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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 05.11.2001
Aktenzeichen: 9 U 19/01 (1)
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 115
ZPO § 117
ZPO § 233
ZPO § 519b Abs. 2
BGB § 516
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 U 19/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In dem Rechtsstreit

hat der 9. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Landgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

am 5. November 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten vom 2. Oktober 2001 gegen das am 13. Juni 2001 verkündete Urteil des Landgerichts Cottbus - 3 O 237/00 - wird verworfen.

Der Antrag des Beklagten vom 2. Oktober 2001 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Der Berufungswert beträgt 17.712,00 DM.

Gründe:

Die mit Schriftsatz vom 2. Oktober 2001 eingelegte, am selben Tage beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangene Berufung war gem. § 519b Abs. 2 ZPO zu verwerfen, da die Berufungsfrist gemäß § 516 BGB nicht gewahrt ist. Das angefochtene Urteil ist dem Beklagten unter dem 25. Juni 2001 ausweislich des Empfangsbekenntnisses Bl. 86 d. A., zugestellt worden, so daß die Berufungsfrist von einem Monat seit dem 26. Juli 2001 verstrichen ist. Die innerhalb der Berufungsfrist eingegangenen Schriftsätze vom 17. Juli 2001 stellen dagegen keine Berufungseinlegung dar, da es sich ausdrücklich um ein Prozeßkostenhilfegesuch für eine beabsichtigte Berufung i. V. m. dem Entwurf einer Berufungsschrift handelt, zumal diese Schriftsätze nicht von einem beim Brandenburgischen Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sind.

Dem Wiedereinsetzungsgesuch war nicht stattzugeben, da der Beklagte nicht ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Berufungsfrist (§ 516 ZPO) gehindert war, § 233 ZPO.

Wird durch das (Berufungs-)Gericht die für die Einlegung der Berufung begehrte Prozesskostenhilfe wegen mangelnder Bedürftigkeit der antragstellenden Partei gemäß § 115 ZPO verweigert, so kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur dann gewährt werden, wenn die Partei vernünftigerweise nicht mit der Verweigerung der Prozesskostenhilfe wegen fehlender Bedürftigkeit rechnen musste (BGH, FamRZ 1999, 644; 1997, 546, 547; NJW-RR 1991, 1532, 1533 - ständige Rechtsprechung; Thomas/Putzo, ZPO, 23. Aufl. 2001 § 233 Rn. 38; Gutjahr in Verfahrenshandbuch Familiensachen, 2001, § 1 Rn. 208 m. w. N.). Diesen Ausnahmefall hat die Partei im Einzelnen darzulegen (vgl. auch Gutjahr a.a.O.), da das Hindernis der Mittellosigkeit objektiv nicht vorlag und daher grundsätzlich in derartigen Fällen eine Wiedereinsetzung nicht in Frage kommen kann (MünchKomm-Feiber, ZPO, 2. Aufl. 2000 § 233 Rn. 46).

An einem derart substantiierten Vortrag des Beklagten fehlt es; im Gegenteil muss nach dem derzeitigen Stand unter Berücksichtigung des eigenen Vorbringens des Beklagten vielmehr davon ausgegangen werden, dass er schuldhaft die Frist zur Einlegung der Berufung versäumt hat. Mit der Ablehnung des auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe gerichteten Gesuches mußte der Beklagte hier schon deswegen rechnen, weil er seine Bedürftigkeit nicht ausreichend dargetan hatte. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt voraus, dass der Antrag den gesetzlichen Erfordernissen des § 117 ZPO entspricht; die Partei muss sich über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse (Einkünfte und Vermögen) unter Verwendung des zu diesem Zweck eingeführten Vordruckes vollständig und in einer Weise erklären, die die gerichtliche Prüfung der Antragsvoraussetzungen ermöglicht (BGH NJW-RR 1991, 1532; 1533). Voraussetzung dafür ist insbesondere auch, dass der amtliche Vordruck ordnungsgemäß ausgefüllt worden ist, d. h., dass die Partei bis zum Ablauf dieser Frist die für ihre wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlichen Angaben vollständig und übersichtlich dargestellt hat, wofür auch lückenlose Angaben zu fordern sind (BGH a.a.O.; vgl. auch BGH FamRZ 1997, 546, 547; FamRZ 1994, 1098, 1099; NJW-RR 1990, 450; Stein/Jonas-Roth, ZPO, 21. Aufl. 1993, § 233 Rn. 65 - Prozesskostenhilfe -). Dies setzt erst recht voraus, dass keine irreführenden oder widersprüchlichen Angaben zur Prozesskostenhilfe gemacht werden (ausdrücklich Roth a.a.O.). Letzteres ist aber hier der Fall.

Sowohl die in erster Instanz unter dem 28. März 2001 als auch die in zweiter Instanz unter dem 2. Juli 2001 eingereichten Erklärungen zur Prozesskostenhilfe sind unrichtig, zumindest aber widersprüchlich. Unter dem Abschnitt G hat der Beklagte jeweils durch die Kennzeichnung mit dem Großbuchstaben "B" zu Grundvermögen erklärt, dass dieses dem Ehegatten - d. h. der Klägerin - allein gehört. Dies stellt zumindest in erster Instanz - auch aufgrund der nachfolgenden handschriftlichen Erklärung "geschiedener Ehegatte" - eine falsche Erklärung dar, da der Erklärung vom 28. März 2001 keine andere Bedeutung beigemessen werden kann, als daß die Beklagte Alleineigentümerin des vorhandenen Grundvermögens sei. Die für die zweite Instanz abgegebene Erklärung vom 2. Juli 2001 ist dagegen aufgrund des Zusatzes "mit geschiedener Ehefrau" zumindest widersprüchlich, da die Eigentumsverhältnisse an dem besagten Grundstück hieraus nicht eindeutig hervorgehen. Es hätte einer näheren Erläuterung bedurft, insbesondere auch dazu, inwieweit dieses Grundstück einer Verwertung zugeführt und daher aus dem Erlös - eventuell auch unter Ausnutzung einer Beleihung - die Prozesskostenhilfe beglichen werden könnte. Eine solche vollständige Erklärung ist aber auch auf die Anfrage des Senats vom 2. August 2001, mit welchem dem Beklagten die Erläuterung der Rechtsverhältnisse an dem Grundeigentum binnen einer Frist von zwei Wochen aufgegeben wurde, nicht erfolgt. So hat der Beklagte innerhalb der gesetzten Frist mit Schriftsatz vom 21. August 2001 lediglich die Eigentumsverhältnisse aufgeklärt und Einzelheiten zum Erwerb und zur Größe des Grundeigentums angegeben. Angaben dazu, welcher Wert für das Grundeigentum bzw. den Miteigentumsanteil des Beklagten zugrunde zu legen ist und inwieweit eine Verwertung möglich ist, hat der Beklagte hierbei nicht getätigt. Erstmalig innerhalb des Wiedereinsetzungsantrages hat er sich zur Verwertungsmöglichkeit geäußert, allerdings auch nur insoweit, als eine Zustimmung der Miteigentümerin (= Klägerin) zur Verwertung in Anbetracht des vorliegenden Rechtsstreits kaum zu erwarten sei. Dies genügt aber erkennbar nicht. Vielmehr hätte im Einzelnen dargestellt werden müssen, ob die Klägerin die Zustimmung bereits verweigert hat. Selbst dann aber würden weitere Verwertungsmöglichkeiten wie die Beleihung der Eigentumswohnung durch Aufnahme eines Darlehens in Betracht kommen; der pauschale Hinweis darauf, bei einem deutschen Kreditinstitut dürfte die Beleihung der in Polen gelegenen Eigentumswohnung kaum erfolgen können, genügt nicht. Im Übrigen fehlt es nach wie vor an Wertangaben zu diesem Eigentum.

Der Beklagte kann sich auf einen besonderen Vertrauensschutz auch nicht deshalb berufen, weil das Landgericht seinen in erster Instanz gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht wegen fehlender Bedürftigkeit, vielmehr wegen fehlender Erfolgsaussichten zurückgewiesen hat. Ein besonderer Vertrauensschutz kann hieraus schon deshalb nicht erwachsen, weil das Landgericht gerade hinsichtlich der Bedürftigkeit keine Feststellungen getroffen hatte. Im Übrigen hätte selbst bei einer Bewilligung der Prozesskostenhilfe durch das Landgericht dem Beklagten kein Vertrauensschutz zugestanden, da - wie bereits dargestellt worden ist - schon der in erster Instanz eingereichte Vordruck falsche Angaben enthielt.

Ende der Entscheidung

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