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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 18.07.2007
Aktenzeichen: 7 U 59/05
Rechtsgebiete: AnfG, ZPO


Vorschriften:

AnfG § 3
AnfG § 4
AnfG § 4 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 59/05 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 18.7.2007

Verkündet am 18.7.2007

In dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 20. Juni 2007 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Fischer und die Richterin am Oberlandesgericht Gieseke

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24. Februar 2005 verkündete Urteil des Einzelrichters der 2. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe:

I.

Der Kläger erwirkte am 15.01.2004 gegen U... L... (Schuldner) ein vollstreckbares Versäumnisurteil über 27.711,40 € nebst Zinsen (Bl. 6, 7 d.A.). Ferner ist der Kläger Inhaber des vollstreckbaren Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 08.06.2004 (Bl. 37 d.A.), durch den gegen den Schuldner Kosten in Höhe von 2.625,60 € nebst Zinsen festgesetzt wurden. Auf seinen Zwangsvollstreckungsauftrag teilte die Gerichtsvollzieherin dem Kläger mit Schreiben vom 10.04.2004 (Bl. 8 d.A.) mit, der Schuldner sei amtsbekannt vermögenslos, nachdem er bereits am 18.11.2003 die eidesstattliche Versicherung abgeben habe.

Durch notariellen Vertrag vom 12.02.2002 zur UR 229/2002 des Notars ... (Bl. 78 - 81 d.A.) übertrug der Schuldner seiner Ehefrau, der Beklagten, seinen hälftigen Miteigentumsanteil an drei Grundstücken mit einer Größe von insgesamt 985 m2, verzeichnet im Grundbuch von S... Blatt 2204 unter den laufenden Nummern 1 bis 3.

Mit der am 18.08.2004 eingegangenen und am 13.09.2004 zugestellten Klage (Bl. 1/42 d.A.) hat der Kläger die Übertragung - nach Maßgabe des § 4 AnfG - angefochten.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, wegen der vollstreckbaren Forderung des Klägers in Höhe von 27.711,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 18.07.2003 aus dem Urteil des Landgerichts Cottbus vom 15.01.2004 zur Geschäftsnummer: 2 O 243/03 sowie der Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Cottbus vom 08.06.2004 ebenfalls zur Geschäftsnummer: 2 O 243/03 in Höhe von 2.625,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.01.2004 die Zwangsvollstreckung in das hälftige Miteigentum des Grundstücks, eingetragen im Grundbuch von S... beim Amtsgericht Senftenberg, Blatt-Nr. 2204, - Gemarkung S..., Flurstück 1042 der Flur 4, Gartenland, 109 m2 -Gemarkung S..., Flurstück 841/18 der Flur 4, Gebäude und Gebäudenebenflächen, 885 m2 und - Gemarkung S..., Flurstück 842/2 der Flur 4, Gebäude und Gebäudenebenflächen, 41 m2 zu dulden.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat die Voraussetzungen der Schenkungsanfechtung (§ 4 Abs. 1 AnfG) angenommen und dabei eine Gläubigerbenachteiligung mit der Begründung bejaht, die Beklagte sei für ihre Behauptung, die Grundschulden valutierten noch, beweisfällig geblieben.

Die Beklagte hat gegen das ihr am 14.03.2005 zugestellte Urteil am 13.04.2005 Berufung eingelegt und diese nach entsprechender Fristverlängerung am 13.06.2005 begründet.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Akteninhalt ergänzend Bezug genommen. Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Sachverständige hat sein schriftliches Gutachten vor dem Senat mündlich erläutert.

II.

Die Berufung ist zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel auch Erfolg. Die Anfechtungsklage scheitert daran, dass sich - nach der durch den Senat vorgenommenen Beweisaufnahme - eine objektive Gläubigerbenachteiligung nicht feststellen lässt.

1.

Die Voraussetzungen der Anfechtungsberechtigung (§ 2 AnfG), nämlich Fälligkeit der Forderung des Gläubigers gegen den Schuldner, Erlangung eines vollstreckbaren Titels sowie Unzulänglichkeit des Schuldnervermögens, liegen vor. Die Berufung zieht dies nicht in Zweifel.

2.

Als Anfechtungstatbestand kommt die Vorschrift des § 4 Abs. 1 AnfG in Betracht. Dieser Anfechtungstatbestand hat keine subjektiven Anfechtungsvoraussetzungen (Huber, AnfG, 9. Aufl., § 4 AnfG, Rdnr. 11). Deshalb kommt es auf die Berufungsangriffe zum subjektiven Tatbestand, die sich zudem auf den Anfechtungstatbestand des § 3 AnfG beziehen, nicht an.

a)

Das Landgericht hat zutreffend eine unentgeltliche Leistung im Sinne des § 4 Abs. 1 AnfG angenommen. Im Vertrag heißt es ausdrücklich, die Beklagte schulde keine Gegenleistung (Bl. 20 unten d.A.). Die anschließende Bemerkung, der Vermögensausgleich erfolge im Rahmen des Zugewinnausgleichs, führt nicht dazu, dass eine Entgeltlichkeit anzunehmen wäre. Das Gegenteil ist der Fall, denn die Parteien des Übertragungsvertrages lebten in Gütertrennung ( Bl. 9 d.A.).

b)

Die vierjährige Anfechtungsfrist des § 4 Abs. 1 AnfG ist gewahrt.

Die Anfechtung des am 12.02.2002 geschlossenen Übertragungsvertrages erfolgte rechtzeitig durch die am 13.09.2004 zugestellte Klage.

3.

Die Anfechtung nach § 4 Abs. 1 AnfG setzt - wie bei jedem Anfechtungstatbestand - eine objektive Gläubigerbenachteiligung voraus.

a)

Zwar hat der Kläger im Anfechtungsprozess den Eintritt der objektiven Benachteiligung darzulegen und zu beweisen (Huber, § 1 AnfG, Rdnr. 34). Bei wertausschöpfender Belastung des veräußerten Gegenstandes scheidet jedoch eine objektive Gläubigerbenachteiligung aus, weil dann die Zwangsvollstreckung für den anfechtenden Gläubiger nicht zu einem Erfolg hätte führen können (Huber, § 1 AnfG, Rdnr. 39). Die Darlegungs- und Beweislast für eine wertausschöpfende Belastung trifft nicht den Anfechtungsgegner, sondern den anfechtenden Gläubiger. Der Anfechtungskläger muss nachweisen, dass die Belastung nicht wertausschöpfend ist; der Anfechtungsgegner muss aber bei entsprechendem Bestreiten durch den anfechtenden Gläubiger vortragen und beweisen, in welcher Höhe die Belastung im Zeitpunkt seines Erwerbes valutierte; ob der bei einer Verwertung des Grundstücks zu erwartende Erlös durch die Belastungen aufgezehrt würde, dieser also wertausschöpfend ist, kann grundsätzlich nur durch Sachverständigengutachten geklärt werden (Huber, § 1 AnfG, Rdnr. 41).

b)

Das Landgericht ist im Hinblick auf die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Gläubigerbenachteiligung seiner Hinweispflicht nicht hinreichend nachgekommen. Es hätte der Beklagten rechtzeitig vor dem Termin den Hinweis geben müssen, dass und auf welche Weise der Nachweis über die Belastungen zu erbringen ist.

Nachdem der Senat der Beklagten die erforderlichen Hinweise erteilt hat, ist die Beklagte nunmehr ihrer Vortragslast zu den Belastungen des Grundstücks nachgekommen. Nach den Angaben der Beklagten auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 03.08.2005 (Bl. 163 d.A.) betrugen die Belastungen im Februar 2002 insgesamt 103.385,50 €. Auf diese Angaben ist abzustellen, da sie durch die vorgelegten Bescheinigungen der Grundpfandrechtsgläubiger - die Sparkasse ... und die B... S... - vom 18.03.2002 (Bl. 166 d.A.) und 11.07.2005 (Bl. 171 d.A.) belegt sind.

c)

Der Kläger verlangt die Duldung der Zwangsvollstreckung in den als fortbestehend fingierten Miteigentumsanteil. Diese Antragstellung führt nach der in beiden Verhandlungen vor dem Senat erörterten Entscheidung BGH NJW 1984, 1968, 1970 allerdings dazu, dass dem Anspruch des Anfechtenden die das ganze Grundstück belastenden Grundschulden mit der gesamten Valuta vorgehen (BGH a.a.O.).

d)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch den Senat hat der Kläger den Beweis dafür, dass eine objektive Gläubigerbenachteiligung vorliege, nicht geführt. Der Kläger behauptet, der Miteigentumsanteil des Ehemannes der Beklagten sei, bezogen auf die Belastungen von ca. 150.000,00 € für das ganze Grundstück, mindestens doppelt so viel wert (Bl. 63/ 156 d.A.). Der Wert des "Gesamtanwesens" betrage mindestens 350.000,00 € (Bl. 173 d.A.). Die Beweisaufnahme hat dies nicht bestätigt.

Der Sachverständige Dipl.-Ing. F... hat nämlich den Verkehrswert der - ganzen - Grundstücke mit 126.000,00 € bewertet (Seite 30 des Gutachtens vom 12.06.2006 - Bl. 254 d.A.). Dabei hat der Sachverständige den Wert der baulichen Anlagen mit 97.900,00 € und den Bodenwert mit 28.000,00 € zugrunde gelegt (Bl. 250 d.A.). Den Verkehrswert des hälftigen Miteigentumsanteils des Ehemannes der Beklagten hat der Sachverständige unter Berücksichtigung eines Abschlages von 15 % auf rund 53.600,00 € veranschlagt (Bl. 256 d.A.). Die Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 20.06.2007 hat zu keinem anderen Ergebnis geführt. Der Sachverständige hat dabei seine Bewertungsansätze nachvollziehbar dargelegt (Bl. 324 d.A.).

Folglich kann eine Gläubigerbenachteiligung nicht festgestellt werden. Der Wert des Miteigentumsanteils macht nur 53.600,00 € aus; dieser Wert erreicht nicht die gesamten Belastungen der ganzen Grundstücke, die mit 103.385,50 € valutierten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 30.337,00 €.

Ende der Entscheidung

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