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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 19.12.2007
Aktenzeichen: 7 U 70/07
Rechtsgebiete: InsO, GmbHG


Vorschriften:

InsO § 17 Abs. 2 Satz 2
InsO §§ 129 ff.
InsO § 130 Abs. 1
InsO § 130 Abs. 1 Nr. 1
InsO § 142
InsO § 143 Abs. 1
GmbHG § 64
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

7 U 70/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Anlage zum Protokoll vom 19.12.2007

Verkündet am 19.12.2007

in dem Rechtsstreit

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Boiczenko, den Richter am Oberlandesgericht Hein und den Richter am Oberlandesgericht Fischer

auf die mündliche Verhandlung am 21.11.2007

für Recht erkannt:

Tenor:

Die Berufung der Beklagten zu 1. gegen das am 2.3.2007 verkündete Schlussurteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt/Oder wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 1. hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte zu 1. in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter auf Rückgewähr eines Betrages von 15.000 € in Anspruch.

Der streitbefangene Betrag wurde von dem Geschäftsführer der Schuldnerin, dem Beklagten zu 2., am 29.1.2003 auf ein Konto der Rechtsanwältin B..., der von dem Kläger der Streit verkündet worden ist, überwiesen. Das Konto der Rechtsanwältin wurde von dieser treuhänderisch für die Beklagte zu 1. geführt.

Der Beklagte zu 2. hat mit Schreiben vom 10.2.2003 einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gestellt. Die Beklagte zu 1. behauptet, den streitigen Betrag als vereinbarte Vergütung für die Erstellung von Jahresabschlüssen der Schuldnerin für die Jahre 2001 und 2002 sowie weitere Leistungen erhalten zu haben.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Schlussurteils vom 2.3.2007 verwiesen.

Das Landgericht hat eine umfängliche Beweisaufnahme zu der zwischen den Parteien streitigen Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung des in Streit stehenden Betrages durch Einholung eines Sachverständigengutachtens vorgenommen. Dabei ist es davon ausgegangen, der Kläger habe die behauptete Zahlungsunfähigkeit "anbewiesen". Die Beweislast für das Nichtvorliegen einer Zahlungsunfähigkeit liege deshalb bei der Beklagten zu 1..

Auf der Grundlage des Sachverständigengutachtens vom 3.7.2006 hat das Landgericht der Klage mit dem angefochtenen Schlussurteil vom 2.3.2007 stattgegeben. Das Schlussurteil ist der Beklagten zu 1. am 6.3.2007 zugestellt worden. Sie hat dagegen am 10.4.2007 (den Dienstag nach Ostern) Berufung eingelegt, die sie am 7.5.2007 (Montag) begründet hat.

Mit der Berufung macht die Beklagte zu 1. geltend, das Landgericht habe die Beweislast des Klägers verkannt. Der Kläger habe tatsächlich weder eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum maßgeblichen Zeitpunkt dargelegt, noch bewiesen.

Die Beklagte zu 1. beantragt,

die Klage unter Abänderung des am 2.3.2007 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt/Oder abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die zulässige Berufung bleibt ohne Erfolg.

Die Klage ist gegenüber der Beklagten zu 1. begründet.

Dem Kläger steht die geltend gemachte Forderung als Rückgewähranspruch gemäß § 143 Abs. 1 InsO nach erfolgreicher Anfechtung der Zahlung des Betrages von 15.000 € durch die Schuldnerin an die Beklagte zu 1. bzw. die Treuhänderin der Beklagten zu 1. vom 29.1.2003 zu.

Nach § 130 Abs. 1 Nr. 1 InsO ist eine Rechtshandlung, die einem Insolvenzgläubiger eine Befriedigung gewährt, anfechtbar, wenn sie in den letzten drei Monaten vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist, wenn zur Zeit der Handlung der Schuldner zahlungsunfähig war und wenn der Gläubiger zu dieser Zeit die Zahlungsunfähigkeit kannte. Diese Voraussetzungen liegen in Ansehung der Zahlung vom 29.1.2003 vor.

Die Zahlung erfolgte in den letzten drei Monaten vor Stellung des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin mit Anschreiben vom 10.2.2003 an das Amtsgericht Frankfurt/Oder. Zwar ist das Datum des Eingangs des Insolvenzantrages bei dem Insolvenzgericht nicht aktenkundig. Dies ist jedoch unschädlich, da das Amtsgericht Frankfurt/Oder das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 14.4.2003, also weniger als drei Monate nach der angefochtenen Zahlung, eröffnete.

Durch die Zahlung hat die Beklagte zu 1. eine Befriedigung der von ihr behaupteten Forderung auf Zahlung eines Pauschalhonorars aus mündlicher Abrede mit der Schuldnerin vom Oktober 2002 bzw. gemäß einem schriftlichen Vertrag mit der Schuldnerin vom 10.12.2002 erlangt.

Die Schuldnerin war zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung zahlungsunfähig.

Der Kläger hat eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin bereits zum 1.12.2002 und zum 31.12.2002 hinreichend dargelegt.

Der Kläger hat vorgetragen, dass die Schuldnerin am 1.12.2002 fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 190.311,03 € hatte. Hierzu hat er Positionen benannt, die dem Gläubigerverzeichnis betreffend das Vermögen der Schuldnerin entnommen sind. Diese Verbindlichkeiten der Schuldnerin waren bereits zum 1.12.2002 fällig und wurden bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht ausgeglichen.

Der Kläger hat weiterhin ausgeführt, die Schuldnerin habe am 1.12.2002 ausweislich der von ihm vorgelegten Kontoauszüge für den Monat Dezember 2002 über ein Kontoguthaben von 21.281,89 € verfügt. Ein Kontokorrentkredit oder sonstige Bankkredite hätten der Schuldnerin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zur Verfügung gestanden. So habe die Hausbank der Schuldnerin, die Sparkasse ..., seit Ende Oktober 2002 keinen Kontokorrentkredit mehr eingeräumt. Kurzfristig liquidierbare Forderungen seien lediglich jene gewesen, auf die im Dezember 2002 Zahlungen erfolgt seien. Diese Zahlungen seien auf dem durch Kontoauszüge dokumentierten Konto eingegangen und machten eine Summe von 135.624,41 € aus. Von dem Geld habe die Schuldnerin im Monat Dezember 2002 noch Verbindlichkeiten in Höhe von 109.749,07 € getilgt. Diese Verbindlichkeiten seien jedoch nicht mit denen identisch, die bereits am Monatsanfang bestanden, da letztere noch zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht bezahlt waren.

Der Kläger hat sodann das Kontoguthaben sowie die Zahlungseingänge auf dem Konto der Summe der bereits am 1.12.2002 bestehenden fälligen Verbindlichkeit und der im Verlauf des Monats getilgten Verbindlichkeiten gegenübergestellt und ist so zu einer Deckung fälliger Verbindlichkeiten durch liquide Mittel der Schuldnerin von lediglich 44,86 % gekommen. Bereits ohne Berücksichtigung der im Verlaufe des Dezember 2002 getilgten Verbindlichkeiten der Schuldnerin ergäbe sich eine Liquiditätslücke von 15 %.

Den Ausführungen des Klägers zur Liquidität der Schuldnerin im Dezember 2002 ist die Beklagte zu 1. in nicht erheblicher Weise entgegengetreten. Dies gilt zunächst für das Bestreiten eines Kontoguthabens der Schuldnerin zum 1.12.2002 von 21.281,89 €. Dieser vom Kläger behauptete Betrag ergibt sich eindeutig als Anfangsguthaben auf dem Kontokorrentkonto der Schuldnerin bei der Sparkasse ..., aus den in Kopie zu den Akten gereichten Kontoauszügen.

Der Einwand der Beklagten zu 1., die Liquidität lasse sich jedenfalls nicht nur aus dem Kontostand ablesen, ist grundsätzlich richtig. Wie vorstehend durch eine Wiedergabe des Vortrages des Klägers aufgezeigt, stützt sich dieser zur Darlegung der Zahlungsunfähigkeit allerdings nicht ausschließlich auf Kontoauszüge, sondern auch auf Daten, die sich aus dem Gläubigerverzeichnis ergeben. Im Übrigen hat der Kläger schlüssig dargelegt, warum die in den vorgelegten Kontoauszügen ausgewiesenen Kontobewegungen zur Liquidität der Schuldnerin im Dezember 2002 Auskunft geben. Die vom Kläger hierzu gegebenen Erläuterungen werden von der Beklagten zu 1. nicht bestritten. Sie hält es lediglich für falsch, die im Dezember 2002 getilgten Verbindlichkeiten in Höhe von 109.749,07 € den bereits zum Monatsanfang gegebenen Verbindlichkeiten hinzuzurechnen. Diese Bedenken der Beklagten zu 1. gegen die Liquiditätsberechnung des Klägers greifen jedoch nicht durch. Die den Einzelzahlungen zugrunde liegenden Barmittel der Schuldnerin sind vom Kläger bereits mit der Angabe des Kontoguthabens zu Beginn des Monats und den nachfolgenden Zahlungseingängen auf dem Konto berücksichtigt worden. Letztlich kommt es auf die Frage, in welcher Weise die Zahlungen von insgesamt 109.749,07 € in die Liquiditätsberechnung Eingang zu finden haben, nicht an. Auch in Verfolgung der Auffassung der Beklagten zu 1. hierzu kommt diese unter Zugrundelegung der Zahlen des Klägers zu einer Deckung "von über 82 %". Die Deckungslücke liegt demnach bei knapp 18 % und damit deutlich über dem, was nach den Maßstäben der Rechtsprechung als unwesentliche Deckungslücke angesehen wird. Als unwesentlich kann im Interesse der Gläubigergesamtheit und der erstrebten frühen Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in der Regel nur ein Anteil der nicht kurzfristig bezahlbaren Verbindlichkeiten von weniger als 10 % angesehen werden (BGH InsO 2005, 809).

An der zu verzeichnenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin am 1.12.2002 hat sich bis zum 27.12.2002 nichts geändert. Für diesen Tag weist der letzte der in Kopie vorgelegten Kontoauszüge zu dem Geschäftskonto der Schuldnerin ein Kontoguthaben von 24.843,67 € aus. Diesen liquiden Mitteln steht weiterhin der vom Kläger bereits für den 1.12.2002 vorgetragene Forderungsbestand von 190.301,03 € gegenüber.

Hielte man - anders als der Senat - die Darlegung der Zahlungsunfähigkeit durch den Kläger in der vorstehend erörterten Weise für unzureichend, so hätte dieser eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin für den Monat Dezember gleichwohl dargelegt. Für den Kläger streitet die Vermutung des § 17 Abs. 2 Satz 2 InsO. Danach ist eine Zahlungsunfähigkeit in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat. Dies ist in Bezug auf die Schuldnerin bereits im Dezember 2002 der Fall gewesen.

Die Zahlungseinstellung ist dasjenige äußerliche Verhalten des Schuldners, in dem sich typischerweise eine Zahlungsunfähigkeit ausdrückt (BGH NJW-RR 1986, 850). Ein solches Verhalten der Schuldnerin ist hier für den Zeitraum Dezember 2002 und Januar 2003 in mehrfacher Hinsicht festzustellen.

Die Schuldnerin erweckte bereits im Dezember 2002 gegenüber den beteiligten Verkehrskreisen den berechtigten Eindruck, sie sei nicht mehr in der Lage, ihre gegebenen Verbindlichkeiten in voller Höhe zu begleichen. Dieser Eindruck ergab sich für die Gläubiger der Schuldnerin aus dem von der Rechtsanwältin B... im Namen der Schuldnerin und in Abstimmung mit dem Geschäftsführer der Schuldnerin, dem Beklagten zu 2., durchgeführten Versuch eines Vergleiches mit den Gläubigern. Im Rahmen dieses Vergleichsversuches ist den Gläubigern ein Betrag von 25 % ihrer Ansprüche angeboten worden. Zugleich ist den Gläubigern ausweislich des exemplarisch vorgelegten Anschreibens an die R... GmbH & Co. KG in F... vom 11.12.2002 mitgeteilt worden, dass "nicht mehr so viel Mittel zur Verfügung" stünden, "um die Forderung in Gänze ausgleichen zu können". Diese Mitteilung, ergänzt um den Hinweis auf die Ungewissheit über die Quote auf "ihre Forderung im Rahmen einer Insolvenz" sowie einen in dem Anschreiben erwähnten Abwicklungsplan ließen die angeschriebenen Gläubiger der Schuldnerin erkennen, dass diese zu einer weitergehenden Erfüllung ihrer Verbindlichkeiten nicht mehr in der Lage ist. Dieser Eindruck wird durch den Hinweis auf eine Insolvenz und die Bitte um Stellungnahme innerhalb einer Woche verstärkt.

Darüber hinaus spricht auch äußerliche Verhalten der Schuldnerin jedenfalls im Januar 2003 dafür, dass sie ihre Zahlungen eingestellt hatte. Als einschlägiges Indiz gilt die Nichtbezahlung von Existenz bedingenden Betriebskosten, die nicht gestundet zu werden pflegen und die Nichtzahlung von Löhnen an mehr als einem Zahltag. Hier bestanden zur Zeit der Stellung des Insolvenzantrages vom 10.2.2003 Mietrückstände in Höhe von 1.827 €. Da sich aus dem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten ergibt, dass die Schuldnerin eine monatliche Miete von 609 € zu zahlen hatte, entspricht dieser Betrag drei Monatsmieten.

Der am 15.1.2003 fällige Lohn für Dezember 2002 ist nicht gezahlt worden. Diese Nichtzahlung mag für sich allein gesehen als Indiz für eine Zahlungseinstellung nicht reichen. Sie ist jedoch im Verbund mit den weiteren Indizien für eine Zahlungseinstellung und dem vorstehend angesprochenen Versuch eines Vergleichsverfahrens zu würdigen.

Dies gilt auch für die nicht gezahlten Arbeitgeberanteile von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 6.092,64 €.

Schließlich indizieren die Angaben des Beklagten zu 2. in dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung.

So hat der Beklagte zu 2. angegeben, die Schuldnerin verfüge über Außenstände von 552.629,19 €. Zugleich hat er mitgeteilt, es habe Abtretungen an die Sparkasse ... wegen einer Forderung von 168.000 € gegeben. Den somit im Wert reduzierten Außenständen, die der Schuldnerin nach wie vor zur Verfügung standen, standen Verbindlichkeiten in Höhe von 401.072,74 € entgegen. Diese Zahlen mögen zwar zunächst zur Darlegung einer Überschuldung heranzuziehen sein.

In Ansehung fehlender weiterer Vermögenswerte indizieren sie jedoch zugleich eine erhebliche Liquiditätslücke.

Die somit zumindest für den Monat Dezember 2002 festzustellende Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin dauerte bis zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung am 29.1.2003 fort. Die Darlegung der Wiedergewinnung der Zahlungsfähigkeit, jedenfalls aber der Beseitigung der Zahlungseinstellung, obliegt der Beklagten zu 1. als Anfechtungsgegnerin. Wenn das Bestreiten einer Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin durch die Beklagte zu 1. und der hierzu angeführte Sachvortrag als entsprechende Darlegung betrachtet werden, ist der Beklagten zu 1. jedenfalls der Beweis des Gegenteils nicht gelungen. Insofern wird auf das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Betriebswirt M... vom 3.7.2006 und die Würdigung des Ergebnisses des Gutachtens in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Die vom Landgericht bereits bei Verkündung des Beweisbeschlusses vom 18.6.2004 und der Beweiswürdigung zugrunde gelegte Rechtsauffassung einer Beweislast der Beklagten zu 1. ist - jedenfalls im Ergebnis - nicht zu beanstanden.

Die Beklagte zu 1. hatte von der Zahlungsunfähigkeit der Beklagten zum Zeitpunkt der angefochtenen Zahlung Kenntnis.

Eine Kenntnis des Geschäftsführers der Beklagten zu 1. davon, dass sich die Schuldnerin Ende 2002 in einer Krise befand, folgt bereits daraus, dass der Geschäftsführer der Beklagten zu 1. Anlass sah, den Beklagten zu 2. als Geschäftsführer der Schuldnerin im Rahmen einer Beratung vom 15.11.2002 auf die "§§ 64 GmbHG, 129 ff. InsO und die damit verbundenen Antragspflichten im Falle einer Insolvenzlage" hinzuweisen. Die Beklagte zu 1. hat sich zwar dahingehend eingelassen, es habe sich um ein allgemeines Beratungsgespräch gehandelt. Die Hinweise seien lediglich grundsätzlicher Natur gewesen. Diese Sachverhaltsdarstellung überzeugt jedoch nicht. Die Annahme, der Geschäftsführer einer GmbH träfe sich mit einem Steuerberater und - wie tatsächlich geschehen - einer Rechtsanwältin, hier der Rechtsanwältin B..., zu einem "allgemeinen Beratungsgespräch", "in dem die grundsätzlichen Risiken und Alternativen eines GmbH-Geschäftsführers behandelt" würden, ist nicht plausibel. Dass der Geschäftsführer einer GmbH, der diese Funktion bereits einige Jahre ausgeübt hat, ohne besonderen Anlass eine allgemeine Beratung über seine rechtlichen Pflichten gesucht und hierzu eine Rechtsanwältin und einen Steuerberater beigezogen haben sollte, ist nicht anzunehmen. Dies gilt umso mehr, als unbestritten vorgetragen ist, dass die Rechtsanwältin B... im September 2002 mit der Sanierungsberatung der Schuldnerin betraut wurde. Hinzu kommt, dass die Beklagte zu 1. zwar schriftsätzlich eine Kenntnis von einem Sanierungsinteresse der Schuldnerin in Abrede gestellt hat. Gleichwohl hat der Geschäftsführer der Beklagten zu 1. in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geltend gemacht, Gegenstand der Tätigkeit der Beklagten zu 1. sei die Vorbereitung von Zahlen für Bankgespräche im Zusammenhang mit Sanierungsbemühungen gewesen.

Für eine Kenntnis der Beklagten zu 1. spricht ferner ihr eigener Vortrag mit Schriftsatz vom 3.2.2005. Danach sind anfängliche Bedenken der Beklagten zu 1. über die mögliche Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Schuldnerin durch Unterlagen zerstreut worden, die der Beklagte zu 2. der Beklagten zu 1. vorlegt. Aus dieser Mitteilung der Beklagten ergibt sich zunächst, dass sie durchaus eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin in Betracht gezogen hat. Die von ihr vorgelegten Dokumente waren objektiv nicht geeignet, entsprechende Bedenken zu widerlegen. So gibt der Auftragsbestand der Schuldnerin per 31.8.2002 mit einem Volumen von 329.379,84 € für eine Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin nichts her. Gleiches gilt für die betriebswirtschaftliche Auswertung der Schuldnerin vom 31.8.2002 und deren Gewinnausweis von 241.465,36 €.

Des Weiteren bezieht sich die Beklagte auf eine Aufstellung noch nicht gebuchter Forderungen von 459.812,95 €, sowie eine Aufstellung von Verbindlichkeiten in Höhe von 413.594,03 €, darunter ein Gesellschafterdarlehen in Höhe von 125.919,51 €. Beide Aufstellungen beziehen sich auf den Stichtag 4.12.2002. Allein die scheinbar den Betrag der fälligen Verbindlichkeiten überschießende Summe nicht gebuchter Forderungen lässt aber nicht erkennen, dass die dieser Summe zu Grunde liegenden Einzelforderungen fällig und kurzfristig liquidierbar waren.

Unter Berücksichtigung der zu unterstellenden rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Sachkunde der Beklagten zu 1. ist nicht glaubhaft, dass sie sich in Ansehung der vorgenannten Dokumentationen hinsichtlich anfänglicher Bedenken zur Zahlungsfähigkeit eines anderen besann.

Für eine Kenntnis der Beklagten zu 1. von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin spricht ferner das Bedürfnis der Beklagten zu 1., den nach ihrer Behauptung bereits am 18.10.2002 erteilten Auftrag zur Erstellung der Jahresabschlüsse 2001 und 2002 am 10.12.2002 schriftlich zu fassen. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf den zeitlichen Zusammenfall dieser schriftlichen Fassung des Vertrages mit der Prüfung der Zahlungsfähigkeit aufgrund der vorstehend erörterten Unterlagen der Schuldnerin. Es ist davon auszugehen, dass diese im zeitlichen Umfeld der schriftlichen Fassung des Vertrages stattfanden. Dafür steht das Stichtagsdatum für die Aufstellungen der Forderungen und Verbindlichkeiten (4.12.2002) und der Vortrag, dass der Beklagte zu 2. am 6. und 13.12.2002 die Beklagte zu 1. aufsuchte, "um die betriebliche Situation zu prüfen und Einsparungspotentiale zu erschließen".

Schließlich spricht für eine Kenntnis der Beklagten zu 1. von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin der merkwürdige Zahlungsfluss. Die Schuldnerin hat den streitbefangenen Betrag nicht an die Beklagte zu 1., sondern an die Rechtsanwältin B... gezahlt, die diesen treuhänderisch für die Beklagte zu 1. entgegengenommen hat. Es ist nicht erkennbar, welchen Zweck die Treuhandschaft gehabt haben soll - außer den -, den Zahlungsfluss an die Beklagte zu 1. zu verschleiern. Diese Annahme findet eine Bestätigung darin, dass die Beklagte zu 1. mit der Klageerwiderung zunächst hat vortragen lassen, die Zahlung sei deshalb an die Rechtsanwältin B... erfolgt, weil die Beklagte zu 1. dieser gegenüber Schulden gehabt habe. Dieser Sachvortrag ist erst nach schriftsätzlichem Hinweis der Streitverkündeten auf ihre Treuhänderstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 26.5.2004 richtig gestellt worden.

Durch die streitbefangene Zahlung ist es zu einer Gläubigerbenachteiligung - als einer ungeschriebenen Tatbestandsvoraussetzung auch des Anfechtungstatbestandes nach § 130 Abs. 1 InsO - gekommen.

Die Beklagte zu 1. kann hinsichtlich der streitbefangenen Zahlung nicht geltend machen, es handele sich um ein Bargeschäft im Sinne des § 142 InsO, weil der Schuldnerin für die Zahlung eine gleichwertige Gegenleistung zugeflossen sei. Es kann dahinstehen, ob der zeitliche Abstand zwischen der behaupteten Hingabe der Jahresabschlüsse am 20.1.2003 und der angefochtenen Zahlung vom 29.1.2003 hinreichend eng war, um die Unmittelbarkeit der Gegenleistung anzunehmen. Es fehlte jedenfalls zum Zeitpunkt der Erbringung der angefochtenen Leistung an der Gleichwertigkeit der Gegenleistung.

Die streitige Übergabe der Jahresabschlüsse 2001 und 2002 am 20.1.2003 unterstellt, ergäbe diese dennoch keine gleichwertige Gegenleistung für die Zahlung.

Die fehlende Gleichwertigkeit der Gegenleistung in Gestalt der behaupteten Übergabe der Jahresabschlüsse 2001 und 2002 an den Beklagten zu 2. am 22.1.2003 mit der angefochtenen Zahlung ist bereits deshalb zu verneinen, weil das nach dem Vortrag der Beklagten zu 1. mit dem Steuerberatungsvertrag vom 10.12.2002 vereinbarte Pauschalhonorar nicht nur für die Erstellung der beiden Jahresabschlüsse vereinbart war. Nach § 2 der Vereinbarung bezieht sich die Pauschalhonorarvereinbarung auf die Beratung in steuerrechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten sowie der Prüfung der Buchhaltungsunterlagen für die Jahre 2001 und 2002, der Erstellung der Jahresabschlüsse und der Steuererklärungen für die Jahre 2001 und 2002.

Die fehlende Gleichwertigkeit der überreichten Jahresabschlüsse mit der angefochtenen Zahlung ergibt sich ferner aus der von der Beklagten vorgetragenen Notwendigkeit, die Jahresabschlüsse wiederholt nachzubessern. So hat die Beklagte zu 1. mit Schriftsatz vom 25.5.2004 dargelegt, der Beklagte zu 2. habe ihr zunächst nicht als werthaltig angesehene, noch nicht abgerechnete Leistungen in Höhe von 600.000 € nachträglich bekannt gegeben und eine Abänderung des Jahresabschlusses für das Jahr 2002 verlangt. Ebenso ist unstreitig der Anspruch der Beklagten zu 1. gegen die Schuldnerin aus der Vereinbarung über ein Pauschalhonorar vom 10.12.2002 von dem nachträglich erstellten Jahresabschluss nicht erfasst. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte zu 1. die Unzulänglichkeiten der nach ihrer Darstellung unter dem Datum des 18.1.2002 erstellten Jahresabschlüsse kannte. Allerdings deutet ihr Vortrag mit Schriftsatz vom 5.8.2004 darauf hin, dass sie bei Erstellung des Jahresabschlusses für 2002 erkannte, dass die Angaben eines Warenbestandes in Höhe von 1.000 € unrealistisch waren. Der Beklagte zu 2. habe sie auf entsprechenden Hinweis angewiesen, zu bilanzieren, was ihr zugetragen worden sei. Die Beklagte zu 1. hat ferner vorgetragen, dass die Bilanz für 2002 gemäß den Angaben des Beklagten zu 2. keinerlei Zahlen zu angefangenen Arbeiten und halbfertigen Erzeugnissen enthielt. Auf diese Erkenntnis der Beklagten zu 1., dass der von ihr erstellte Jahresabschluss 2002 kaum den wirtschaftlichen Tatsachen bei der Schuldnerin entsprechen dürfte, und die diese Bedenken ausräumenden Weisungen des Beklagten zu 2. kommt es jedoch nicht an. Für die Frage der Gleichwertigkeit stellt sich lediglich die objektive Unzulänglichkeit der vorgelegten Jahresabschlüsse, die jedenfalls für die Schuldnerin bei objektiver Betrachtung ohne erhebliche Nacharbeiten nicht verwertet werden konnten.

Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 4.12.2007 gibt keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 ZPO besteht nicht.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 15.000 € festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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