Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 24.07.2002
Aktenzeichen: 7 U 28/02
Rechtsgebiete: GmbHG, BGB, HGB, ZPO


Vorschriften:

GmbHG § 34
BGB § 737
HGB § 140
ZPO § 546 Abs. 2
ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 28/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 24.07.2002

Verkündet am 24.07.2002

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 3. Juli 2002 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht, den Richter am Oberlandesgericht und den Richter am Amtsgericht

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 19.12.2001 verkündete Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin betreibt einen Hotel- und Gaststättenbetrieb sowie eine Reitsportanlage mit Pferdepension. Der Beklagte ist einer der 3 Gesellschafter der Klägerin. Für ihren Betrieb pachtete die Klägerin verschiedene landwirtschaftliche Flächen und ein Betriebsgrundstück. Hinsichtlich dieser Grundstücke schloss die Klägerin am 26.3.1993 einen Vorvertrag mit der Agrargenossenschaft L... eG, wonach die Agrargenossenschaft diese Grundstücke nach Klärung der Eigentumsverhältnisse an die Klägerin veräußern sollte. Mit Schreiben vom 4.7.1996 erklärte die Agrargenossenschaft ihren Rücktritt vom Vorvertrag (Bl. 189 d. A.). Eines der vom Vorvertrag erfassten Grundstücke, Gemarkung L..., Flur 3, Flurstück 93, kaufte der Beklagte am 5.11.1998 neben zwei anderen für seine Ehefrau (Bl. 48 ff. d.A.). Weitere vom Vorvertrag erfasste Grundstücke kaufte die Agrargenossenschaft L... am 26.5.1998. Mit der Klage will die Klägerin die Ausschließung des Beklagten aus wichtigem Grund durchsetzen, die auf der Gesellschafterversammlung vom 18.8.1999 beschlossen und am 1.7.2000 bestätigt worden war.

Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte habe die Nutzung der gepachteten Grundstücke behindert. Außerdem habe er trotz seiner Kenntnis vom Interesse der Klägerin am Erwerb der gepachteten Grundstücke und von den bereits getätigten Investitionen der Klägerin den Erwerb eines Teils dieser Grundstücke durch die Agrargenossenschaft L... eG und den Rücktritt vom Vorvertrag herbeigeführt. Das Grundstück Flur 3, Flurstück 93, das der Beklagte für seine Ehefrau erworben habe, sei mit einem Gebäude bebaut, das von der Klägerin als Hotel und als Gaststätte benutzt werde. Der Beklagte habe daher ihren - der Klägerin - Interessen gröblich zuwidergehandelt. Sie - die Klägerin - sei auch zur Finanzierung des Grundstückserwerbs bereit und in der Lage gewesen.

Die Klägerin hat beantragt:

Der Beklagte wird aus der im Handelsregister des Amtsgerichts Potsdam unter HRB ... eingetragenen R... GmbH ausgeschlossen. Die Ausschließung wird ohne Zahlung einer Abfindung wirksam. Die Klägerin wird für berechtigt erklärt, nach ihrer Wahl die Einziehung oder die Übertragung des Geschäftsanteils des Beklagten an sich, einen Gesellschafter oder einen Dritten herbeizuführen.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgetragen, er habe sich als Gesellschafter der Klägerin einerseits und als Vorstandsvorsitzender der Agrargenossenschaft andererseits in einer Interessenkollision befunden. Er habe zugleich die Interessen der Agrargenossenschaft wahrnehmen müssen. Im Übrigen sei die Klägerin auch nicht in der Lage gewesen, den Kaufpreis für die Grundstücke, die Gegenstand des Vorvertrags gewesen seinen, zu finanzieren. Die Einziehung seines Geschäftsanteils sei unzulässig, da die Klägerin keine Abfindung zahlen könne, ohne das Stammkapital anzugreifen.

Zum Wert des Geschäftsanteils des Beklagten und zu der Frage, ob die Klägerin an den Beklagten eine Abfindung zahlen kann, ohne das Stammkapital anzugreifen, hat das Landgericht durch Einholung eines Sachverständigengutachtens Beweis erhoben.

Das Landgericht hat durch am 19.12.2001 verkündetes Urteil der Klage stattgegeben.

Mit der form- und fristgerecht eingelegten und nach entsprechender Fristverlängerung begründeten Berufung erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Der Beklagte trägt vor, er habe beim Erwerb der Grundstücke die Interessen der Mitglieder der Agrargenossenschaft wahrgenommen. Auch der Erwerb von Grundstücken durch seine Ehefrau sei gerechtfertigt gewesen. Da die Klägerin zur Finanzierung des durch den Vorvertrag vorgesehenen Grundstückserwerbs nicht in der Lage gewesen sei, seien die Gesellschafter der Klägerin verpflichtet gewesen, darauf hinzuwirken, dass diese keine Kaufverträge über die Grundstücke abschließe. Der Beklagte ist der Ansicht, dass jedenfalls die Einziehung seines Geschäftsanteils ohne Abfindung unzulässig sei.

Der Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die Gründe des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat den Beklagten zu Recht ohne Abfindung aus der klagenden GmbH ausgeschlossen, da ein den Ausschluss rechtfertigender wichtiger Grund vorliegt und die Zahlung einer Abfindung nicht in Betracht kommt.

Die Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund ist im GmbHG nicht geregelt. § 34 GmbHG betrifft nur die Einziehung von Geschäftsanteilen. Es ist jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, dass die Ausschließung eines Gesellschafters aus wichtigem Grund in entsprechender Anwendung der §§ 737 BGB, 140 HGB durch Urteil möglich ist (BGHZ 9, 157). Bei Vorliegen eines wichtigen Grundes, der die Ausschließung rechtfertigt, ergeht normalerweise ein bedingtes Ausschließungsurteil, das die Ausschließung von der Zahlung einer vom Gericht festzusetzenden Abfindung abhängig macht (BGH aaO, S. 174). Da aber das Landgericht auf Grund des hierzu eingeholten Sachverständigengutachtens davon ausgehen konnte, dass der Geschäftsanteil des Beklagten keinen wirtschaftlichen Wert hat, konnte es die Ausschließung ohne eine solche Bedingung aussprechen. Denn für einen wertlosen Geschäftsanteil kann eine Abfindung nicht bemessen und daher auch nicht gezahlt werden.

Für die Ansicht des Beklagten, bei dieser Sachlage sei eine Ausschließung unzulässig, gibt es keinen überzeugenden Grund. Die von ihm hierfür angeführten Entscheidungen (BGH GmbHR 1999,1194 ff. und Brandenburgisches OLG, GmbHR 1998,193 ff.) sind zu diesem Punkt unergiebig.

Ein wichtiger Grund für die Ausschließung des Beklagten aus der klagenden GmbH liegt vor, da auf Grund des gesellschaftswidrigen Verhaltens des Beklagten die Fortsetzung des Gesellschafterverhältnisses für die anderen Gesellschafter unzumutbar ist.

Der Beklagte hat den Erwerb eines Teils der vom Vorvertrag vom 26.3.1993 erfassten Grundstücke durch die Agrargenossenschaft L... eG im Jahre 1998 herbeigeführt, nachdem die Agrargenossenschaft ihren Rücktritt vom Vorvertrag erklärt und dies zum Teil darauf gestützt hat, dass der Vertragsabschluss mit der B... GmbH nicht möglich sei (Bl. 189 d.A.). Zwar war im Vorvertrag ein Zwischenerwerb durch die Agrargenossenschaft ins Auge gefasst. Die vom Beklagten als Vorstandvorsitzendem maßgeblich beeinflusste Agrargenossenschaft führte die Verhandlungen zum Erwerb der Grundstücke jedoch ohne Einschaltung der Klägerin, also nicht mit dem Ziel des Zwischenerwerbs und hat die Grundstücke, nachdem sie sich vom Vorvertrag losgesagt hatte, für sich erworben. Danach ist der Vortrag des Beklagten, die Eigentümer der Grundstücke hätten nicht an die Klägerin verkauft, unerheblich. Überdies hat der Beklagte den Erwerb des Grundstücks Flur 3, Flurstück 93 durch seine Ehefrau herbeigeführt. Dieses Grundstück zu erwerben war für die Klägerin von besonderer Bedeutung, da sich auf ihm ein Gebäude befindet, das von der Klägerin als Hotel und als Gaststätte genutzt wird. Durch diese Handlungen hat der Beklagte gröblich gegen die Treuepflicht verstoßen, die ihm als Gesellschafter gegenüber der Klägerin oblag.

Dem Beklagten war bekannt, dass die Klägerin nach dem Vorvertrag und in Erwartung des anschließenden Erwerbs der vom Vorvertrag erfassten Grundstücke Investitionen in Höhe von etwa 3 Millionen DM getätigt hat. Indem der Beklagte in Kenntnis dieser Umstände erreicht hat, dass die Agrargenossenschaft sich vom Vorvertrag lossagte und einen Teil der vom Vorvertrag erfassten Grundstücke für sich erwarb sowie außerdem den Erwerb des Grundstücks Flur 3, Flurstück 93 durch seine Ehefrau herbeiführte, hat er überdies wirtschaftlich den Fortbestand der Klägerin gefährdet und auch dadurch gröblich gegen seine Treuepflicht gegenüber der Klägerin verstoßen.

Der Vortrag des Beklagten, die Finanzierung des Erwerb der Grundstücke durch die Klägerin sei ohnehin nicht möglich gewesen, ist unerheblich. Denn in den Kaufverträgen, die die Klägerin entsprechend dem Vorvertrag schließen wollte, hätten die Zahlungsmodalitäten geregelt werden können. Hinsichtlich der Grundstücke, die die Agrargenossenschaft entgegen dem Vorvertrag auf Betreiben des Beklagten für sich erwarb und hinsichtlich des von der Ehefrau des Beklagten erworbenen Grundstücks Flur 3, Flurstück 93 kam aber die Klägerin gar nicht dazu, mit der Agrargenossenschaft über Zahlungsmodalitäten zu verhandeln. Die Möglichkeit, solche Verhandlungen zu führen, wurde der Klägerin vielmehr durch den Beklagten genommen.

Für die Zulassung der Revision gemäß § 546 Abs. 2 ZPO sieht der Senat keinen Anlass. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Die Ausschließung des Beklagten aus wichtigem Grund ohne Abfindung steht auch im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung, da bei Wertlosigkeit des Geschäftsanteils im Urteil keine Zahlungsverpflichtung ausgesprochen werden kann.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück