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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 06.06.2007
Aktenzeichen: 7 U 166/06
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 195
BGB § 199
BGB § 242
BGB § 730
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Teilurteil

7 U 166/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 6.6.2007

Verkündet am 6.6.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 9. Mai 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und den Richter am Oberlandesgericht Fischer

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 5. September 2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder abgeändert.

1. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger mitzuteilen, welche der nachstehend aufgeführten Gegenstände sie im Insolvenzverfahren über das Vermögen des B... J... als dessen Insolvenzverwalterin für die Insolvenzmasse beschlagnahmt und in Besitz genommen hat:

 Konto/ Inventar-Nr.BezeichnungErwerbsdat
410001Heiland Liege14.12.1992
410002Hinz Fernkopierer15.12.1992
410003Hinz Computer u. Arbeitsstation16.12.1992
410004OP-Tisch gebr.25.10.1992
410005Fa. Sinch Praxiseinrichtung11.06.1992
410006Rolladen19.04.1991
410007Prüfkörper Normi 322.04.1991
410008Digitaldosimeter22.04.1991
410009Filmbetrachtungsgerät Fa. Wabu22.04.1991
410010Entwicklungsmaschine G 35 Fa. Wabu22.04.1991
410011Oeusanorm Fa. Wabu22.04.1991
410015Heißluftsterilisator gebr. KH Bernau17.12.1991
410016Narkosegerät Romulus 800 gebr. Fa. Dräger23.12.1992
410018Fleming Bohrgerät Accudril30.03.1993
410019Hinz. Arbeitsstation 486 DLC08.06.1993
410020Möbel Max. Kücheneinrichtung11.03.1993
410021Fachversand, Karteischrank22.01.1993
410022Fachversand, Karteischrank22.01.1993
410023Fachversand, Karteischrank22.01.1993
410024Dräger, Iris Narkosegerät26.01.1993
410026WABU, IRIS Leuchte05.02.1993
410027Fachversand, Karteischränke BV22.09.1994
410029EDV- u. Systemlösung, Computeranlage15.02.1995
410030Praxis Partner, 4 Karteischränke; BVH 1E 10 hellgrau11.04.1995
410031Praxis Partner, 1 Untersuchungsleuchte Praxila11.04.1995
410032Haase & Koll., gebr. Kopiergerät Panasonic08.09.1995
410033Medizintechnik Berlin, Röntgenanlage03.02.1995
410034Praxis Partner, 5 Karteischränke04.06.1996
410035Aquarien Meyer, Aquarium15.03.1996
410036Beleuchtung11.04.1996
410037Salomon, Ausstattung Sprechzimmer07.05.1996
410038Medizintechnik Berlin, Filmbetrachtungsgerät DN 43 x 7503.05.1996
410039Hilliger, Lautsprechanlage08.05.1996
410040Salomon, Einbauregal29.04.1996
410041Scan Bau Auslegware01.04.1996
410042Scan Bau, Traverse Warten14.03.1996
410043Scan Bau, Möblierung01.04.1996
410044Medizintechnik, Filmbetrachtungsgerät DN 43 x 10522.04.1996
410045Bührer, gebr. Siremobile 3 N Baujahr 198628.05.1996
410046Salomon, Aktenordnerregal; Schwesternbereich11.07.1996
410047Alcatel 2690B Telefon, Fernkopiergerät Fax 22022.08.1996
410048Raum & Design Vertikalanlage22.08.1996
410049Salomon, Lagerregal/Platte08.07.1996
410050Medizintechnik Berlin, 2 Filmbetrachtungsgeräte AN 43 - 4003.05.1996
410051Medizintechnik Berlin, Digital; Densitometer05.12.1996
410052Salomon, Ärztearbeitszimmer15.04.1996
410054Medizintechnik Berlin, 2 Dunkelkammerarbeitstische13.11.1996
410055Salomon Lagerregal/Platte20.05.1996
420001Fa. Hinz, Rollcontainer15.12.1992
420002Fa. Hinz, Schreibtisch15.12.1992
420003Fa. Wirona,, Karteischränke25.02.1992
420004Rabensdorf, Fotokopiergerät29.06.1993.

2. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger mitzuteilen, welche der vorstehend zu Ziffer 1. aufgeführten Gegenstände, die mit Sicherungsrechten Dritter belastet sind, zu welchem Zeitpunkt verwertet wurden, wobei auch über die Art und Weise der Verwertung sowie die erzielten Verwertungserlöse Mitteilung zu machen ist.

3. Hinsichtlich des Antrages, festzustellen, dass Ansprüche des Klägers nach Maßgabe der Auskunft als unselbständige Rechnungsposten in einer Schlussrechnung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ... Gemeinschaftspraxis Dr. Je.../J... einzustellen sind, wird das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache an das Landgericht Frankfurt/Oder zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferleg; im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung dem Landgericht vorbehalten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Verwalter in dem am 21.11.2003 über das Vermögen des Arztes Dr. Je... eröffneten Insolvenzverfahren. Die Beklagte ist Verwalterin in dem Insolvenzverfahren, das über das Vermögen des Arztes J... eröffnet wurde.

Die beiden Ärzte Dr. Je... und J... gründeten im Jahre 1992 eine ärztliche Gemeinschaftspraxis in B... in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Im Februar 1998 kündigte der Gesellschafter J... die Gesellschaft und führte die Arztpraxis mit dem Inventar der GbR allein fort.

Der Kläger hat - wie nunmehr erkannt - auf Auskunft und ferner auf Feststellung angetragen, dass seine Ansprüche nach Maßgabe der Auskunft als unselbständige Rechnungsposten in einer Schlussrechnung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ... Gemeinschaftspraxis Dr. Je-.../J... einzustellen sind.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich auf Verjährung und Verwirkung berufen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Ansprüche seien verjährt.

Der Kläger hat gegen das ihm am 07.09.2006 zugestellte Urteil am 09.10.2006 (Montag) Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Verlängerung am 07.12.2006 begründet.

Beide Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach seinen erstinstanzlichen Anträgen zu erkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Entgegen der Auffassung des Landgerichts greift die Verjährungseinrede der Beklagten nicht durch.

Es handelt sich der Sache nach um eine Stufenklage (§ 254 ZPO).

Das Klageziel ist auf einen Auskunft- und auf einen Feststellungsanspruch gerichtet. Beide Ansprüche dienen der Vorbereitung der Durchsetzung des gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsguthabens des Gesellschafters Dr. Je... (Schuldners). Die Klage ist in der ersten Stufe (Auskunft) begründet. Hinsichtlich der zweiten Stufe erscheint die Zurückverweisung in den ersten Rechtszug angebracht (§ 538 Abs. 2 Nr. 4 ZPO, vgl. hierzu: BGH NJW 1982, 235).

1.

Der Auskunftsanspruch findet seine Rechtsgrundlage in § 242 BGB (Palandt/Heinrichs, BGB, 66. Aufl., § 261 BGB, Rdnr. 18). Der Anspruch setzt eine besondere Rechtsgrundlage voraus, die sich aus einem Vertragsverhältnis ergeben kann (Palandt/Heinrichs, § 261 BGB, Rdnrn. 3, 10). Die Auskunftspflicht besteht dann, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsbeziehungen es mit sich bringen, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer erteilen kann (Palandt/Heinrichs, § 261 BGB, Rdnr. 8).

Zwischen den Gesellschaftern einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) besteht im Innenverhältnis eine Treuepflicht, die zu einem Anspruch auf Auskunft über die mitgliedschaftlichen Vermögensinteressen betreffende Umstände führt (BGH ZIP 2003, 73). Die Treuepflicht besteht auch während des Stadiums der Liquidation bzw. der Auseinandersetzung fort (Palandt/ Sprau, § 705 BGB, Rdnr. 27). Die Voraussetzungen, unter denen der Kläger als der Insolvenzverwalter des Gesellschafters Dr. Je... die Auskunft verlangen kann, liegen folglich vor.

2.

Das Feststellungsinteresse - nach Auskunftserteilung - des Klägers ist zu bejahen. Nach der Rechtsprechung des BGH kann jeder Gesellschafter während des Auseinandersetzungsverfahrens auf Feststellung klagen, dass eine bestimmte, derzeit nicht isoliert einklagbare Forderung zu seinen Gunsten in die zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung eingestellt wird (BGH NJW 1995, 188, 189).

3.

Die Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch.

Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben (Bl. 54 d.A.) und sich außerdem auf Verwirkung berufen (Bl. 55 d.A.).

a)

Die Ansprüche des Klägers sind nicht verjährt.

Der Auskunftsanspruch verjährt selbständig in der Frist der §§ 195, 199 BGB. Ist der Hauptanspruch verjährt, kann der Auskunftsanspruch wegen Wegfalls des Informationsinteresses in der Regel nicht mehr geltend gemacht werden (Palandt/Heinrichs, § 261 BGB, Rdnr. 27).

aa)

Der Hauptanspruch, zu dessen Durchsetzung der Auskunftsanspruch und auch der Feststellungsanspruch erhoben werden, ist der aus dem Auseinandersetzungsguthaben folgende Auszahlungsanspruch des Gesellschafters Dr. Je... (Schuldners) aus § 730 BGB.

(1.)

Der Anspruch auf die gesellschaftsrechtliche Auseinandersetzung (§ 730 BGB) unterliegt, wie das Landgericht richtig gesehen hat, der regelmäßigen Verjährungsfrist, die nach neuem Recht drei Jahre beträgt (§ 195 BGB). In den Übergangsfällen beginnt die neue Verjährungsfrist am 01.01.2002 (Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EGBGB).

(2.)

Die Verjährungsfrist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (§ 199 Abs. Nr. 1 BGB).

Entstanden ist ein Anspruch, sobald er klageweise geltend gemacht werden kann, wofür grundsätzlich Voraussetzung ist, dass er fällig ist (Palandt/Heinrichs, § 199 BGB, Rdnr. 3). Der Anspruch eines Gesellschafters auf das Auseinandersetzungsguthaben entsteht erst mit dem Ausscheiden des Gesellschafters oder der Auflösung der Gesellschaft (BGH NJW 1989, 453).

Der Anspruch wird allerdings erst fällig, wenn die Schlussabrechnung von den Gesellschaftern festgestellt und dadurch über ihren Inhalt Einigkeit erzielt ist (Ulmer in: Münchkomm. BGB, 4. Aufl., § 730 BGB, Rdnr. 61).

An einer solchen gemeinsamen Feststellung der beiden Gesellschafter fehlt es.

Hieran ändert auch der Vortrag der Beklagten nichts, die beiden Gesellschafter hätten im März 1998 Einvernehmen erzielt, dass der Gesellschafter das Vermögen der GbR ohne Liquidation der Aktiva und Passiva übernehme (Seite 3 der Klageerwiderung vom 01.03.2006 - Bl. 56 d.A. mit Beweisantritt auf Vernehmung des Zeugen B... M... J...). Das Vorbringen ist bestritten (Seite 2 des Schriftsatzes vom 20.03.2006 - Bl. 96 d.A. mit Gegenbeweisantritt Zeugnis Dr. L... Je... - Bl. 106 d.A.). Der Vortrag der Beklagten ist deshalb unerheblich, weil ein Verzicht auf das Auseinandersetzungsguthaben nicht behauptet und auch nicht anzunehmen ist. Der Gesellschafter J... hat denn auch nur die Praxis allein fortgeführt, ohne dass es zu einer Beendigung der Gesellschaft als solcher gekommen ist.

bb)

Im Ergebnis konnte somit der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben mangels Fälligkeit noch nicht geltend gemacht werden. Folglich greift die Verjährungseinrede der Beklagten (Bl. 54 d.A.) nicht durch. Dies hat entsprechend auch gegenüber dem Feststellungsanspruch zu gelten.

b)

Der Verwirkungseinwand der Beklagten ist nicht begründet.

Verwirkt ist ein Recht, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht hat und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen werde (Palandt/Heinrichs, § 242 BGB, Rdnr. 87). Die Verwirkung setzt ein Zeitmoment und ein Umstandsmoment voraus (Palandt/Heinrichs, § 242 BGB, Rdnrn. 93 ff.).

Das Zeitmoment mag erfüllt sein, weil nach dem Ausscheiden des Gesellschafters Dr. Je... im Februar 1998 bis zur Geltendmachung der Ansprüche eine längere Zeit verstrichen ist. Demgegenüber ist das Umstandsmoment nicht erfüllt. Der Gesellschafter Dr. Je... hat auf seine gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsansprüche nicht verzichtet und auch nicht zu erkennen gegeben, dass er sie nicht mehr geltend machen werde. Die von der Beklagten behauptete Absprache (Seite 3 der Klageerwiderung - Bl. 56 d.A.), der Gesellschafter J... solle das Vermögen der Gesellschaft ohne Liquidation der Aktiva und Passiva übernehmen, bedeutet keinen Verzicht und auch nicht ein Verhalten, aus dem der Gesellschafter J... hätte schließen dürfen, die Auseinandersetzungsansprüche würden nicht mehr geltend gemacht. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte, ganz abgesehen davon, dass die Gesellschafter eine derartige Vereinbarung auch schriftlich festgehalten hätten. Das Vorbringen der Beklagten erweist sich so als zu inhaltsleer.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Im Umfang der Aufhebung und Zurückverweisung war die Kostenentscheidung dem Landgericht vorzubehalten.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 8.000,00 €.

Ende der Entscheidung

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