klägers gewesen ist, nicht vorgelegen. Nach der zutreffenden Ansicht des BGH (NJW 2001, 443, 444; VersR 2001, 372, 373), der sich der Senat anschließt, bedarf es hierzu eines bewussten Miteinanders im Arbeitsablauf, was zwar nicht in einer rechtlichen Verfestigung oder auch nur ausdrücklichen Vereinbarung bestehen muss, sich aber zumindest tatsächlich als ein aufeinander bezogenes betriebliches Zusammenwirken mehrerer Unternehmen darstellt, so dass über die Fälle der Arbeitsgemeinschaft hinaus die betrieblichen Aktivitäten mehrerer Unternehmen erfasst sind, die bewusst und gewollt bei einzelnen Maßnahmen ineinandergreifen, miteinander verknüpft sind, sich ergänzen oder sich unterstützen, und zwar auch dann, wenn die gegenseitige Verständigung stillschweigend durch bloßes Tun erfolgt. Das ist hier nicht der Fall gewesen. Denn die Beklagte und die K... GmbH haben nicht einzelne Maßnahmen in einem solchen Zusammenwirken durchgeführt, sondern jeweils nacheinander eigenständige Teilgewerke gefertigt. Die Beklagte trägt insoweit in der Berufungserwiderung vom 9.9.2002 (Bl. 342, 343 d. A.) ausdrücklich vor, dass zunächst sie selbst Arbeiten erbracht hat, damit sodann die K... GmbH als ihre - der Beklagten - Subunternehmerin darauf den Ortbeton aufbringen konnte, und sie selbst wiederum im Anschluss daran weitere Arbeiten ausführen konnte. Allein der Umstand, dass die jeweiligen Vorgewerke Grundlage der nachfolgenden Teilgewerke gewesen sein mögen, führt nicht dazu, dass eine gemeinsame Betriebsstätte angenommen werden kann. Denn dies ändert nichts daran, dass die Beklagte und die K... GmbH nicht miteinander tätig geworden sind, sondern jeweils ohne - ersichtliche - Beteiligung des anderen Unternehmens allein ihnen selbst obliegende Maßnahmen durchgeführt haben.

e)

Allerdings trifft den Kläger ein nicht unerhebliches Mitverschulden gem. § 254 Abs. 1 BGB, da er sich nicht vergewissert hat, ob er nach Anheben der Platte gefahrlos den durch die Platte verdeckten Bereich betreten konnte. Insoweit erscheint aus den zutreffenden Erwägungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (S. 12), auf die verwiesen wird, die Annahme eines Mithaftungsanteils des Klägers in Höhe von 1/4 erforderlich, aber auch ausreichend, um die wechselseitigen Verursachungsbeiträge der Parteien am Schadensereignis vom 17.3.1997 angemessen zu berücksichtigen; dabei fällt zu Lasten der Beklagten besonders ins Gewicht, dass sie, wie dargestellt, gleich mehrfach gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen hat, während andererseits dem Kläger lediglich eine, wenn auch nicht unerhebliche, Unachtsamkeit zur Last gelegt werden kann.

f)

Die Schädigung des Klägers hat zu einer Minderung seiner Erwerbsfähigkeit geführt, so dass er eine Geldrente gem. § 843 Abs. 1 BGB beanspruchen kann. Der Kläger hat hierzu vorgetragen, dass auf Grund der erlittenen Verletzungen er seinen Beruf als Betonbauer nicht mehr ausüben kann und durch die Bauberufsgenossenschaft eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % festgestellt worden ist; dies hat die Beklagte, die im Hinblick auf die Unfallfolgen lediglich im Schriftsatz vom 19.2.2001 (Bl. 200 - 203 d. A.) bestimmte Dauerschäden bestritten hat, nicht in Abrede gestellt.

g)

Der Höhe nach steht dem Kläger der Ersatz des Verdienstausfalls zu, der ihm durch das Schadensereignis entstanden ist (vgl. Palandt/Thomas, a. a. O., § 843, Rn. 6). Dies führt zu den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Beträgen.

aa)

Für die Zeit ab Mai 1997 bis einschließlich Januar 2000 steht dem Kläger die Zahlung von insgesamt 11.242,21 € zu.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des Klägers bis zum Schadenseintritt zuletzt 3.941,23 DM betragen hat. Der Kläger hat diesen Betrag in der Klageschrift vom 17.3.2000 (Bl. 20 d. A.) ausdrücklich vorgetragen, so dass es auf die Bezifferung seines jährlichen Nettoeinkommens in den Jahren 1994 bis 1996, aus der sich ein anderer Betrag ergeben könnte, gem. § 138 Abs. 1 ZPO ebenso wenig ankommen kann wie auf seine Äußerung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat, er habe zwischen 5.000,00 DM und 6.000,00 DM netto im Monat verdient. Bei monatlichen Einkünften von 3.941,23 DM ergibt sich für die Zeit von Mai 1997 bis Januar 2000 ein Einkommen von insgesamt 130.060,59 DM (= 3.941,23 DM x 33 Monate). Davon abzusetzen sind die tatsächlichen Einkünfte des Klägers, also das Verletztengeld in Höhe von insgesamt 30.474,90 DM und das Übergangsgeld in Höhe von 70.268,55 DM, so dass ein Einnahmeausfall des Klägers von 29.317,14 DM, umgerechnet 14.989,62 €, verbleibt. Davon hat die Beklagte nach Abzug des Mitverschuldensanteils des Klägers 3/4, also 11.242,21 € zu ersetzen.

bb)

Für die Zeit ab Februar 2000 bis einschließlich Dezember 2000 sind auf der Einnahmeseite Nettoeinkünfte des Klägers in Höhe von monatlich 2.449,94 DM zu berücksichtigen, so dass sich aus den zutreffenden Berechnungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (S. 13, 14) ein monatlicher Betrag von 571,86 € zu Lasten der Beklagten ergibt. Soweit der Kläger nun eine Gehaltsbescheinigung für Dezember 2000 (Bl. 384 d. A.) vorlegt, aus der sich für das gesamte Jahr ein Nettolohn von insgesamt 29.214,11 DM ergibt, folgt daraus nichts anderes. Denn danach ergäben sich tatsächliche monatliche Einkünfte von lediglich 2.434,51 DM (= 29.214,11 DM : 12 Monate), aus denen sich ein geringfügig höherer Verdienstausfall ergeben würde, den der Kläger jedoch nicht geltend macht.

cc)

Für die Zeit ab Januar 2001 bis Dezember 2001 kann es jedoch nicht bei den vom Kläger erstinstanzlich vorgetragenen Nettoeinkünften von 2.449,94 DM verbleiben. Denn der Kläger legt nun eine Verdienstbescheinigung für Dezember 2001 vor, aus der sich Gesamteinkünfte in Höhe von 32.345,41 DM netto, also monatlich im Durchschnitt 2.695,45 DM (= 32.345,41 DM : 12 Monate), ergeben, so dass nun nur noch ein sich auf dieser Grundlage ergebender, im Verhältnis zur Entscheidung des Landgerichts geringerer Verdienstausfall schlüssig dargetan ist. Nach Abzug dieses Betrages von den vormaligen Einkünften in Höhe von 3.941,23 DM verbleiben nämlich nur noch 1.245,78 DM (= 3.941,23 DM - 2.695,45 DM), wovon die Beklagte 3/4, also 934,34 DM - umgerechnet 477,72 € -, schuldet.

dd)

Für die Zeit ab Januar 2002 kann in gleicher Weise die vom Kläger nun vorgelegte Gehaltsbescheinigung für Oktober 2002 (Bl. 382 d. A.) nicht unberücksichtigt bleiben, die Gesamteinkünfte von 15.192,68 € netto, umgerechnet 29.714,30 DM, ausweist und zu durchschnittlichen Nettoeinkünften von 2.971,43 DM (= 29.714,30 DM : 10 Monate) führt. Demgemäß stellt sich die Einkommensdifferenz auf nun noch 969,80 DM (= 3.941,23 DM - 2.971,43 DM), wovon die Beklagte 3/4, also 727,35 DM - umgerechnet 371,89 € -, zu zahlen hat.

ee)

Soweit die Beklagte das vorstehende Zahlenwerk bestreitet, ist dies unerheblich.

In erster Instanz hat die Beklagte lediglich in der Klageerwiderung vom 7.6.2000 (Bl. 38 d. A.) pauschal den Verdienstausfall des Klägers bestritten. Dies ist schon deshalb unbeachtlich, weil sich das Bestreiten gem. § 138 ZPO auf bestimmte Behauptungen beziehen muss und nicht eine Gesamtheit gegnerischer Darlegungen zum Gegenstand haben darf (vgl. Zöller/ Greger, ZPO, 23. Aufl., § 138, Rn. 10 a).

Soweit die Beklagte ihr Bestreiten in der Berufungsbegründung vom 9.9.2002 (Bl. 350 - 352 d. A.) auf einzelne vom Kläger vorgetragene Tatsachen hin konkretisiert, kann sie damit nach §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO nicht gehört werden. Einer Zulassung des neuen Vorbringens gem. § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO steht entgegen, dass der maßgebliche Sachvortrag des Klägers - mit Ausnahme der Einführung der genannten Gehaltsbescheinigungen in den Rechtsstreit, zu denen die Beklagte sich in der Berufung nicht erklärt hat - bereits mit der Klageschrift erfolgt ist, so dass eine eingehende Auseinandersetzung damit bereits in erster Instanz hätte erfolgen können und müssen; sie insoweit entlastende Umstände hat die Beklagte nicht dargetan. Es kann im Übrigen nicht angenommen werden, dass die Beklagte gem. § 531 Abs. 2 Nr. 2 ZPO infolge eines Verfahrensmangels daran gehindert gewesen ist. Insoweit kann ihr insbesondere nicht zu Gute kommen, dass das Landgericht durch Beschluss vom 2.11.2000 (Bl. 64 d. A.) dem Kläger anheim gestellt hat, im Einzelnen den entgangenen Verdienst darzulegen. Denn der Kläger hat hierzu im Schriftsatz vom 15.1.2001 (Bl. 89 d. A.) ergänzend vorgetragen. Vor allem aber hat das Landgericht durch Beschluss vom 27.8.2001 (Bl. 234 - 236 d. A.) eine Beweisaufnahme zum Anspruchsgrund angeordnet. Spätestens damit konnte und musste sich der anwaltlich vertretene Kläger - auch ohne einen ausdrücklichen Hinweis des Gerichts gem. § 139 ZPO - vergegenwärtigen, dass das Gericht von der in seinem früheren Beschluss angedeuteten Sichtweise möglicherweise abrücken werde, da es einer Beweisaufnahme zum Anspruchsgrund regelmäßig nicht bedarf, wenn der geltend gemachte Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargetan ist.

ff)

Im Hinblick auf den Zeitraum, für den ein Anspruch auf Gewährung einer Geldrente auszusprechen ist, ist zu beachten, dass ein Verdienstausfall nur für die Zeit der voraussichtlichen Erwerbstätigkeit entstehen kann, also regelmäßig längstens bis zum Eintritt des Geschädigten in das Rentenalter (BGH NJW-RR 1995, 1272; MünchKomm./Stein, BGB, 3. Aufl., § 843, Rn. 44; Palandt/Thomas, a. a. O., § 843, Rn. 12). Das ist bei dem Kläger, der ausweislich der von ihm vorgelegten ärztlichen Gutachten am 4.11.1965 geboren ist, der Ablauf des 3.11.2030. Umstände, denen hier zugunsten des Schädigers etwas anderes entnommen werden könnte, trägt die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Beklagte (vgl. Palandt/Thomas, a. a. O.) nicht vor.

Der zeitlichen Beschränkung des Rentenbezugs steht nicht entgegen, dass die Klageanträge ebenso wie das angefochtene Urteil eine solche nicht ausweisen. Denn das Begehren des Klägers ist als solchermaßen begrenzt aufzufassen. Dies folgt daraus, dass der Kläger ausdrücklich den Ersatz von Verdienstausfall begehrt, der, wie ausgeführt, nur für den genannten Zeitraum entstehen kann.

2.

Dem Kläger steht gem. §§ 847 Abs. 1 a. F., 823 Abs. 1 BGB darüber hinaus ein Schmerzensgeld in Höhe von 35.000,00 € zu. Dieser Betrag ist angesichts der weitreichenden Folgen des Unfallereignisses für den Kläger sowie unter Berücksichtigung der wechselseitigen Verursachungsanteile der Parteien und der übrigen Umstände des Falles erforderlich, aber auch ausreichend, um eine angemessene Kompensation der - bisherigen - Beeinträchtigungen des Klägers herzustellen; insoweit folgt der Senat ebenfalls den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (S. 14 - 18), auf die Bezug genommen wird, und zwar auch und insbesondere für die Würdigung der vom Kläger vorgelegten Gutachten gem. § 286 ZPO im Hinblick auf das Bestehen fortdauernder Gesundheitsbeeinträchtigungen.

3.

Soweit der Kläger die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz zukünftig eintretender Schäden begehrt, ist die Klage gem. § 256 ZPO zulässig und im vom Landgericht erkannten Umfang ebenfalls begründet. Dies folgt bereits daraus, dass nach Maßgabe der vom Kläger vorgelegten Gutachten bis heute eine gesundheitliche Wiederherstellung nicht erfolgt ist; der Kläger hat hierzu in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend ausgeführt, dass wegen einer Komplikation demnächst ein weiterer Krankenhausaufenthalt bevorsteht und darüber hinaus innerhalb der nächsten Jahre die Einsetzung eines künstlichen Hüftgelenks erforderlich werden wird. Von daher ist davon auszugehen, dass mit Wahrscheinlichkeit auch künftig weitere materielle und immaterielle Schäden entstehen werden, die auf das Schadensereignis vom 17.3.1997 zurückzuführen sind, so dass eine abschließende Bezifferung der Ansprüche des Klägers derzeit nicht möglich ist. Im Hinblick auf das Mitverschulden des Klägers gem. § 254 Abs. 1 BGB sind diese Schäden jedoch - ebenfalls - lediglich zu 3/4 zu ersetzen.

4.

Die Zinsansprüche des Klägers im Hinblick auf das erkannte Schmerzensgeld folgen aus §§ 291, 288 BGB a. F.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht angezeigt, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Ausführungen zum Haftungsprivileg gem. §§ 104, 106 SGB VII, die eine der Revision zugänglich zu machende Abweichung oder Ergänzung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wie dort dargestellt, nicht enthält.

Ende der Entscheidung

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