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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.07.2006
Aktenzeichen: 7 U 40/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 415 Abs. 1
ZPO § 417
ZPO § 418 Abs. 1
ZPO § 525
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 40/06

Anlage zum Protokoll vom 21.7.2006

Verkündet am 21.7.2006

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Hein als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung am 30.6.2006 für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Kläger gegen das am 15.12.2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus wird zurückgewiesen.

Die Kläger haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a Abs. 1, 525 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Die Kläger haben gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen des streitgegenständlichen Betrages. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung führen nicht zu einer abweichenden rechtlichen Bewertung des Sachverhalts.

Dies gilt zunächst für die bloße Wiederholung der Behauptung, der Beklagte habe es versäumt, das im notariellen Kaufvertrag genannte Konto, auf das die Kläger am 27.10.1995 an die zwischenzeitlich in die Insolvenz geratene Kommunale Wohnungs- und Baugesellschaft ... mbH (KWBG) 79.600 DM zur Anrechnung auf den Kaufpreis überwiesen, als Treuhandkonto anzulegen und zu führen. Wie bereits das Landgericht festgestellt hat, besteht kein Vertragsverhältnis zwischen den Klägern und dem Beklagten. Die Kläger haben in zweiter Instanz zu einem solchen Vertragsverhältnis auch nicht ergänzend vorgetragen.

Des Weiteren ist dem vor der Notarin W... geschlossenen Kaufvertrag über Wohnungseigentum vom 20.9.1995 zwischen den Klägern und der KWBG nicht zu entnehmen, dass die Zahlungen der Kläger auf ein von der KWBG zu führendes Treuhandkonto erfolgen sollten.

Der Rechtsauffassung der Kläger, die Feststellungen des Amtsgerichts Senftenberg in dem inzwischen rechtskräftigen Urteil vom 2.6.2004 in der Strafsache gegen den Beklagten seien für die Entscheidung über die Schadensersatzforderung der Kläger in diesem Verfahren verbindlich, kann nicht gefolgt werden.

Die materielle Rechtskraft eines Urteils in Strafsachen betrifft die gegenwärtige und künftige Zulässigkeit von Sanktionen gegen denselben Täter wegen derselben Tat. In materieller Rechtskraft erwächst nur der Tenor der Entscheidung, nicht die Entscheidungsgründe. Eine Feststellungswirkung hinsichtlich der ermittelten Tatsachen kommt dem Urteil nicht zu (Pfeiffer in Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, 5. Aufl., Einl., Rn. 117; Meyer-Goßner, Strafprozessordnung, 48. Aufl., Einl., Rn. 168).

Den Entscheidungsgründen des Urteils in Strafsachen kommt auch keine Beweiskraft gemäß §§ 415 Abs. 1, 417, 418 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der vom Amtsgericht Senftenberg dem Urteil in der Strafsache zugrunde gelegten Tatsachen zu. § 415 Abs. 1 ZPO verhält sich zur Beweiskraft von Urkunden, die von öffentlichen Behörden oder mit öffentlichem Glauben versehenen Personen über vor diesen abgegebenen Erklärungen errichtet sind. Das Urteil des Amtsgerichts ist bereits keine Urkunde, die von dem Amtsgericht über Erklärungen errichtet wurde, die vor ihm abgegeben wurden. Die in den Entscheidungsgründen zitierten Aussagen von Zeugen bzw. des Beklagten werden nicht mit dem Ziel ihrer Beurkundung wiedergeben, sondern lediglich zur Begründung der Feststellungen des Landgerichts. Wäre gleichwohl von einer Beurkundung der Äußerungen der Zeugen und des Beklagten auszugehen, so bezöge sich die Beweiskraft des Urteils lediglich darauf, dass Zeugen und Beklagter entsprechende Äußerungen in der mündlichen Verhandlung abgaben.

Eine Beweiskraft nach § 417 ZPO kommt den Entscheidungsgründen des Urteils des Amtsgerichts Senftenberg ebenfalls nicht zu. Nach dieser Bestimmung begründen von einer Behörde ausgestellte öffentliche Urkunden, die eine amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung enthalten, den vollen Beweis ihres Inhalts. Zu solchen Urkunden gehören auch Urteile. Die Beweiskraft des Urteils erstreckt sich jedoch nur auf dessen Regelungsgehalt, d. h. den Tenor der Entscheidung.

Schließlich kommt dem Urteil auch keine Beweiskraft nach § 418 Abs. 1 ZPO zu. Diese Bestimmung regelt die Beweiskraft öffentlicher Urkunden über Wahrnehmungen oder Handlungen einer Behörde oder einer Urkundsperson. Soweit die Entscheidungsgründe des Urteils des Amtsgerichts Senftenberg Wahrnehmungen und Handlungen des Gerichts im Rahmen des Strafverfahrens zum Gegenstand haben, mag ihnen eine entsprechende Beweiskraft zukommen. Diese Beweiskraft beschränkt sich jedoch auf die Wahrnehmungen, sie erstreckt sich nicht auf die Richtigkeit der Wahrnehmungen des in jenem Strafverfahren erkennenden Gerichts. Der Regelung zur Beweiskraft unterfällt insbesondere nicht die Würdigung der Zeugenaussagen durch das Gericht. Um eine Würdigung von Zeugenaussagen handelt es sich aber, wenn der Strafrichter in dem Urteil des Amtsgerichts ausführt, nach den Bekundungen der gehörten Zeugen stehe fest, dass "das Anlegen eines Treuhandkontos vereinbart war". Die vom Amtsgericht zur Begründung dieser Beweiswürdigung vorgenommene Wiedergabe von Aussagen der vernommenen Zeugen lassen die Feststellung des Gerichts zur Vereinbarung eines Treuhandkontos für das Rechtsverhältnis zwischen den Klägern in diesem Verfahren und der KWBG außerdem nicht als zwingend erscheinen. So hat der Kläger zu 1. ausweislich der Gründe des Urteils des Amtsgerichts lediglich bekundet, dass das Geld zu treuen Händen an die KWBG ... überwiesen worden sei. Dies ergebe sich aus dem Schreiben seiner Bausparkasse. Mit dieser Aussage lässt sich die Vereinbarung der Einrichtung eines Treuhandkontos für Zahlungen auf den vereinbarten Kaufpreis jedoch nicht belegen. Im Übrigen ergibt sich auch nicht aus den protokollierten Aussagen der vom Amtsgericht vernommenen Zeugen, dass die Kläger in ihrem Rechtsverhältnis zur KWBG eine entsprechende Vereinbarung trafen.

Eine Haftung des Beklagten kann sich ferner nicht - wie von den Klägern in der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter geltend gemacht - aus der vom Beklagten unterzeichneten Stellungnahme der KWBG vom 1.7.1998 zu dem Schreiben des Notars Dr. C... vom 25.6.1998 ergeben. Mit diesem Schreiben teilt die KWBG den Klägern mit, dass sie die Zahlungsaufforderung des Notars als gegenstandslos betrachten könnten, weil ein Missverständnis vorliege. Die KWBG werde dem Notar mitteilen, dass der Zahlungseingang erfolgt sei. Ob die KWBG mit diesem Schreiben haftungsbegründende Verpflichtungen einging, kann dahinstehen. Der Beklagte hat dieses Schreiben nicht als persönliche Erklärung gegenüber den Klägern abgegeben, sondern in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der KWBG. Eine eventuelle Haftung aufgrund des Anschreibens vom 1.7.1998 oder des Ausbleibens einer entsprechenden Veranlassung träfe deshalb die KWBG.

Mit dem Landgericht ist davon auszugehen, dass eine Haftung des Beklagten auf Schadensersatz unter dem Gesichtspunkt des § 823 Abs. 1 BGB schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil die Kläger nicht die Verletzung eines absoluten Rechts geltend machen. Die Kläger beanspruchen Schadensersatz vielmehr wegen einer Vermögensschmälerung, die ihnen durch ein pflichtwidriges Handeln des Beklagten entstanden sein soll. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob sie an der gekauften Eigentumswohnung vor der Umschreibung des Eigentums bereits ein Anwaltschaftsrecht erworben hatten, das als sonstiges Recht dem Schutz des § 823 Abs. 1 BGB unterfällt. Außerdem fehlt es auch für einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB an einer haftungsbegründenden Pflichtverletzung des Beklagten.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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