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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 03.06.2009
Aktenzeichen: 7 U 149/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 a Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 8. Juli 2008 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die auf Feststellung gerichtete Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Die Kosten des ersten Rechtszuges werden der Klägerin zu 62 % und dem Beklagten zu 38 % auferlegt. Die Kosten des Berufungsrechtszuges haben die Klägerin zu 71 % und der Beklagte zu 29 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt den Beklagten als geschäftsführenden Gesellschafter in Anspruch.

Die Eheleute M... H... und Dr. C... H... gründeten im Jahre 1995 unter der Bezeichnung "H... Immobilien-Fonds Wohnanlage B... GbR" eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu dem Zweck, auf dem am Stadtrand von B... gelegenen Grundstück ... Straße 81 - 83 in M... in zwei Neubauvillen insgesamt sechs Maisonettewohnungen zu errichten (Bl. 68 R d.A.).

Die Gesellschaft wurde am 04.06.1995 in das Grundbuch von M... Blatt 293 eingetragen (Grundbuchauszug am Ende d.A.). Am 14.03.1997 wurden sodann die Eheleute H... als Gesellschafter bürgerlichen Rechts eingetragen. Nachdem die Kreissparkasse ..., die Rechtsvorgängerin der Klägerin, im Wege der Sicherheitenverwertung zwei Anteile von einem Anteilseigner erwarb, wurde die Kreissparkasse ... nach Maßgabe des Eintragungsantrages vom 10.04.2003 (Bl. 100 d.A.) als weiterer Gesellschafter der H... Immobilien-Fonds Wohnanlage B... GbR am 25.04.2005 in das Grundbuch eingetragen.

In der Gesellschafterversammlung vom 13.11.2004 wurde der Beklagte als Nachfolger von M... H... zum Geschäftsführer bestellt (Bl. 7, 8 d.A.). Der Name der GbR wurde in der Gesellschafterversammlung vom 25.04.2005 in "Immobilienfonds ... Straße B..." geändert (Bl. 90 d.A.). Der Beklagte erstritt als Geschäftsführer der GbR gegen die Klägerin am 15.12.2005 ein Urteil des Landgerichts Potsdam (12 O 319/05) auf Auszahlung der Fondsreserve; die Klägerin zahlte daraufhin, nach ihrem Vortrag 56.272,69 € (Bl. 4 d.A.), nach dem Vortrag des Beklagten 52.882,14 € zuzüglich Zinsen (Bl. 52 d.A.), an den Beklagten.

Die Klägerin hat zunächst noch beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihr bzw. weiteren Personen den Zutritt des Grundstücks ... Straße 81 - 83 in M... zu gewähren, sowie das Gebäude winterfest zu machen. Beide Parteien haben hinsichtlich dieser Anträge den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem das Grundstück am 22.11.2007 zwangsversteigert worden war. Inzwischen ist der Ersteher am 18.03.2008 eingetragen worden.

Die Klägerin hat - zuletzt - beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, eine Abrechnung des Fondsguthabens zu erstellen und ihr Auskunft über die Verwendung und den Verbleib des an ihn als Geschäftsführer des Immobilienfonds ... Straße B... GbR ausgezahlten Fondsguthabens in Höhe von 56.272,69 € zu erteilen und festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, den Gesellschaftern des Immobilienfonds ... Straße B... GbR den Schaden zu ersetzen, der dem Immobilienfonds aus der mangelhaften Geschäftsführung des Beklagten entstanden ist.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 23.07.2008 zugestellte Urteil am 13.08.2008 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 07.10.2008 begründet.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat haben beide Parteien den von der Klägerin gestellten Auskunftsantrag übereinstimmend für erledigt erklärt.

Der Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig. Das Rechtsmittel ist nur teilweise begründet. Ohne Erfolg hat sich der Beklagte gegen seine Verurteilung zur Auskunftserteilung gewendet. Nach übereinstimmender Erledigterklärung sind ihm insoweit die Kosten aufzuerlegen, da er mit seinem Rechtsmittel nicht durchgedrungen wäre. Die Berufung führt aber zur Abweisung der auf Feststellung gerichteten Klage, über die noch allein zu entscheiden ist.

1. Hinsichtlich des Auskunftsbegehrens ist gemäß § 91 a Abs. 1 ZPO nur noch über die Kosten zu entscheiden, nachdem die Parteien den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Es entspricht billigem Ermessen, dem Beklagten die Kosten aufzuerlegen; denn unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes wäre er unterlegen. Die gegen die Entscheidung des Landgerichts gerichteten Berufungsangriffe des Beklagten sind unbegründet.

a) Der Beklagte hat ohne Erfolg geltend gemacht, die Klägerin sei nicht Gesellschafterin der Fondsgesellschaft.

Die Rechtsvorgängerin der Klägerin ist als Gesellschafterin der Fondsgesellschaft in das Grundbuch hinsichtlich des Fondsgrundstücks am 25.04.2005 eingetragen worden. Die Eintragung ist nach Maßgabe des Eintragungsantrages des damaligen Geschäftsführers M... H... vom 10.04.2003 (Bl. 100 d.A.) erfolgt. In dem Eintragungsantrag heißt es, die Rechtsvorgängerin der Klägerin habe insgesamt 21,5 Anteile der Gesellschaft erworben. Dies entspricht dem am 10.05./20.08.2001 geschlossenen Vertrag über die Übertragung von Gesellschaftsanteilen zwischen dem Anteilseigner S... F... und der Rechtsvorgängerin der Klägerin (Bl. 101 d.A.). Soweit der Beklagte beanstandet, die Abtretung der Anteile sei nicht entsprechend dem Gesellschaftsvertrag erfolgt, verkennt er, dass der Eintragungsantrag als die nach dem Vertrag vorausgesetzte Genehmigung zu werten ist.

b) Die Klägerin hat, wie auf Seite 5 der Klageschrift (Bl. 5 d.A.) ausgeführt, im Wege der actio pro socio geklagt. Insoweit hat das Landgericht den Klageantrag zutreffend ausgelegt.

Die GbR ist befugt, Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis gegen die Gesellschafter (Sozialansprüche) klageweise durchzusetzen. An ihrer Stelle kann auch der einzelne Gesellschafter solche Ansprüche im Wege der actio pro socio allein im eigenen Namen in Prozessstandschaft für die Gesellschaft zur Leistung an diese geltend machen (Palandt/Sprau, BGB, 68. Aufl., § 714 BGB, Rdnr. 9). Zu den Sozialansprüchen gehören auch Ansprüche gegen einen Gesellschafter aus dessen Geschäftsführung, nämlich auf Rechnungslegung sowie auf Schadensersatz bei pflichtwidriger Geschäftsführung (Palandt/Sprau, § 705 BGB, Rdnr. 29).

Entgegen den Ausführungen des Beklagten (Seite 4 der Berufungsbegründung - Bl. 213 d.A.) setzt eine Klage im Wege der actio pro socio nicht etwa voraus, dass sich die vertretungsberechtigten Gesellschafter weigerten, die Ansprüche für die Gesellschaft geltend zu machen. Die Befugnis des einzelnen Gesellschafters, Ansprüche für die Gesellschaft zur Leistung an diese geltend zu machen, ergibt sich bereits aus der Mitgliedschaft des einzelnen Gesellschafters (Palandt/Sprau, § 714 BGB, Rdnr. 9).

c) Zwar ist der Einwand des Beklagten an sich richtig, dass die Pflicht zur Rechenschaft erst nach Ausführung des Auftrags besteht; allerdings können bei einer Dauerverwaltung auch periodische Abrechnungen geschuldet sein (Palandt/Sprau, § 666 BGB, Rdnr. 4).

Jedenfalls aber lässt der Beklagte außer Acht, dass der Gesellschaftszweck, die Wohnanlage zu betreiben und zu verwalten, mit der Zwangsversteigerung sein Ende gefunden hat, mag auch die Gesellschaft nach wie vor bestehen. Das Fondsvermögen, insbesondere die dem Beklagten zur Verfügung gestellte Fondsreserve, kann nun nicht mehr der Verwaltung der Wohnanlage dienen.

2. Die auf Feststellung der Ersatzpflicht des Beklagten gerichtete Klage ist unzulässig.

a) Das Landgericht hat angenommen, das Feststellungsinteresse der Klägerin sei zu bejahen, weil es für die Feststellung einer Schadensersatzpflicht genüge, dass künftige Schäden wenigstens entfernt möglich, nach Art, Umfang oder Eintritt aber noch ungewiss seien.

Dem Landgericht kann darin nicht gefolgt werden. Die Berufung weist mit Recht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BGH (NJW 2006, 830, 832) bei reinen Vermögensschäden die Zulässigkeit der Feststellungsklage von der Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts abhänge.

Dem Vorbringen der Klägerin lässt sich schon nicht entnehmen, worin der Schaden liegen soll, der auf ein pflichtwidriges Verhalten des Beklagten als Geschäftsführer zurückzuführen sei.

aa) Der Hauptvorwurf der Klägerin geht dahin, der Beklagte habe seine Pflichten als Geschäftsführer dadurch vernachlässigt, dass er die Zwangsversteigerung des Fondsgrundstücks nicht verhindert habe.

Wenn überhaupt, könnte der Gesellschaft hieraus nur ein Schaden erwachsen sein, der in der Differenz zwischen dem in der Versteigerung erzielten Erlös und dem Erlös bei einem freihändigen Verkauf bestünde. Allerdings sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass der Beklagte für einen solchen Schaden einzustehen hätte.

Ganz abgesehen davon, dass der Beklagte nicht ermächtigt war, einen freihändigen Verkauf durchzuführen, einen derartigen Gesellschafterbeschluss gab es nicht, ist auch nicht erkennbar, inwieweit ein freihändiger Verkauf überhaupt in Betracht zu ziehen war.

Die Klägerin verkennt hierbei nämlich, dass die wirtschaftliche Entscheidung, wie mit dem Fondsgrundstück verfahren werden sollte, nicht etwa bei dem Beklagten lag. Dies war vielmehr allein der Entscheidung der Gesellschaft, der auch die Klägerin angehörte, vorbehalten. Mit anderen Worten: Die Klägerin kann den Beklagten nicht dafür verantwortlich machen, dass es zu der Zwangsversteigerung kam, weil nur die Gesellschaft als solche beschließen konnte, ob und auf welche Weise das Fondsgrundstück erhalten werden sollte. Da schon der Haftungsgrund fehlt, kann der Beklagte nicht für einen aus dem Verlauf der Zwangsversteigerung herzuleitenden Schaden einzustehen haben.

bb) Soweit die Klägerin dem Beklagten vorhält, er habe die Gesellschafter des Immobilienfonds dadurch geschädigt, dass er dem mit der Begutachtung beauftragten Sachverständigen keinen Zugang zu den Gebäuden ermöglicht habe (Bl. 258, 259 d.A.), ist nicht erkennbar, worin der Schaden bestehen soll. Dazu bringt die Klägerin nur die Mutmaßung vor, aufgrund fehlender Besichtigungsmöglichkeit sei die Verkehrswertfestsetzung zu gering ausgefallen (Seite 4 der Klageschrift - Bl. 4 d.A.). Nähere Einzelheiten nennt die Klägerin hierzu aber nicht. Auch das Landgericht hat sich in dem angefochtenen Urteil nicht dazu erklärt, worin der Schaden insoweit liegen soll.

cc) Schließlich ist nicht zu erkennen, dass der Beklagte dadurch einen Schaden verursacht haben könnte, dass er es unterließ, Maßnahmen zur Herstellung der Vermietbarkeit zu veranlassen (Seite 3 der Berufungserwiderung - Bl. 259 d.A.). In diesem Zusammenhang ist zu wiederholen, dass die Entscheidung, ob und welche Maßnahmen in dieser Richtung zu treffen waren, allein der Gesellschaft oblag, nicht aber etwa dem Verantwortungsbereich des Beklagten zuzuordnen war. Außerdem bestehen Bedenken gegen eine Einstandspflicht des Beklagten auch deswegen, weil der Sachverständige Dipl.-Ing. W... im Verkehrwertgutachten vom 26.11.2006 einen Aufwand von rund 191.800,00 € zur Beseitigung des "Reparaturrückstaus" angenommen hat (Bl. 241 d.A.), dem Beklagten aber nur finanzielle Mittel in Höhe von knapp 50.000,00 € zur Verfügung standen.

b) Der Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens steht außerdem entgegen, dass der Feststellungsantrag als solcher zu unbestimmt gefasst ist.

Der Antrag der Klägerin ist auf die Feststellung gerichtet, dass der Beklagte verpflichtet sei, den Gesellschaftern den Schaden zu ersetzen, der dem Immobilienfonds aus der mangelhaften Geschäftsführung des Beklagten entstanden ist.

Es genügt indessen nicht, dem Beklagten als Haftungsgrund lediglich mangelhafte Geschäftsführung vorzuhalten. Mit einer solch weiten Fassung des Feststellungsbegehrens wird dem Beklagten keine konkrete Verletzungshandlung vorgeworfen, die eine hinreichende Schadenswahrscheinlichkeit zur Folge haben könnte (BGH NJW 2006, 830, 832).

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 a Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 35.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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