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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 09.07.2008
Aktenzeichen: 7 U 193/07
Rechtsgebiete: InsO, ZPO


Vorschriften:

InsO § 130
InsO § 131
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 131 Abs. 1 Nr. 2
InsO § 133
InsO § 133 Abs. 1
InsO § 133 Abs. 1 Satz 2
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 193/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 9.7.2008

Verkündet am 9.7.2008

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 11. Juni 2008 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Fischer und den Richter am Oberlandesgericht Werth

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird - unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten - das am 7. September 2007 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 30.369,27 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13. Juni 2006 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt; die Streithelfer tragen die Kosten ihrer Nebenintervention selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern der Kläger nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 29.05.2006 über das Vermögen des Zahnarztes N... J... (nachfolgend: Schuldner) eröffneten Insolvenzverfahren. Den Insolvenzantrag stellte der Schuldner am 21.04.2006. Der Schuldner bezog bei der Beklagten in ständiger Geschäftsbeziehung zahntechnische Produkte.

Nach vorausgegangenen Zahlungsschwierigkeiten traf der Schuldner mit der Beklagten im Mai 2002 eine Vereinbarung: der Schuldner erkannte darin Forderungen der Beklagten in Höhe von insgesamt 95.234,18 € an und trat der Beklagten zur Sicherung ihres Anspruchs seine derzeitigen und künftigen Forderungen gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung B... auf Auszahlung seiner ihm zustehenden Vergütung ab (Bl. 102 - 106 d.A.).

Am 10.09.2004 gab der Schuldner ein notarielles Schuldanerkenntnis gegenüber der Beklagten ab und unterwarf sich darin der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein gesamtes Vermögen; die Vertragsschließenden einigten sich darauf, dass der Schuldner auf die anerkannte Forderung monatliche Raten von 6.000,00 € zahle (Bl. 138 - 141 d.A.).

Nachdem der Schuldner seinen (Raten-)Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachgekommen war, erwirkte die Beklagte aufgrund des Schuldanerkenntnisses vom 10.09.2004 gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen einer Forderung von insgesamt 259.523,52 €, der an die Kassenärztliche Vereinigung B... am 27.07.2005 zugestellt wurde (Bl. 20 d.A.). Am 30.01.2006 betrugen die Forderungen der Beklagten noch 225.717,37 €.

Durch die Pfändungsmaßnahme erlangte die Beklagte von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung B... folgende Zahlungen: am 31.01.2006 einen Betrag von 595,27 €, am 10.02.2006 einen Betrag von 8.512,10 €, am 28.02.2006 einen Betrag von 1.525,22 €, am 29.03.2006 einen Betrag von 18.283,73 € und am 20.04.2006 einen Betrag von 1.452,95 €, insgesamt 30.369,27 €.

Die Zahlungen in Höhe von 595,27 €, 8.512,10 € und 18.283,73 € betrafen zahnärztliche Behandlungen des Schuldners aus dem IV. Quartal des Jahres 2005, während die übrigen Zahlungen auf im Januar und Februar 2006 erbrachte zahnärztliche Behandlungen entfielen.

Der Kläger hat behauptet, der Schuldner sei spätestens seit Oktober 2005 zahlungsunfähig gewesen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 30.369,27 € nebst Zinsen in Höhe von von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2006 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit dem am 07.09.2007 verkündeten Urteil (Bl. 280 ff. d.A.) hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 11.490,27 € nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Anfechtungsvoraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO seien erfüllt, wobei weder die Sicherungsabtretung noch die Forderungspfändung der Anfechtung entgegenstünden. Die Anfechtung könne indessen nicht auf § 133 InsO gestützt werden, weil es bereits an einer Rechtshandlung des Schuldners fehle. Die beiden erhaltenen Zahlbeträge von 595,27 € und 18.283,73 € müsse die Beklagte daher nicht an den Kläger auskehren.

Der Kläger hat gegen das ihm am 24.09.2007 zugestellte Urteil am 19.10.2007 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 21.12.2007 begründet. Der Beklagten ist das Urteil am 25.09.2007 zugestellt worden, sie hat am 25.10.2007 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel am 26.11.2007 (Montag) begründet.

Der Kläger beantragt - nach Zurücknahme des weitergehenden Rechtsmittels -, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Beklagte zu verurteilen, an ihn (über das Zuerkannte hinaus) weitere 18.879,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2006 zu zahlen, sowie die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen,

sowie die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Die Streithelfer sind erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung beigetreten.

II.

Beide Berufungen sind zulässig. Die Berufung des Klägers ist begründet, die Berufung der Beklagten ist dagegen unbegründet. Das Zahlungsbegehren des Klägers ist in Höhe von insgesamt 30.369,27 € unter dem Gesichtspunkt der insolvenzrechtlichen Rückgewähr (§§ 129, 143 Abs. 1 InsO) gerechtfertigt.

1.

Die Zahlung vom 20.04.2006 in Höhe von 1.452,95 € ist gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO anfechtbar. Die Zahlung vom 28.02.2006 in Höhe von 1.525,22 € unterfällt der Anfechtung gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO.

Anfechtbar ist gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Sicherung oder Befriedigung gewährt oder ermöglicht hat, die er nicht oder nicht in der Art oder nicht zu der Zeit zu beanspruchen hatte, wenn die Handlung im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist. Gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung unter den genannten Voraussetzungen dann anfechtbar, wenn die Rechtshandlung innerhalb des zweiten oder dritten Monats vor dem Eröffnungsantrag vorgenommen worden ist und der Schuldner zur Zeit der Handlung zahlungsunfähig war.

a)

Die Zahlung vom 20.04.2006 ist im letzten Monat und die Zahlung vom 28.02.2006 ist im zweiten Monat vor dem Eröffnungsantrag (21.04.2006) erfolgt.

b)

Die Zahlungen führten zu einer inkongruenten Deckung. Das folgt daraus, dass die Zahlungen, wie das Landgericht zutreffend angenommen hat, auf der Grundlage des am 27.07.2005 zugestellten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und damit im Wege der Zwangsvollstreckung erfolgt sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist bei einer solchen Fallgestaltung das Merkmal der Inkongruenz gegeben (Kreft in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 4. Aufl., § 131 InsO, Rdnr. 15 m.w.N.).

c)

Nach den - von der Berufung der Beklagten nicht angezweifelten - Feststellungen des Landgerichts war der Schuldner im Zeitpunkt der Zahlungen bereits zahlungsunfähig.

Das Landgericht hat insoweit zutreffend darauf abgestellt, dass allein die Beklagte während der fraglichen Zeit fällige Forderungen in der Größenordnung von 200.000,00 € gegen den Schuldner hatte. Die Zahlungseinstellung kann, wovon das Landgericht richtig ausgegangen ist, auch dadurch erkennbar werden, dass der Schuldner eine einzige, für seine Verhältnisse hohe Schuld nicht begleichen kann (Kirchhof in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 4. Aufl., § 17 InsO, Rdnr. 35). Dies war hier mit Rücksicht auf die vom Landgericht festgestellten Verbindlichkeiten des Schuldners der Fall.

d)

Die beiden Zahlungen haben zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung geführt.

Eine Gläubigerbenachteiligung setzt voraus, dass durch die Rechtshandlung der Zugriff der übrigen Gläubiger auf das Vermögen des Schuldners bei wirtschaftlicher Betrachtung beeinträchtigt wird (Kreft in: Heidelberger Kommentar zur InsO, 4. Aufl., § 129 InsO, Rdnr. 48). Die beiden Zahlungen haben hier zu einer Verkürzung des Schuldnervermögens geführt, weil die Beklagte sich insoweit auch bei wirtschaftlicher Betrachtung auf eine insolvenzfeste Rechtsposition nicht berufen kann.

aa)

An sich könnte die Beklagte unter zwei Gesichtspunkten eine insolvenzfeste Rechtsposition außerhalb des Dreimonatszeitraumes der Anfechtungsvorschriften der §§ 130, 131 InsO erlangt haben.

Zum einen könnte die Beklagte durch die im Mai 2002 geschlossene Vereinbarung, mit welcher der Schuldner ihr seine - künftigen - Forderungen gegen die Kassenzahnärztliche Vereinigung B... sicherungshalber abtrat, bereits ein anfechtungsrechtlich gesichertes Forderungsrecht erworben haben. Zum anderen könnte die Beklagte durch die im Juli 2005 bewirkte Pfändung ein unanfechtbares Absonderungsrecht erlangt haben.

bb)

Die Sicherungsabtretung wie auch die Pfändung sind als anfechtbare Rechtshandlung zu qualifizieren. Sie unterliegen der Insolvenzanfechtung gemäß § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO, weil der anfechtungsrechtlich maßgebliche Forderungserwerb in den ersten drei Monaten des Jahres 2006 stattgefunden hat und die Beklagte folglich insoweit eine unanfechtbare Rechtsposition nicht erlangt hat.

Zwar ist die Verfügung im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung wie auch im Falle einer Pfändung bereits mit Abschluss des Abtretungsvertrages bzw. mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses (§ 829 Abs. 3 ZPO) beendet. Der Rechtsübergang vollzieht sich jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung (BGH ZIP 2006, 1254 m.w.N.). Der Vergütungsanspruch des Kassenarztes entsteht dem Grunde nach, sobald der Arzt vergütungsfähige Leistungen erbracht hat (BGH ZIP 2006, 1254, 1257).

cc)

Die Zahlung vom 28.2.2006 in Höhe von 1.525,22 € sowie die Zahlung vom 20.04.2006 in Höhe von 1.452,95 € betreffen ärztliche Leistungen, die der Schuldner im I. Quartal 2006 erbracht hat. Dies folgt aus dem Honorarbescheid der Kassenzahnärztlichen Vereinigung B... vom 18.05.2006 (Bl. 368, 369 d.A.), der sich über die Quartalsabrechnung 1/06 verhält. Die Honorarbescheide der kassenärztlichen Vereinigungen, die jeweils ein Quartal (drei Monate) erfassen, beziehen sich auf die in dem jeweils ausgewiesenen Quartal erbrachten Leistungen (Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Band 1, § 32, Rdnr. 97).

Der für die Insolvenzanfechtung maßgebliche Forderungserwerb der Beklagten hat hinsichtlich dieser Zahlungen in Höhe von insgesamt 2.978,17 € in den ersten drei Monaten des Jahres 2006 stattgefunden, also in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag.

Weil der Insolvenzantrag am 21.04.2006 gestellt wurde, wird von dem Dreimonatszeitraum der §§ 130, 131 InsO allerdings der Beginn des ersten Quartals 2006, nämlich die ersten drei Wochen des Januar 2006 an sich nicht erfasst. Dies ist im Ergebnis jedoch ohne Belang.

Für eine Quotierung besteht kein Anlass (Senatsurteil vom 20.09.2006 - 7 U 199/05): Ganz abgesehen davon, dass der BGH in der Entscheidung ZIP 2006, 1254 nicht ausgeführt hat, es komme hinsichtlich der Entstehung des Vergütungsanspruchs des Kassenarztes auf den Tag an, lässt sich auch abrechnungstechnisch nicht nachvollziehen, an welchem Tag die ärztliche Leistung erbracht wurde. Die Abrechnung wird vielmehr nach der Summe der pro Quartal berechneten und nachgewiesenen Leistungen vorgenommen, wobei den ärztlichen Leistungen bestimmte Punktzahlen zugeordnet werden.

Im Ergebnis haben die Zahlungen vom 28.2.2006 in Höhe von 1.525,22 € sowie vom 20.04.2006 in Höhe von 1.452,95 € zu einer objektiven Gläubigerbenachteiligung geführt, weil die Beklagte sich insoweit nicht auf eine insolvenzfeste Rechtsposition beziehen kann, nämlich weder unter dem Gesichtspunkt eines Forderungserwerbs noch unter dem eines Pfändungspfandrechts.

Die Anfechtungsvoraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 und 2 InsO sind folglich wegen eines in Höhe von insgesamt 2.978,17 € vereinnahmten Betrages erfüllt.

2.

Hinsichtlich der übrigen Zahlungen in Höhe von insgesamt 27.391,10 € greift die Anfechtung des Klägers auf der Grundlage des § 133 Abs. 1 InsO durch.

Nach dem eigenen Vorbringen des Klägers, das er im Berufungsrechtszug hinsichtlich der Zahlung vom 10.02.2006 korrigiert hat (Bl. 366, 367 d.A.), betreffen die Zahlungen vom 31.01.2006 in Höhe von 595,27 €, vom 10.02.2006 in Höhe von 8.512,10 € sowie vom 29.03.2006 in Höhe von 18.283,73 € ärztliche Leistungen, die der Schuldner bereits im IV. Quartal des Jahres 2005 erbracht hat (Bl. 81/ 367/ 82 d.A.).

Der für die Insolvenzanfechtung maßgebliche Forderungserwerb hat folglich außerhalb des Dreimonatszeitraumes der §§ 130, 131 InsO stattgefunden. Deshalb kommt eine Anfechtung nur nach § 133 Abs. 1 in Betracht.

Nach der Vorschrift des § 133 Abs. 1 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die der Schuldner in den letzten zehn Jahren vor dem Antrag mit dem Vorsatz vorgenommen hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, wenn der andere Teil zur Zeit der Handlung den Vorsatz des Schuldners kannte.

a)

Entgegen der Ansicht des Landgerichts liegt eine Rechtshandlung des Schuldners vor.

Die Pfändung und Einziehung einer Forderung stellt sich gegenüber einer Zahlung als eine Rechtshandlung dar, die selbständig angefochten werden kann (BGH ZIP 2000, 898). Ein - wirksam erworbenes - Pfändungspfandrecht beruht allerdings nicht auf einer Rechtshandlung des Schuldners, sondern - ausschließlich - auf einer Rechtshandlung des Gläubigers, der die Pfändung und Einziehung ohne Mitwirkung des Schuldners betrieben hat (BGH NJW 2005, 1121).

Eine Anfechtung des mit Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erreichten Gläubigerzugriffs kommt - ausnahmsweise - aber dann in Betracht, wenn er auch auf einer Mitwirkung des Schuldners und damit auf einer Rechtshandlung des Schuldners beruht (Kirchhof in: Münch-Komm InsO, 2. Aufl., § 133 InsO, Rdnr. 9 a). Ein aktives Fördern des Vollstreckungsgläubigers durch den Schuldner ist dann anzunehmen, wenn er bei der Erwirkung des gegen ihn gerichteten Titels, namentlich durch Anerkenntnis bzw. Vollstreckungsunterwerfung bewusst Hilfe geleistet hat (Kirchhof, § 133 InsO, Rdnr. 9 b). So liegt es hier:

Der Schuldner hat den Vollstreckungstitel (§ 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) durch seine Erklärungen vor dem Notar selbst herbeigeführt, indem er das Anerkenntnis mit Vollstreckungsunterwerfung abgab. Dies beruhte auf einem eigenverantwortlichen Handeln des Schuldners, weil er ohne weiteres das Anerkenntnis hätte verweigern können. Der Umstand, dass die Beklagte seinerzeit bereits über Vollstreckungstitel verfügte und die Zwangsvollstreckung insoweit hätte einleiten können, ändert nichts an dem freien Willen des Schuldners, denn er war hierdurch weder veranlasst noch gezwungen, das weitergehende notarielle Schuldanerkenntnis vom 10.09.2004 (Bl. 138 - 141 d.A.) abzugeben; dass er dies dennoch tat, beruhte auf seiner freien Willensentschließung, die Beklagte konnte sie ohne sein aktives Mitwirken nicht erzwingen.

Der Schuldner befand sich nicht in einer Situation, in der nur noch die Wahl hatte, die geforderte Zahlung sofort zu leisten oder den Vollstreckungszugriff aufgrund einer bereits eingeleiteten Zwangsvollstreckungsmaßnahme zu dulden, wie dies in der Entscheidung des BGH vom 10.02.2005 (NJW 2005, 1121, 1123) erörtert wird.

Im Ergebnis fehlt es - entgegen den Ausführungen des Landgerichts - nicht an einer Rechtshandlung des Schuldners. Vielmehr bilden das Handeln des Schuldners und der hierdurch überhaupt erst ermöglichte Zwangszugriff der Gläubigerin (Beklagten) als Gesamtvorgang die anfechtbare Rechtshandlung.

b)

Der Schuldner hat bei der Vornahme der Rechtshandlung mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt.

Es ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in welchem die rechtlichen Wirkungen der Rechtshandlung eingetreten sind (§ 140 Abs. 1 InsO). Der Erwerb des Pfändungspfandrechts, das die Beklagte in Ansehung einer künftigen Forderung auf der Grundlage des von dem Schuldner abgegebenen Anerkenntnisses erwirkte, setzt das Entstehen der Forderung voraus, erst dann tritt der Rechtsübergang ein (BGH ZIP 2006, 1254 m.w.N.).

Da die gepfändeten Forderungen Vergütungsansprüche des Schuldners betreffen, die auf ärztlichen Leistungen aus dem letzten (IV.) Quartal des Jahres 2005 beruhen, kommt es für die Frage des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners und die Kenntnis der Beklagten hiervon auf die Zeit ab 1.10.2005 an.

Der Schuldner handelte - zu dem maßgeblichen Zeitpunkt - mit dem Vorsatz, seine Gläubiger zu benachteiligen. Die Beklagte wusste das auch.

Benachteiligungsvorsatz hat, wer bei Vornahme der Rechtshandlung die Benachteiligung der Gläubiger im Allgemeinen als Erfolg seines Handelns will oder sie als mutmaßliche Folge erkennt und billigt (Kreft in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 133 InsO, Rdnr. 10). Gewährt der Schuldner einem Gläubiger eine inkongruente Deckung oder Sicherung, so stellt dies in der Regel ein starkes Beweisanzeichen für das Vorliegen seiner Benachteiligungsabsicht und deren Kenntnis auf Seiten des Gläubigers dar (Kreft in: Heidelberger Kommentar zur InsO, § 133 InsO, Rdnrn. 17 und 21). So liegt es hier.

Die eigene Forderungsaufstellung der Beklagten vom 11.07.2006, gefertigt durch deren Rechtsanwälte (Bl. 122, 123 d.A.) belegt, dass sich der Schuldner schon bei Erklärung der vollstreckbaren notariellen Urkunde im September 2004 in einer krisenhaften (besser: katastrophalen) finanziellen Lage befand. Die Forderungen der Beklagten waren - angesichts der nur sporadischen und insgesamt völlig unzureichenden Zahlungen des Schuldners - während einer Zeitspanne von rund zweieinhalb Jahren auf insgesamt 321.104,85 € angestiegen (Stand: 30.08.2004 - Bl. 122 d.A.).

Die Beklagte drohte dem Schuldner - wenn nicht schon mit einem Insolvenzantrag, wie der Kläger unter Beweisantritt behauptet hat (Seite 7 des Schriftsatzes vom 02.02.2007 - Bl. 76 d.A.), dann jedenfalls - mit einen Lieferstopp und der Fortsetzung früherer Vollstreckungsmaßnahmen, wie die Beklagte selbst vorträgt (Seite 5 des Schriftsatzes vom 23.03.2007 - Bl. 242 d.A.).

In dieser finanziellen Krisenlage sah sich der Schuldner veranlasst, der Beklagten den geforderten notariellen Titel zu schaffen, auf den sie keinen Anspruch hatte und der sie gegenüber allen anderen Gläubigern direkt bevorzugte. Die vor diesem Hintergrund gewährte inkongruente Sicherung indiziert das Vorliegen der Gläubigerbenachteiligungsabsicht beim Schuldner und deren Kenntnis bei der Beklagten. Die Beklagte musste angesichts der ihr bekannten finanziellen Entwicklung, wie sie sich allein schon in ihrer eigenen Forderungsaufstellung widerspiegelt, zumindest von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ausgehen. Außerdem musste ihr klar sein, dass sie vor den übrigen Gläubigern bevorzugt behandelt wurde. Daher wird ihre Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes des Schuldners auch zusätzlich nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO vermutet.

Grundlegend gebessert hat sich die finanzielle Lage des Schuldners auch nach Herstellung der notariellen Urkunde vom 10.09.2004 nicht. Die Forderungsaufstellung der Beklagten zeigt, dass nach September 2004 seitens des Schuldners nur zwei Beträge von 40.639,88 € und 38.339,48 € an die Beklagte gezahlt wurden (Bl. 122, 123 d.A.). Diese Zahlungen erfolgten allerdings - unstreitig - aus dem Verkauf des Grundstücks des Schuldners (Seite 8 des Schriftsatzes des Klägers vom 02.02.2007- Bl. 77 d.A.). Weitere Zahlungen erlangte die Beklagte erst wieder aufgrund ihrer Pfändungsmaßnahme. Im dritten Quartal des Jahres 2005 lag die Gesamtforderung der Beklagten immer noch über 250.000,00 €. Die aufgrund der Pfändung bei der Kassenzahnärztlichen Vereinigung B... erzielten Eingänge ließen nicht erwarten, dass diese Forderung alsbald zurückgeführt werden könnte.

Entgegen den Ausführungen der Beklagten war ihre Forderung auch fällig, sie war nicht etwa gestundet (Seite 2 des Schriftsatzes vom 05.12.2006 - Bl. 41 d.A.). Die Beklagte selbst hat nämlich in ihrer Forderungsaufstellung jeweils Zinsen auf die Hauptforderung berechnet (Bl. 122, 123 d.A.). Dieses Abrechnungsverhalten der Beklagten lässt die Annahme einer Stundungsabrede nicht zu.

3.

Die Schriftsätze der Streithelfer vom 18.06.2008 und der Beklagten vom 27.06.2008 geben keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1, 101 Abs. 1 ZPO. Die Zurücknahme der Berufung des Klägers wegen eines Betrages von 857,68 € hat sich kostenmäßig nicht ausgewirkt, weil insoweit ein Gebührensprung nicht vorliegt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 31.226,95 € bis zum 10.06.2008, danach 30.369,27 €.

Ende der Entscheidung

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