Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 06.08.2008
Aktenzeichen: 7 U 232/07
Rechtsgebiete: HGB, BGB, ZPO


Vorschriften:

HGB § 105
HGB § 161
HGB § 128
BGB § 133
BGB § 157
BGB § 164 Abs. 1
BGB § 167 Abs. 1
BGB § 362 Abs. 1
ZPO § 156
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor: Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der Kammer für Handelssachen des Landgerichts Cottbus vom 6. November 2007 wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand: Die Beklagte zu 2. ist die Komplementärin der Beklagten zu 1.; beide sind Unternehmen der S.-Gruppe.

Die S. AG, die ebenfalls zur S.-Gruppe gehört, stand in einer Geschäftsverbindung zur Klägerin.

Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Beklagte zu 1. einer ihr - der Klägerin - gegenüber bestehenden Schuld der S. AG in Höhe der Klageforderung beigetreten sei, indem sie - was als solches unstreitig ist - durch den Zeugen T. die Umadressierung der darüber ausgestellten Rechnung auf sie erbeten habe.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 21.798,72 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz ab 1.8.2006 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 880,30 € zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Klägerin hat dem Zeugen T. den Streit verkündet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 6.11.2007 die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Beklagte zu 1. der Schuld der S.AG, mit der die Klägerin ursprünglich kontrahiert habe, beigetreten sei, indem sie durch den Zeugen T. die Umschreibung der Rechnung auf sie veranlasst habe. Die Vertretungsmacht des Zeugen sei nicht wirksam bestritten worden. Die Haftung der Beklagten zu 2. folge aus §§ 161, 105 HGB. Eine teilweise Erfüllung der Klageforderung sei nicht hinreichend dargetan.

Gegen dieses Urteil, das ihnen am 26.11.2007 zugestellt worden ist, haben die Beklagten am 27.12.2007 Berufung eingelegt und diese am Montag, dem 28.1.2008, begründet.

Die Beklagten beantragen,

das Urteil des Landgerichts Cottbus vom 6.11.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Vernehmung des Zeugen T.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 9.7.2008 (Bl. 191 ff. d.A.) verwiesen.

Die Parteien haben durch nicht nachgelassene Schriftsätze vom 25.7.2008 und 28.7.2008 ergänzend vorgetragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe: Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Klägerin hat einen Anspruch aus dem zwischen ihr und der S. AG geschlossenen Vertrag gegen die Beklagte zu 1. auf Zahlung von 21.798,72 €, für den die Beklagte zu 2., deren Stellung als Komplementärin der Beklagten zu 1. unstreitig ist, gemäß §§ 161, 128 HGB einzustehen hat; das Landgericht hat im Ergebnis zu recht insoweit einen Schuldbeitritt der Beklagten zu 1. bejaht.

1. Der Klägerin ist ein vertraglicher Anspruch gegen die S. AG auf die Zahlung von 21.798,72 € zugewachsen.

a) Der Vertrag zwischen der Klägerin und der S. AG ist durch das Angebot der Klägerin vom 13.10.2004 (Anl. K 1) und dessen Annahme durch den Zeugen T. (Anl. K 4) zustande gekommen. Das Angebot ist der S.AG erteilt und von jener angenommen worden. Es ist unstreitig, dass der Vermerk "Auftrag erteilt", mit dem versehen das Angebot rückübersandt worden ist, vom Zeugen T. gefertigt und unterzeichnet worden ist. Der Zeuge hat dabei als Mitarbeiter der S. AG und damit als deren Vertreter gemäß § 164 Abs. 1 BGB gehandelt; entgegen dem ursprünglichen Vortrag der Klägerin (Bl. 2 d.A.) ist eine Vertretung der Beklagten zu 1. seinerzeit nicht möglich gewesen, da jene noch nicht errichtet war (Bl. 69 d.A.; Anl. K 12).

b) Es ist auch unstreitig, dass die Klägerin die ihr nach dem Vertrag obliegenden Leistungen erbracht hat und ihr die Zahlung von 21.798,72 € als die vertragliche Gegenleistung zusteht.

2. Der Schuld der S. AG ist die Beklagte zu 1. beigetreten, indem sie durch den Zeugen T. die Umadressierung der Rechnung auf sie der Klägerin angetragen und die Klägerin diesem Ansinnen nachgekommen ist.

a) Es ist in tatsächlicher Hinsicht unstreitig, dass der Zeuge T. im Namen der Beklagten zu 1. die Umadressierung der Rechnung erbeten hat und die Klägerin der Bitte nachgekommen ist. Die Klägerin hat bereits in der ersten Instanz ausdrücklich vorgetragen (Bl. 34, 68, 120 d.A.), dass ihr der Zeuge T. für die Beklagte zu 1. die Ausstellung der Rechnung auf jene angetragen habe. Die Beklagten haben das nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich die Vertretungsmacht des Zeugen bestritten und die Rechtsansicht vertreten, dass sein Verhalten keinen Schuldbeitritt begründe (Bl. 61, 75 f., 118, 164 f. d.A.). Dass die Rechnung schließlich auf die Beklagte zu 1. ausgestellt worden ist, ist unbestritten und aus den von der Klägerin vorgelegten Anlagen (Anl. K 9, K 14) zu ersehen.

b) Dabei hat der Zeuge T. als ermächtigter Vertreter der Beklagten zu 1. gemäß § 164 Abs. 1 BGB gehandelt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Zeuge die Umadressierung des Rechnungsvolumens auf das Objekt in W., bei dem die Beklagte zu 1. tätig war, der Klägerin, vertreten durch den Zeugen F., im Einverständnis mit dem Geschäftsführer der Beklagten vorgeschlagen hat. Der Senat hat keinen Anlass zu ins Gewicht fallenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Aussage des Zeugen T.. Der Zeuge hat insgesamt eine in sich geschlossene Darstellung seiner Handlungen und der zugehörigen Vorgänge im Herbst 2005 gegeben. Er hat die damaligen Geschehnisse dabei durchaus detailliert, in sich widerspruchsfrei und lebensnah zu schildern und ein nachvollziehbares Bild - auch - seiner eigenen Tätigkeit zu vermitteln vermocht. Soweit er auf Nachfragen weitere Einzelheiten nicht mehr hat erinnern können, schadet das angesichts des seitdem vergangenen Zeitraums der Glaubhaftigkeit seiner Aussage und seiner Glaubwürdigkeit nicht. Der persönliche Eindruck, den der Senat bei der Durchführung der Beweisaufnahme vom Zeugen hat gewinnen können, deutet gleichfalls nicht darauf hin, dass der Zeuge nicht wahrheitsgemäß ausgesagt hat.

Hat aber der Zeuge seinerzeit derart in Abstimmung mit dem Geschäftsführer der Beklagten gehandelt, so hat eine Innenvollmacht gemäß § 167 Abs. 1 BGB vorgelegen, als deren Folge er mit Vertretungsmacht für die Beklagte zu 1. nach § 164 Abs. 1 BGB die Umschreibung der Rechnung herbeigeführt hat.

c) In der Aufforderung zur Übermittlung an die Beklagte zu 1. adressierter Rechnungen ist in rechtlicher Hinsicht die Erklärung eines Schuldbeitritts zu sehen. Die Erklärung kann gemäß §§ 133, 157 BGB nicht anders ausgelegt werden (vgl. OLG Frankfurt/Main ZUM-RD 2006, 169, 171). Sie erschöpft sich nicht in der Mitteilung einer bloßen Vermittlung zwischen dem Gläubiger und dem - ursprünglichen - Schuldner durch den Erklärenden (vgl. OLG Frankfurt/Main a.a.O.). Sie bringt vielmehr zum Ausdruck, dass der Erklärende die Schuld als eine eigene behandeln und begleichen will. Denn nur dann bedarf es für die erforderliche Verbuchung einer Umadressierung der Rechnungsstellung, was - jedenfalls - im Verkehr unter Kaufleuten, wie es die Parteien sind, für den Erklärungsgegner offen zu Tage tritt. Insoweit geht die Erklärung über die Bitte um Übersendung der an den ursprünglichen Schuldner gerichteten Rechnung, die nicht ohne weiteres als Schuldbeitritt anzusehen ist (vgl. OLG Hamm OLGR 1999, 381), hinaus.

Entgegen der Ansicht der Beklagten (Bl. 76, 164 f. d.A.) folgt etwas anderes nicht aus der vorgetragenen Äußerung des Zeugen T., dass die Beklagte zu 1. intern die Bezahlung übernehmen wolle. Dieser Beweggrund ist für einen verständigen Erklärungsempfänger in der damaligen Lage der Klägerin ohne Belang und kann daher nicht für eine den Beklagten günstige Auslegung gemäß §§ 133, 157 BGB herangezogen werden; für den Erklärungsempfänger ist allein entscheidend, dass die Ausstellung der neuen Rechnung zur Zahlung des anderen Teils führt, als dessen Verbindlichkeit die Schuld dann ausgewiesen ist.

Dem vom Zeugen T. angebotenen Schuldbeitritt hat die Klägerin auch zugestimmt, indem sie die Umschreibung der Rechnung vorgenommen hat. Es ist - wie erwähnt - unstreitig, dass sie die Rechnung vom 20.10.2005 (Anl. K 9, K 14) nebst einem Begleitschreiben (Anl. K 10, K 13) der Beklagten zu 1. übersandt hat; darüber hinaus hat sie auch nach der Aussage des Zeugen T., an deren Richtigkeit der Senat auch insoweit keinen Anlass zu zweifeln hat, Rechnungen für die ersten zwei Häuser des Objekts in W. ausgestellt, die Teilbeträge der Klageforderung enthalten haben.

3. Mit dem Landgericht kann eine teilweise Erfüllung der Klageforderung gemäß § 362 Abs. 1 BGB durch Zahlungen für das Objekt in W. nicht angenommen werden.

Das dazu von den Beklagten vorgetragene Zahlenwerk ist nicht nachvollziehbar, worauf die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom Senat hingewiesen worden sind. Die Beklagten haben das Volumen des Auftrags mit 69.638 € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 11.142,08 €, insgesamt also 80.780,08 €, in der ersten Instanz unstreitig gestellt (Bl. 62 d.A.). Gemessen daran lässt ihr Vortrag über die Zahlungen für das Objekt in W. (Bl. 25 d.A.) einen auf die Klageforderung anzurechnenden Überschuss nicht erkennen. Die Zahlungen sollen insgesamt 26.957,20 € ausgemacht haben (Bl. 25 d.A.), was einem Anteil von 2/5 des Auftragsvolumens zuzüglich einer Überzahlung in Höhe von 8.719,49 € entsprochen haben soll (Bl. 24, 25 d.A.). 2/5 von 80.780,08 € stellen sich demgegenüber auf einen Betrag in Höhe von 32.312,03 €, der durch die Zahlung von 26.957,20 € für zwei von fünf Häusern des Objekts in W. nicht einmal erreicht ist und daher einen nicht auf jene, sondern auf die Klageforderung entfallenden Anteil nicht enthalten kann. Weiterer Vortrag zu den behaupteten Zahlungen ist bis zur mündlichen Verhandlung nicht erfolgt; auch in der Berufungsbegründung (Bl. 163 ff. d.A.) hat eine Anpassung des Vorbringens an das in der ersten Instanz schließlich unstreitig vorgetragene Auftragsvolumen nicht stattgefunden.

Nachdem insbesondere Rechnungen und Zahlungsbelege für das Objekt in W. nicht vorgelegt worden sind und auch der Zeuge T. konkrete Angaben zu den Rechnungs- und Zahlbeträgen nicht hat machen können, ist eine teilweise Erfüllung der Klageforderung - auch in der Berufung - jedenfalls nicht hinreichend dargetan. Das geht zu Lasten der Beklagten, da sie als Schuldner der Klageforderung die Darlegungs- und Beweislast für die Erfüllung tragen (vgl. Palandt/Grüneberg, a.a.O., § 362, Rn. 16, und § 363, Rn. 1, m.w.N.).

Ein erhebliches Vorbringen über etwaige Zahlungen auf die Klageforderung kann auch nicht dem Schriftsatz der Beklagten vom 25.7.2008 entnommen werden, der demzufolge nicht eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gemäß § 156 ZPO gebietet. Dort ist bereits zum ursprünglichen Volumen des Auftrags für das Objekt in W. widersprüchlich vorgetragen, indem auf Seite 1 ein Betrag in Höhe von 45.594,28 € und auf Seite 4 ein Betrag in Höhe von 48.601 €, jeweils ohne die gesetzliche Umsatzsteuer, genannt werden. Ebenso wird zum Preis für die Ausstattung der Häuser in W. nach dem Aufschlag um die Klageforderung nur unverständlich vorgetragen. Während dazu auf Seite 1 des Schriftsatzes ein Nettobetrag in Höhe von 68.339 € angeführt ist, finden sich auf dessen Seite 4 Bezifferungen in Höhe von 67.393 €, 97.393 € und - im Rahmen der Auflistung der verschiedenen Häuser - schließlich 67.392 €; eine Erläuterung dieser Differenzen findet nicht statt. Das Vorbringen steht auch nicht im Einklang mit dem Vortrag der Beklagten in der ersten Instanz. Entgegen der Darstellung auf Seite 1 des Schriftsatzes vom 25.7.2008 ist auf den Seiten 4, 5 der Klageerwiderung (Bl. 24 f. d.A.) von einem Angebotspreis in Höhe von 68.339 € nicht die Rede, sondern vielmehr ein Betrag in Höhe von 67.393 € genannt. Soweit dieser einer der Bezifferungen auf Seite 4 des Schriftsatzes vom 25.7.2008 entspricht, ist er in der ersten Instanz im Schriftsatz vom 11.1.2007 (Bl. 62 d.A.) als falsch bezeichnet und auf 69.638 € zuzüglich darauf entfallender Umsatzsteuer in Höhe von 11.142,08 € berichtigt worden; dieser Betrag findet sich indes an keiner Stelle des Schriftsatzes vom 25.7.2008. Vor dem Hintergrund dieser Ungereimtheiten ist das dort vorgetragene Zahlenwerk insgesamt zur Herbeiführung einer der Beklagten günstigen Rechtsfolge nicht geeignet, zumal auch jetzt konkrete Rechnungen und Zahlungsbelege für das Objekt in W. nicht vorgelegt werden.

4. Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung ist aus den bereits genannten Gründen im Hinblick auf den Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 25.7.2008 nicht angezeigt. Der Schriftsatz der Klägerin vom 28.7.2008 gibt ebenfalls keinen Anlass für eine solche.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück