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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 14.01.2004
Aktenzeichen: 7 U 195/01
Rechtsgebiete: ADSp, BGB, StGB, GmbHG


Vorschriften:

ADSp a. F. § 48 Abs. C
BGB § 823 Abs. 2
BGB § 826
BGB § 930
BGB § 931
BGB § 933
BGB § 934
StGB § 13
StGB § 263 Abs. 1
GmbHG § 64 Abs. 1
GmbHG § 64 Abs. 2

Entscheidung wurde am 27.10.2004 korrigiert: das Verkündungsdatum wurde korrigiert
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 195/01

Anlage zum Protokoll vom 14.01.2004

Verkündet am 14.01.2004

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26.11.2003 durch

...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin vom 13.9.2001 teilweise abgeändert.

Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin 154.863,91 € nebst 5 % Zinsen ab 2.11.2000 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin die Klägerin und der Beklagte zu 2. jeweils zur Hälfte. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. trägt die Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. trägt dieser selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte zu 2. und die Klägerin können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die die Vollstreckung betreibende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Beklagten waren Geschäftsführer der Z. GmbH (im Folgenden: Schuldnerin), über deren Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 21.5.1999 das Insolvenzverfahren unter Bestellung der Zeugin M. zur Insolvenzverwalterin eröffnet worden ist.

Die Klägerin, handelnd durch die Handelsmaklerin B. & M. GmbH, schloss am 7.8.1998 mit der Schuldnerin einen Vertrag über den Kauf von 2.000 t Wintergerste. Die Schuldnerin schloss ihrerseits unter dem 12./17.8.1998 zwei Verträge mit der O. GmbH in H. über den Ankauf von 272,74 t und ca. 700 t Gerste, die in H. eingelagert waren. Sie schloss unter gleicher Datierung weiter einen Vertrag mit der N. GmbH über den Kauf von 1.000 t Gerste, die in N. gelagert waren. In allen drei Verträgen war vereinbart, dass die Ware bis zur vollständigen Bezahlung Eigentum des Verkäufers bleibe.

Am 15.8.1998 stellte der Beklagte zu 2. zwei Namenslagerscheine gemäß § 48 Abs. C ADSp a. F. über die Lagerung von ca. 1.300.000 kg und ca. 700.000 kg Wintergerste aus. In den Lagerscheinen hieß es unter Bezeichnung der Lagerstätten in N. und H. jeweils:

"Die Ware ist zur Zeit eingelagert, getrennt von anderen Partien in meinen/unseren Lägern in ... . Ich bin/wir sind zur Umlagerung des Gutes berechtigt".

Wegen der weiteren Einzelheiten des Inhalts der Namenslagerscheine wird auf deren zu den Akten gereichten Ablichtungen (Bl. 13, 14 d.A.) Bezug genommen. Auf die Erteilung der Namenslagerscheine hin zahlte die Klägerin 329.025 DM auf den Kaufpreis aus dem Vertrag vom 7.8.1998; nach Abzug der Umsatzsteuer sowie einer Gewinnmarge von 1,5 % ergibt sich daraus der mit der Klage geltend gemachte Betrag von 302.887,50 DM. Nachdem in der Folgezeit Zahlungen der Schuldnerin an die O. GmbH und die N. GmbH auf die Verträge vom 12./17.8.1998 nicht erfolgten, erklärten jene mit Schreiben vom 14.10.1998 jeweils den Rücktritt von den mit der Schuldnerin geschlossenen Verträgen. Die eingelagerte Getreidemengen wurden anderweitig veräußert.

Am 29.9.1998 wurden - nach zwischenzeitlicher Stundung durch die Gläubigerin - von der Schuldnerin zugunsten der D. GmbH ausgestellte Wechsel über insgesamt 2.917.253,68 DM fällig. Die Begebung der Wechsel war im Hinblick auf den Rückkauf an die D. GmbH veräußerten Getreides durch die Schuldnerin erfolgt. Die D. GmbH beantragte am 19.2.1999 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin. Am 8.7.1999 erstattete die Zeugin M. in ihrer Eigenschaft als Insolvenzverwalterin Bericht; wegen dessen Inhalts wird auf die zu den Akten gereichte Ablichtung (Bl. 21 - 27 R d.A.) verwiesen.

Die Klägerin hat behauptet, bereits die Bilanz der Schuldnerin zum 31.12.1997 habe einen durch Eigenkapital nicht gedeckten Fehlbetrag ausgewiesen. Die Schuldnerin sei im Juni 1998, jedenfalls aber zur Zeit des Vertragsschlusses im August 1998 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen. Das an die D. GmbH verkaufte Getreide sei zum Zeitpunkt des Rückkaufs bei der Schuldnerin nicht vorhanden gewesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen, an sie 302.887,50 DM nebst 5 % Zinsen ab 1.11.2000 zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, der Jahresabschluss der Schuldnerin zum 31.12.1997 habe einen Gewinn in Höhe von 51.037,37 DM ausgewiesen. Die Rücktrittserklärungen vom 14.10.1998 seien durch ein eigenmächtiges, nicht mit der Schuldnerin abgesprochenes Verhalten der Klägerin herbeigeführt worden.

Das Landgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin M.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 23.8.2001 (Bl. 123 bis 126 d.A.) verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 13.9.2001 die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Ansprüche der Klägerin aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB bestünden nicht, da die Beklagten bei Vertragsschluss nicht über ihre Erfüllungsbereitschaft getäuscht hätten. Auch habe ein auf die rechtswidrige Bereicherung der Schuldnerin gerichteter Vorsatz nicht bestanden. Zudem stelle die Ausstellung der Namenslagerscheine keine in Bereicherungsabsicht vorgenommene Täuschung dar. Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 64 Abs. 1 GmbHG seien ebenfalls nicht gegeben, da eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Schuldnerin bis Ende August 1998 nicht bewiesen worden sei.

Gegen dieses Urteil, das ihr am 18.9.2001 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am 18.10.2001 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis 19.12.2001 an diesem Tag begründet.

Die Klägerin behauptet, die Schuldnerin sei spätestens am 1.7.1998 überschuldet gewesen. Die Vertragsverhandlungen mit der Handelsmaklerin seien durch beide Beklagten geführt worden, die zugesichert hätten, dass die Ware in den Lagern N. und H. vorhanden gewesen sei.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 13.9.2001 die Beklagten zu verurteilen, an sie 302.887,50 DM nebst 5 % Zinsen ab 2.11.2000 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie behaupten, die Vertragsverhandlungen mit der Handelsmaklerin seien allein durch den Beklagten zu 2. durchgeführt worden. Dieser habe lediglich zugesagt, die im Vertrag vorgesehene Warenmenge bereitzustellen. Die maschinenschriftlichen Eintragungen in den Namenslagerscheinen seien durch den Handelsmakler M. vorgenommen worden.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin M. sowie durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige E. hat mit Schreiben vom 13.12.2002 (Bl. 277 f. d.A.) mitgeteilt, er benötige einen Jahresabschluss der Schuldnerin zum 31.12.1998 und unterjährige monatliche Saldenlisten aus der Buchhaltung der Schuldnerin für die Zeit ab 30.4.1998 bis 31.12.1998. Die Zeugin M. hat mit Schriftsatz vom 11.2.2003 den Jahresabschluss für 1998 übersandt und erklärt, die Buchhaltungsunterlagen, insbesondere Kontenblätter und Saldenlisten-Sachkonten habe sie im Juli 2001 der Beklagten zu 1. übergeben. Eine Vorlage unterjähriger Sachkonten-Saldenlisten durch die Beklagten ist nicht erfolgt; die Beklagte zu 1. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung am 26.11.2003 erklärt, dass solche nicht gefertigt worden seien. Wegen des - weiteren - Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 3.7.2002 (Bl. 252 bis 254 d.A.) sowie das Gutachten des Sachverständigen E. vom 15.7.2003 (Bl. 310 bis 328 d.A.) verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

1.

Der Klägerin steht ein Anspruch gegen den Beklagten zu 2. auf Zahlung von 302.887,50 DM, umgerechnet 154.863,91 €, aus § 826 BGB zu. Denn der Beklagte hat die - inhaltlich unwahren - Namenslagerscheine vom 15.8.1998 ausgestellt.

a)

Die Unterzeichnung der Namenslagerscheine durch den Beklagten zu 2. ist zwischen den Parteien unstreitig. Deren Inhalt ist - objektiv - unwahr, soweit dort von "meinen/unseren Lägern" in N. und H. die Rede und weiter ausgeführt ist: "Ich bin/wir sind zur Umlagerung des Gutes berechtigt.". Denn es hat sich - unstreitig - nicht um Lagerstätten der Schuldnerin, sondern um solche der N. GmbH und O. GmbH gehandelt. Zudem ist die Schuldnerin zur Verfügung über die dort lagernde Wintergerste gerade nicht berechtigt gewesen. Denn die Verträge der Schuldnerin mit der N. GmbH und der O. GmbH vom 12./17.8.1998 enthalten - wie sich aus den zu den Akten gereichten Ablichtungen der Verträge (Bl. 12 / 99, 95 d. A.) ergibt und auch unstreitig ist - jeweils die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts bis zur vollständigen Bezahlung der Ware; eine solche hat jedoch - ebenfalls unstreitig - weder bis 15.8.1998 noch zu einem späteren Zeitpunkt stattgefunden.

b)

In der Herbeiführung der Zahlung der Klägerin durch die Erteilung der Namenslagerscheine liegt eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung im Sinne des § 826 BGB. Aus eigennützigen Interessen erfolgende, bewusst unrichtige Auskünfte, durch die der Geschädigte zur Vornahme der schädigenden Handlung bewogen wird, sind regelmäßig als sittenwidrig zu erachten (BGH NJW 1992, 3167, 3174; Palandt/Thomas, BGB, 62. Aufl., § 826, Rn. 25; MünchKomm./Mertens, BGB, 3. Aufl., § 826, Rn. 175 f.); dies gilt jedenfalls insoweit, als - wie hier - die Auskünfte nicht dem privaten Umfeld des Handelnden zuzuordnen sind (MünchKomm./Mertens, a.a.O.). Der Schaden der Klägerin liegt in der Begebung des Kaufpreises, der - auf Grund des vorbehaltenen Eigentums der Verkäufer - nicht ein Erwerb des Eigentums gemäß §§ 930, 931 BGB an dem am 7.8.1998 von der Schuldnerin gekauften Getreides gegenübersteht; einem gutgläubigen Erwerb gemäß §§ 933, 934 BGB steht bereits die fehlende Übergabe der Gerste an die Klägerin entgegen. Dabei bedarf es keiner Entscheidung dazu, ob die im Kaufpreis enthaltene Umsatzsteuer und die Gewinnmarge der Schuldnerin einen erstattungsfähigen Schaden darstellen, da nach den Ausführungen in der Klageschrift (Bl. 9 d.A.) deren Ersatz nicht begehrt wird.

c)

Das erforderliche Verschulden des Beklagten zu 2. ist ebenfalls zu bejahen. Die erforderliche (vgl. Palandt/Thomas, a.a.O., § 826, Rn. 11) Kenntnis der tatsächlichen Umstände, aus denen die Sittenwidrigkeit des Verhaltens folgt, ist auf Seiten des Beklagten zu 2. anzunehmen. Denn bei ordnungsgemäßer Erfüllung seiner Geschäftsführeraufgaben kann es ihm nicht verborgen geblieben sein, dass eine Verfügungsberechtigung der Schuldnerin über die von der N. GmbH und der O. GmbH angekauften Getreidemengen nicht bestanden hat; etwas anderes tragen die Beklagten auch nicht vor. Im Hinblick auf die Schädigung der Klägerin kommt es nicht darauf an, ob der Beklagte zu 2. eine solche bezweckt hat. Denn es reicht aus, wenn die Entstehung eines Schadens - zumindest - billigend in Kauf genommen wird (BGH NJW 2000, 2896, 2897; Palandt/Thomas, a.a.O., § 826, Rn. 10). Das ist hier jedenfalls anzunehmen. Ist dem Beklagten zu 2. nämlich bekannt gewesen, dass eine Verfügungsberechtigung der Schuldnerin an der angekauften Gerste nicht bestanden hat, so hat er gleichzeitig erkennen müssen, dass die Klägerin nicht nur keine Gegenleistung für die von ihr erbrachte Zahlung erhält, sondern auch durch die Erteilung der Namenslagerscheine keinerlei diesbezügliche Sicherheit erlangt hat. Dann aber ist der Beklagte zu 2. sehenden Auges das daraus - für die Klägerin - resultierende Risiko eines Scheiterns des Geschäfts durch ein Fehlschlagen des endgültigen Erwerbs der Gerste durch die Schuldnerin eingegangen und hat die Realisierung dieses Risikos und damit die - schließlich erfolgte - Schädigung der Klägerin in Kauf genommen.

Dem Vorsatz des Beklagten zu 2. steht nicht entgegen, dass - nach der Behauptung der Beklagten - die maschinenschriftlichen Eintragungen auf den Namenslagerscheinen durch den Handelsmakler M. vorgenommen worden sind. Dabei kann dahinstehen, ob dies tatsächlich der Fall ist. Denn eine Entlastung des Beklagten zu 2. kann daraus jedenfalls nicht hergeleitet werden. Eine solche Vorbereitung der Namenslagerscheine ändert nämlich nichts daran, dass die Namenslagerscheine unrichtige Auskünfte enthalten, die der Beklagte zu 2. durch die Unterzeichnung der Namenslagerscheine zu seinen - des Beklagten zu 2. - eigenen Erklärungen erhoben hat. Gleiches gilt für den Vortrag der Beklagten (Bl. 219 d.A.), die Handelsmaklerin habe auf die Ausstellung der Namenslagerscheine gedrängt; denn auch dies ändert nichts daran, dass der Beklagte zu 2. wissentlich inhaltlich unzutreffende Erklärungen abgegeben und damit die Zahlung der Klägerin herbeigeführt hat.

Einem Vorsatz des Beklagten zu 2. kann auch nicht entgegengehalten werden, dass die Schuldnerin unter dem 12./17.8.1998 die an die Klägerin verkaufte Getreidemenge ihrerseits angekauft hat. Denn das Getreide hat sich bei Ausstellung der Namenslagerscheine am 15.8.1998 - und ebenso noch bei der Zahlung am 29.8.1998 - im Eigentum der Verkäufer befunden, sodass für den Beklagten zu 2. die Gefahren des Scheiterns des Geschäfts und der Schädigung der Klägerin ohne weiteres ersichtlich gewesen sind. Soweit - wie die Beklagten nun vortragen (Bl. 209 d. A.) - der Beklagte zu 2. seinerzeit gleichwohl davon ausgegangen sein mag, den Vertrag mit der Klägerin durch die Bereitstellung der angekauften Gerste erfüllen zu können, ändert dies daran nichts, zumal es - unstreitig - dazu nicht gekommen ist, nachdem die Zahlung der Klägerin nicht zur Begleichung der Kaufpreise an die Verkäufer verwandt worden ist.

2.

Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 1. können hingegen nicht erkannt werden.

a)

Eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 263 Abs. 1 StGB kann nicht angenommen werden.

aa)

Der Beklagten zu 1. kann die Verübung eines Eingehungsbetruges nicht zur Last gelegt werden. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte zu 1. persönlich an den Vertragsverhandlungen mit der Klägerin beteiligt gewesen ist. Denn es kann jedenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass der Vertragsschluss in der Absicht herbeigeführt worden ist, sich oder einen Dritten rechtswidrig zu bereichern. Dazu ist ein auf zielgerichtet auf die Erlangung eines derartigen Vorteils gerichteter Wille erforderlich (Schönke/Schröder/ Cramer, StGB, 26. Aufl., § 263, Rn. 176; Tröndle/Fischer, StGB, 51. Aufl., § 263, Rn. 110). Der Annahme eines solchen steht hier jedoch der Abschluss der Verträge mit der N. GmbH und der O. GmbH vom 12./17.8.1998 entgegen. Denn durch diese Verträge ist die Getreidemenge gekauft worden, die zur Erfüllung des Vertrages mit der Klägerin benötigt worden wäre; dies deutet darauf hin, dass die Beklagten den Vertrag mit der Klägerin durchaus erfüllen wollten. Die Verträge vom 12./17.8.1998 sind auch wirksam gewesen. Insoweit kann der Klägerin nicht darin gefolgt werden, dass vorgenommene Änderungen der Vertragstexte der Wirksamkeit entgegenstehen. Denn aus den - auch von der Klägerin - vorgelegten Ablichtungen der Vertragsurkunden (Bl. 12, 95 f., 98 f. d.A.) ergibt sich solches nicht. Der mit der Klageschrift vorgelegte Vertrag mit der N. GmbH (Bl. 12 d.A.) entspricht voll der hierzu von den Beklagten vorgelegten Ablichtung (Bl. 99 d.A.). Bei dem von den Beklagten vorgelegten Vertrag zwischen der Schuldnerin und der N. GmbH über 241,24 t Gerste vom 12./17.8.1998 (Bl. 98 d.A.) handelt es sich ersichtlich nicht um einen der hier streitgegenständlichen Vertragsschlüsse; insbesondere ist dieser Vertrag nicht identisch mit dem Vertragsschluss zwischen der Schuldnerin und der O. GmbH vom 12./17.8.1998 über 272,74 t Gerste (Bl. 96 d.A.), der eine Vornahme von Änderungen - ebenfalls - nicht erkennen lässt. Dem weiteren Vortrag der Klägerin (Bl. 172 d.A.), die Vertragsschlüsse vom 12./17.8.1998 seien zum Schein erfolgt, kann ebenfalls nicht gefolgt werden; denn die Klägerin trägt - konkrete - Tatsachen für den Abschluss von Scheingeschäften gemäß § 117 BGB nicht vor.

Entgegen der Ansicht der Klägerin (Bl. 168 d.A.) kann eine Bereicherungsabsicht auch nicht aus einer Insolvenzreife der Schuldnerin hergeleitet werden. Denn zum einen kann - wie noch zu zeigen sein wird - vom Vorliegen einer solchen für die Zeit bis August 1998 nicht ausgegangen werden. Zum anderen deuten die - späteren - Vertragsschlüsse vom 12./17.8.1998 darauf hin, dass die Beklagten auch dann - wenn auch objektiv unzutreffend - bei Vertragsschluss mit der Klägerin eine wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Schuldnerin angenommen haben. Auch kann in diesem Zusammenhang nicht unbeachtet bleiben, dass - auch nach dem Vortrag der Klägerin (Bl. 84 d.A.) die zugunsten der D. GmbH ausgestellten Wechsel zum 29.9.1998 prolongiert und damit im August 1998 noch nicht zur Zahlung fällig gewesen sind. Ob die Beklagten die Gefahr eines insolvenzbedingten Scheitern des Geschäfts erkannt und billigend in Kauf genommen haben, kann dabei dahinstehen; denn bedingter Vorsatz reicht - wie dargestellt - für das Vorliegen einer Bereicherungsabsicht gemäß § 263 Abs. 1 StGB nicht aus.

bb)

Aus der Erteilung der Namenslagerscheine vom 15.8.1998 kann ein strafbares Handeln der Beklagten zu 1. gleichfalls nicht hergeleitet werden. Denn die Beklagte zu 1. ist - unstreitig - insoweit selbst nicht tätig geworden. Sie ist auch nicht etwa gehalten gewesen, die Klägerin über die Unrichtigkeit der Angaben des Beklagten zu 2. aufzuklären. Denn - allein - aus dem Vertragsschluss zwischen der Schuldnerin und der Klägerin kann eine solche Garantenpflicht der Beklagten zu 1. gemäß § 13 StGB nicht hergeleitet werden (vgl. Tröndle/ Fischer, a.a.O., § 13, Rn. 7; Schönke/Schröder/Stree, a.a.O., § 13, Rn. 28). Für ein besonderes Vertrauen der Klägerin in die Person der Beklagten zu 1. ist nichts dargetan; allein aus ihrer Stellung als Geschäftsführerin der Schuldnerin kann solches nicht gefolgert werden (vgl. BGH NJW 1994, 2220, 2222).

b)

Eine Haftung der Beklagten aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 64 Abs. 2 GmbHG kann ebenfalls nicht angenommen werden. Denn es kann nicht davon ausgegangen werden, dass in der Zeit bis August 1998 eine Insolvenzreife der Schuldnerin vorgelegen hat.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht solches nicht fest. Weder durch die Aussagen der Zeugin M. noch durch das Gutachten des Sachverständigen E. ist ein entsprechender Beweis erbracht worden. Die Zeugin M. hat bei ihrer Vernehmung durch den Senat (Bl. 250 f. d.A.) - ebenso wie bei ihrer erstinstanzlichen Aussage (Bl. 124 d.A.) - bekundet, dass sie für die Zeit bis August 1998 eine Insolvenzreife der Schuldnerin nicht feststellen könne. Der Sachverständige E. ist in seinem Gutachten (Bl. 310 - 328 d.A.) zu dem Ergebnis gelangt, aus der Bilanz der Schuldnerin zum 31.12.1997 könne weder eine Überschuldung noch eine Zahlungsunfähigkeit hergeleitet werden. Für Juli und August 1998 kann dies nach den Feststellungen des Sachverständigen mangels einer Vorlage von Buchhaltungsunterlagen und Vorratsbeständen nicht beurteilt werden; eine Ermittlung durch Interpolation anhand der vorläufigen Saldenliste zum 31.12.1998 ist nach seinen Ausführungen nicht möglich, da dort die vorhandenen Warenvorräte nicht eingebucht worden seien. Insoweit kann auch dem Gutachten insgesamt eine Bestätigung der Behauptungen der Klägerin zur Insolvenzreife der Schuldnerin nicht entnommen werden. Der fehlende Beweis geht zu Lasten der Klägerin, da sie sich zu ihren Gunsten auf eine Insolvenzreife der Schuldnerin im Sinne des § 64 Abs. 2 GmbHG beruft (vgl. BGH NJW 1994, 2220, 2222; Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 9. Aufl., § 64, Rn. 50; Michalski/Nerlich, GmbHG, § 64, Rn. 79).

Etwas anderes folgt nicht daraus, dass die Beklagte zu 1. die vom Sachverständigen angeforderten unterjährigen Sachkonten-Saldenlisten nicht vorgelegt hat. Darin kann eine Beweisvereitelung nicht gesehen werden, nachdem die Beklagte zu 1. in der mündlichen Verhandlung am 26.11.2003 (Bl. 339 d.A.) erklärt hat, solche Unterlagen seien seinerzeit nicht angefertigt worden. Das ist in tatsächlicher Hinsicht nicht anzuzweifeln. Denn zum einen ist die Klägerin diesem Vorbringen nicht entgegengetreten. Zum anderen hat die Zeugin M. in ihren Schreiben vom 11.2.2003 (Bl. 280 d.A.) und vom vom 7.3.2003 (Bl. 303 d.A.) zwar ausgeführt, sie habe Kontenblätter und Saldenlisten-Sachkonten an die Beklagte zu 1. übergeben; unterjährige Sachkonten-Saldenlisten nennt sie dabei allerdings nicht, sodass aus ihren Angaben nicht auf ein Vorhandensein solcher Unterlagen bei der Beklagten zu 1. gefolgert werden kann.

Auch die übrigen Umstände des Falls deuten nicht - jedenfalls nicht hinreichend sicher - auf eine Insolvenzreife der Schuldnerin bis zum Vertragsschluss am 7.8.1998 hin. Aus der Begebung der Wechsel zugunsten der D. GmbH kann eine solche nicht hergeleitet werden, nachdem - wie dargestellt - die Wechsel erst im September 1998 fällig gewesen sind. Der Umstand, dass die Schuldnerin die Zahlung der Klägerin nicht zur Erfüllung der Verträge mit der N. GmbH und der O. GmbH vom 12./17.8.1998 verwandt hat, stellt ein taugliches Indiz ebenfalls nicht dar. Denn die Zahlung der Klägerin ist erst am 29.8.1998 erfolgt, sodass eine Indizwirkung - wenn überhaupt - erst für die Zeit danach in Betracht kommen kann. Aus der Bilanz der Schuldnerin vom 31.12.1997, die, soweit sie von den Beklagten vorgelegt worden ist (Bl. 50 - 58 d.A.), in der Tat einen Jahresüberschuss in Höhe von 51.037,37 DM ausweist, sowie der von der Klägerin vorgelegten Überschuldungsbilanz für die Schuldnerin (Bl. 176 d.A.) kann im Lichte der Bekundungen der Ausführungen des Sachverständigen E. ebenfalls nichts für die Position der Klägerin hergeleitet werden.

c)

Zuletzt kommt eine Haftung der Beklagten zu 1. auch nicht aus § 826 BGB in Betracht, nachdem - wie ausgeführt - nicht die Beklagte zu 1., sondern allein der Beklagte zu 2. die Namenslagerscheine unterzeichnet hat. Auch hier kann ein haftungsrelevantes Verhalten nicht darin gesehen werden, dass die Beklagte zu 1. die Klägerin nicht über die Unrichtigkeit der dortigen Angaben unterrichtet hat. Denn ein Unterlassen verletzt die guten Sitten nur dann, wenn ein - gefordertes - Tun einem sittlichen Gebot entspricht, wofür das Bestehen einer allgemeinen Rechtspflicht, auch einer etwaigen vertraglichen Pflicht, nicht ausreicht; hierzu müssen vielmehr besondere Umstände vorliegen, die das schädigende Verhalten wegen seines Zwecks oder wegen der angewandten Mittel oder mit Rücksicht auf die dabei gezeigte Gesinnung nach den Maßstäben der allgemeinen Geschäftsmoral und des als "anständig" Geltenden verwerflich machen (BGH NJW 2001, 3702). Solches kann hier nicht bejaht werden; denn der Beklagten zu 1. ist auch in diesem Zusammenhang zugute zu halten, dass - wie dargestellt - in dem Abschluss der Verträge mit der N. GmbH und der O. GmbH vom 12./17.8.1998 unverkennbar der Wille zur Durchführung und Abwicklung des Vertrages mit der Klägerin vom 7.8.1998 zum Ausdruck gekommen ist.

3.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 1, 100 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 154.863,91 € (= 302.887,50 DM).

Ende der Entscheidung

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