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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 17.12.2003
Aktenzeichen: 7 U 188/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 85 Abs. 2
ZPO § 233
ZPO § 234 Abs. 1
ZPO § 236 Abs. 2
ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

7 U 188/03 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

am 17.12.2003

beschlossen:

Tenor:

Der Antrag des Beklagten vom 20.11.2003 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 17.9.2003 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 12.526,65 €.

Gründe:

I.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 17.9.2003 den Beklagten zur Zahlung von 12.526,65 € nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 2.5.2003 verurteilt. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 19.9.2003 zugestellt worden. Am 1.10.2003 hat der Beklagte Berufung eingelegt. Am 20.11.2003 hat er die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Die Begründung der Berufung ist am 21.11.2003 erfolgt.

II.

Der Wiedereinsetzungsantrag des Beklagten ist zulässig, nachdem er insbesondere fristgerecht gemäß § 234 Abs. 1 ZPO eingelegt worden ist. Er hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Gemäß § 233 ZPO wird einer Partei, die ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist zur Begründung der Berufung gehindert gewesen ist, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt. Hierzu sind gemäß § 236 Abs. 2 ZPO die die Wiedereinsetzung begründenden Tatsachen - soweit möglich, substantiiert - darzulegen und glaubhaft zu machen; dessen bedarf es insbesondere für Umstände, aus denen das Fehlen eines Verschuldens hervorgeht (Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl. § 236, Rn. 6, m.w.N.). Ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten muss die Partei gemäß § 85 Abs. 2 ZPO gegen sich gelten lassen (Zöller/Greger, a.a.O., § 233, Rn. 16). Nach diesen Grundsätzen kann hier eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht erfolgen. Denn es kann nicht angenommen werden, dass es ohne ein Verschulden des Prozessbevollmächtigten des Beklagten zur Versäumung der Berufungsbegründungsfrist gekommen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW 2003, 437; NJW-RR 2002, 860; je m.w.N.) und des Senats (Beschluss vom 25.2.2003, Az.: 7 U 178/02) hat der Rechtsanwalt bei fristgebundenen Handlungen, zu denen die Einreichung der Berufungsbegründung bei Gericht gehört, den Fristablauf selbstständig und eigenverantwortlich zu prüfen, wenn ihm die Sache zur Vorbereitung der betreffenden Prozesshandlung vorgelegt wird. Dass solches hier geschehen ist, kann dem Vorbringen des Beklagten nicht entnommen werden. Der Beklagte lässt vortragen, zum Ablauf der Berufungsbegründungsfrist sei im Fristenkalender seines Prozessbevollmächtigten eine Vorfrist zum 12.11.2003 eingetragen worden. Ist aber - wovon mangels gegenteiligen Vortrags auszugehen ist - zu diesem Zeitpunkt die Akte dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten vorgelegt worden, so hätte dieser bei Durchführung der gebotenen Prüfung ohne weiteres erkennen können und müssen, dass der Ablauf der Berufungsbegründungsfrist fehlerhaft am 20.11.2003 eingetragen gewesen ist. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die fehlerhafte Eintragung des Ablaufs der Berufungsbegründungsfrist durch die ansonsten zuverlässige Büroangestellte B... erfolgt ist. Denn die hier in Rede stehenden Prüfungspflicht trifft den Prozessbevollmächtigten des Beklagten selbst und besteht auch bei sorgfältiger Auswahl, Einweisung und Überprüfung des Büropersonals. Eine Durchführung der gebotenen Prüfung ist weder in der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags noch in der eidesstattlichen Versicherung der Büroangestellten B... vom 20.11.2003 (Bl. 125 d.A.) erwähnt; sie könnte allerdings auch dann, wenn sie stattgefunden und der Prozessbevollmächtigte fehlerhaft einen Fristablauf erst am 20.11.2003 angenommen hätte, nicht zu einer Wiedereinsetzung führen, da dann ein - vermeidbarer - Fehler des Prozessbevollmächtigten in der Rechtsanwendung vorläge.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass der Prozessbevollmächtigte nicht gehalten ist, unmittelbar auf die Vorlage zur Vorfrist hin die Akte zu bearbeiten, sondern deren Wiedervorlage am letzten Tag des Fristablaufs verfügen darf, wenn er sich nach sorgfältiger Prüfung davon überzeugt hat, dass die Rechtsmittelbegründung oder ein - erster - Antrag auf Fristverlängerung dann noch rechtzeitig bei Gericht eingereicht werden kann (BGH NJW 1997, 2825, 2826; 1999, 2680). Denn zum einen bedeutet dies nicht, dass der Prozessbevollmächtigte die Akten bis zum letzten Tag des Fristablaufs unbearbeitet lassen darf (BGH NJW 1999, 2680); schon das kann hier aber nicht ausgeschlossen werden, da nicht dargetan ist, wie der Prozessbevollmächtigte des Beklagten sich auf die Vorlage der Akten hin verhalten hat. Zum anderen und vor allem kann daraus nicht hergeleitet werden, dass auch der Ablauf der Berufungsbegründungsfrist erst am letzten Tag der hierzu notierten Frist geprüft werden darf. Insoweit mag zwar eine kurzzeitige Verzögerung nach der Vorlage der Akten zur Vorfrist unschädlich sein (vgl. BGH NJW 2000, 365, 366; 1999, 2048). Eine Überprüfung erst am letzten Tag der eingetragenen Frist ist jedoch nicht geeignet, einen Fehler bei der Bestimmung und Eintragung der Berufungsbegründungsfrist so rechtzeitig zu offenbaren, dass eine Fristwahrung gleichwohl noch möglich wäre; deshalb ist diese Prüfung jedenfalls vorher vorzunehmen (vgl. BGH NJW 2003, 437; KG MDR 1999, 706, 707; Kummer, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Rn. 509). Demzufolge vermag es den Beklagten auch nicht zu entlasten, dass - nach seinem Vortrag - der Prozessbevollmächtigte noch am 20.11.2003 die unrichtige Eintragung der Berufungsbegründungsfrist bemerkt hat. Denn mit der - danach anzunehmenden - Bearbeitung der Sache erst am 20.11.2003 hat der Prozessbevollmächtigte die ihn treffenden Sorgfaltsanforderungen nicht erfüllt; eine vorherige Prüfung des Fristablaufs ist - wie ausgeführt - nicht dargetan.

Nachdem eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt, ist die Berufung des Beklagten gemäß § 522 Abs. 1 Satz 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen. Denn die Berufung ist nicht rechtzeitig gemäß § 520 Abs. 2 ZPO binnen zwei Monaten nach Zustellung des Urteils begründet worden. Das Urteil des Landgerichts Potsdam ist dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten am 19.9.2003 zugestellt worden, sodass die Berufungsbegründungsfrist am 19.11.2003 abgelaufen ist; die Berufungsbegründung ist jedoch erst am 21.11.2003 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 574 Abs. 2 ZPO ist nicht veranlasst.

Ende der Entscheidung

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