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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 14.02.2002
Aktenzeichen: 8 W 270/01
Rechtsgebiete: BRAGO, ZPO, EGZPO


Vorschriften:

BRAGO § 32 Abs. 1
ZPO § 515 Abs. 3
ZPO § 574 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 2 Nr. 2
ZPO § 574 Abs. 3 n. F.
ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 97 Abs. 1
EGZPO § 26 Nr. 10
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

8 W 270/01

In dem Rechtsstreit

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht Beilich, des Richters am Oberlandesgericht Fischer und des Richters am Landgericht Dr. Fiedler

am 14. Februar 2002

beschlossen:

Tenor:

Auf die Gegenvorstellung des Beklagten vom 3. Dezember 2001 wird der Beschluss des Senats vom 8. November 2001 aufgehoben.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts Potsdam vom 7. September 2001 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Klägerin zur Last.

Gründe:

I.

Die Gegenvorstellung hat Erfolg und führt zur Aufhebung des Beschlusses des Senats vom 08.11.2001 sowie zur erneuten Entscheidung des Senats über die sofortige Beschwerde.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin ist zulässig (§ 104 Abs. 3 ZPO, §§ 11 Abs. 1, 21 Nr. 1 RPflG), aber unbegründet.

Die Beschwerde betrifft die Frage, welche Grundsätze für die bei Rücknahme einer Berufung erstattungsfähigen Kosten der Prozessbevollmächtigten des Berufungsgegners gelten, wenn die Berufungsschrift weder einen Antrag noch eine Begründung enthält und gleichzeitig mitgeteilt wird, dass das Rechtsmittel nur zur Fristwahrung eingelegt werde, seine Durchführung also noch ungewiss sei.

In dieser Frage folgt der Senat in ständiger Spruchpraxis (Beschlüsse vom 10.04.1996, 8 W 238/95, und vom 31.08.1998, 8 W 179/98) der vermittelnden Ansicht (OLG Karlsruhe JurBüro 1995, 88; OLG Hamburg, JurBüro 1995, 90), wonach die Prozessgebühr für das Berufungsverfahren im Hinblick auf § 32 Abs. 1 BRAGO nur zur Hälfte erstattungsfähig ist. Dies beruht auf folgenden Erwägungen:

Der Berufungbeklagte ist in jedem Fall berechtigt, nach Einlegung des Rechtsmittels seinerseits zugleich einen Rechtsanwalt für die Berufungsinstanz zu beauftragen und diesem seine Vertretung gegenüber dem Berufungsgericht anzeigen zu lassen. Das erfordert schon der Grundsatz der "Waffengleichheit" im Prozess. Ebenso wie der Berufungskläger sich anwaltlicher Beratung und Vertretung bedient, darf dies auch der Berufungsbeklagte tun, dessen Anwalt sich bereits mit dem Fall bekannt machen und gemeinsam mit seinem Mandanten die gebotenen Vorbereitungen für die evtl. erforderlich werdende Berufungserwiderung treffen kann (z. B. Einholen weiterer Informationen und Unterlagen, Ausfindigmachen von Zeugen). Damit muss er nicht warten, bis er nach Einreichung der Berufungsbegründung - mit dieser Möglichkeit muss er ja rechnen - unter "Fristendruck" gerät. Diese Wertung steht auch mit dem kostenrechtlichen Grundsatz in Einklang, wonach sich eine Partei im Prozess grundsätzlich anwaltlicher Hilfe bedienen darf (§ 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Entsprechend diesen Grundsätzen hat der Beklagte einen Prozessbevollmächtigten für das Berufungsverfahren beauftragt, ohne einen in diesem Stadium noch nicht notwendigen Sachantrag zu stellen. Damit waren dem Beklagten - schon vor der Zurücknahme des Rechtsmittels der Klägerin - im Berufungsverfahren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Kosten entstanden.

Der Senat hat diesen Umstand in seinem Beschluss vom 08.11.2001 nicht berücksichtigt. Wie der Beklagte in seiner Gegenvorstellung mit Recht bemerkt, hatte er bereits am 30.04.2001 seinen zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten - also noch vor der Berufungszurücknahme am 11.06.2001 - beauftragt. Hierzu war er nach den dargelegten Grundsätzen auch berechtigt. Da der Beklagte seine Vertretung noch nicht angezeigt hatte, war der Bestellungsschriftsatz vom 25.06.2001 mit dem Antrag gemäß § 515 Abs. 3 ZPO auf einen Kostenausspruch erforderlich. Denn nur auf diese Weise konnte der Beklagte eine Kostengrundentscheidung erwirken, die er zur Durchsetzung der ihm entstandenen notwendigen Kosten benötigte.

Die von dem Beklagten angemeldeten Kosten, nämlich eine halbe Prozessgebühr (§ 32 Abs. 1 BRAGO) sowie die Auslagenpauschale insgesamt 429,10 DM (= 219,40 €) sind nach allem erstattungsfähig.

II.

Der Senat lässt gemäß § 574 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 ZPO n. F. i. V. m. § 26 Nr. 10 EGZPO die Rechtsbeschwerde zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung im Hinblick auf die Beurteilung zu § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Beschwerdewert: 219,40 € (= 429,10 DM).

Ende der Entscheidung

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