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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.11.2001
Aktenzeichen: 7 U 216/00
Rechtsgebiete: BGB, ZPO, StBG


Vorschriften:

BGB § 611 Abs. 1
BGB § 670
BGB § 675
BGB § 677
BGB § 683
BGB § 812
ZPO § 383 Abs. 1 Nr. 6
ZPO § 387 Abs. 1
ZPO § 523
ZPO § 543 Abs. 1
StBG § 57
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Zwischenurteil

7 U 216/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 21.11.2001

verkündet am 21.11.2001

In dem Rechtsstreit

hier: Zwischenstreit über die Rechtmäßigkeit der Aussageverweigerung des Zeugen E B

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 30.10.2001 durch

den Richter am Oberlandesgericht Hein als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Wittmann und den Richter am Amtsgericht Werth

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Verweigerung der Aussage gemäß dem Beweisbeschluß des Senates vom 28.03.2001 durch den Zeugen B wird im Hinblick auf das Fehlen einer Aussagegenehmigung des Beklagten für unrechtmäßig erklärt.

Die Kosten des Zwischenstreits trägt der Zeuge.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Steuerberatungsgesellschaft, nimmt den Beklagten auf Zahlung von Steuerberaterhonorar in Anspruch.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an sie 18.195,74 DM nebst 11 % Zinsen seit dem 23.09.1998 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 19.07.2000 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Ansprüche nach §§ 675, 611 Abs. 1 BGB bestünden nicht, da der Abschluß eines Vertrages zwischen den Parteien nicht schlüssig vorgetragen sei.

Ansprüche aus §§ 677, 683, 670 BGB seien ebenfalls nicht gegeben, da nicht dargetan sei, daß die Klägerin ohne Auftrag oder sonstige Berechtigung tätig geworden sei. Ansprüchen aus § 812 BGB stehe entgegen, daß sich aus ihrem Vortrag nicht ergebe, daß der Beklagte durch ihre Tätigkeit einen nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen zu erstattenden Vermögensvorteil erlangt habe.

Gegen dieses Urteil, das der Klägerin am 14.09.2000 zugestellt worden ist, hat die Klägerin am Montag, dem 16.10.2000, Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18.12.2000 an diesem Tage begründet hat.

Die Klägerin beantragt,

unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 19.07.2000 den Beklagten zu verurteilen, an sie 18.195,74 DM nebst 11 % Zinsen seit dem 23.09.1998 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat mit Beweisbeschluß vom 28.03.2001 eine Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen B angeordnet zu der Frage, ob der Zeuge B den Beklagten anläßlich einer Besprechung am 14.01.1998 darüber unterrichtet habe, daß die Klägerin zukünftig die Steuerberatung seines einzelkaufmännischen Unternehmens übernehmen werde und der Beklagte hierzu seine Zustimmung erteilt habe. Der Zeuge B hat in der mündlichen Verhandlung vom 11.07.2001 im Hinblick darauf, daß der Beklagte ihm eine Aussagegenehmigung nicht erteilt hat, die Aussage verweigert.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, daß die Weigerung des Zeugen B zu einer Aussage gemäß dem Beweisbeschluß des Senats vom 28.03.2001 im Hinblick auf seine berufliche Schweigepflicht rechtswidrig ist.

Der Beklagte beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Von der weiteren Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe:

Über die Rechtmäßigkeit der Aussageverweigerung des Zeugen ist auf Antrag der Klägerin gem. §§ 387 Abs. 1, 523 ZPO durch Zwischenurteil zu entscheiden. Die Aussageverweigerung des Zeugen B ist für unrechtmäßig zu erklären. Dem Zeugen steht ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO nicht zu.

Dabei kann dahinstehen, ob diese Norm, die auch für die steuerberatenden Berufe gilt (BGH MDR 1984, 48; Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 383, Rn. 19; Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez, Steuerberatungsgesetz, § 57, Rn. 293), auch den Fall erfaßt, daß, wie hier, Gegenstand des Zeugnisses nicht der Inhalt, sondern das Bestehen des Mandates als solches ist (so Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez, a.a.O., § 57, Rn. 196; a. A. LG München, DStR 1972, 179; Gilgan, StBG 1989, 75 und 1992, 297). Ein Zeugnisverweigerungsrecht besteht hier schon deshalb nicht, weil Gegenstand des Rechtsstreits Honoraransprüche des Steuerberaters aus dem Mandat sind, zu dessen Bestehen sich die Beweisfrage verhält.

Der Steuerberater ist - ebenso wie ein Rechtsanwalt (vgl. BGHZ 152, 115, 120; OLG Stuttgart, OLGR 1998, 427, 428) - durch die ihn treffende Verschwiegenheitspflicht nach § 57 StBG nicht daran gehindert, einen Prozeß um seine Gebühren zu führen und dabei zur Erfüllung seiner Darlegungs- und Beweislast Umstände aus dem Mandatsverhältnis vorzutragen, soweit dies zur Durchsetzung seines Gebührenanspruchs erforderlich ist (Kuhls/Meurers/Maxl/Schäfer/Goez, a.a.O., § 57, Rn. 2-16, 242; Gehre, Steuerberatungsgesetz, 4. Aufl., § 57, Rn. 69). Dabei hat, um den Steuerberater im Verhältnis zu seinem Mandanten nicht rechtlos zu stellen, das Geheimhaltungsinteresse des Mandanten hinter die berechtigten Interessen des Steuerberaters zurückzutreten, nachdem der Mandant durch die Zahlungsverweigerung diesen Interessenkonflikt verursacht hat (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.). Ist aber insoweit das Interesse des Steuerberaters an der Durchsetzung seiner Honorarforderung als vorrangig anzusehen, so muß dem Steuerberater auch ermöglicht werden, seinen Vortrag, soweit er bestritten wird, durch die in der Zivilprozeßordnung vorgesehenen Beweismittel, etwa die Vorlage von Urkunden oder die Vernehmung von Zeugen, zu beweisen. Das aber kann nur geschehen, wenn Zeugen, die sonst ihrerseits zur Verschwiegenheit verpflichtet wären, ausnahmsweise aussagen dürfen, ohne gegen ihre Verschwiegenheitspflichten zu verstoßen (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.). Dies gilt jedenfalls dann, wenn im Rahmen des Honorarprozesses ein Mitarbeiter des klagenden Steuerberaters als Zeuge aussagen soll (vgl. OLG Stuttgart, a.a.O.)

So ist es hier. Gegenstand des Rechtsstreits sind Honoraransprüche, die die Klägerin gegen, den Beklagten geltend macht. Die Klägerin leitet ihre Forderung aus dem - vom Beklagten bestrittenen - Bestehen eines Mandatsverhältnisses her und benennt hierzu den Zeugen B, der nach ihrem Vortrag nach der Veräußerung seiner Steuerberatungskanzlei an sie zum Zwecke der Überleitung der Mandate vorübergehend weiter in seinem Büro in T sowie in ihren Räumlichkeiten in L, also als Mitarbeiter ihres Geschäftsbetriebes, tätig gewesen ist.

Besteht danach ein Zeugnisverweigerungsrecht nicht, so ist der Zeuge zur Aussage verpflichtet. Es bleibt insoweit nicht der freien Entscheidung des Zeugen überlassen, ob er aussagen will oder nicht. Vielmehr tritt die - grundsätzlich bestehende - Aussagepflicht des Zeugen wieder in Kraft (RGZ 53, 315, 316; OLG Stuttgart, a.a.O.; a. A. Lenckner, NJW 1965, 321, 327), so daß der Zeuge B prozessual verpflichtet ist, die Beweisfrage aus dem Beweisbeschluß des Senats vom 28.03.2001 zu beantworten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Ende der Entscheidung

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