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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 16.01.2008
Aktenzeichen: 7 U 24/07
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB, ZPO
Vorschriften:
GmbHG § 6 Abs. 2 Satz 1 | |
GmbHG § 46 Nr. 5 | |
BGB § 670 | |
BGB § 677 | |
BGB § 683 | |
BGB § 814 | |
BGB § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. | |
BGB § 818 Abs. 2 | |
ZPO § 529 Abs. 1 | |
ZPO § 531 Abs. 2 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil
7 U 24/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht
Anlage zum Protokoll vom 16.1.2008
Verkündet am 16.1.2008
in dem Rechtsstreit
hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke
auf die mündliche Verhandlung vom 5.12.2007
für Recht erkannt:
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.12.2006 verkündete Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Beklagten wird die Klägerin unter teilweiser Abänderung des am 20.12.2006 verkündeten Urteils des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam verurteilt, an die Beklagte 19.024 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 31.3.2004 zu zahlen.
Die Klägerin hat 54 % der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie ihre eigenen außergerichtlichen Kosten zu tragen. Die Beklagte hat 46 % der Gerichtskosten und ihrer eigenen außergerichtlichen Kosten sowie die außergerichtlichen Kosten des Drittwiderbeklagten zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um Vergütungsansprüche aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag vom 17.1.2002. Die Klägerin will die dort vereinbarte Vergütung für den Monat September 2002, die Beklagte die Rückzahlung der für den Zeitraum von Januar bis August 2002 gezahlten Vergütung erreichen.
Erstinstanzlich hat die Beklagte im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 13.9.2006 Eventualdrittwiderklage erhoben, mit der sie die Verurteilung des Eventualdrittwiderbeklag-ten auf Zahlung des gegenüber der Klägerin geltend gemachten Betrages beantragt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.
Mit Urteil vom 20.12.2006 hat das Landgericht die Klage, die Widerklage und die Eventualdrittwiderklage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Das Urteil des Landgerichts ist der Beklagten am 27.12.2006 und der Klägerin am 2.1.2007 zugestellt worden.
Die Beklagte hat gegen das Urteil am 26.1.2007 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 27.3.2007 unter gleichzeitiger Erhebung der Drittwiderklage gegen Herrn U... B... am 21.3.2007 begründet hat. Die Klägerin hat gegen das Urteil am 30.1.2007 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Frist zur Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 2.4.2007 an diesem Tage begründet hat.
Beide Parteien verfolgen mit ihren Berufungen ihre bisherigen Ansprüche weiter und machen geltend, das Landgericht habe die Sach- und Rechtslage rechtlich unzutreffend gewürdigt. Mit der Drittwiderklage hat die Beklagte die Verurteilung des Drittwiderbeklagten zur Zahlung des von der Klägerin verlangten Betrages gesamtschuldnerisch in Anspruch genommen.
Die Beklagte beantragt,
die Klägerin unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 20.12.2006 zu verurteilen, an die Beklagte 19.024 € nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit Zustellung der Widerklage zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen,
2. das angefochtene Urteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 2.378 € nebst 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz der EZB seit dem 11.12.2002 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
1. die Berufung der Klägerin als unzulässig zu verwerfen,
2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Nachdem der Senat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 5.12.2007 darauf hingewiesen hat, dass er die Drittwiderklage für unzulässig halte, hat die Beklagte die Drittwiderklage vor der Stellung eines Antrages hierzu zurückgenommen.
II.
Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Vergütung von Dienstleistungen für die Beklagte im September 2002 in Höhe von 2.378 €.
Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag der Parteien vom 17.1.2002.
Der Vertrag ist jedenfalls insoweit unwirksam, als er eine Vergütungspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin begründet. Der zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages für die Beklagte als Geschäftsführer tätige Drittwiderbeklagte war weder befugt noch ermächtigt, die Beklagte zur Zahlung einer Vergütung gemäß dem vorgenannten Vertrag zu verpflichten. Die Zuständigkeit für den Abschluss des Vertrages lag bei der Gesellschafterversammlung der Beklagten und nicht bei dem zum Geschäftsführer der Beklagten bestellten Drittwiderbeklagten. Dies folgt aus § 46 Nr. 5 GmbHG, der die Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers einer GmbH der Gesellschafterversammlung zuweist.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liegt des Weiteren auch die Zuständigkeit für den Abschluss eines Geschäftsführeranstellungsvertrages allein bei der Gesellschafterversammlung (BGH NJW 2000, 2983). Insofern besteht eine so genannte Annexkompetenz zur Begründung und Beendigung der Organstellung.
Im vorliegenden Falle handelt es sich bei dem Vertrag der Parteien vom 17.1.2002 faktisch um einen Geschäftsführeranstellungsvertrag, jedenfalls soweit er die Zahlung einer Vergütung der Beklagten für Geschäftsführungsleistungen des Drittwiderbeklagten zum Gegenstand hat. Ziel des Vertragsschlusses war es, dem damaligen Geschäftsführer der Beklagten eine Vergütung zukommen zu lassen, die ihm unmittelbar von der Beklagten nicht gewährt werden konnte und sollte. Dies ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin. So hat sie mit Schriftsatz vom 22.9.2004 ausgeführt, der vorliegende Geschäftsbesorgungsvertrag sei vorrangig dazu abgeschlossen worden, die zukünftige Vergütung des Geschäftsführers der Beklagten abzusichern, die allein aus Mitteln der Beklagten selbst nicht vollständig aufzubringen und auf andere Weise nicht wirtschaftlich abzusichern gewesen sei (S. 2 des vorgenannten Schriftsatzes, Bl. 148 d.A.).
Die Absicht der Parteien des Vertrages vom 17.1.2002, eine Vergütung des Drittwiderbeklagten als Geschäftsführer der Beklagten sicherzustellen, wird auch daraus ersichtlich, dass der Klägerin nicht nur die Wahrnehmung einer Vielzahl von Aufgaben, sondern auch "der Organfunktion" eines Geschäftsführers übertragen werden sollte (§ 1 Abs. 2, 1. Spiegelstrich des Vertrages vom 17.1.2002). Darauf, dass eine Übertragung von Organfunktionen auf die Klägerin nicht erfolgen konnte, weil Geschäftsführer einer GmbH nur eine natürliche Person sein kann, § 6 Abs. 2 Satz 1 GmbHG, kommt es für die Heranziehung dieser Vereinbarung als Indiz für den Regelungszweck des Vertrages der Parteien vom 17.1.2002 nicht an. Die Indizwirkung wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Klägerin im Rahmen dieses Rechtsstreits wiederholt geltend gemacht hat, die Übertragung von Organfunktionen sei entgegen dem Wortlaut der Vereinbarung nicht gewollt gewesen, weil das rechtlich nicht möglich gewesen sei. Wenn den Parteien zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages bewusst war, dass eine Übertragung von Organfunktionen auf die Klägerin aus Rechtsgründen nicht in Betracht kommt, ist nicht verständlich, dass als Vertragsinhalt gleichwohl eine entsprechende Aufgabenstellung angeführt wurde.
Da die Vergütungsverpflichtung gemäß dem Vertrag vom 17.1.2002 mithin zum Zwecke einer - mittelbaren - Vergütung der Geschäftsführungstätigkeit des Drittwiderbeklagten vereinbart werden sollte, unterlag sie der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung der Beklagten als so genannte Annexkompetenz. Der Abschluss des Vertrages auf Seiten der Beklagten durch den Drittwiderbeklagten hätte also zumindest einer entsprechenden Ermächtigung der Gesellschafterversammlung der Beklagten bedurft. An dieser fehlt es. Die Klägerin hat zwar mit Schriftsatz vom 22.9.2004 ausgeführt, der in Rede stehende Vertrag der Parteien sei mit Wissen und Zustimmung der Gesellschafter der Beklagten abgeschlossen worden. Die von dem Drittwiderbeklagten auf Seiten der Beklagten vorgenommene Unterzeichnung des Vertrages sei in Vertretung der Gesellschaft erfolgt, die durch ihre Gesellschafter wiederum anschließend eine konkludente Genehmigung vorgenommen habe. Nachdem die Beklagte den Vortrag der Klägerin, die Gesellschafter der Beklagten hätten der Vereinbarung vom 17.1.2002 zugestimmt oder sie jedenfalls genehmigt, bestritten hat, hätte die Klägerin die tatsächlichen Umstände dieser Willensbildung der Gesellschafter der Beklagten darlegen und unter Beweis stellen müssen. Dies ist trotz des Hinweises des Landgerichts mit Ziffer 2. des Beschlusses vom 6.10.2004 nicht geschehen.
Der Schriftsatz der Klägerin vom 9.11.2004, mit dem sie zu dem Hinweis des Landgerichts Stellung nimmt, erschöpft sich in Rechtsausführungen, mit denen sie zum Ausdruck bringt, dass eine Befassung der Gesellschafterversammlung der Beklagten mit dem Abschluss des Vertrages vom 17.1.2002 entbehrlich gewesen sei. Auch der Schriftsatz vom 15.11.2005, in dem sie weiter zur Bedeutung des § 46 Nr. 5 GmbHG vorträgt, bringt lediglich zum Ausdruck, dass ihres Erachtens eine Beteiligung der Gesellschafterversammlung der Beklagten nicht erforderlich gewesen sei.
Ein Vergütungsanspruch der Klägerin für Geschäftsbesorgungen zugunsten der Beklagten im September 2004 ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) gemäß §§ 670, 677, 683 BGB.
Es kann dahinstehen, ob die Voraussetzungen einer GoA in Ansehung des zumindest hinsichtlich der Vergütungsregelung unwirksamen Vertrages vom 17.1.2002 vorliegen.
Ein Aufwendungsersatz- und Vergütungsanspruch der Klägerin entfällt jedenfalls deshalb, weil sie den tatsächlichen Umfang ihrer Aufwendungen und ihrer Tätigkeit für die Beklagte im September 2004 nicht vorgetragen hat.
Die Ausführungen der Klägerin zum Gegenstand ihrer Tätigkeit für die Beklagte mit Schriftsatz vom 5.8.2004 reichen nicht, um diesen Umfang darzustellen. Es ist ihnen nicht zu entnehmen, welche konkreten Aufwendungen durch die Wahrnehmung der Interessen der Beklagten veranlasst wurden. Ebenso lassen sie die eigenen Leistungen der Klägerin nicht in quantifizierbarer Form erkennen, sodass nicht zu entscheiden ist, ob der Klägerin gegebenenfalls eine Vergütung in Höhe des in dem Vertrag vorgesehenen Umfangs oder eine angemessene Vergütung für die Tätigkeit zugunsten der Beklagten zusteht, weil die erbrachten Leistungen zum Gewerbe der Klägerin gehörten. Schließlich schuldete die Klägerin einen erheblichen Teil der im Vertrag vom 17.1.2002 aufgelisteten Tätigkeiten auch aufgrund zumindest desjenigen der beiden weiteren Verträge vom 20.2.2002, der die Kostenstellenbewirtschaftung zum Gegenstand hat (Bl. 168, 169 d.A.). Diese wurden vergütet.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat hingegen Erfolg.
Die Beklagte hat einen Herausgabeanspruch nach §§ 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt., 818 Abs. 2 BGB hinsichtlich der von der Klägerin vereinnahmten Zahlungen, die die Beklagte auf der Grundlage des Vertrages vom 17.1.2002 für den Zeitraum von Januar bis August 2002 zahlte, also in Höhe von 19.024 €.
Wie vorstehend hinsichtlich der Klage ausgeführt, hatte die Klägerin keinen Anspruch auf Vergütung von Leistungen gemäß dem Vertrag vom 17.1.2002. Ebenso sind zumindest die Voraussetzungen für einen Aufwendungs- und Vergütungsanspruch nach den Regeln der GoA nicht hinreichend vorgetragen worden. Demzufolge sind die Zahlungen der Beklagten an die Klägerin ohne Rechtsgrund erbracht worden.
Dem Herausgabeanspruch der Beklagten steht nicht der Gesichtspunkt des § 814 BGB, also die Kenntnis der Nichtschuld auf Seiten der Beklagten, entgegen. Diese Kenntnis kann der Beklagten nicht unterstellt werden.
Zwar ist dem Landgericht darin zu folgen, dass sich die Beklagte die Kenntnis ihres berufenen Organvertreters - also des Drittwiderbeklagten - zurechnen lassen muss. Nicht zwingend ist jedoch die Annahme des Landgerichts, dieser habe - "jedenfalls aufgrund einer Parallelwertung in der Laiensphäre" - gewusst, dass die Beklagte zu den streitbefangenen Zahlungen nicht verpflichtet gewesen sei. Die Klägerin trägt eine entsprechende Kenntnis der Beklagten bzw. ihres damaligen Geschäftsführers nicht vor. Der Abschluss des Vertrages vom 17.1.2002 und die Argumentation der Klägerin in diesem Rechtsstreit lassen vielmehr vermuten, dass der Drittwiderbeklagte in seiner Eigenschaft als damaliger Geschäftsführer der Beklagten davon ausging, der Vertrag der Parteien vom 17.1.2002 sei auch hinsichtlich des dort geregelten Vergütungsanspruchs der Klägerin gegenüber der Beklagten rechtlich wirksam.
Die Klägerin kann dem Herausgabeanspruch der Beklagten nicht den mit dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 9.1.2008 erhobenen Einwand der Entreicherung entgegenhalten. Dieser Vortrag ist jedenfalls verspätet und gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Die Widerklageforderung ist bereits seit dem 30.3.2004 rechtshängig, sodass grundsätzlich bereits in erster Instanz Anlass bestand, zu einer eventuellen Entreicherung der Klägerin vorzutragen. Hielte man diesbezüglichen Vortrag in zweiter Instanz gemäß §§ 529 Abs. 1, 531 Abs. 2 ZPO für grundsätzlich beachtlich, weil das Landgericht die Widerklage unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des § 814 BGB abgewiesen hat, so ist gleichwohl nicht erkennbar, warum der einschlägige Vortrag nicht im Rahmen der Berufungserwiderung oder jedenfalls vor der mündlichen Verhandlung erfolgte.
Die Klägerin kann insofern auch nicht geltend machen, sie reagiere mit diesem Vortrag auf den in der mündlichen Verhandlung durch den Senat erteilten Hinweis in Bezug auf die Bereicherungshaftung. Wenn dieser Hinweis für die Klägerin überraschend gewesen wäre, hätte Anlass bestanden, auf Gelegenheit zu ergänzendem Vortrag anzutragen. Dies ist nicht erfolgt.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.
Ende der Entscheidung
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