Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: 7 U 194/05
Rechtsgebiete: HGB, BGB


Vorschriften:

HGB § 377 Abs. 1
HGB § 377 Abs. 2
BGB § 433 Abs. 2
BGB § 437
BGB § 441 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 3
BGB § 281 Abs. 2
BGB § 328 Abs. 1
BGB § 338
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Im Namen des Volkes

Urteil

7 U 194/05

Anlage zum Protokoll vom 19.7.2006

Verkündet am 19.7.2006

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und den Richter am Oberlandesgericht Werth auf die mündliche Verhandlung am 21.6.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 27.10.2005 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Zwangsvollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten die Bezahlung von vier Blumenlieferungen gefordert. Es handelt sich um die Lieferungen der Klägerin vom 11.1.2005, 13.1.2005, 14.1.2005 und 18.1.2005. Zu diesen Lieferungen verhalten sich die Rechnung der Klägerin vom 10.1.2005 (Rechn.-Nr.: 44455) über 9.880,25 €, die Rechnung vom 11.1.2005 (Rechn.-Nr.: 44705) über 8.326,56 €, die Rechnung vom 12.1.2005 (Rechn.-Nr.: 44943) über 7.999,46 € und die Rechnung vom 18.1.2005 (Rechn.-Nr.: 45550) über 9.227,52 €.

Neben der sich aus den vorstehenden Einzelbeträgen ergebenden Summe von 35.433,79 € hat die Klägerin außerdem Anwaltskosten in Höhe von 494,04 € geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, 35.927,83 € nebst 7 % Zinsen über dem Basiszinssatz auf 9.880,25 € seit dem 11.2.2005, weitere 8.326,56 € seit dem 11.2.2005, weitere 7.999,46 € seit dem 13.1.2005, weitere 9.727,52 € seit dem 19.2.2005 und weitere 494,04 € seit Rechtshängigkeit an sie zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat bezüglich der ersten drei streitigen Lieferungen eine Minderung des Zahlungsanspruchs in Höhe von 50 % des jeweiligen Rechnungsbetrages und bezüglich der letzten Lieferung eine Minderung in Höhe von 100 % des Rechnungsbetrages geltend gemacht, weil die gelieferte Ware jeweils in diesem Umfang mangelhaft gewesen sei. Sie habe die Mängel telefonisch bzw. per E-Mail gerügt. Hinsichtlich der nach Rechtsauffassung der Beklagten verbleibenden Restforderung von 13.799,14 € hat sie mit einem Schadensersatzanspruch infolge - nach ihrer Ansicht - berechtigter fristloser Kündigung des zwischen der H... OHG, der Rechtsvorgängerin ihrer Muttergesellschaft, der H... S... GmbH, und der Klägerin am 5.12.2000 geschlossenen Belieferungsvertrages durch die H... S... GmbH aufgerechnet.

Mit dem am 27.10.2005 verkündeten Urteil hat das Landgericht der Klage in Höhe der Summe der Zahlungsansprüche für Warenlieferungen stattgegeben und sie lediglich hinsichtlich der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Das Landgericht ist hinsichtlich der Warenlieferungen der Klägerin an die Beklagte von einem Kaufpreisanspruch ausgegangen. Die Beklagte sei mit etwaigen Gewährleistungsansprüchen ausgeschlossen, da sie es versäumt habe, die gelieferten Blumen und Blumensträuße gemäß § 377 Abs. 1 HGB unverzüglich zu rügen. Die Lieferungen müssten daher gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt gelten. Soweit die Beklagte Mängelrügen vorgetragen habe, seien diese nicht geeignet gewesen, die Klägerin erkennen zu lassen, in welchem Punkte und in welchem Umfang die Beklagte die gelieferten Waren als nicht vertragsgemäß beanstandete. Die Klägerin könne auch hinsichtlich der Lieferungen vom 18.1.2005 den Kaufpreis verlangen, da die Beklagte das Nacherfüllungsrecht der Klägerin nicht berücksichtigt habe. Die Beklagte könne ferner kein Kündigungsrecht aus § 3 Ziffer 2 a) des Belieferungsvertrages zwischen der Klägerin und der H... S... GmbH vom 5.12.2000 herleiten, weil die Parteien des Vertrages nicht mit den Parteien des Rechtsstreits identisch seien. Die klägerischen Kaufpreisansprüche seien schließlich auch nicht durch Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen der Beklagten erloschen. Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch lägen nicht vor. Überdies seien Forderungen der H... S... GmbH an die H... N... GmbH Blumenvertrieb abgetreten worden.

Das Urteil des Landgerichts ist der Beklagten am 8.11.2005 zugestellt worden. Die Beklagte hat gegen das Urteil am 22.11.2005 Berufung eingelegt, die sie am 14.12.2005 begründet hat.

Mit der Berufung will die Beklagte weiterhin die Klageabweisung erreichen. Unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrages macht sie geltend, das Landgericht habe verkannt, dass sie ihrer handelsrechtlichen Rügepflicht genügt habe. Ebenso stünden ihr Schadensersatzansprüche aus der Kündigung des Belieferungsvertrages zwischen der Rechtsvorgängerin der H... S... GmbH und der Klägerin vom 5.10.2000 zu.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des am 27.10.2005 verkündeten Urteils des Landgerichts Potsdam abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der noch streitbefangenen Forderung auf der Grundlage der den vier einzelnen Lieferungen zugrunde liegenden Kaufverträge nach § 433 Abs. 2 BGB.

Die Bestellung der mit den vier vorgenannten Rechnungen der Klägerin abgerechneten Blumen und Pflanzen bei der Klägerin durch die Beklagte sowie die Auslieferung dieser Ware von der Klägerin an die Beklagte sind zwischen den Parteien unstreitig. Die Beklagte kann mit den gegenüber der Kaufpreisforderung eingewandten Minderungsansprüchen wegen vorhandener Mängel der gelieferten Ware und einem Schadensersatzanspruch aus der mit den mangelhaften Lieferungen begründeten Kündigung des Vertrages der H... S... mit der Klägerin vom 5.12.2000 nicht durchdringen.

Die Klägerin ist mit Mängelansprüchen nach § 437 BGB hinsichtlich der vier in Rede stehenden Kaufverträge, insbesondere mit dem hier geltend gemachten Minderungsanspruch nach § 441 Abs. 1 BGB ausgeschlossen.

Wie das Landgericht in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils bereits zutreffend ausgeführt hat, müssen die streitigen Warenlieferungen gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt gelten, weil es die Beklagte unterließ, der Klägerin von den behaupteten Mängeln der Lieferungen nach § 377 Abs. 1 HGB unverzüglich Anzeige zu machen.

Die den Lieferungen zugrunde liegenden Kaufverträge waren für beide Parteien Handelsgeschäfte. Die Beklagte hatte deshalb die Pflicht, die angelieferte Ware unverzüglich, soweit dies nach ordnungsmäßigem Geschäftsgang tunlich war, zu untersuchen und, wenn sich ein Mangel zeigte, der Klägerin unverzüglich Anzeige davon zu machen. Hier fehlt es an einer entsprechenden Mängelanzeige.

Es kann offen bleiben, ob die von der Beklagten behaupteten Mängelrügen tatsächlich erfolgten. Sie genügten mit dem vorgetragenen Umfang ihres Inhalts jedenfalls nicht den an eine Mängelanzeige gemäß § 377 Abs. 1 HGB zu stellenden inhaltlichen Anforderungen.

Die Mängelrüge muss Art und Umfang der Mängel so genau bezeichnen, dass der Verkäufer die Beanstandungen prüfen, eventuell Beweis sichern und gegebenenfalls Mängeln abhelfen kann, aber auch gegen das Nachschieben anderer Beanstandungen geschützt ist (BGH NJW 1996, 2228). Die Mängelanzeige muss deshalb Art und Umfang der Mängel mindestens in allgemeiner Form benennen und darf nicht nur allgemeine Beanstandungen aussprechen. Das ungefähre Ausmaß der Abweichung ist anzugeben. Verlangt der Vertrag mehrere verschiedene Lieferungen, muss klar sein, auf welche sich die Rüge bezieht (BGH BB 1978, 1489). Bei vielen Einzelstücken und verschiedenartigen Mängeln ist näher anzugeben, welche Menge mit welchen Mängeln behaftet ist (OLG Köln BB 1998, 396).

Diesen inhaltlichen Anforderungen genügen die von der Beklagten behaupteten Rügen nicht.

Zur ersten Lieferung trägt die Beklagte vor, die Rosen hätten den Kopf hängen lassen, das Papier sei komplett durchgeweicht gewesen, die Einzelrosen hätten absolut nicht den Qualitätsstandard der Firmengruppe H... entsprochen, die Eimer seien mit schmieriger Pampe überzogen gewesen, die Gerberas hätten teilweise Borreliose aufgewiesen. Der mangelbedingt auszusondernde Teil der Lieferung habe ca. 50 % ausgemacht. Die Mangelhaftigkeit der Lieferungen sei durch die Zeugen H... und R... telefonisch gerügt worden.

Zugunsten der Beklagten unterstellt, dass die genannten Zeugen die von der Beklagten schriftsätzlich vorgetragenen Mängel der Lieferung telefonisch der Klägerin übermittelt hätten, genügte diese Form der Mängelanzeige nicht den Ansprüchen, die an eine Mängelanzeige gemäß § 377 Abs. 1 HGB zu stellen sind. Auch wenn von der Beklagten nicht - wie in der Berufungsbegründung geltend gemacht - erwartet werden kann, zu jeder einzelnen Blume vorzutragen, so musste die Mängelanzeige dennoch so strukturiert und detailliert sein, dass für die Klägerin erkennbar wurde, welche Warengruppe in jeder Lieferung aus welchen Gründen beanstandet wurde und in welchem Umfang sie davon betroffen war. In Ansehung der als Anlage B 26 zu den Akten gereichten Rechnungen hätte sich die Mängelanzeige zum Beispiel hinsichtlich der Lieferung vom 11.1.2005 auf die dort ausgewiesenen 14 Positionen beziehen müssen. Diese Positionen haben unterschiedliche Warengruppen zum Gegenstand. Eine ordnungsgemäße Mängelanzeige hätte also die einzelnen Positionen benennen und hierzu zumindest die als wesentlich angesehenen Mängel sowie den Umfang angeben müssen, in denen Einzelstücke der Warengruppe deshalb als mängelbehaftet angesehen werden.

Hinsichtlich der zweiten Lieferung sollen erneut die Zeugen H... und R... zunächst eine telefonische Reklamation des Inhalts übermittelt haben, dass eine gänzliche Unverwert-barkeit mindestens des hälftigen Teils dieser Lieferung vorliege. Eine Beanstandung dieses Inhalts stellt - für sich gesehen - noch weniger eine ordentliche Mängelrüge im Sinne des § 377 Abs. 1 HGB dar, als die Beanstandung der ersten Lieferung. Sie lässt überhaupt keine Mängel erkennen. Eine den Anforderungen genügende Mängelanzeige liegt aber auch unter Berücksichtigung der E-Mail der Beklagten vom 13.1.2005 nicht vor (Bl. 164 b d.A.). Es heißt in der E-Mail, die Beklagte müsse die gesamte Bestellung reklamieren. Angesprochen werden dann jedoch lediglich die "Sträuße zu 7,99", die "auch wieder sehr schlecht gebunden" seien. Außerdem wird reklamiert, dass die Rosen den Kopf hängen lassen, weil sie nicht gleichmäßig abgeschnitten worden seien und sogar die Chrysanthemen alt seien. Die Orchideen seien "ohne Preis" gewesen. Zu dieser Lieferung verhält sich die Rechn.-Nr. 44705, die ebenfalls 13 Positionen ausweist. Die Angaben in der E-Mail waren keinesfalls ausreichend, der Klägerin ein Bild davon zu geben, in welcher der Warengruppen in welchem Umfang Mängel auftraten. So sind Sträuße zum Preis von 7,99 € unter den Positionen 1 und 2 aufgeführt. Auch Orchideen sind auf zwei Positionen verteilt. Einzelstielige Rosen werden lediglich unter einer Position angeboten. Allerdings lässt die E-Mail offen, ob diese Rosen gemeint sind, oder Rosen, die in Sträußen eingebunden sind. Auch aus dem Hinweis auf die schlechte Qualität der Chrysanthemen lässt sich nicht auf eine bestimmte Warengruppe schließen. Neben der Frage der Zuordnung der angesprochenen Mängel lässt sich weiterhin nicht das Ausmaß erkennen, in dem die einzelnen Warengruppen nach Meinung der Beklagten mangelhaft waren. Es heißt in der E-Mail zwar, die gesamte Lieferung müsse beanstandet werden. Schriftsätzlich wird jedoch lediglich eine gänzliche Unverwertbarkeit bezüglich dieser Lieferung ebenso wie hinsichtlich der ersten und dritten Lieferung im Umfang von mindestens des hälftigen Teils geltend gemacht (Bl. 33 d.A.). Die E-Mail schließlich kann auch trotz der Bezugnahme auf übermittelte "Rosen- und Straußbilder" nicht als hinreichende Mängelanzeige im Sinne des § 377 Abs. 1 HGB angesehen werden. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin die Anlagenfotos öffnen konnte oder nicht und gegebenenfalls letzteres der Beklagten hätte mitteilen müssen. Es ist nicht dargetan, dass sich die Fotos auf die gesamte angelieferte Ware bezogen. Deshalb können sie lediglich exemplarisch beigefügt worden sein, sodass sie keinen Rückschluss auf den Umfang der Mangelhaftigkeit der einzelnen Warengruppen geben konnten.

Für die dritte Lieferung gilt, dass schriftsätzlich keine Mängel vorgetragen werden. Es wird lediglich geltend gemacht, auch insofern sei mindestens die Hälfte unverwertbar gewesen (Bl. 33 d.A.). Eine hierauf gerichtete telefonische Beanstandung, für die Beweis angeboten wird, wäre unzureichend. Auch bezüglich dieser Lieferung ist der Klägerin eine E-Mail übersandt worden. Diese enthält jedoch keine Angaben zu Mängeln. Es heißt dort lediglich, dass "heute wieder unverkäufliche Waren geliefert" worden sei. Erneut wurde auf eine Bebilderung verwiesen, von der jedoch aus den vorstehend zur zweiten Lieferung ausgeführten Gründen nur angenommen werden kann, dass sie exemplarischen Charakter hatte (Bl. 164 a d.A.).

Die vierte Lieferung wurde allein durch die E-Mail vom 18.1.2005 gerügt (Bl. 96 d.A.). Dort heißt es, "die heute angelieferte Waren" sei "in einem erbärmlichen Zustand" gewesen. Orchideen seien alt, kaputt bzw. faul gewesen, Gerberas hätten wieder zum Teil Borreliose gehabt, Rosen seien ohne Farn angeliefert worden, Blumen in Sträußen teilweise schon kaputt bzw. faul gewesen. Ferner wird auf Kundenreklamationen verwiesen, die sich im Zweifelsfall auf frühere Lieferungen der Klägerin beziehen dürften. All dies reicht nicht für die Anforderungen an eine Mängelrüge nach § 377 Abs. 1 HGB. Die im Zusammenhang mit der vierten Lieferung eingeholte gutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Ing. G... ist im Rahmen der Prüfung des Vorliegens einer Mängelrüge unbehelflich. Sie basiert auf einer Ortsbesichtigung der Ware durch den Gutach-tenersteller am 19.1.2005 und wurde am 27.1.2004 - gemeint ist wohl 2005 - erstellt. Es bedarf deshalb keiner Prüfung, ob die vom Gutachter getroffenen Feststellungen den Erfordernissen einer Mängelanzeige nach § 377 Abs. 1 HGB entsprechen. Das Gutachten kann der Klägerin nicht vor dem 27.1.2005 zugegangen sein, sodass es jedenfalls an der Rechtzeitigkeit der Mängelrüge fehlte.

Wegen des Fehlens einer ordnungsgemäßen Mängelrüge nach § 377 Abs. 1 HGB gelten die hier in Streit stehenden Blumenlieferungen gemäß § 377 Abs. 2 HGB als genehmigt. Deshalb kann dahinstehen, ob die Blumen unverzüglich nach der Ablieferung durch die Beklagte untersucht wurden, soweit dies nach ordnungsgemäßem Geschäftsgang tunlich war. Ebenso kann offen bleiben, ob die Anzeigen von Mängeln bezüglich der einzelnen Lieferungen jeweils unverzüglich erfolgten.

Die Aufrechnung der Beklagten gegen die nach ihrer Rechtsauffassung verbleibende Restforderung von 13.799,14 € mit einem Schadensersatzanspruch bleibt ebenfalls ohne Erfolg.

Die Beklagte leitet den geltend gemachten Schadensersatzanspruch daraus her, dass infolge der Kündigung des Belieferungsvertrages vom 5.12.2000 durch die H... S... GmbH die Belieferung durch die Klägerin entfallen sei und der Beklagten von der ersatzweise gewonnenen Lieferantin T... GmbH höhere Transportkosten in Rechnung gestellt würden. Die von der Beklagten behaupteten Mehrkosten für die Zeit bis zum Ablauf der vereinbarten Vertragsdauer des Belieferungsvertrages vom 5.12.2000 liegen bei insgesamt 67.695 €.

Der von der Beklagten zur Aufrechnung gestellte Anspruch auf Ersatz eines Teils der behaupteten Transportmehrkosten in Höhe von 13.799,14 € steht ihr unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Als Anspruchsgrundlage für die Schadensersatzforderung der Beklagten kommen lediglich §§ 280 Abs. 1 und 3, 281 Abs. 1 und 2 BGB in Betracht. Danach kann der Gläubiger Ersatz des Schadens verlangen, der ihm aus der Verletzung einer Pflicht des Schuldners aus dem Schuldverhältnis entsteht, sofern der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat. In diesem Falle kann der Gläubiger unter Beachtung zusätzlicher Voraussetzungen auch Schadensersatz statt Leistung verlangen.

Der von der Beklagten behauptete Schaden in Gestalt zusätzlicher Transportkosten ist der Beklagten entstanden, weil die H... S... GmbH den Belieferungsvertrag der Klägerin vom 5.2.2000 mit Schreiben ohne Datum außerordentlich fristlos gekündigt hat. Anderenfalls meint die Beklagte, einen fortlaufenden Lieferanspruch gegen die Klägerin zu den vereinbarten Konditionen des Vertrages bis zum Ende der Vertragslaufzeit, dem 31.12.2000, gehabt zu haben.

Ein eigener Schadensersatzanspruch wegen einer vorzeitigen Beendigung des Belieferungsvertrages steht der Beklagten nicht zu.

Ein Anspruch aus der Verletzung einer Nebenpflicht der Kaufverträge, die den streitbefangenen Lieferungen zugrunde liegen, kommt nicht in Betracht. Soweit die behauptete mangelhafte Belieferung auch Nebenpflichten aus diesen Verträgen - etwa mit dem Inhalt, darauf zu achten, dass die H... S... GmbH keinen Anlass sieht, den Belieferungsvertrag vom 5.12.2000 nicht außerordentlich zu kündigen - hätte verletzen können, steht der Geltendmachung eines hierauf gegründeten Schadensersatzanspruches jedenfalls die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs. 2 HGB entgegen. Diese Fiktion lässt nicht nur die kaufvertraglichen Mängelrechte entfallen, sondern gilt auch für Ansprüche wegen Schlechterfüllung oder Verletzung von mit dem Mangel zusammenhängenden Nebenpflichten (Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl., § 377, Rn. 48 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des BGH).

Aus dem von der H... S... GmbH gekündigten Belieferungsvertrag kann die Klägerin keine - nachwirkenden - eigenen Schadensersatzansprüche wegen Schlechterfüllung oder der Verletzung von Nebenpflichten herleiten, weil sie nicht Vertragspartei dieses Vertrages ist.

Ebenso hat die Beklagte keine eigenen Ansprüche aus § 328 Abs. 1 BGB. Nach dieser Bestimmung kann eine Leistung an einen Dritten mit der Wirkung bedungen werden, dass der Dritte unmittelbar das Recht erwirkt, die Leistung zu fordern. Ob diese Voraussetzungen vor Kündigung des Vertrages z. B. hinsichtlich des Belieferungsanspruches bestanden, kann dahinstehen, nachdem Vertrag jedenfalls gekündigt worden ist. Im Übrigen stünde etwaigen eigenen Ansprüchen der Beklagten aus einem Vertrag zugunsten Dritter ebenfalls die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs. 2 HGB entgegen. Gleiches gilt für eventuelle Ansprüche der Beklagten aus dem Institut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter.

Der Beklagten steht der geltend gemachte Schadensersatzanspruch ferner nicht aus gemäß § 338 BGB abgetretenem Recht der H... S... GmbH zu.

Allerdings hat die Beklagte mit der Berufungsbegründung als Anlage BK 1 nunmehr die einschlägige Abtretungsvereinbarung mit der H... S... GmbH vom 4.7.2005 zu den Akten gereicht. Gleichwohl kann die Aufrechnung keinen Erfolg haben. Auch der Zedentin steht gegenüber der Klägerin kein Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 281 BGB zu.

Ein eigener Schadensersatzanspruch der H... S... GmbH besteht nicht. Diese hat auf Grund der Beendigung des Belieferungsvertrages keinen Schaden. Die von der Beklagten geltend gemachten Transportmehrkosten entstanden nicht bei der H... S... GmbH. Ebenso kommt ein Anspruch der H... S... GmbH unter dem Gesichtspunkt der Drittschadensliquidation nicht in Betracht.

Offen bleiben kann, ob die von der Beklagten geltend gemachten Transportmehrkosten gegebenenfalls grundsätzlich im Wege der Drittschadensliquidation geltend gemacht und deshalb auch an die Beklagte als Geschädigte abgetreten werden könnten. Im vorliegenden Fall liegen die Voraussetzungen für einen Anspruch der H... S... GmbH aus Drittschadensliquidation nicht vor. Die Klägerin hat die Beendigung des Belieferungsvertrages nicht zu vertreten. Dieser ist von der H... S... GmbH gekündigt worden. Die Klägerin hat auch keinen Anlass zu der Kündigung gegeben. Die Beklagte bzw. die H... S... GmbH haben den Anlass zu der außerordentlichen Kündigung in den behaupteten Mängeln der vier streitbefangenen Blumenlieferungen der Klägerin an die Beklagte gesehen. Auf diese behauptete Schlechterfüllung auch des Belieferungsvertrages vom 5.12.2000 - neben den vier Einzelkaufverträgen - kann die außerordentliche Kündigung des Belieferungsvertrages nicht gestützt werden. Die H... S... GmbH muss sich insofern die Genehmigungsfiktion des § 377 Abs. 2 HGB hinsichtlich der vier Lieferungen entgegenhalten lassen. Die Genehmigungsfiktion wirkt allseitig, also nicht nur im Verhältnis zwischen Verkäufer und Käufer (BGH NJW 1980, 782, 784 im Bezug auf das Rechtsverhältnis zwischen dem Käufer und dem Finanzierungsinstitut bei einem finanzierten Kauf).

Im Hinblick auf diese Drittwirkung der Genehmigungsfiktion kann dahinstehen, ob andernfalls die Beklagte einen Anspruch aus abgetretenem Recht verfolgen könnte, der ihr wegen der Genehmigungsfiktion aus eigenem Recht nicht zustünde.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.



Ende der Entscheidung

Zurück