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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 21.03.2002
Aktenzeichen: 8 U 66/01
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 125 Satz 1
BGB § 313 Satz 1
BGB § 313 Satz 2
ZPO § 91 Abs. 1
ZPO § 543 Abs. 2 n.F.
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 711
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

8 U 66/01

Verkündet am 21. März 2002

in dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 28. Februar 2002 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Beilich, des Richters am Oberlandesgericht Hänisch und des Richters am Landgericht Dr. Fiedler

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Juni 2001 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 8.000,- € abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin, Herstellerin von Serienhäusern, verlangt von der Beklagten Vergütungszahlung für die Errichtung eines Einfamilienhauses in N.

Die Beklagte ist die Tochter des Geschäftsführers der O GmbH in O (im Folgenden: O). Die O erwarb im Jahr 1996 ein mehr als 38.000 m2 großes Grundstück in N, um es mit 5 Doppelhäusern und 25 Einfamilienhäusern zu bebauen und nach Teilung zu verkaufen.

Im September 1999 unterzeichneten die Klägerin und die O eine Rahmenvereinbarung (Bl. 147 und Bl. 197 d.A.) dahin, dass die Klägerin sämtliche der geplanten Häuser für die O errichten soll. Der Vertrag sah die gemeinsame Erarbeitung eines Marketingplans und die Errichtung eines Musterhauses vor.

Mit Datum vom 20. Oktober 1999 verfassten die Klägerin und die O abermals eine Rahmenvereinbarung (Bl. 6-7 d.A.). In der Vertragsurkunde ist ausgeführt, dass die O Verträge über die Errichtung der Häuser mit den Grundstückskäufern schließen und die Klägerin mit der Ausführung der jeweiligen Bauwerke beauftragen wird. Zur Bemessung der Vergütung verweist der Vertrag auf die Preislisten der Klägerin und bestimmt, dass die O für den "Abverkauf" der Häuser 4 % jener Preise je Standardhaus sowie 5 % je Komforthaus vergütet erhält. Die Bezahlung der Klägerin regelt der Vertrag dahin, dass nach Herstellung des Rohbaus 70 % der Vergütung fällig sind, nach Fertigstellung der Installation weitere 25 % und nach Übergabe des Hauses die restlichen 5 %. Von einem Musterhaus ist nicht die Rede.

Entgegen den Erwartungen von O und Klägerin, die - wie in beiden Rahmenvereinbarungen festgehalten - mit einem Abverkauf von 10 Einheiten noch im Jahr 1999 rechneten, gelang ihnen der Vertrieb der Häuser nicht. Um den Verkauf "anzukurbeln" und weil ein Interessent noch nicht zu gewinnen war, sprachen die Klägerin und die O ab, dass die Beklagte ein Grundstück von der O kauft und die Klägerin darauf ein Standardhaus vom Typ M 1 errichtet. Die Beklagte war seinerzeit Studentin, sie war aushilfsweise bei der O tätig.

Am 14. März 2000 unterschrieb die Beklagte einen Formularbauvertrag der Klägerin über die Herstellung eines Hauses Typ 127-M 1 zum Pauschalpreis von 205.805,- DM (Bl. 8 d.A.). Unter der Rubrik "Sonstiges" ist im Vertragsformular handschriftlich eingefügt: "Zahlungen erfolgen entsprechend Vertrag mit O GmbH". Nach Abschluss des Bauvertrages begann die Klägerin mit den Bauarbeiten.

Mit notarieller Urkunde vom 18. Mai 2000 (Bl. 34 - 50 d.A.) schlossen die Beklagte und die O den Kaufvertrag über eine 631 m2 große Fläche, welche als Flurstück 10/39 bereits vermessen, als Grundstück aber noch zu bilden war. Sie vereinbarten einen Kaufpreis von 75.720,- DM und erklärten die Auflassung. Die O verpflichtete sich, die Haftentlassung des verkauften Teilstücks bezüglich der im Grundbuch zugunsten der B Bank im Betrag von 700.000,- DM eingetragenen Grundschuld herbeizuführen.

Nach Errichtung des notariellen Kaufvertrages stellte die R H bank eine Finanzierungszusage für den Bau und den Grundstückserwerb aus. Die Bestätigung der Bank legte die Klägerin mit Schreiben vom 23. Mai 2000 (Bl. 33 d.A.) der O vor.

Seit September 2000 ist zu Gunsten der Beklagten die Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen. Zu einer Vollziehung des Grundstückskaufvertrages kam es nicht. Die B Bank entließ das an die Beklagte verkaufte Grundstück nicht aus der Mithaft für die zu ihren Gunsten gebuchten (Gesamt-)Grundschuld.

Für ihre Bauarbeiten stellte die Klägerin der Beklagten am 31. August und 5. September 2000 die Pauschalvergütung zu 70 % und weiteren 25 %, insgesamt in Höhe von 195.514,75 DM in Rechnung (Bl. 9 und 10 d.A.). Die Bezahlung wie die Abnahme des Hauses lehnte die Beklagte ab, weil der Grundstückserwerb endgültig gescheitert sei.

Gestützt auf ihre Rechnungen und unter Abzug einer nach Bemusterung des Hauses erteilten Gutschrift über 1.900,- DM hat die Klägerin mit ihrer Klage Zahlung von 193.614,75 DM verlangt.

Aufgrund der Säumnis der Klägerin hat das Landgericht die Klage durch Versäumnisurteil vom 15. Februar 2001 abgewiesen. Gegen das Versäumnisurteil hat die Klägerin am 26. Februar 2001 vor Zustellung Einspruch eingelegt.

Die Klägerin hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie 193.614,75 DM nebst 5 % Zinsen über Basiszinssatz nach Diskont-Überleitungs-Gesetz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

das Versäumnisurteil aufrecht zu erhalten.

Sie hat behauptet, die Klägerin habe es übernommen, die Finanzierung von Haus und Grundstück zu vermitteln. Dies sei ein für allemal gescheitert, weil die B Bank die Haftentlassung des verkauften Grundstücks definitiv verweigere. Die Beklagte hat gemeint, der Bauvertrag sei wegen seiner Abhängigkeit vom Grundstücksgeschäft beurkundungspflichtig und mangels Einhaltung der Form nichtig.

Das Landgericht hat unter Aufhebung des Versäumnisurteils der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat die Kammer im wesentlichen" ausgeführt: Der Bauvertrag sei der notariellen Form nicht unterworfen. Er begründe weder einen Zwang zum Grundstückserwerb, noch seien beide Geschäfte als rechtliche Einheit miteinander verbunden. Die Werkvergütung sei fällig.

Die Beklagte hat Berufung eingelegt. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt ergänzend vor, ihr sei von der Klägerin wie von der O zugesichert worden, dass aus den Verträgen betreffend Haus und Grundstück für sie eine finanzielle Verpflichtung nicht erwachse.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den mitgeteilten Akteninhalt ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das zulässige Rechtsmittel der Beklagten hat Erfolg, weil die Klage unbegründet ist.

I.

Mit Recht rügt die Berufung, dass die landgerichtliche Entscheidung eine ausreichende tatrichterliche Würdigung (§ 286 ZPO) vermissen lässt, ob es sich bei dem Bauvertrag um ein beurkundungspflichtiges Rechtsgeschäft handelt.

Die Beurkundungsbedürftigkeit eines Verträges ist Tatfrage (vgl. BGHZ 78, 346, 349, NJW 1992, 3237, 3238 jeweils m.w.N.), die in Auslegung der Willenserklärungen unter erschöpfender Beurteilung aller den Vertrag begleitender Umstände zu beantworten ist. Daran fehlt es dem angefochtenen Urteil. Das Landgericht hat nachgerade diejenigen Gesichtspunkte vernachlässigt, die den spezifischen Vertragswillen der Beteiligten im Streitfall ausmachen. Insbesondere hat die Kammer nicht genügend beachtet, dass und aufgrund welcher Interessenslage mit der Errichtung des Hauses begonnen worden ist, noch bevor die Beklagte den Vertrag über das Grundstück geschlossen hat. Die unter den jeweiligen Vertragspartnern der Beklagten, nämlich der O als Grundstückseigentümerin und Klägerin als Bauunternehmerin bestehenden vertraglichen Bindungen betreffend das Bauvorhaben sind unerwähnt geblieben. Es trifft deshalb nicht zu, dass die Beklagte in Ansehung eines in Aussicht genommenen Erwerbs eines bestimmten Grundstücks vorab bei der Klägerin - als daran geradezu unbeteiligte Dritte - ein Haus für jenes Grundstück bestellt hat. Den Behauptungen der Beklagten, das Bauvorhaben sei als Musterhaus der Klägerin für das Baugebiet N bestimmt gewesen, die Klägerin habe zudem die Finanzierung von Haus und Grundstück zu vermitteln versprochen, ist das Landgericht nicht nachgegangen.

Trotz der Fehler des erstinstanzlichen Verfahrens, kann der Senat selbst in der Sache entscheiden (§§ 539, 540 ZPO). Die gebotenen Sachverhaltsfeststellungen lassen sich auf der Grundlage des unstreitigen Sachvortrages der Parteien unter Einschluss der von ihnen eingereichten Urkunden nachholen.

II.

Der Klägerin steht der Anspruch auf Werklohnzahlung (§ 631 Abs. 1 BGB) aus dem Bauvertrag vom 29.2./14.3.2000 nicht zu, denn der Vertrag ist mangels Einhaltung der notariellen Form nichtig (§§ 125 Satz 1, 313 Satz 1 BGB). Zu einer Heilung der Formverstoßes ist es nicht gekommen (§ 313 Satz 2 BGB). Der Beklagten ist es nicht nach den Geboten von Treu und Glauben verwehrt (§ 242 BGB), sich gegen die Vergütungsforderung der Klägerin auf den Formmangel zu berufen.

1. Der notariellen Beurkundung bedarf gemäß § 313 Satz 1 BGB jeder Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben. Das Erfordernis der Beurkundung bezweckt. Veräußerer und Erwerber eines Grundstücks vor übereilten Verträgen zu bewahren, sie auf die Bedeutung des Geschäfts hinzuweisen und ihnen die Möglichkeit rechtskundiger Beratung und Belehrung zu eröffnen (vgl. BGH NJW 1990, 390, 391 m.w.N.).

Wie das Landgericht ohne weiteres richtig ausgeführt hat, ist die Änderung der Eigentumsordnung an einem Grundstück allerdings nicht Gegenstand des Vertrages der Parteien. Die Klägerin und die Beklagte haben gegenseitige Pflichten allein zur entgeltlichen Errichtung eines Bauwerks begründet. Der Vertrag enthält keine unmittelbare Verpflichtung der Beklagten, ein Grundstück zu erwerben. Für sich genommen, begründet der Bauvertrag die Pflicht zur Beurkundung folglich noch nicht.

Formbedürftig sind nach dem Schutzzweck des § 313 Satz 1 BGB aber auch solche Vereinbarungen, die - ohne dass sie die Veräußerung oder den Erwerb eines Grundstücks selbst zum Gegenstand haben - einen mittelbaren Zwang zur Übereignung eines Grundstücks herbeiführen (st. Rechtsprechung, vgl. BGH NJW 1970, 1915, 1916; NJW 1980, 829; NJW 1990, 390, 391; NJW 1992, 3237, 3238 m.w.N.). Dasselbe gilt für Verträge, die mit einem beurkundungsbedürftigen Grundstücksgeschäft eine rechtliche Einheit in der Weise bilden, dass sie nach dem Willen der Vertragsparteien "miteinander stehen und fallen" sollen (vgl. BGH Z 76, 43, 46; BGHZ 78, 346; BGH wie vor). Die Umstände des Streitfalls tragen das Beurkundungserfordernis aus beiden Gründen.

a. Der Vertrag über die Errichtung des Hauses hat in seiner Ausgestaltung einen mittelbaren Zwang zum Grundstückserwerb auf die Beklagte ausgeübt, weil sie durch den Bauvertrag in ihrer Entschließungsfreiheit betreffend den Erwerb des Grundeigentums nicht nur eingeengt, sondern geradezu gebunden war.

Von ganz wesentlicher Bedeutung sind die mit dem streitbefangenen Bauvorhaben offenkundig verfolgten Zwecke und die an dieser Interessenslage ausgerichtete Vertragsdurchführung. Wie die Klägerin nicht in Abrede stellt, ist mit der Errichtung des von der Beklagten bestellten Hauses erklärtermaßen das Ziel verfolgt worden, die Vermarktung des Baugebiets N "anzuschieben". Die Grundeigentümerin O und die Klägerin haben den "Abverkauf von insgesamt 25 Einfamilien- und 5 Doppelhäusern als gemeinsames Vorhaben verfolgt. Dabei sollte die O mit den Interessenten Grundstückskaufverträge nebst Bauerrichtungsverpflichtung schließen, also als Bauträger in Erscheinung treten. Die Vergabe sämtlicher Bauleistungen hatte die O, der Klägerin gegen Nachlass auf deren "Listenpreise" zugesagt. Die von O und Klägerin in Aussicht genommene "Vermarktung" von 10 Einheiten noch im Jahr 1999 ließ sich allerdings nicht verwirklichen. Dies hatte seinen Grund darin, dass - so hat es die Klägerin in ihrer an die O gerichteten "Stellungnahme zum Abarbeitungsstand Vermarktung N (Bl. 148 d.A.) selbst zum Ausdruck gebracht - Kaufinteressenten vor Beginn von Bauaktivitäten nicht "unterschriftsbereit" waren. Vor diesem Hintergrund, auch das leugnet die Klägerin nicht, hat sie mit der O abgesprochen, dass die Beklagte "einspringt". Die damals 24-jährige Studentin ist, für alle Beteiligten ersichtlich, nicht als Kaufinteressentin aufgetreten. Die Beklagte hat die - getrennten - Verträge nicht etwa zur Schaffung eines eigenen Heims oder zur Bildung einer Vermögensanlage geschlossen. Ausschließlicher Zweck war es vielmehr, ein "Muster" für Kaufinteressenten zu erhalten, um damit den Verkaufszielen von O und Klägerin zum Erfolg zu verhelfen. Im Einklang damit steht auch der Inhalt des von der Beklagten im Juni 2000 unterzeichneten Bemusterungsprotokolls. So heißt es darin beispielsweise unter Ziffer 13 (Bl. 190 d.A.): "Fliesen nur EG, incl. Fliesenspiegel Küche ca. 3 m2 (Musterhaus)".

Im Zusammenwirken auf ihr gemeinsames Ziel hin, haben die Klägerin und die O, ohne allerdings nach außen als Gesellschaft in Erscheinung zu treten, jede einen separaten Vertrag mit der Beklagten geschlossen. Dabei ist der Bauvertrag Mitte März 2DOO unterschieben worden. Danach hat die Klägerin mit der Errichtung des Bauwerks begonnen. Erst Mitte Mai 2000 ist der Grundstückskaufvertrag zustande gekommen.

Im Bauvertrag ist als Baugrundstück "Gemarkung N, Fl.-Nr. 4" angegeben. Ein Grundstück im Rechtssinne ist damit nicht bezeichnet. Gemeint war freilich die zu Eigentum der O gebuchte Fläche, verzeichnet im Grundbuch von N Blatt 429, seinerzeit eingetragen unter der lfd. Nr. 2 des Bestandsverzeichnisses als Flurstücke 10/5 bis 10/38 der Flur 4. Dass das Haus nach dem Vertrag der Parteien nicht "irgendwo" auf jener als ein Grundstück gebuchten Fläche von über 38.000 m2 zu errichten war, liegt auf der Hand. Es sollten noch einzelne Grundstücke gebildet werden, um diese mit Einfamilien- oder Doppelhaushälften bebaut an Interessenten zu veräußern. Bevor das Grundstück allerdings geteilt worden ist, hat die Klägerin mit dem Bau des Hauses begonnen. Wo gebaut werden sollte, kann folglich nicht die Beklagte entschieden haben. Das haben vielmehr die Klägerin und die O festgelegt, die sich dabei an den in Aussicht genommenen Verträgen mit Kaufinteressenten orientiert haben. Nicht die Beklagte, sondern die O hat auch bestimmt, dass und welcher Grundstücksteil als selbständiges und damit für sich verkehrsfähiges Grundstück gebildet werden sollte. Bevor dies geschehen ist, war bereits gebaut.

Als eigene Grundstücke entstanden sind zwischenzeitlich die Flurstücke 10/39 mit einer Größe von 631 m2 und 10/40 mit 632 m2. Sie sind durch Teilung aus dem früheren Flurstück 10/27 hervorgegangen und seit Juli 2000 mit den lfd. Nrn. 3 und 4 des Bestandsverzeichnisses eingetragen (Bl. 166, 169 d.A.). Wenngleich die Parteien dies nicht ausdrücklich vortragen, so geht der Senat - weil etwas Gegenteiliges nicht ersichtlich ist - davon aus, dass das Haus auf der im notariellen Kaufvertrag als bereits vermessenes Flurstück 10/39 bezeichneten Fläche (nunmehr lfd. Nr. 3 des Bestandsverzeichnisses) errichtet worden ist.

Im Zeitpunkt der Beurkundung des Grundstücksverträge s am 18. Mai 2000, also gut zwei Monate nach Unterzeichnung des Bauvertrages und Baubeginn, war das Haus unstreitig jedenfalls zum Teil bereits errichtet. Dieses Vorgehen entsprach auch dem Willen der Beteiligten. Die Klägerin und die O waren an dem sofortigen Baubeginn deshalb interessiert, weil sie damit das "Anlaufen des Abverkaufs" nach Maßgabe ihrer Rahmenvereinbarung erstrebt haben. Durch den so ausgerichteten Bauvertrag - erst recht aber durch den tatsächlichen Beginn der Bauarbeiten - war die Beklagte in ihrer Entschließungsfreiheit, ob - und welches - Grundstück sie erwirbt, nicht mehr frei. Sie "musste" das Grundstück kaufen, auf dem bereits gebaut war. Das haben die Beteiligten bei Abschluss des Bauvertrag als geradezu selbstverständlich vorausgesetzt. Für eine Abstandnahme vom Grundstückserwerb oder eine Entscheidung für ein anderes, als das schon bebaute Grundstück hatte die Beklagte buchstäblich keinen Raum mehr, nachdem in ihrem Auftrag das Einfamilienhaus bereits zum Teil errichtet war. Damit hat der Bauvertrag mittelbar einen Zwang zum Abschluss des Grundstückskaufvertrages herbeigeführt. Zur Erreichung des Zwecks des § 313 Satz 1 BGB, insbesondere vor Übereilung bei Abschluss eines auf den Erwerb eines Grundstücks gerichteten Vertrages zu schützen, hat mithin (schon) der Bauvertrag der notariellen Beurkundung bedurft.

b. Die Pflicht zur Beurkundung des Bauvertrages ergibt sich im übrigen noch daraus, dass dieser Vertrag mit dem Grundstückskaufvertrag eine rechtliche Einheit bildet und deshalb beide Geschäfte in ihrer Einheit ein Grundstücksgeschäft i.S.d. § 313 Satz 1 BGB darstellen.

Eine rechtliche Einheit zweier äußerlich selbständiger Verträge liegt - auch wenn daran zum Teil verschiedene Personen beteiligt sind - dann vor, wenn sie nach dem Willen der Parteien so voneinander abhängen, dass sie miteinander stehen und fallen sollen, So verhält es sich aus den schon dargelegten Gründen im Streitfall. Die Einheitlichkeit der Verträge ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil sie in verschiedenen Urkunden niedergelegt sind. Die Errichtung selbständiger Urkunden begründet zwar zunächst die Vermutung, dass die Verträge nicht in rechtlichem Zusammenhang stehen sollen. Die Vermutung ist indes widerlegt, weil nach dem erkennbaren Willen der Parteien im vorliegenden Fall die Verknüpfung mit dem Grundstückskaufvertrag gewollt war.

Der Zusammenhang ist schon durch die Rahmenvereinbarung zwischen Bauunternehmerin und Grundstücksverkäuferin hergestellt. Zwar haben die Klägerin und die O bei den mit der Beklagten geschlossenen Verträgen an ihren ursprünglichen Absichten betreffend die Errichtung eines Musterhauses nicht in allen Punkten festgehalten. Der Zweck blieb allerdings derselbe, die Beteiligten haben nur andere rechtliche Formen gewählt. Das Haus ist unstreitig für Zwecke der "Innengesellschaft" zwischen O und Klägerin errichtet worden. Ohne weiteres erkannt hat die Klägerin, dass die Beklagte ein eigenes "Interesse" weder am Bau, noch am Kauf des Grundstücks hatte.

Bezeichnend für das Bestehen des Verknüpfungswillens ist obendrein das Schreiben der Klägerin vom 23. Mai 2000 (Bl. 33 d.A.). Mit dieser Urkunde hat die Klägerin die "Bestätigung über die Finanzierung des Grundstücks" überreicht, und zwar nicht der Beklagten, sondern "wie abgesprochen" der O. Der Vortrag der Klägerin, sie habe mit der Finanzierung des Grundstücks nichts zu tun gehabt, erweist sich folglich als unwahr. Ohne dass es noch entscheidend darauf ankommt, ob die Klägerin es übernommen hat, die Finanzierung des Vorhabens zu sichern, belegt die Urkunde, dass gerade nach dem Willen von O und Klägerin der Bauvertrag und der Grundstückskauf - in ihrer Einheit - auch von einer gesicherten Finanzierung abhängen sollten.

Die geschilderten Umstände zeigen auf, dass nach übereinstimmendem Willen der Prozessparteien der Bauvertrag ohne Erwerb des Grundstücks von der O und in gleicher Weise, der Kauf eines Grundstücks ohne Bebauung mit dem "Musterhaus" nicht in Betracht kam. Damit war nach der Vorstellung aller Beteiligten der Bestand von Bauvertrag und Grundstücksgeschäft so miteinander verknüpft, dass beide Geschäfte miteinander stehen und fallen, oder anders ausgedrückt, nur einheitlich gelten sollten. Unerheblich ist es, ob noch weitere Absprachen dazu getroffen worden sind, wer letztlich die Geldmittel für die beabsichtigte Finanzierung aufbringen sollte. Irgendwelche Vereinbarungen, welche die rechtliche Einheit von Bau- und Grundstücksvertrag in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Solche Abreden werden auch von der Klägerin nicht geltend gemacht.

Da es dem Bauvertrag an der notariellen Beurkundung nach § 313 Satz 1 BGB fehlt, ist er gemäß § 125 Satz 1 BGB nichtig.

2. Der Formmangel ist zwischenzeitlich nicht nach § 313 Satz 2 BGB geheilt. Zwar erstreckt sich die mit der Vorschrift angeordnete Heilungswirkung auf den im rechtlichen Zusammenhang mit dem Grundstückserwerb stehenden und deshalb ebenfalls beurkundungsbedürftigen sonstigen Vertrag. Die Voraussetzungen der Heilung liegen indes nicht vor. Erforderlich ist die Auflassung und die Eintragung des Rechtserwerbs im Grundbuch. Im Streitfall ist zwar die Auflassung des Grundstücks erklärt, die Eigentumsumschreibung zugunsten der Beklagten im Grundbuch ist aber unstreitig (noch) nicht erfolgt. Die im September 2000 erlangte Eintragung der Auflassungsvormerkung hat die Heilung nicht herbeigeführt.

3. Mit der Geltendmachung des Formmangels verstößt die Beklagte nicht im Sinne einer unzulässigen Rechtsausübung gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Ist ein Rechtsgeschäft mangels Einhaltung der vorgeschriebenen Form nichtig, so ist die Berufung auf den Formmangel nur ganz ausnahmsweise dann unbeachtlich, wenn die Nichtigkeitsfolgen zu einem schlechthin untragbaren Ergebnis führen. So verhält es sich im Falle der Klägerin nicht. Im Gegenteil erscheint die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Beklagten gefährdet, wenn sie das Haus bezahlen muss, wegen Scheiterns des Grundstückserwerbs irgendeinen Nutzen daraus aber niemals ziehen kann. Eine Treuepflichtverletzung ist der Beklagten dabei nicht vorzuwerfen. Der Grundstückserwerb ist deshalb gescheitert, weil es die O nicht vermocht hat, das verkaufte Grundstück von der Gesamtbelastung freizustellen. Da - wohl aus demselben Grund - auch die für Haus und Grundstück ursprünglich zugesagte Finanzierung letztlich nicht zustande gekommen ist, lässt sich nicht erwarten, dass der Grundstückskaufvertrag zukünftig noch vollzogen werden wird. Selbst die Klägerin trägt nicht vor, dass die Beklagte den Vollzug des Grundstückskaufvertrages erfolgreich weiterverfolgen könnte.

Den Interessen der Klägerin an der Bezahlung ihrer Bauleistungen lässt sich trotz der Nichtigkeit des Bauvertrages im wesentlichen Rechnung tragen. Eigentümerin des nach dem Vortrag der Klägerin fertiggestellten Gebäudes ist die O als Eigentümerin des Grundstücks geworden (§§ 94, 946 BGB). Die Klägerin hat gegen die O einen Anspruch aus Bereicherungsrecht (§§ 951, 812 Abs. 1 BGB). Die O war mit der Bebauung vor Durchführung des Grundstückskaufvertrages einverstanden. Die allein theoretische, tatsächlich indes ganz fern liegende Möglichkeit, dass die Beklagte das jetzt bebaute Grundstück doch noch erwerben und damit den Nutzen der Bauleistung der Klägerin erlangen könnte, rechtfertigt es nicht, ihre Berufung auf die Formnichtigkeit des Bauvertrages als nach Treu und Glauben ausgeschlossen anzusehen.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die dafür in § 543 Abs. 2 ZPO n.F. aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug, zugleich Beschwer der Klägerin: 98.993,65 € (entspricht 193.614,75 DM).

Ende der Entscheidung

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