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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 14.11.2001
Aktenzeichen: 8 Wx 217/00
Rechtsgebiete: VZOG, FGG


Vorschriften:

VZOG § 2 Abs. 3
VZOG § 2 Abs. 1 Satz 4
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

8 Wx 217/00

Grundbuch von G Blatt Amtsgericht Cottbus

In der Grundbuchsache

hat der 8. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts unter Mitwirkung

des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht des Richters am Oberlandesgericht und des Richters am Landgericht

am 14. November 2001

beschlossen:

Tenor:

Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1. gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus vom 23. Februar 1994 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Beteiligte zu 1. tragen.

Gründe:

Die eingangs bezeichneten Grundstücke standen im Eigentum des Volkes, Rechtsträger war seit 1982 das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Auf Antrag des Komitees zur Auflösung des Amtes für Nationale Sicherheit (AfNS) und des Rates der Gemeinde G wurde der Rat der Gemeinde G als Rechtsträger der Grundstücke im Grundbuch eingetragen, und zwar betreffend das damalige Flurstück 356/5 am 28. September 1990 und betreffend das Flurstück 284/1 am 1., Oktober 1990.

Mit notariellem Vertrag vom 29. September 1990 verkaufte die Gemeinde G die Grundstücke zu einem Preis von 1,- DM/m2 an die Beteiligte zu 1. Das Eigentum wurde am 21. Dezember 1990 auf die Beteiligte zu 1., seinerzeit firmierend unter S H GmbH, umgeschrieben. Seit dem 15. September 1992 ist die Beteiligte zu 1. mit der im Beschlusseingang genannten Firma als Eigentümerin gebucht.

Den im Mai 1993 gestellten Antrag der Beteiligten zu 2., zu ihren Gunsten einen Amtswiderspruch gegen die Eigentumseintragung der Beteiligten zu 1. einzutragen, hat das Grundbuchamt zurückgewiesen. Auf die dagegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2. hat das Landgericht durch Beschluss vom 23. Februar 1994 das Grundbuchamt angewiesen, von seinen Bedenken gegen die Eintragung des Amtswiderspruchs Abstand zu nehmen. Das Grundbuchamt hat 13. Mai 1994 von Amts wegen den Widerspruch eingetragen.

Am 9. Juni 1994 schlossen die Beteiligte zu 1. und die Gemeinde G einen Kaufvertrag über den Rückkauf der Grundstücke wiederum zum Preis von 1,- DM/m2.

Mit Vermögenszuordnungbescheiden vom 31. Juli 1995 (Bl. 523 - 532 d.A.) stellte der Präsident der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben fest, dass das Flurstück 184/1 und die zwischenzeitlich vermessene Teilfläche von 123.795 m2 des früheren Flurstücks 356/5 (insgesamt 147.672 m²) in das Eigentum der Beteiligten zu 2. übergegangen sind. Beide Bescheide sprechen daneben die Feststellung aus, dass der Erwerb der Flurstücke 284/1 und 356/5 durch die Beteiligte zu 1. unwirksam ist.

Mit ihrer weiteren Beschwerde vom 11. September 2000 wendet sich die Beteiligte zu 1. gegen die landgerichtliche Beschwerdeentscheidung vom 23. Februar 1994.

II.

Die formgerecht erhobene weitere Beschwerde ist zulässig (§§ 78, 80 GBO).

Gegen die auf Anweisung des Beschwerdegerichts vorgenommene Eintragung des Amtswiderspruchs (§ 53 Abs. 1 Satz 1 GBO) ist die weitere Beschwerde gegeben (vgl. Demharter, GBO, 22. Aufl. § 78 Rn. 7 m.w.N.). Sie ist mit dem Ziel der Löschung des Widerspruchs zulässig (§ 71 Abs. 2). Die Beteiligte zu 1. ist durch den gegen ihre im Grundbuch verlautbarte Rechtsstellung als Eigentümerin gebuchten Amtswiderspruch in ihren Rechten beschwert, sie ist deshalb beschwerdeberechtigt.

In der Sache ist die weitere Beschwerde unbegründet.

Die Löschung des zugunsten der Beteiligten zu 2. eingetragenen Amtswiderspruchs kann die Beteiligte zu 1. nicht erreichen, weil im Verhältnis der Beteiligten - und zwar das Grundbuchamt bindend - feststellt, dass das Grundbuch insoweit der materiellen Rechtslage entspricht, als der Widerspruch zu Recht eingetragen ist. Diese Feststellung stützt sich auf die Wirkungen der im Hinblick auf die verfahrensbefangenen Grundstücke am 31. Juli 1995 ergangenen Vermögenszuordnungsbescheide.

1. Der Präsident der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben hat bei seiner Entscheidung über die Zuordnungslage von der nach § 2 Abs. 1 Satz 4 VZOG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und neben der Feststellung des gesetzlichen Eigentumsübergangs nach den Zuordnungsvorschriften zugleich über die Wirksamkeit der Veräußerung der Grundstücke an die nicht zuordnungsfähige Beteiligte zu 1. entschieden.

Beide Vermögenszuordnungsbescheide sprechen die Feststellung aus, dass der Erwerb der Flurstücke 284/1 und 356/5 durch die Beteiligte zu 1. auf der Grundlage des mit der Beteiligten zu 3. geschlossenen notariellen Kaufvertrages vom 29. September 1990 unwirksam ist. Dabei ist es ohne Belang, dass die Feststellung der Unwirksamkeit des Erwerbs im Falle des Bescheids betreffend das Flurstück 356/5 nicht in die Entscheidungsformel aufgenommen, sondern allein in den Gründen unter Bezug auf die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 4 VZOG ausgeführt ist. Letzteres reicht aus, um die Feststellungswirkung im Sinne der genannten Bestimmung herbeizuführen (vgl. Schmidt-Räntsch/Hiestand, Rechtshdb. Vermögen und Investitionen in der ehem. DDR, B 170, VZOG, § 2 Rn. 34).

2. Über den Feststellungsausspruch der Zuordnungsbescheide kann sich das Grundbuchamt und mit ihm das Gericht im Beschwerdeverfahren nicht hinwegsetzen. Die Feststellung der Unwirksamkeit des Erwerbs der Grundstücke durch die Beteiligte zu 1. im Verhältnis zur Beteiligten 2. ist einer abweichenden Beurteilung durch das Zivilgericht entzogen.

Ein Vermögenszuordnungsbescheid wirkt gemäß § 2 Abs. 3 VZOG für und gegen alle am Zuordnungsverfahren Beteiligten. Dazu gehören die Beteiligte zu 2. als Zuordnungsberechtigte und die Beteiligte 1. als diejenige nicht zuordnungsfähige Dritte, zu deren Lasten die Unwirksamkeit des Erwerbs nach § 2 Abs. 1 Satz 4 VZOG festgestellt worden ist. Die Beteiligte zu 1. ist vom Präsidenten der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben im Verfallen hinzugezogen worden, sie ist - wie in beiden Zuordnungsbescheiden mitgeteilt - auf den Zuordnungsantrag der Beteiligten zu 2. angehört worden.

Der Zuordnungsentscheidung kommt streitentscheidender Charakter zu. Mit der in § 2 Abs. 3 VZOG angeordneten Bindung soll erreicht werden, dass die Entscheidung der zuständigen Stelle gegenüber allen in Betracht kommenden Beteiligten wirksam ist und eine spätere Anfechtung der Entscheidung weitestgehend ausgeschlossen wird. Dieser Zweck würde verfehlt, wenn einer der am Zuordnungsverfahren Beteiligten sich im Zivilprozess von der Zuordnungsentscheidung lossagen könnte und erneut die Zuordnungsfrage aufwerfen könnte. Aus diesem Grund ist es den Beteiligten untereinander verwehrt, eine vom Zuordnungsbescheid abweichende Entscheidung des Zivilgerichts zu verlangen (vgl. BGH VIZ 1995, 592, 593; Schmidt-Räntsch/Hiestand a.a.O. § 2 Rn. 37). Das hat zur Folge, dass das Zivilgericht - sei es im Prozess oder im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit - den feststellenden Bescheid des Präsidenten der Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben als bindend zu beachten hat.

Gegen die Bindungswirkung kann sich die Beteiligte zu 1. nicht mit Erfolg darauf berufen, dass ihr die am 31. Juli 1995 ergangenen Vermögenszuordnungsbescheide bisher nicht zugestellt seien. Die Zivilgerichte haben die Existenz und den Inhalt eines Verwaltungsaktes, unabhängig davon, ob er bereits bestandskräftig geworden ist, solange zu beachten, als er nicht von Amts wegen oder auf einen Rechtsbehelf hin in dem dafür vorgesehenen Verfahren aufgehoben ist (vgl. BGH VIZ a.a.O. m.w.N.). Etwas anderes kommt nur bei nichtigen Verwaltungsakten in Betracht, was bei den hier interessierenden Zuordnungsbescheiden nicht der Fall ist.

3. Nach dem Inhalt der Zuordnungsbescheide steht bindend fest dass die Beteiligte zu 1. das Eigentum an den Grundstücken im Verhältnis zur Beteiligten 2. nicht erworben hat. Der gegen das Eigentumsrecht der Beteiligten zu 1. zugunsten der Beteiligten zu 2. gebuchte Amtswiderspruch entspricht folglich der materiellen Rechtslage (§ 894 BGB) und ist deshalb nicht zu löschen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Beschwerdewert: 150.242,- DM (§331 Abs. 2, § 30 KostO).

Ende der Entscheidung

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