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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.07.2006
Aktenzeichen: 7 U 57/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, UKlaG, UWG


Vorschriften:

ZPO § 313 a Abs. 1
ZPO § 525
ZPO § 935
ZPO § 940
ZPO § 829 Abs. 1
ZPO § 829 Abs. 2
BGB § 305 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 1
BGB § 307 Abs. 2
BGB § 666
BGB § 675 Abs. 1
BGB § 676 f.
UKlaG § 1
UKlaG § 3 Abs. 1
UKlaG § 4 Abs. 1
UKlaG § 4 Abs. 2
UKlaG § 5
UWG § 12 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Im Namen des Volkes

Urteil

7 U 57/06

Anlage zum Protokoll vom 19.7.2006

Verkündet am 19.7.2006

In dem Verfahren um Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und den Richter am Oberlandesgericht Fischer auf die mündliche Verhandlung vom 21.6.2006

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das am 3.2.2006 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß §§ 313 a Abs. 1, 525 ZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg.

Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Erlass der beantragten einstweiligen Verfügung auch insoweit, als diese die Unterlassung der Verwendung der Vergütungsklausel "Kosten Kundenbenachrichtigung bei Pfändungseingang Preis in EUR: 4,85" in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis zum Gegenstand hat. Dieser Anspruch ergibt sich aus §§ 935, 940 ZPO, §§ 305 Abs. 1, 307 Abs. 1 und 2 BGB, §§ 1, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 2, 5 UKlaG, § 12 Abs. 2 UWG.

Der Antragsteller hat einen Verfügungsanspruch. Er kann gemäß §§ 1, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 und 2 UKlaG, §§ 305 Abs. 1, 307 Abs. 1 BGB von der Antragsgegnerin die Unterlassung der Verwendung auch der nunmehr noch streitbefangenen Vergütungsklausel in deren Preis- und Leistungsverzeichnis verlangen.

Die in Rede stehende Vergütungsklausel ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB. Als solche ist sie gemäß § 307 Abs. 1 und 2 BGB unwirksam. Nach § 307 Abs. 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung ist nach § 307 Abs. 2 BGB im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Das ist hinsichtlich der noch streitigen Vergütungsklausel der Fall.

Die Berechnung eines Entgelts für eine Kundenbenachrichtigung bei Pfändungseingang steht mit dem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht im Einklang, wonach dem Vertragspartner kein Entgelt abverlangt werden kann für Leistungen, die er vorrangig im eigenen Interesse erbringt (BGH NJW 1999, 2276, 2278) bzw. die bei kundenfeindlichster Auslegung der Vergütungsregelung auch dann zu bezahlen sind, wenn sie für den Kunden objektiv ohne Wert sind.

Hier ist zum einen davon auszugehen, dass die in der Entgeltklausel vorgesehene Kundenbenachrichtigung bei Pfändungseingang im Wesentlichen einem Eigeninteresse der Antragsgegnerin entspricht. Diese verspricht sich von der Kundenbenachrichtigung eine Entlastung ihrer Mitarbeiter durch persönliche, telefonische oder schriftliche Anfragen ihrer Kunden anlässlich der Pfändung der bei der Antragsgegnerin geführten Konten. Diese Absicht der Antragsgegnerin ergibt sich aus dem Wortlaut der Kundenbenachrichtigung, die von der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 18.1.2006 als Anlage VB 5 zu den Akten gereicht worden ist. Mit dieser Kundenbenachrichtigung wird der Kunde der Antragsgegnerin nicht nur über den Zugang der Pfändung bankrechtlicher Ansprüche und die unmittelbaren Auswirkungen auf die erfassten Konten informiert. Vielmehr wird er in hervorgehobener Form auf Seite 2 der Kundenbenachrichtigung darauf hingewiesen, was der Kunde im Falle von Einwendungen gegen die Vollstreckungsmaßnahmen tun könne. In diesem Zusammenhang wird klargestellt, dass die Antragsgegnerin zu einer Prüfung der Pfändungsmaßnahmen nicht berechtigt ist. Es geht der Antragsgegnerin also gerade darum, ihren Mitarbeitern Diskussionen mit betroffenen Kunden über die Berechtigung der Vollstreckungsmaßnahmen zu ersparen.

Die Wahrnehmung, dass die Kundenbenachrichtigung bei Pfändungseingang in Gestalt des von der Antragsgegnerin vorgelegten Musters vorrangig der Wahrnehmung eigener Interessen der Antragsgegnerin dient, ist bereits unter 3. der Berufungserwiderung vom 31.5.2006 zum Ausdruck gebracht worden. Sie ist überdies Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 21.6.2006 gewesen. Die Antragsgegnerin ist dieser Auslegung der Kundenbenachrichtigung nicht entgegengetreten. Deshalb kann dahinstehen, inwieweit die Antragsgegnerin mit der Benachrichtigung als Pfändungseingang eine vertragliche (Neben-)Pflicht aus §§ 666, 675 Abs. 1, 676 f. BGB erfüllt und ob die Erfüllung dieser evtl. Verpflichtung nicht bereits mit dem Entgelt aus dem Kontoführungsvertrag abgegolten wäre.

Die vom Antragsteller beanstandete Klausel betreffend die Vergütung der Kundenbenachrichtigung bei Pfändungseingang benachteiligt die Kunden zum anderen deshalb in unangemessener Weise, weil sie bei kundenfeindlichster Auslegung dazu führt, dass die Kunden der Antragsgegnerin das Entgelt für die Benachrichtigung auch dann zu zahlen haben, wenn sie bereits auf anderer Weise von der Pfändung erfahren haben.

Die wesentliche Information, die dem Kunden der Antragsgegnerin mit der als Muster vorgelegten Kundenbenachrichtigung zukommt, ist die Tatsache des Pfändungseingangs. Die Tatsache der Pfändung wird dem Bankkunden jedoch im Rahmen der hierauf gerichteten Zwangsvollstreckung ohnehin bekannt. Nach § 829 Abs. 1 ZPO erfolgt die Pfändung einer Geldforderung in der Weise, dass das Gericht dem Drittschuldner verbietet, an den Schuldner zu zahlen und dem Schuldner zugleich gebietet, sich jeder Verfügung über die Forderung zu enthalten. Diesen Beschluss hat der Gläubiger gemäß § 829 Abs. 2 ZPO dem Drittschuldner zuzustellen. Die Zustellung erfolgt im Rahmen des Parteibetriebes durch einen Gerichtsvollzieher. Dieser hat den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nach Zustellung an den Drittschuldner sofort mit einer Abschrift der Zustellung an den Drittschuldner dem Schuldner zuzustellen. Die Zustellung kann gemäß dem Wortlaut des Gesetzes bei einer Zustellung im Inland auch durch Aufgabe zur Post erfolgen.

Auf Grund dieses Ablaufs der Pfändung ist davon auszugehen, dass der Schuldner von der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an Drittschuldner mit geringem zeitlichen Abstand erfährt. Da auch die Kundenbenachrichtigung der Antragsgegnerin im Regelfall durch Aufgabe des Benachrichtigungsschreibens zur Post erfolgen wird, ist davon auszugehen, dass die Benachrichtigung der Antragsgegnerin an ihre Kunden diese häufig nicht früher erreicht als die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit Nachricht von der Zustellung an den Drittschuldner an den Schuldner. Mit dieser Zustellung wird der Schuldner von der wirksamen Pfändung in Kenntnis gesetzt und erhält Gelegenheit, Einwendungen gegen die Zwangsvollstreckung geltend zu machen.

Die Entgeltklausel für die Kundenbenachrichtigung bei Pfändungseingang stellt sich schließlich auch deshalb als unangemessene Benachteiligung der Kunden der Antragsgegnerin dar, weil das Entgelt für die Benachrichtigung bei kundenfeindlichster Auslegung selbst dann erhoben werden kann, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss nicht wirksam zugestellt wird oder unberechtigt und fehlerhaft ist (BGH NJW 1999, 2276, 2278).

Hinsichtlich der Verwendung der unwirksamen Vergütungsklausel für die Benachrichtigung bei Pfändungseingang besteht auch eine Wiederholungsgefahr. Diese ist ungeschriebene materielle Anspruchsvoraussetzung für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 1 UKlaG (Senat ZMR 2004, 743). Die Wiederholungsgefahr ergibt sich im vorliegenden Falle daraus, dass die Antragsgegnerin die Rechtmäßigkeit der beanstandeten Vergütungsklausel nachhaltig verteidigt.

Der Darlegung und Glaubhaftmachung eines Verfügungsgrundes bedarf es im vorliegenden Falle nicht, § 5 UKlaG, § 12 Abs. 2 UWG.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.



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