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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 25.08.2006
Aktenzeichen: 7 U 44/06
Rechtsgebiete: BGB, EGBGB, UStG


Vorschriften:

BGB § 151 Satz 1
BGB § 275 Abs. 1
BGB § 326 Abs. 1 a. F.
BGB § 812 Abs. 1 Satz 2
EGBGB Art. 229 § 5 Abs. 1
UStG § 18 d
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 44/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 25.8.2006

Verkündet am 25.8.2006

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Richter am Oberlandesgericht Hein als Einzelrichter auf die mündliche Verhandlung am 28.7.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das am 19.1.2006 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Rückzahlung eines Teilbetrages einer Anzahlung auf eine bei der Beklagten bestellte Vertikalkreissäge in Anspruch genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 13.951,68 € nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.10.2004 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Berechtigung der Forderung bestritten und hilfsweise mit einem Schadensersatzanspruch wegen entgangenen Gewinns in Höhe von 6.868,62 €, einer Schadensersatzforderung wegen Nichtrückgabe der Originalrechnung für die gekaufte Maschine in Höhe von 6.316,16 € sowie einer weiteren Forderung von 758,63 € aufgerechnet.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 71 - 73 d.A.).

Das Landgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme in Höhe einer Teilforderung von 13.193,05 € stattgegeben. Auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen (Bl. 73 - 76 d.A.).

Das Urteil des Landgerichts ist der Beklagten am 23.2.2006 zugestellt worden. Sie hat gegen das Urteil am 22.2.2006 Berufung eingelegt, die sie nach Verlängerung der Beru-fungsbegründungsfrist bis zum 24.4.2006 an diesem Tage begründet hat.

Mit der Berufung verfolgt die Beklagte den Klageabweisungsantrag hinsichtlich der Aufrechnungsforderungen mit Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns und wegen der fehlenden Rückgabe der Originalrechnung weiter.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 19.1.2006 abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Die Klage ist in dem vom Landgericht erkannten Umfang begründet. Auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung geben keinen Anlass zur Abänderung des Urteils.

Die Klägerin hat einen Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB. Dem tritt die Beklagte mit der Berufung auch nicht mehr entgegen. Die von der Beklagten in der zweiten Instanz im Wege der Aufrechnung weiterverfolgten Schadensersatzansprüche wegen entgangenen Gewinns und der Nichtrückgabe der Originalrechnung sind nicht begründet.

Die Beklagte kann einen Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns aus dem Vertrag über die Lieferung einer Vertikalkreissäge von Ende Oktober 2001 nicht geltend machen. Die Klägerin ist von diesem Vertrag wirksam zurückgetreten. Sie hat mit Schreiben vom 4.3.2002 ihre "Bestellung mit sofortiger Wirkung... storniert". Zur Begründung hat sie darauf verwiesen, dass trotz der Anzahlung von 40.000 DM bis zum 14.12.2001 eine Bestellung der zu liefernden Vertikalkreissäge beim Hersteller bis zum 4.3.2002 nicht erfolgte.

In dem Schreiben der Klägerin ist ein Rücktritt vom Vertrag zu sehen. Dieses Recht stand der Klägerin zwar nach §§ 326 Abs. 1 BGB a. F., Art. 229, § 5 Abs. 1 EGBGB nur unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen zu. Trotz des bis zum 4.3.2002 nicht erfolgten Einkaufs der geschuldeten Maschine beim Hersteller ist ein Verzug der Beklagten bis zum 4.3.2002 nicht hinreichend dargetan. Dies ist jedoch unschädlich, nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 12.3.2002 die "Kündigung" ausdrücklich akzeptierte.

Im Übrigen wäre das Vertragsverhältnis der Parteien auch dann beendet, wenn ein Rücktritt vom Vertrag durch die Klägerin nicht in der vorgenannten Weise anzunehmen wäre. Gegebenenfalls läge in dem Antwortschreiben der Beklagten vom 12.3.2002 auf das Schreiben der Klägerin vom 4.3.2002 jedenfalls ein Angebot zur Beendigung des Vertrages, das die Klägerin gemäß § 151 Satz 1 BGB ohne ausdrückliche Erklärung angenommen hätte. Aus dem Schreiben vom 12.3.2002 ergibt sich, dass die Beklagte von einer Beendigung des Vertragsverhältnisses ausging und eine Stellungnahme der Klägerin hierzu nicht erwartete.

Der Beklagten steht ein Anspruch auf Schadensersatz wegen Gewinnentgang schließlich auch nicht deshalb zu, weil die Klägerin Anlass zur Beendigung des Vertragsverhältnisses gegeben hätte, etwa weil sie nicht absprachegemäß gezahlt hätte, wie die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 12.3.2002 zum Ausdruck bringt. Zunächst ergibt sich aus den von der Beklagten selbst vorgelegten Vertragsunterlagen, dass sich die Klägerin im Wesentlichen an die vereinbarten Zahlungsmodalitäten gehalten hat. Die Beklagte macht zwar geltend, dass der volle Betrag des Kaufpreises vor der Bestellung bei ihrem Lieferanten der Maschine bei ihr eingehen sollte. Hierüber habe sie am 29.10.2001 eine Rechnung in Höhe von 89.561,69 DM brutto gestellt. Dieser Vorhalt steht jedoch im Widerspruch zu der von der Beklagten mit der Klageerwiderung vorgelegten Vereinbarung eines Zahlungsplans ohne Datum, wonach auf eine geschuldete Gesamtsumme von 85.840 DM brutto bei Bestellung eine Teilzahlung in Höhe von 41.440 DM zu erfolgen hatte. Die Klägerin hatte unstreitig jedenfalls bis zum 14.12.2001 einen Betrag von 40.000 DM eingezahlt. Dieser Betrag entsprach annähernd der geschuldeten Zahlung bei Bestellung.

Des Weiteren ist die Beklagte für einen Verzug der Klägerin mit den geschuldeten Zahlungen aus dem Liefervertrag beweisfällig geblieben.

Die erste Zahlung laut Zahlungsvereinbarung war zwar im Zweifelsfall seit Abschluss des Kaufvertrages Ende Oktober 2001 fällig. Die Beklagte hat auch behauptet, die Klägerin wegen ausstehender Zahlungen gemahnt zu haben. Dies ist von der Klägerin bestritten worden. Die Beklagte hat hierfür keinen Beweis angeboten.

Der Beklagten steht ferner kein Schadensersatzanspruch in Höhe der an das Finanzamt abgeführten Umsatzsteuer aus dem streitbefangenen Kaufvertrag zu. Soweit die Beklagte die Rechtsauffassung vertritt, sie könne ohne die Rückgabe der Originalrechnung durch die Klägerin die abgeführte Mehrwertsteuer vom Finanzamt nicht zurückerlangen, weil die Vorlage der Originalrechnung unumgängliche Voraussetzung für die Rückzahlung sei, kann dieser Rechtsauffassung nicht gefolgt werden. Es mag sein, dass die Finanzverwaltung im Falle der Rückforderung abgeführter Mehrwertsteuer im Regelfall die Vorlage der Originalrechnung verlangt. Eine unumgängliche Voraussetzung für die Rückzahlung ist die Vorlage der Originalrechnung aber nicht. Der Verlust einer Originalrechnung kann durch den Beweis des Verlustes ausgeglichen werden (so für die Geltendmachung des Vorsteuerabzuges Bunjes/Geist, UStG, 7. Aufl., § 15, Rn. 173). Eine Rechtsgrundlage für eine abweichende Praxis der Finanzämter ist nicht erkennbar.

§ 18 d UStG begründet zwar die Berechtigung der Finanzbehörden, von Unternehmen die jeweils erforderlichen Urkunden zur Einsicht und Prüfung zu verlangen. Verlangt werden kann die Vorlage der Originalunterlagen (Bunjes/Geist, UStG, 7. Aufl., § 18 d, Rn. 6). Eine entsprechende Vorlagepflicht kann jedoch nur für die Urkunden bestehen, die sich im Eigentum oder Besitz des Unternehmens befinden. Die Originalrechnung für eine umsatzsteuerpflichtige Leistung steht aber dem Empfänger der Leistung zu. Es kann offen bleiben, ob das Unternehmen im Falle des Rücktritts oder der Rückabwicklung des Geschäftes aufgrund dieser Bestimmung verpflichtet ist, auf die Rückgabe der Originalrechnung hinzuwirken, bzw. ob ein darauf gerichteter Anspruch des Unternehmens gegen den Empfänger der vereinbarten Leistung besteht. Die Vorlageverpflichtung entfällt jedenfalls, wenn dem Empfänger die Rückgabe unmöglich ist, weil die Rechnung nicht mehr vorhanden ist. Das entspricht dem Rechtsgedanken des § 275 Abs. 1 BGB. Hier hat die Klägerin mit der Berufungserwiderung unwidersprochen mitgeteilt, dass die Rechnung nicht mehr vorhanden sei.

Abweichendes ergibt sich auch nicht aus dem zitierten Urteil des EuGH vom 8.6.2000, Az.: C-400/88, in der Sache Finanzamt Goslar ./. Breisohl.

Eine Vernehmung des Vorstehers des Finanzamtes P... - wie von der Beklagten angeboten - zu der von der Beklagten vorgetragenen Rechtslage kommt nicht in Betracht.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Ende der Entscheidung

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