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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil verkündet am 17.05.2001
Aktenzeichen: 8 U 99/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 545 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 713
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Im Namen des Volkes Urteil

8 U 99/00

Verkündet am 17. Mai 2001

In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 26. April 2001 unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht ..., des Richters am Oberlandesgericht ... und des Richters am Landgericht ...

für Recht erkannt:

Tenor:

Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das am 5. Oktober 2000 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die einstweilige Verfügung des Amtsgerichts Zehdenick vom 12. Mai 2000 (Az.: 63 C 151/00) wird aufgehoben, der Antrag auf ihren Erlass wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Antragstellerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat in der Sache Erfolg.

I.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts, das die vom Amtsrichter des belegenen Grundstücks (§ 942 Abs. 2 ZPO) erlassene Beschlussverfügung aufrecht erhalten hat, kann keinen Bestand haben, weil die Zustellung der einstweiligen Verfügung (§§ 922 Abs. 2, 936 ZPO) nicht - jedenfalls nicht fristgerecht (§ 929 Abs. 2 und 3 ZPO) - von der Antragstellerin bewirkt worden ist. Die Beschlussverfügung unterliegt der Aufhebung, weil ihre Vollziehung wegen Nichtwahrung der Vollziehungsfrist nicht mehr statthaft ist (§ 927, 936 ZPO). Die schon getroffene Vollziehungsmaßnahme, die am 29. Juni 2000 erlangte Eintragung im Grundbuch, ist wirkungslos (§ 929 Abs. 3 ZPO).

1. Jede Beschlussverfügung ist im Parteibetrieb zuzustellen (§§ 922 Abs. 2, 936 ZPO). Die Zustellung ist Wirksamkeitsvoraussetzung der einstweiligen Verfügung und Voraussetzung der Wahrung der Vollziehungsfrist. An einer wirksamen Zustellung fehlt es hier.

Die Rechtsanwälte der Antragstellerin haben am 30. Mai 2000 die Zustellung an die im erstinstanzlichen Verfahren bestellten Prozessbevollmächtigten der Antragsgegnerin vorgenommen (§§ 176, 198 ZPO). Nach dem Text des von der Antragstellerin eingereichten anwaltlichen Empfangsbekenntnisses (Bl. 206 d.A.) ist der Antragsgegnerin aber lediglich eine "Kopie des Beschlusses" übermittelt worden. Das genügt den Anforderungen an eine wirksame Zustellung nicht. Zuzustellen ist eine Ausfertigung der einstweiligen Verfügung oder eine beglaubigte Abschrift derselben (§ 170 ZPO). Ausfertigungsvermerk und Beglaubigung sind wesentliches Erfordernis der Zustellung, ohne sie ist die Zustellung unwirksam.

Selbst wenn man diesen, dem zustellenden Schriftstück selbst anhaftenden Zustellungsmangel als heilbar (§ 187 Abs. 1 ZPO) ansehen wollte, was mit der wohl überwiegenden Rechtsprechung der anderen Oberlandesgerichte für die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung (vgl. OLG Düsseldorf WRP 1990, 1990, 43, 44; OLG Karlsruhe WRP 1992, 399, 340; OLG Celle WRP 1993, 181; OLG Rostock InVo 1997, 218) allerdings zu verneinen wäre, so hätte die Zustellung am 30. Mai 2000 die gesetzlichen Fristen nicht gewahrt.

2. Die einstweilige Verfügung ist mit dem Ersuchen (§ 941 ZPO) auf Eintragung der angeordneten Vormerkung (§ 932 Abs. 3 ZPO) vor dem 30. Mai 2000 vollzogen worden. Die schon vor der Zustellung zulässige Vollziehung (§ 929 Abs. 3 Satz 1 ZPO) ist hier ohne Wirkung, weil eine etwa wirksame Zustellung vom 30. Mai 2000 nicht innerhalb einer Woche nach der Vollziehung erfolgt ist (§ 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO).

Die ab Vollziehung zu rechnende Wochenfrist (§ 929 Abs. 3 Satz 2 ZPO) hat mit dem Eingang des Eintragungsersuchens (§ 38 GBO) bei dem Grundbuchamt zu laufen begonnen. Für eine fristwahrende Zustellung am 30. Mai 2000 müsste der Eintragungsantrag nicht vor dem 23. Mai 2000 eingegangen sein. Das ist zu verneinen.

Der Antrag ist wenige Tage nach Erlass der Beschlussverfügung vom 12. Mai 2000, spätestens aber am 16. Mai 2000 bei dem Grundbuchamt eingegangen. Der Amtsrichter hat, dem Antrag der Antragstellerin folgend, das Grundbuchamt um Vornahme der Eintragung ersucht (§ 941 ZPO). Das Eintragungsersuchen ist in die Beschlussformel aufgenommen worden. Noch am 12. Mai 2000 hat der Amtsrichter verfügt, eine Beschlussausfertigung an die Antragstellerin zuzustellen und eine weitere Ausfertigung dem Grundbuchamt zur Vornahme der Eintragung vorzulegen (Bl. 37 R d.A.). Jene Anweisung ist am 15. Mai 2000 von der Geschäftsstelle ausgeführt worden.

Wenngleich die Prozessakten den Zeitpunkt des Zugangs bei dem Grundbuchamt nicht belegen, so spricht alles dafür, dass das Ersuchen noch am gleichen Tag vorgelegen hat, zumal Abteilungsrichter und Grundbuchamt in einem Hause sitzen. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte und anderweitiger Darlegung der Antragstellerin kann die Beschlussausfertigung bei dem Grundbuchamt zumindest nicht später eingegangen sein, als bei den Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin. Das war der 16. Mai 2000, wie das Empfangsbekenntnis (Bl. 38 d.A.) beurkundet. Eine Zustellung am 30. Mai 2000 liegt mithin außerhalb der Wochenfrist.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO in Verbindung mit § 545 Abs. 2 Satz 1 ZPO.

Streitwert im Berufungsrechtszug: 195.500,- DM (1/3 der zu sichernden Forderung, § 3 ZPO).

Ende der Entscheidung

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