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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 06.05.2009
Aktenzeichen: 7 U 191/06
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB, InsO, ZPO, HGB


Vorschriften:

GmbHG § 30
GmbHG § 32 a Abs. 1
GmbHG § 32 b
GmbHG § 43 Abs. 1
GmbHG § 43 Abs. 2
GmbHG § 43 Abs. 3
GmbHG § 43 Abs. 2
GmbHG § 64
GmbHG § 64 Abs. 2
BGB § 121 Abs. 1
BGB § 247
BGB § 288 Abs. 1
BGB § 291
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
InsO § 80 Abs. 1
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 135
InsO § 135 Nr. 2
InsO § 142
InsO § 143 Abs. 1
ZPO § 256 Abs. 1
ZPO § 529 Abs. 1
ZPO § 531 Abs. 2
HGB § 355 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 18.10.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.

1. Die Beklagten zu 1. bis 4. werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 513.138,61 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4.2.2005 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1. bis 4. dem Kläger gesamtschuldnerisch für einen weiteren Betrag, und zwar bis zu einer Höhe von 1.933.080,25 € haften, der sich daraus ergibt, dass der Kläger über einen Betrag von 513.138,61 € hinaus Forderungen endgültig zur Insolvenztabelle festgestellt hat.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen

a) der Kläger 1/3 seiner eigenen außergerichtlichen Kosten und der Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 5. und 6.,

b) die Beklagten zu 1. bis 4. ihre eigenen außergerichtlichen Kosten und als Gesamtschuldner 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Gerichtskosten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand:

Der Kläger ist durch Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt/Oder vom 2.7.2004 ab diesem Tage zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der M.gesellschaft W. mbH i. L. (nachfolgend: Schuldnerin) bestellt worden. In dieser Eigenschaft hat er die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von - zuletzt - 513.138,61 € nebst Zinsen sowie die Feststellung in Anspruch genommen, dass ihm die Beklagten als Gesamtschuldner für einen weiteren Betrag bis zu einer Höhe von 1.968.777,67 € haften, der sich daraus ergibt, dass der Kläger über einen Betrag von 513.138,61 € hinaus Forderungen endgültig zur Insolvenztabelle feststellen sollte.

Der Kläger hat die Rechtsauffassung vertreten, die vorgenannten Forderungen stünden ihm gegenüber der Beklagten zu 1. - der alleinigen Gesellschafterin der Schuldnerin -unter dem Gesichtspunkt eines insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruchs, den Bestimmungen zum Kapitalersatz sowie aufgrund des Bereicherungs- und Deliktsrechts zu. Die Beklagten zu 2. bis 4. hafteten als Liquidatoren der Schuldnerin nach §§ 43 Abs. 2, 64 Abs. 2 GmbHG und aus Deliktrecht. Die Beklagten zu 5. und 6. träfe die gleiche Haftung als faktische Geschäftsführer der Schuldnerin.

Die Klage ist den Beklagten zu 1. bis 4. jeweils am 3.2.2005 zugestellt worden.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 834 - 841, 849 - 856 d.A.) verwiesen.

Mit dem am 18.10.2006 verkündeten Urteil hat das Landgericht Frankfurt/Oder die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (Bl. 841 - 846, 856 - 862 d.A.).

Das am 18.10.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 7. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder ist dem Kläger am 24.10.2006 zugestellt worden.

Der Kläger hat gegen das Urteil am 21.11.2006 Berufung eingelegt, die er nach antragsgemäßer Verlängerung der Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 24.1.2007 an diesem Tage begründet hat.

Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine bisherigen Ansprüche weiter.

Der Kläger beanstandet, das Landgericht habe verkannt, dass das bei der Beklagten zu 1. geführte Verrechnungskonto mit der Nr. 450112 ein Kontokorrentkonto mit jährlicher Verrechnung sei und die Beklagte zu 1. auf dem Konto zum Jahresende 2002 und am 31.5.2004 Verrechnungen vorgenommen habe, zu der sie aufgrund der Rangrücktrittserklärungen vom 22.12.2003 und 29.2.2004 nicht berechtigt gewesen sei. Hinsichtlich der Verrechnung im Rahmen des Verrechnungskontos Nr. 450112 am 31.5.2004 sei überdies zu berücksichtigen, dass die Verrechnung außerhalb der maßgeblichen Verrechnungsperiode erfolgt sei.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 18.10.2006

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger 513.138,61 € nebst fünf Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagten dem Kläger gesamtschuldnerisch für einen weiteren Betrag, und zwar bis zur Höhe von 1.968.777,67 € haften, der sich daraus ergibt, dass der Kläger über einen Betrag von 513.138,61 € hinaus Forderungen endgültig zur Insolvenztabelle festgestellt hat.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil.

Der Senat hat gemäß seinem am 27.7.2007 verkündeten Hinweis- und Beweisbeschluss Beweis erhoben (Bl. 999/1000, 1002/1003 d.A.).

Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt des Gutachtens des zum Sachverständigen bestellten Wirtschaftsprüfers H. Ma. vom 8.2.2008 Bezug genommen.

Die Beklagten haben nach Schluss der mündlichen Verhandlung am 11.3.2009 den nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.3.2009 zu den Akten gereicht.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung hat überwiegend Erfolg, soweit sich die Klage gegen die Beklagte zu 1. bis 4. wendet. Hinsichtlich der Beklagten zu 5. und 6. bleibt sie ohne Erfolg.

1. Die Klage ist gegenüber der Beklagten zu 1. weitgehend begründet.

a) Der Kläger hat gegen die Beklagte zu 1. einen Rückgewähranspruch in Höhe von 513.138,61 € gemäß §§ 32 a Abs. 1, 32 b GmbHG, §§ 135 Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO.

Nach den vorgenannten Bestimmungen ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Kapital ersetzenden Darlehens Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist.

Diese Voraussetzungen liegen bezüglich der in dem bei der Beklagten zu 1. geführten Verrechnungskonto 450112 zum 31.12.2003 vorgenommenen Verrechnung von Forderungen der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin mit den im Verrechnungskonto ausgewiesenen Zahlungseingängen zugunsten der Schuldnerin in Höhe von insgesamt 779.480,36 € vor.

Die im Verrechnungskonto für den 22.12.2003 festzustellende Summe eigener Forderungen der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin in Höhe von 782.221,56 € stellt sich als Eigenkapital ersetzendes Darlehen der Beklagten zu 1. an die Schuldnerin dar.

Der Eigenkapital ersetzende Charakter der Ansprüche der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin zum vorgenannten Zeitpunkt ergibt sich aus der Rangrücktrittsvereinbarung der Beklagten zu 1. mit der Schuldnerin vom 22.12.2003. Danach traten die Forderungen der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin zugunsten aller gegenwärtigen und künftigen Gläubiger der Schuldnerin im Rang zurück, indem Tilgung, Zinsen und Kosten auf die Forderungen lediglich aus einem künftigen Bilanzgewinn oder Liquidationsüberschuss zu leisten sein sollten.

Der Rangrücktritt der Beklagten begründet hinsichtlich der von ihm erfassten Forderungen der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin ein Eigenkapital ersetzendes Darlehen. Der Eigenkapital ersetzende Charakter des Darlehens folgt daraus, dass sich die Schuldnerin zum Zeitpunkt der Vereinbarung des Rangrücktritts bereits in einer Krise befand.

Dies ergibt sich nicht nur aus dem Sachvortrag des Klägers, sondern auch aus dem der Beklagten. Diese haben zwar - unter anderem - mit Schriftsatz vom 8.9.2005 Gegenteiliges vorgetragen. In dem zitierten Schriftsatz nehmen sie jedoch zugleich zur Begründung ihres Bestreitens einer Krise der Schuldnerin auf das als Anlage B 31 überreichte Gutachten des Wirtschaftsprüfers My. bzw. der ... My. Sch. GmbH vom 15.8.2005 Bezug.

Aus dem Gutachten wird ersichtlich, dass die Schuldnerin zum 31.12.2003 ohne die Vereinbarung des Rangrücktritts vom 22.12.2003 zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu 1. überschuldet gewesen wäre (Bl. 8 des Gutachtens, Bl. 336 d.A.). Allein aufgrund des Rangrücktritts kommt das Gutachten zu der Feststellung, dass zum 31.12.2003 eine Überschuldung nicht gegeben gewesen sei. Für die Feststellung, ob der Rangrücktritt in der Krise vereinbart wurde, ist jedoch auf die Überschuldungssituation vor seiner Vereinbarung abzustellen.

Wenngleich sich die Feststellungen in dem Gutachten My. auf den 31.12.2003 beziehen, ist davon auszugehen, dass die ohne den Rangrücktritt am 31.12.2003 zu verzeichnende Überschuldung von 431.000 € gemäß Überschuldungsstatus des Gutachtens im Wesentlichen auch bereits am 22.12.2003 bestand. Dafür spricht die zeitliche Nähe sowie die Tatsache des Rangrücktritts und des ihm am 20.12.2003 vorausgegangenen Schuldbeitritts der Beklagten zu 1. "bis zur Höhe der buchmäßigen Überschuldung" der Schuldnerin.

Der Eigenkapital ersetzende Charakter des Rangrücktritts der Beklagten zu 1. ergibt sich neben der Tatsache, dass der Rangrücktritt in der Krise der Schuldnerin erfolgte, daraus, dass die Beklagte zu 1. - alleinige - Gesellschafterin der Schuldnerin ist.

Entgegen dem vereinbarten Rangrücktritt hat die Beklagte zu 1. jedoch Ansprüche der Schuldnerin gegen sie - die Beklagte zu 1. - aufgrund von Zahlungseingängen in der Zeit zwischen dem 23.12.2003 und 30.12.2003 mit einer Summe von 779.480,36 € verrechnet. Diese streitige Behauptung des Klägers ist durch das Ergebnis der Begutachtung des Wirtschaftsprüfers Ma., das er in dem schriftlichen Gutachten vom 8.2.2008 niedergelegt hat, bewiesen worden.

Aus dem Gutachten ergibt sich, dass die Summe der Forderungen der Beklagten zu 1. am 22.12.2003 eine Höhe von 782.221,56 € erreichte. Die in der Zeit vom 23.12.2003 bis 30.12.2003 im Verrechnungskonto erfassten Zahlungseingänge übertrafen die vom Kläger behauptete Summe von 779.480,36 €.

Der Sachverständige hat ferner bestätigt, dass beide Summen - wie vom Kläger behauptet -, am 31.12.2003 verrechnet wurden.

An der Richtigkeit der Feststellungen des Sachverständigen bestehen seitens des Senates keine Zweifel. Die Ausführungen des Sachverständigen zur Durchführung des Gutachtenauftrages und seinen Feststellungen sind übersichtlich und gut nachvollziehbar.

Die gegen das Gutachten mit Schriftsatz der Beklagten vom 2.6.2008 geltend gemachten Einwände führen nicht zu einer anderen Bewertung des Beweisergebnisses.

Die Beklagten machen geltend, der Sachverständige habe - dem Beweisbeschluss folgend - außer Acht gelassen, dass der Summe ihrer Ansprüche gegen die Schuldnerin zum 22.12.2003 der Anfangssaldo zum 1.1.2003 in Höhe von 875.815,23 € hinzuzurechnen sei.

Dies mag zutreffend sein. Die Berücksichtigung des sogenannten Anfangssaldos zum 1.1.2003 würde gegebenenfalls das Volumen der Forderungen der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin, die Gegenstand der Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2003 waren, entsprechend erhöhen. Hingegen hat die Nichtberücksichtigung dieses Betrages für die Feststellung des Sachverständigen, dass jedenfalls die von ihm ausgewiesene Summe der Ansprüche der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin von 782.321,56 € mit nachfolgend entstandenen Gegenansprüchen der Schuldnerin gegen die Beklagte zu 1. in wenigstens gleicher Höhe verrechnet wurde, keine Bedeutung.

Die von der Beklagten zu 1. festgestellte Divergenz von 587,39 € zwischen der von ihr vorgetragenen Summe eigener Ansprüche gegen die Schuldnerin von 1.658.724,18 € und der, die sich aus den Feststellungen des Sachverständigen und dem sogenannten Anfangssaldo zum 1.1.2003 ergibt, hat auf die Maßgeblichkeit der Feststellungen des Sachverständigen die Verrechnung zu Ende 2003 betreffend ebenfalls keinen Einfluss, sondern würde nur zu einer entsprechenden Erhöhung des Betrages führen, der dem Rangrücktritt vom 22.12.2003 unterfällt.

Schließlich ist auch die von den Beklagten geltend gemachte Tatsache, dass zum 31.12.2003 von dem Verrechnungskonto 450112 ein Betrag von 891.815,69 € auf ein Konto mit der Nummer 270112 umgebucht worden sei, nur zur Erklärung der Feststellung erheblich, dass das Konto 450112 zum 31.12.2003 auf Null gestellt war. Hingegen ergibt sich aus diesem Vortrag nicht, dass die Feststellungen des Sachverständigen zur Verrechnung von Forderungseingängen von insgesamt mindestens 779.480,36 € unzutreffend sind. Dies sehen letztlich wohl auch die Beklagten so, wie sich aus dem Vortrag auf Blatt 13 des Schriftsatzes vom 2.6.2008, 1. Absatz, ergibt.

Die Einbeziehung der Zahlungseingänge in der Zeit vom 23.12. bis 30.12.2003 in die periodische Verrechnung von Soll- und Habensummen zum 31.12.2003 mit bereits zum 22.12.2003 gegebenen Ansprüchen der Beklagten zu 1. war Rechtshandlung im Sinne des § 135 InsO. Da hierdurch das Vermögen der Schuldnerin geschmälert wurde, wirkte sich diese Rechtshandlung - unmittelbar - Gläubiger benachteiligend aus. Sie erfolgte überdies im letzten Jahr vor der Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin.

Die angefochtene Verrechnung von Buchungen zugunsten der Schuldnerin in dem von der Beklagten zu 1. geführten Verrechnungskonto 450112 führte zu einer Befriedigung der Beklagten zu 1. in entsprechender Höhe.

Dieser Wirkung der Verrechnungen stehen die Globalzessionen der Schuldnerin und der Beklagten zu 1. vom 1.2.1999 nicht entgegen. Für diese Feststellung bedarf es im vorliegenden Fall keiner grundsätzlichen Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit Forderungen, die einer Globalzession unterliegen, Gegenstand eines Kontokorrentkontos sein können bzw. ob durch die Einrichtung des Kontokorrentkontos Forderungen einer Globalzession entzogen werden können. Im vorliegenden Falle hat die Zessionarin der Globalabtretungen, die ... Bank AG, der Führung eines Kontokorrentverkehrs zwischen der Schuldnerin und der Beklagten zu 1. zugestimmt. Unter Ziffer 5. der Globalabtretung der Schuldnerin vom 1.2.1999 wird ausdrücklich zur Abtretung von Ansprüchen des Sicherungsgebers aus einem Kontokorrentverhältnis mit einem Drittschuldner Stellung genommen (Bl. 151 d.A.). Demnach war der Schuldnerin der Beklagten zu 1. die Führung eines Kontokorrentkontos bezüglich wechselseitiger Forderungen trotz der Globalzession nicht versagt.

Die Beklagte zu 1. kann die tatsächlich vorgenommenen streitigen Verrechnungen für das Geschäftsjahr 2003 auch nicht mit der Vereinbarung zwischen ihr und der Schuldnerin vom 21.7.1997 rechtfertigen.

Zwar sieht Ziffer 2. der Vereinbarung vor, dass "zur Vereinfachung buchhalterischer Abläufe" die Schuldnerin für die Beklagte zu 1. die Rechnungslegung übernimmt. In Absatz 2 der Bestimmung ist geregelt, dass "im Interesse besserer Übersicht" Forderungen aus diesen Rechnungen unterjährig zugunsten der jeweiligen Baugesellschaft - hier also der Schuldnerin - gebucht werden sollten. "Die Umbuchung entsprechend dem tatsächlichen vertraglichen Außenverhältnis" sollte zum jeweiligen Jahresabschluss erfolgen. Diese Regelung kann als vertragliche Begründung eines Verrechnungskontos, wie des hier zur Kontonummer 450112 geführten, verstanden werden. Wenn dem so ist, so ist die entsprechende Vereinbarung jedoch durch die Rangrücktrittsvereinbarung der Schuldnerin mit der Beklagten zu 1. vom 22.12.2003 entweder aufgehoben oder in Ansehung der nunmehr erfolgenden Zahlungseingänge abgeändert worden mit dem Inhalt, dass diese nicht in ein weiter zu führendes Verrechnungskonto einzustellen sind.

Die Beklagte zu 1. kann die Fortführung der Verrechnung im Verrechnungskonto nach dem 22.12.2003 auch nicht als Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO deuten. Ein Vergleich der Handhabung des hier gegebenen Kontokorrentkontos der Beklagten zu 1. mit der Schuldnerin und der Kontoführung einer Kredit gebenden Bank scheitert bereits an dem vereinbarten Rangrücktritt vom 22.12.2003. Die Beklagte zu 1. war deshalb nicht berechtigt, Verrechnungen zu ihren Gunsten bei gleichzeitiger Offenhaltung des Kontos trotz der Krise der Schuldnerin vorzunehmen.

Dem Rückgewähranspruch des Klägers in Ansehung der unzulässigen Verrechnung von Zahlungseingängen in Höhe von 779.480,36 € steht die von der Beklagten zu 1. erhobene Einrede der Verjährung nicht entgegen.

Das Insolvenzverfahren wurde am 2.7.2004 eröffnet. Die Anfechtungsfrist lief deshalb bis zum 1.7.2006. Die Begründung der Klageforderungen mit der insolvenzrechtlichen Anfechtung der Verrechnungen im Verrechnungskonto 450112 bzw. die Geltendmachung der Unzulässigkeit dieser Verrechnungen erfolgte von Seiten des Klägers jedoch bereits mit Schriftsatz vom 12.4.2006. Den Beklagten wurde mit Verfügung des Landgerichts vom 13.4.2006 aufgegeben, zu dem Schriftsatz innerhalb von vier Wochen Stellung zu nehmen. Zumindest diese Verfügung ist dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 19.4.2006 zugestellt worden. Auch wenn sich aus dem Text des Empfangsbekenntnisses nicht ersehen lässt, ob der Abschrift der Verfügung Abschriften des Schriftsatzes beigefügt waren, so lässt die Stellungnahme der Beklagten mit Schriftsatz vom 13.6.2006 jedenfalls erkennen, dass ihnen der einschlägige Sachvortrag des Klägers vor Ablauf der Verjährungsfrist bekannt war.

Der Zahlungsanspruch des Klägers ist in voller Höhe bereits aufgrund der begründeten Insolvenzanfechtung der streitigen Verrechnung im Verrechnungskonto 450112 Ende Dezember 2003, soweit sie im Nachgang zur Rangrücktrittsvereinbarung der Beklagten zu 1. mit der Schuldnerin vom 22.12.2003 erfolgte Zahlungseingänge erfasste, in voller Höhe begründet.

Die Anspruchshöhe wird nicht durch die Höhe der rechnerischen Überschuldung der Schuldnerin im streitbefangenen Zeitraum beschränkt.

Zwar heißt es in Satz 2 der Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2003: "Die Vertragsschließende zu 1. verpflichtet sich danach insbesondere, ihre Forderungen gegenüber der Vertragsschließenden zu 2. solange nicht geltend zu machen, wie die teilweise oder vollständige Befriedigung dieser Forderungen zu einer rechnerischen Überschuldung der Vertragsschließenden zu 2. im Sinne von § 64 GmbHG führt". Dieser Satz ist jedoch im Lichte des Satzes 1 der Rangrücktrittsvereinbarung nur als eine Spezifizierung der Verpflichtung der Beklagten zu 1. aufgrund des in Satz 1 der Vereinbarung bestimmten Rangrücktritts der Beklagten zu 1. zu verstehen. Satz 1 der Rangrücktrittsvereinbarung lautet: "Die Forderungen der Vertragsschließenden zu 1. gegen die Vertragsschließende zu 2. treten im Rang zurück zugunsten aller gegenwärtigen und künftigen Gläubiger der Gesellschaft, indem Tilgung, Zinsen und Kosten auf die Forderungen lediglich aus einem künftigen Bilanzgewinn oder Liquidationsüberschuss zu leisten sind".

Die von den Beklagten bereits mit Schriftsatz vom 13.6.2006 geltend gemachte Auslegung der Vereinbarung dahingehend, die Rangrücktrittserklärungen, die Gegenstand dieses Rechtsstreits sind, hätten lediglich die Vermeidung einer buchmäßigen Überschuldung zum Gegenstand, erscheint fernliegend. Gegebenenfalls wäre die umfassendere Zusage der Beklagten zu 1. in der hier zunächst angesprochenen Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2003 ebenso wie in der vom 29.2.2004 gegenstandslos gewesen.

Der vom Senat herangezogenen Auslegung der Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2003 steht ein übereinstimmendes abweichendes Verständnis der Vereinbarungen auf Seiten der Parteien nicht entgegen.

Der Kläger bringt jedenfalls seit der Erweiterung der Klage um den Feststellungsantrag mit Schriftsatz vom 12.4.2006 zur Begründung des Antrags eine der Auslegung des Senates entsprechende Auffassung des Regelungsgehalts der Rangrücktritte zum Ausdruck. Das haben die Beklagten auch verstanden, wie ihre Ausführungen im Schriftsatz vom 13.6.2006 erkennen lassen. Die Beklagten treten hier der vermeintlichen Verkennung des Bedeutungsgehalts der Rangrücktrittsvereinbarungen entgegen (Bl. 10 f. des Schriftsatzes, Bl. 693 f. d.A.).

Die Stellungnahme der Beklagten zur Reichweite der Rangrücktrittsvereinbarungen, die sie mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 20.3.2009 zu den Akten gereicht haben, gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Wenn die Beklagten von dem Verständnis des Senates von dem Regelungsgehalt der Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2003 im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11.3.2009 überrascht waren, und sich zu einer Stellungnahme in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage sahen, hätten sie um einen Schriftsatznachlass antragen können. Dies ist nicht geschehen.

Soweit die Beklagten zur Begründung ihrer Anregung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen, auf die Anfechtung der Rangrücktrittserklärungen vom 22.12.2003 und vom 29.2.2004 dem Kläger gegenüber abstellen, ergibt sich für den Senat ebenfalls kein Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Zwar ist der ergänzende Sachvortrag nicht gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil die Anfechtung erst mit Schreiben vom 13.3.2009 erfolgte und deshalb nicht Gegenstand früheren Sachvortrages sein konnte. Gleichwohl gebietet der Vortrag der Anfechtung keine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung. Diese ist erkennbar unbehelflich. Die Anfechtungen der Rangrücktrittsvereinbarungen erfolgen unter dem Gesichtspunkt eines Inhaltsirrtums bzw. eines Irrtums in der Erklärungshandlung. Sie unterfallen deshalb der Anfechtungsfrist des § 121 Abs. 1 BGB. Danach muss die Anfechtung in den vorgenannten Fällen ohne schuldhaftes Zögern, das heißt unverzüglich erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat.

Die Beklagten haben - jedenfalls in der Person ihres Prozessbevollmächtigten - spätestens seit dem 13.6.2006 Kenntnis von dem Verständnis des Klägers die angefochtenen Rangrücktrittsvereinbarungen betreffend. Die Anfechtungen sowohl der an dieser Stelle erörterten Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2003 als auch der vom 29.2.2004 durch Schreiben an den Kläger vom 13.3.2009 ist nicht unverzüglich erfolgt. Die Beklagten können in diesem Zusammenhang nicht auf die Erörterung der Bedeutung der Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2003 in der mündlichen Verhandlung vom 11.3.2009 abstellen. Entscheidend ist vielmehr die Einsicht der Beklagten in das ihres Erachtens unzutreffende Verständnis der Rangrücktrittsvereinbarungen durch den Kläger.

Die Beklagte zu 1. hat schließlich auch nicht vorgetragen, dass die mithin maßgeblichen Voraussetzungen für eine Befriedigung ihrer Forderungen gegen die Schuldnerin, die Gegenstand der Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2003 waren, am 31.12.2003 vorlagen. Dies ist nach Aktenlage auch nicht erkennbar.

Der vom Kläger geltend gemachte Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

b) Der Feststellungsanspruch des Klägers ist ebenfalls in vollem Umfang begründet.

(a) Der Feststellungsantrag des Klägers ist gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zulässig.

Der Kläger hat die Feststellung des Bestehens eines Rückgewähranspruchs bis zu der von ihm bezifferten Höhe beantragt, weil er die tatsächliche Höhe des Rückgewähranspruches bislang nicht abschließend beziffern kann.

Nach dem unstreitigen Vortrag des Klägers mit Schriftsatz vom 3.7.2006 hat er bislang Insolvenzforderungen lediglich in Höhe eines Betrages von 513.138,61 € geprüft und festgestellt. Wegen weiterer angemeldeter Insolvenzforderungen mit einer Summe von 1.968.777,67 € steht bislang nicht fest, ob sie aus dem Vermögen der Schuldnerin bezahlt werden müssen oder nicht, weil sie entweder erfolgreich bestritten oder lediglich für den Fall des bislang nicht feststehenden Ausfalls anerkannt wurden.

Der Kläger kann deshalb einen grundsätzlich gegebenen insolvenzrechtlichen Rückgewähranspruch gegenwärtig nicht in der Höhe der seines Erachtens zu Unrecht verrechneten Zahlungseingänge oder jedenfalls des Höchstbetrages der angemeldeten Insolvenzforderungen einfordern.

Er hat jedoch ein berechtigtes Interesse daran, einen Anspruch aus berechtigter Insolvenzanfechtung dem Grunde nach feststellen zu lassen, um ihn so der Verjährung zu entziehen.

(b) Der Feststellungsantrag des Klägers ist in Höhe von 1.933.080,25 € berechtigt.

Ein Rückgewähranspruch steht dem Kläger dem Grunde nach zunächst aus der vorstehend zu a) erörterten Anfechtung unberechtigter Verrechnungen vor dem Hintergrund der Rangrücktrittsvereinbarung vom 22.12.2003 in Höhe der Differenz zwischen der Summe der zu Unrecht verrechneten Zahlungseingänge von 779.480,36 € und der zuerkannten Klageforderung zu. Diese Differenz beträgt 266.351,75 €.

Der Kläger hat weiterhin eine unberechtigte Verrechnung im Kontokorrentkonto der Schuldnerin mit der Beklagten zu 1. in Höhe von 1.688.580,35 € mit Grund angefochtenen.

Insofern ergibt sich hieraus ein grundsätzlicher Rückgewähranspruch gemäß §§ 32 a Abs. 1, 32 b GmbHG, §§ 135 Nr. 2, 143 Abs. 1 InsO.

Gegenstand der Anfechtung ist die Verrechnung von Zahlungseingängen aus dem März 2004 in Höhe des vorgenannten Betrages, die die Beklagte zu 1. am 31.5.2004 gegen eine Summe oder einen Saldo eigener Ansprüche von 1.699.594,72 € zum 29.2.2004 vornahm.

Die Verrechnung als solche ist Gegenstand des vom Senat eingeholten Gutachtens des Wirtschaftsprüfers Ma. vom 8.2.2008. Danach wies das Verrechnungskonto zum 29.2.2004 einen Habensaldo zugunsten der Beklagten zu 1. von 1.699.594,72 € aus. Ebenso hat der Sachverständige festgestellt, dass es in der Zeit vom 1.3. bis 30.3.2004 Zahlungseingänge mit einer Summe von 1.688.580,35 € gab.

Schließlich hat der Sachverständige die Behauptung des Klägers bestätigt, dass die Verrechnung der Forderungseingänge gegen den von ihm als Habensaldo ausgewiesenen Betrag der Forderung der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin am 31.5.2004 verrechnet wurde.

Der Senat hat auch in Ansehung dieser Feststellungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 8.2.2008 keine Bedenken, ihnen zu folgen. Soweit die Beklagten mit Schriftsatz vom 2.6.2008 in diesem Zusammenhang darauf verweisen, dass der vom Sachverständigen als Habensaldo bezeichnete Betrag unrichtig sei, weil ein Anfangssaldo von 1.598.991,45 € bei seiner Feststellung unberücksichtigt geblieben sei, steht dies der glaubhaften Feststellung des Sachverständigen nicht entgegen, dass jedenfalls die vom Sachverständigen festgestellten Zahlungseingänge im März 2004 gegen Ansprüche der Beklagten zu 1. in Höhe von 1.699.594,72 € verrechnet wurden.

Mindestens die Summe der vorgenannten Ansprüche der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin zum 29.2.2004 ist als Eigenkapitalersatz zu behandeln. Sie unterfällt der Rangrücktrittsvereinbarung der Beklagten zu 1. mit der Schuldnerin vom 29.2.2004. Auch diese wurde in der Krise der Schuldnerin getroffen. Das folgt aus dem von den Beklagten vorgelegten Gutachten der ... My. Sch. GmbH vom 15.8.2005. Gemäß diesem Gutachten hat die zum 31.12.2003 nur durch den Rangrücktritt vom 22.12.2003 abgewendete Überschuldung zu diesem Stichtag ausweislich der "Fortschreibung des Überschuldungsstatus bis zum 31. Mai 2004" bis zu dem letztgenannten Datum fortgedauert. Dies ergibt sich daraus, dass in dem Gutachten zur Begründung der "Beseitigung der rechnerischen Überschuldung" darauf verwiesen wird, dass eine Rücknahme der Rangrücktrittsvereinbarung nicht erfolgt sei (Bl. 8 des Gutachtens, Bl. 336 d.A.).

Die Überschuldung der Schuldnerin zum Zeitpunkt der Rangrücktrittsvereinbarung vom 29.2.2004 wird außerdem aus dem Text der Rangrücktrittsvereinbarung selbst erkennbar. So heißt es einleitend in dem Vertragstext, die Schuldnerin habe zum 31.12.2003 einen nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag von 600.910,80 € ausgewiesen. Hinzu komme ein weiterer Verlust von 403.475 €. Auch wenn diese Angaben nicht als Überschuldungsstatus gelten können, so weisen sie doch vor dem Hintergrund der Feststellungen in dem Gutachten der ... My. Sch. GmbH vom 15.8.2000 eine Überschuldung aus. Der nicht durch Eigenkapital gedeckte Fehlbetrag wird für den Bilanzstichtag 31.12.2003 sogar als höher, als in dem Gutachten zugrunde gelegt, angegeben. Hinzu kommen weitere Verluste in den ersten beiden Monaten des Jahres 2004 in nicht unerheblicher Höhe.

Die Verrechnung am 31.5.2004 ist außerdem auch gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO wirksam angefochten worden. Danach ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hat, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist. Diese Anfechtungsvoraussetzungen liegen vor.

Die Verrechnung der Zahlungseingänge im März 2004 erfolgte am 31.5.2004. Das vom Kläger behauptete Datum steht - wie vorstehend ausgeführt - im Ergebnis der Beweisaufnahme fest. Da der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 8.6.2004 bei dem Insolvenzgericht einging, ist die Verrechnung im letzten Monat vor Antragstellung erfolgt.

Die Verrechnung verschaffte der Beklagten zu 1. eine inkongruente Deckung ihrer am 29.2.2004 gegebenen Ansprüche gegen die Schuldnerin. Die Inkongruenz folgt zum einen daraus, dass eine Verrechnung zum Stichtag 31.5.2004 nicht der vereinbarten Verrechnungsperiode entsprach. Diese erfolgte nach Ziffer 2. 2. Absatz der Vereinbarung der Beklagten zu 1. mit der Schuldnerin vom 21.7.1997 zum jeweiligen Jahresabschluss (B. 174 d.A.). Wollte man hier zugunsten der Beklagten eine - zumindest inzidente - Kündigung der Kontokorrentabrede mit der Folge einer Berechtigung zum Ausgleich des Kontos nach § 355 Abs. 3 HGB in Erwägung ziehen, so wäre der Beklagten zu 1. die Verrechnung jedenfalls wegen des Rangrücktritts vom 29.2.2004 versagt gewesen. Die gleichwohl vorgenommene Verrechnung bleibt deshalb inkongruent.

Da der Kläger einen Rückgewähranspruch nach § 143 Abs. 1 InsO nur in dem Umfang geltend machen kann, in dem er hierauf zum Ausgleich von Insolvenz- und Masseverbindlichkeiten angewiesen ist, und er vorliegend zur Begründung des eventuellen Rückgewähranspruchs lediglich auf Insolvenzforderungen abstellt, ist sein höchstmöglicher Rückgewähranspruch auf die Summe der von ihm vorgetragenen Forderungsanmeldungen beschränkt. Von diesen ist weiterhin die Forderungsanmeldung der Insolvenzgläubigerin e. H. GmbH in Höhe von festgestellten 35.697,42 € in Abzug zu bringen. Nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten ist diese Forderung, die lediglich für den Ausfall festgestellt wurde, zwischenzeitlich durch eine Bürgschaft bedient worden.

Im Übrigen greifen auch hier die vorstehend zu a) erörterten Einwände der Beklagten zu 1. gegen den Bestand des vom Kläger geltend gemachten Rückgewähranspruchs nicht durch.

Dies gilt für den Hinweis auf die Globalzessionen der Schuldnerin und der Beklagten zu 1. vom 1.2.1999 gegenüber der ... Bank AG, das Argument der Vereinbarung der Beklagten zu 1. mit der Schuldnerin vom 21.7.1997, den Einwand des Bargeschäfts, der Einrede der Verjährung und schließlich des Einwandes, der Rangrücktritt der Beklagten zu 1. habe nur bis zur Höhe der buchmäßigen Überschuldung erfolgen sollen.

Die Beklagte zu 1. kann sich auch im Falle des Rangrücktritts vom 29.2.2004 nicht mit Erfolg auf eine Beschränkung des Rangrücktritts auf die Höhe eines nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages berufen. Allerdings ist in dieser Rangrücktrittsvereinbarung als Motiv des Rangrücktritts die Vermeidung einer Überschuldung einleitend genannt worden. Der Rangrücktritt der Beklagten zu 1. erfolgt jedoch "in Höhe ihrer jeweiligen Forderungen einschließlich Zinsen und Kosten hinter die Forderungen aller anderen gegenwärtigen und zukünftigen Gläubiger der Gesellschaft derart..., dass ihre Forderungen nur aus einem künftigen Jahresüberschuss, einem zukünftig in einem Vermögensstatus der Gesellschaft mindestens in Höhe des Stammkapitals ausgewiesenen Vermögensüberschuss oder einem zukünftigen Liquidationsüberschuss zu tilgen ist" (Bl. 511 d.A.). Der vereinbarte Rangrücktritt ist damit umfassender, als es zur bloßen Vermeidung einer Überschuldung notwendig gewesen wäre. An diesem weitergehenden Gehalt des vereinbarten Rangrücktritts vom 29.2.2004 muss sich die Beklagte zu 1. festhalten lassen.

Zuletzt kann hinsichtlich der Voraussetzungen für eine gemäß Rangrücktrittsvereinbarung vom 29.2.2004 zulässige Befriedigung der Forderungen der Beklagten zu 1., mit denen sie den übrigen Gläubigern der Schuldnerin gegenüber zurückgetreten ist, auf die vorstehend zu a) gemachten Ausführungen sinngemäß verwiesen werden.

2. Die Klage ist gegenüber den Beklagten zu 2. bis 4. im erkannten Umfang begründet.

Grundlage der Ansprüche des Klägers gegen die Beklagten zu 2. bis 4. ist § 43 Abs. 1 und 2 GmbHG.

Nach § 43 Abs. 2 GmbHG haften Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Anspruch. Nach Absatz 3 der Bestimmung sind sie insbesondere zum Ersatze verpflichtet, wenn den Bestimmungen des § 30 GmbHG zuwider Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht worden sind.

Der durch diese Bestimmungen eröffnete Schadensersatzanspruch der GmbH, hier der Schuldnerin, ist aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen vom Kläger gemäß § 80 Abs. 1 InsO wahrzunehmen.

Die Beklagten zu 2. bis 4., die gemeinsam Geschäftsführer der Schuldnerin und zum Zeitpunkt der hier streitbefangenen Verrechnungen im Verrechnungskonto bereits Liquidatoren der Schuldnerin waren, haften dem Kläger gesamtschuldnerisch für den Schaden, der aus diesen Verrechnungen im Kontokorrentkonto erwachsen ist. Der Schaden entspricht den Vermögensminderungen, das heißt der Summe der durch die Verrechnungen der Beklagten zu 1. untergegangenen Ansprüche auf die Zahlungseingänge in der Zeit vom 23.12.2003 bis 30.12.2003 und im März 2004. Diesen Vermögensschaden haben die Beklagten zu 2. bis 4. zu vertreten, wobei dahinstehen kann, ob sie auf den Vorgang der Verrechnung der Forderungen im Kontokorrentkonto unmittelbar Einfluss nehmen konnten oder diese allein durch die kontoführende Beklagte zu 1. ausgeführt wurde. Es oblag ihnen jedenfalls, der Absicht der Beklagten zur Verrechnung rechtzeitig entgegenzutreten oder jedenfalls im Nachgang dazu Maßnahmen zu ergreifen, um zu einem Rückfluss von Vermögen von der Beklagten zu 1. an die Schuldnerin im Umfang der unberechtigt verrechneten Ansprüche der Schuldnerin Sorge zu tragen. Das dies geschehen sei, haben die Beklagten zu 2. bis 4. nicht vorgetragen.

Da der vom Kläger nachzuweisende Schadenseintritt indiziert, dass die Vermögenseinbuße auf möglicherweise pflichtwidriges Verhalten der Beklagten zu 2. bis 4. zurückzuführen ist, oblag es diesen, sich zu entlasten (BGH GmbHR 2003, 113, 114). Dies ist nicht geschehen.

Die Beklagten zu 2. bis 4. haften dem Kläger daher für den Schaden, der der Schuldnerin aus der Verletzung ihrer Verpflichtung, die in Angelegenheiten der Gesellschaft gebotene Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden, § 43 Abs. 1 GmbHG, entstanden ist. Der Kläger kann diesen Schadensersatzanspruch in gleichem Umfang geltend machen, wie den Rückgewähranspruch gegenüber der Beklagten zu 1.. Die Beklagten zu 2. bis 4. haften dem Kläger nicht nur untereinander gemäß § 43 Abs. 2 GmbHG. Sie treten mit ihren entsprechenden Verpflichtungen auch als gleichrangige Gesamtschuldner neben die Beklagte zu 1..

3. Die Berufung und die Klage bleiben ohne Erfolg, soweit der Kläger auch die Beklagten zu 5. und 6. in Anspruch nehmen will.

Eine Haftung analog § 43 Abs. 2 und 3 GmbHG wie auch nach § 64 Abs. 2 GmbHG entfällt, weil die Beklagten zu 5. und 6. nicht organschaftliche Vertreter der Schuldnerin waren.

Auch eine Haftung der Beklagten als sogenannte faktische Geschäftsführer kommt nicht in Betracht.

Unabhängig von den Bedenken, die gegen die Annahme einer faktischen Geschäftsführung grundsätzlich geltend gemacht werden können, ist auch in Fällen ihrer Befürwortung als maßgebliches Kriterium ein nach außen hervortretendes Handeln des Betreffenden zu verlangen (BGH GmbHR 2002, 549). Jedenfalls daran fehlt es hier. Dass die Beklagten zu 5.und 6. die Schuldnerin mit Außenwirkung entsprechend vertreten hätten, wird vom Kläger nicht hinreichend dargelegt. Die pauschalen Ausführungen hierzu in der Klagebegründung (Bl. 20 der Klage, Bl. 20 d.A.) reichen in diesem Zusammenhang nicht. Die dort aufgeführten Kriterien sind zu allgemein und füllen das Profil eines faktischen Geschäftsführers nicht. Tatsächlich rechnet der Kläger die von ihm abstrakt genannten Kriterien für eine faktische Geschäftsführung auch nicht den Beklagten zu 5. und 6. zu. Vielmehr fährt er nach der Aufzählung dieser Kriterien fort: "Die vorgenannten Kriterien treffen auf die Beklagte zu 1. zu".

Eine vertragliche Haftung der Beklagten zu 5. und 6. wegen Schlechterfüllung ist nicht zu erkennen. Soweit Dienstleistungen für die Schuldnerin nicht von ihren Geschäftsführern oder Mitarbeitern, sondern der Beklagten zu 1. erbracht wurden, mag dies aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages mit der Beklagten zu 1. geschehen sein. Zu denken ist hier an den Vertrag der Beklagten zu 1. und der Schuldnerin vom 21.7.1997. Hieraus ergibt sich jedoch keine persönliche Verpflichtung der Beklagten zu 5. und 6..

Schließlich entfällt auch ein Schadensersatzanspruch aus deliktischer Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit einem Strafgesetz bzw. eine Haftung der Beklagten zu 5. und 6. nach § 826 BGB wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung. An einem hinreichend konkreten Vortrag des Klägers dazu, wer von den Beklagten zu 5. und 6. als Geschäftsführer der Beklagten zu 1. für die hier streitgegenständlichen unzulässigen Verrechnungen zulasten der Schuldnerin verantwortlich war, fehlt es.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 und 2, 97 Abs. 1, 100 Abs. 4 ZPO; die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäߧ 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG auf 1.677.650 € festgesetzt. Zur Begründung wird auf die Streitwertfestsetzung des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil verwiesen.

Ende der Entscheidung

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