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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 22.08.2006
Aktenzeichen: 7 W 54/06
Rechtsgebiete: ZPO, UmwG, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
UmwG § 14 Abs. 1
UmwG § 195 Abs. 1
UmwG § 195 Abs. 2
UmwG § 205 Abs. 1
UmwG § 206 Abs. 1 Satz 1
BGB § 242
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

7 W 54/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Prozesskostenhilfesache

hat der 7. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Richter am Oberlandesgericht Hein, den Richter am Oberlandesgericht Werth und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Schwonke

am 22.8.2006

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückweisenden Beschluss der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt/Oder vom 9.6.2006 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Die Antragsteller haben Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Aufnahme in die Baugesellschaft B... mbH mit Sitz in B... und hilfsweise einen Anspruch auf Schadensersatz geltend gemacht. Auf Ziff. I. der Gründe des angefochtenen Beschlusses wird Bezug genommen (Bl. 53, 54 d.A.).

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Dem Antrag des Antragstellers zu 1. könne nicht stattgegeben werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Hinsichtlich des Antrags der Antragsteller zu 2. fehle es bereits an der Darlegung der Bedürftigkeit. Im Übrigen wird auf die Rechtsausführungen des Landgerichts in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen (Bl. 55, 56 d.A.).

Der Beschluss des Landgerichts ist den Antragstellern am 25.6.2006 zugestellt worden. Die Antragsteller haben am 27.6.2006 Beschwerde eingelegt und gleichzeitig hilfsweise beantragt,

festzustellen, dass der Beschluss der Antragsgegner vom 15.8.2002 auf Umwandlung der Baugenossenschaft B... e. G. in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nichtig ist,

dem Antragsteller zu 1. für den vorstehenden Antrag Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren.

II.

Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg.

Die beabsichtigte Klageerhebung des Antragstellers zu 1. bietet mit keinem der - auch hilfsweise - angekündigten Anträge eine nach § 114 ZPO zu fordernde hinreichende Aussicht auf Erfolg. Insofern folgt der Senat den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts in den Gründen des angefochtenen Beschlusses. Die hiergegen mit der Beschwerde erhobenen Einwendungen dringen nicht durch.

Der weiterverfolgte Antrag auf Zustimmung der Antragsgegner zur Aufnahme der Antragsteller in die Baugesellschaft B... mbH ist nicht begründet. Dies folgt aus § 195 Abs. 1 UmwG. Nach dieser Bestimmung muss die Klage gegen die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses binnen eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden. Diese Frist ist eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (Decher in Lutter/Winter, UmwG, 3. Aufl., § 195, Rn. 8). Dies hat zur Folge, dass eine verspätet erhobene Klage als unbegründet abzuweisen ist (RGZ 123, 204, 207; OLG Frankfurt WM 1984, 209, 211). Entgegen der mit der Beschwerdebegründung zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung bedurfte es keiner Feststellung des Landgerichts zum Beginn der Ausschlussfrist. Dieser ist durch den gesetzlichen Tatbestand vorgegeben. Die Frist beginnt mit der Beschlussfassung, die den Rechtsformwechsel zum Gegenstand hat.

Anderes kann - jedenfalls im vorliegenden Fall - auch nicht unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben, § 242 BGB, gelten.

Zunächst ist bereits fraglich, ob der Gesichtspunkt von Treu und Glauben unter Berücksichtigung des Regelungszwecks des § 195 Abs. 1 UmwG dazu führt, dass die Versäumung der Klagefrist dem Klageerfolg nicht entgegensteht. Der Antragsteller zu 1. lässt mit Schriftsatz vom 10.7.2006 zur Begründung seiner Rechtsauffassung auf eine Äußerung von Decher (in Lutter/Winter, UmwG, 3. Aufl., zu § 195, Rn. 20) Bezug nehmen. Danach soll ausnahmsweise eine Klagemöglichkeit bestehen, wenn gegen das Willkürverbot verstoßen wurde. Diese ausnahmsweise Klagemöglichkeit wird jedoch nicht in einem systematischen Zusammenhang mit der Ausschlussfrist nach § 195 Abs. 1 UmwG erörtert. Sie steht vielmehr im Zusammenhang mit den Ausführungen der Kommentierung zu § 195 Abs. 2 UmwG. Nach dieser Bestimmung kann die Wirksamkeit des Umwandlungsbeschlusses nicht mit der Begründung in Frage gestellt werden, dass der umgewandelte Anteil zu niedrig bemessen oder die neue Mitgliedschaft kein ausreichender Gegenwert für die bisherige Beteiligung am Rechtsträger sei. Dieser Ausschluss der Klagemöglichkeit soll nach der vom Antragsteller zu 1. zitierten Kommentierung im Einzelfall nicht gelten, wenn gegen das Willkürverbot verstoßen wurde. Auch die in diesem Zusammenhang zitierten Entscheidungen des OLG Düsseldorf befassen sich nicht mit der Versäumung einer Ausschlussfrist nach dem Umwandlungsgesetz, sondern haben die Inhaltskontrolle von Gesellschafterbeschlüssen von Aktionärsversammlungen zum Gegenstand (OLG Düsseldorf ZIP 2001, 1717 f.; OLG Düsseldorf DB 2003, 1318 f.). Allerdings wird die Möglichkeit der Nichtberücksichtigung einer Fristversäumnis unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben im Zusammenhang mit der in § 14 Abs. 1 UmwG normierten Frist für die Anfechtung eines Beschlusses der Verschmelzung von Rechtsträgern diskutiert (Bork in Lutter/Winter, UmwG, 3. Aufl., § 14, Rn. 11). Letztlich kann jedoch dahinstehen, ob eine derartige Durchbrechung der Ausschlusswirkung im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben gerechtfertigt sein kann. Die Antragsteller haben eine treuwidrige Vorgehensweise der Antragsgegner, auch soweit jene zum Zeitpunkt der Fassung des Umwandlungsbeschlusses Organmitglieder der eingetragenen Genossenschaft waren, nicht hinreichend dargelegt. Allein die Tatsache, dass die Antragsteller zu der Genossenschaftsversammlung vom 15.8.2002 nicht geladen wurden, gibt keinen Anlass zur Annahme einer treuwidrigen Vorgehensweise oder eines Verstoßes gegen das Willkürverbot. Diese Ansicht findet eine Bestätigung bei Bork, der zu erkennen gibt, dass er eine die Ausschlussfrist des § 14 Abs. 1 UmwG durchbrechende Treuwidrigkeit dann in Betracht zieht, wenn die Verschmelzung in einem "Geheimverfahren" durchgeführt wurde, sodass opponierende Anteilsinhaber gar nicht die Möglichkeit hatten, die Klagefrist zu wahren (Bork, a.a.O.). Anhaltspunkte für eine derart motivierte Nichtladung der Antragsteller zur Genossenschaftsversammlung vom 15.8.2002 ergeben sich aus dem Vorbringen der Antragsteller nicht. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Antragsgegner, auch soweit sie organschaftliche Funktionen bei der Baugenossenschaft innehatten, redlicherweise davon ausgingen, die Antragsteller seien im Jahre 1992 wirksam aus der Baugenossenschaft ausgeschlossen worden. Für diese Möglichkeit steht überdies der Umstand, dass die Antragsteller nach Aktenlage in der Zeit zwischen 1992 und 2004 bei der Baugenossenschaft keine mitgliedschaftlichen Rechte geltend gemacht oder ausgeübt haben.

Der Antragsteller zu 1. kann eine Treuwidrigkeit der Antragsgegner, die eine Durchbrechung der Ausschlussfrist nach § 195 Abs. 1 UmwG rechtfertigte, ferner nicht - wie mit Schriftsatz vom 10.7.2006 vorgetragen - damit begründen, dass er zu der Genossenschaftsversammlung, in der er aus der Genossenschaft ausgeschlossen worden sein soll, nicht ordnungsgemäß geladen oder beteiligt gewesen sei. Soweit die Beschlussfassung der Mitgliederversammlung der Baugenossenschaft aufgrund eines Ladungsfehlers gegenüber dem Antragsteller zu 1. bzw. dem verstorbenen Anteilsinhaber S... nichtig oder anfechtbar gewesen sein sollte, kann hieraus nicht auf eine treuwidrige Vorgehensweise der Antragsgegner bzw. der Organe der früheren Baugenossenschaft im Zusammenhang mit der Vorbereitung der Genossenschaftsversammlung vom 15.8.2002 geschlossen werden. Zum einen hat der Antragsteller die Umstände jener Beschlussfassung aus dem Jahre 1992 nicht hinreichend vorgetragen, um eine Treuwidrigkeit der Antragsgegner darzutun. Zum anderen ist der zeitliche Abstand zur hier relevanten Beschlussfassung vom 15.8.2002 zu groß, um eine Fortsetzung der eventuellen Treuwidrigkeit aus dem Jahre 1992 anzunehmen.

Da Umstände, die eine Durchbrechung der Ausschlussfrist des § 195 Abs. 1 UmwG rechtfertigen könnten, nicht erkennbar sind, kann dahinstehen, ob gegebenenfalls eine Ausschlussfrist völlig entfällt oder die gesetzliche Ausschlussfrist lediglich mit Kenntnis von der Beschlussfassung zur Umwandlung durch den Anfechtungsberechtigten zu laufen beginnt. Allerdings könnte einiges für die zweite genannte Konsequenz sprechen. Gegebenenfalls wäre die Ausschlussfrist des § 195 Abs. 1 UmwG gleichwohl versäumt, weil die Antragsteller spätestens seit dem Zugang des Schreibens der Baugesellschaft B... GmbH vom 31.10.2004 bei ihrem Verfahrensbevollmächtigten am 2.11.2004 davon Kenntnis hatten, dass die Baugenossenschaft B... e. G. sich am 15.8.2002 aufgrund des Umwandlungsbeschlusses der Generalversammlung in die Baugesellschaft B... GmbH umgewandelt hatte.

Ebenso kann dahinstehen, ob die Antragsgegner im Hinblick auf eine Klage nach § 195 Abs. 1 UmwG die richtigen Beklagten sind.

Die beabsichtigte Klageerhebung kann weiterhin hinsichtlich der hilfsweise geltend zu machenden Schadensersatzansprüche keinen Erfolg haben. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der mit der Beschwerde erfolgten Benennung der Antragsgegner, die bei der früheren Baugenossenschaft Organmitglieder waren. Schadensersatzansprüche der Antragsteller nach § 205 Abs. 1 UmwG scheitern bereits daran, dass diese nur durch einen besonderen Vertreter gemäß § 206 Abs. 1 Satz 1 UmwG geltend gemacht werden können.

Auch dem weiter hilfsweise mit der Beschwerdeschrift angekündigten Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit der Beschlussfassung der Antragsgegner vom 15.8.2002 kann kein Erfolg beschieden sein.

Zu Recht weist das Landgericht darauf hin, dass ein entsprechender Feststellungsanspruch allenfalls gegenüber der Baugesellschaft B... mbH geltend zu machen sein könnte.

Dem Antrag bzw. den Anträgen der Antragsteller zu 2. auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann bereits deshalb nicht entsprochen werden, weil sie Erklärungen über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse trotz ausdrücklicher Aufforderung des Landgerichts nicht vorgelegt haben. Im Übrigen gelten die vorstehenden Ausführungen zu den fehlenden Erfolgsaussichten der beabsichtigten Klageerhebung.

Die Kostenentscheidung beruht auf Nr. 1811 der Anlage 1 zum GKG und § 127 Abs. 4 ZPO.

Anlass zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO besteht nicht. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

Ende der Entscheidung

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