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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.01.2007
Aktenzeichen: 9 UF 110/06
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 621 e
BGB § 1666 Abs. 1
BGB § 1666 a
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 110/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

betreffend den Entzug der elterlichen Sorge für die Kinder R... S..., geboren am ... 2001, F... S..., geboren ... 2003, J... S..., geboren am ... 2004,

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerden der Antragsgegner gegen den Beschluss des Amtsgerichts Bad Liebenwerda vom 22. Mai 2006 (22 F 420/04) durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Seidel, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Werr und den Richter am Oberlandesgericht Götsche

nach Anhörung der Beteiligten

am 18. Januar 2007

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerden der Antragsgegner werden zurückgewiesen.

Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Beschwerdewert wird auf 3.000 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Der am ... 1970 geborene Kindesvater und die am ...1976 geborene Kindesmutter haben am 18.4.2001 geheiratet. Wenige Monate danach wurde das erste der betroffenen drei Kinder geboren. Beide Eltern waren Hilfsschüler. Der Kindesvater stammt aus einer kinderreichen Familie, gibt an, von seinem Stiefvater jahrelang geschlagen worden zu sein, war von 1991 bis 1998 obdachlos und lebte zum Zeitpunkt des Kennenlernens der Kindeseltern in einem betreuten Wohnprojekt. Er ist langjähriger Alkoholiker, hat etwa 8 Entziehungskuren hinter sich und ist nun nach seinen Angaben seit April 2004 "trocken". Er wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Bautzen vom 5.11.2003 unter Betreuung gestellt; das im Rahmen dieses Verfahrens eingeholte nervenärztliche Gutachten beschreibt ihn als intellektuell minderbegabt.

Bei der Kindesmutter wurde während der Schulzeit Epilepsie diagnostiziert, auf die sie jedoch medikamentös eingestellt ist. Im Haushalt ihrer Eltern leben noch ein schwer behinderter Bruder und ein gleichfalls schwer behinderter Onkel. Die Kindeseltern haben nach der Eheschließung zunächst in demselben Ort in Sachsen gewohnt, aus dem die Kindesmutter stammt. Auch sie wurde durch den Beschluss des Amtsgerichts Bautzen vom 12.1.2004 wegen intellektueller Minderbegabung und fehlender sozialer Kompetenz unter Betreuung gestellt.

Nach der Geburt der ersten beiden Kinder wurde in Sachsen durch die zuständigen Ämter ein enges soziales Netz um die Familie geknüpft, das jedoch den Anlass für den plötzlichen Umzug nach Brandenburg im Juni 2004 bildete. Insbesondere die Kindesmutter wollte ihre Familie frei von fremder Hilfe wissen. Unmittelbar nach der Umsiedlung existierten die Kindeseltern, auf Grund eines behördeninternen Informationsdefizits, vier Tage ohne jegliches Geld oder Lebensmittel. Bei der ersten Kontaktaufnahme durch das nun zuständige Jugendamt und Installierung einer Familienhilfe im Juli 2004 wurde eine - inzwischen wieder behobene - Mangelernährung bei F... festgestellt. Nach Aufnahme ihrer Tätigkeit bewegte die Familienhelferin die Kindesmutter, die bis dahin verneinte, erneut schwanger zu sein, zu einem Besuch beim Gynäkologen, der eine Schwangerschaft im 5. bis 6. Monat und eine zu erwartende Behinderung des ungeborenen Kindes feststellte. Eine medizinisch indizierte Abtreibung verweigerte die Kindesmutter. Am 12.11.2004 wurde - während des bereits laufenden vorliegenden Verfahrens - die Tochter J... als schwerstbehindertes Kind mit einem offenen Rücken und einem Wasserkopf geboren. Das Mädchen ist von den Knien abwärts gelähmt, muss wegen eingeschränkter Blasen- und Nierenfunktion dreimal täglich einen Katheter gesetzt bekommen und regelmäßig Medikamente erhalten. Außerdem neigt sie, ebenso wie der ältere Sohn R..., zu einer Spitzfußstellung, der unter anderem mit regelmäßigen Massagen der Füße des Kindes entgegengewirkt werden muss. Dieses Kind musste sich nach Erlass der angefochtenen Entscheidung (planmäßig) einer erneuten Operation unterziehen.

Am 17.9.2004 beantragte das nun zuständige Jugendamt E... den Entzug der elterlichen Sorge für die beiden Söhne, nachdem der Kindesvater sich gegenüber der Familienhelferin, die mit rund 40 Wochenstunden in der Familie tätig war, dahingehend geäußert hatte, dass er auf Grund der Überforderung durch die familiäre Situation einen starken Druck verspüre, wieder zu trinken. Die Kindesmutter - damals hochschwanger - überlasse ihm die gesamte Haushaltsführung und Versorgung der beiden Jungs, lehne aber gleichzeitig die installierte Familienhilfe ab.

Diesem Antrag entsprach das Amtsgericht Bad Liebenwerda mit Beschluss vom 17.9.2004 dahingehend, dass den Kindeseltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Gesundheitssorge und das Antragsrecht für Hilfen entzogen, das Jugendamt zum Pfleger bestellt und die Herausgabe der Kinder angeordnet wurde. Im Zusammenhang mit dem Vollzug der Herausgabeanordnung geriet die Kindesmutter außer sich und drohte mit erweitertem Suizid, sodass sie in ein Krankenhaus gebracht werden musste.

Nach nachgeholter Anhörung der Kindeseltern am 6.10.2004 hob das Amtsgericht Bad Liebenwerda den vorgenannten Beschluss unter Auflagen wieder auf; es gab den Kindeseltern die Zusammenarbeit mit der Familienhelferin und dem Jugendamt, die Aufnahme F... in eine Kindertagesstätte und dem Kindesvater eine Alkoholtherapie auf. Daraufhin wurden die Kinder nach zwei Wochen Fremdunterbringung wieder in den elterlichen Haushalt rückgeführt.

In der Zeit vom 22.3.2005 bis 24.5.2005 unterzog sich der Kindesvater dann in die Psychotherapeutische Klinik B... einer Alkoholtherapie, zu der er die beiden Söhne mitnehmen konnte. Dort fiel auf, dass er deren Versorgung ohne fremde Hilfe und Anleitung allein nicht sicherstellen konnte. Während dieser Zeit fühlte sich auch die Kindesmutter ohne die Unterstützung ihres Mannes mit der Versorgung von J... und insbesondere der nun alleinigen Haushaltsführung überfordert, lehnte aber gleichzeitig Unterstützung durch die Familienhelferin ebenso ab, wie sie den Klinikaufenthalt ihres Mannes kritisierte. Die Familienhelferin berichtete wiederholt, dass die Kindesmutter wohl der Tochter nicht regelmäßig dreimal täglich einen sauberen Katheter setze und die notwendigen Medikamente nicht regelmäßig verabreiche, dies jedoch zu verschleiern versuche. Einen ähnlichen Verdacht äußerte der Kindesvater, der die Versorgung des behinderten Mädchens aber seiner Frau überließ. Im Übrigen wurde festgestellt, dass bei Erkrankungen der Kinder erforderliche Arztbesuche nicht aus eigenem Antrieb und nur verzögert erfolgten, notwendige Medikamente nicht zuverlässig verabreicht wurden. Im Oktober 2005 entdeckte die Familienhelferin, dass die Kindeseltern den beiden Söhnen ohne medizinische Indikation zur Beruhigung des Öfteren Zäpfchen verabreichten. Nach anfänglichem Abstreiten haben die Kindeseltern dies letztlich zugegeben. Außerdem traten hygienische Probleme in der Weise auf, dass die Kindeseltern verschmutzte Windeln nutzten und in der Küche des Haushalts ein Madenbefall festgestellt wurde.

Am 23.11.2005 beantragte der Kindesvater, ihm im Wege einer einstweiligen Anordnung das alleinige Sorgerecht für die beiden Söhne zu übertragen, weil er sich von seiner Frau, die sich weder um den Haushalt noch um die Kinder hinreichend kümmere, trennen wolle. Zuvor hatte er der Familienhelferin Zettel zukommen lassen, auf denen er seine Überforderung mit der familiären Situation zum Ausdruck brachte. Das Amtsgericht Bad Liebenwerda nahm dies zum Anlass, mit Beschluss vom 30.11.2005 das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Gesundheitssorge einstweilen für die beiden Jungs auf das Jugendamt zu übertragen. Bei deren Herausnahme war es wiederum erforderlich, die Kindesmutter in eine Klinik einzuweisen. Nach einem Anhörungstermin am 7.12.2005 hob das Amtsgericht seinen zuvor erlassenen Beschluss wieder auf und übertrug das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Gesundheitssorge für die beiden Söhne auf den Kindesvater, für die Tochter auf das Jugendamt. Schon wenige Tage darauf, am 13.12.2005, erklärte der Kindesvater, an seinem Antrag und dem Trennungswunsch nicht mehr festhalten zu wollen, woraufhin das Jugendamt mit Schreiben vom 5.12.2005 die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts und des Rechts zur Gesundheitssorge auch für die beiden Söhne auf sich begehrte. In der Zwischenzeit erhob die Kindesmutter, die sich noch bis zum 28.12.2005 in stationärer Behandlung befand, Vorwürfe gegenüber dem Kindesvater, er habe die Kinder geschlagen und die beiden Jungen sexuell misshandelt. Bei einem Anhörungstermin am 21.12.2005 räumte die Kindesmutter zwar ein, diese Vorwürfe zu Unrecht erhoben zu haben, der Kindesvater erklärte allerdings, dass er sexuelle Erregung verspüre, wenn er einen seiner Söhne auf dem Schoß halte. Das Amtsgericht änderte seine diesbezüglich zuvor erlassene Entscheidung daraufhin dahingehend, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht zur Gesundheitssorge und zur Beantragung von Hilfen für die beiden Söhne auf das Jugendamt übertragen wurde.

Nach Anhörung der Kinder am 30.3.2006 und Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens des Dipl.-Psych. L... B... vom 10.5.2003, das zu dem Ergebnis des zumindest teilweise bestehenden Unvermögens der Kindeseltern zur Versorgung und Erziehung ihrer Kinder gelangte, erging schließlich unter dem Datum des 22.5.2006 die angefochtene Entscheidung, mit der das Amtsgericht Bad Liebenwerda die gesamte elterliche Sorge für alle drei betroffenen Kinder den Eltern entzog und dem Landkreis E... als Vormund übertrug. Zur Begründung hat das Amtsgericht unter Bezugnahme auf das Sachverständigengutachten im Wesentlichen ausgeführt, das Wohl der betroffenen Kinder sei durch unverschuldetes Versagen der Eltern gefährdet. Beide Elternteile seien trotz umfangreicher Hilfen nicht in der Lage, die grundlegenden Bedürfnisse der Kinder nach Nahrung, Gesundheit, Sicherheit und emotionaler Zuwendung zu gewährleisten. Die Gesundheitssorge werde durch verspätete oder unterlassene Arztbesuche, nicht regelmäßige Versorgung der behinderten J... und die unbegründete Gabe von Fieberzäpfchen an R... und F... vernachlässigt. Die beiden Jungen wiesen auf Grund mangelnder emotionaler Zuwendung erhebliche Entwicklungsdefizite auf. Erschwerend komme zusätzlich die durch Überforderung hervorgerufene Beziehungsstörung in der Partnerschaft der Kindeseltern hinzu, die jederzeit zu neuen Krisensituationen führen könne. Der Kindesmutter fehle es an Verantwortungsbewusstsein, dem Kindesvater an Durchsetzungskraft.

Gegen diese Entscheidung haben die Kindeseltern (getrennt) jeweils rechtzeitig Beschwerde eingelegt und ihre Rechtsmittel im Wesentlichen damit begründet, dass ihnen bei der Betreuung und Erziehung der Kinder zwar in der Vergangenheit Fehler unterlaufen seien, aber - unter Berücksichtigung ihres geringen Bildungsstandes und ihrer Persönlichkeitsstruktur - nicht abgesprochen werden könne, zukünftig für eine ordnungsgemäße Versorgung der Kinder sorgen zu können.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens haben sich sowohl das Jugendamt wie auch die Verfahrenspflegerin dafür ausgesprochen, das Rechtsmittel der Kindeseltern zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten und die betroffenen Kinder am 14.1.2007 angehört.

II.

Die nach § 621 e ZPO statthaften und in zulässiger Weise eingelegten befristeten Beschwerden der Beteiligten zu 1. und 2. bleiben in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat ihnen zu Recht gemäß § 1666 Abs. 1 BGB das Sorgerecht für die betroffenen Kinder entzogen.

Nach der genannten Vorschrift kann einem Sorgeberechtigten die elterliche Sorge bzw. ein Teil von ihr entzogen werden, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl der Kinder durch missbräuchliche Ausübung der elterlichen Sorge, durch Vernachlässigung, durch unverschuldetes Versagen der Eltern oder durch das Verhalten eines Dritten gefährdet wird, sofern die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden, also die zur Abwendung der Gefahr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Dabei sind Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfe, begegnet werden kann -§ 1666 a BGB.

Das Amtsgericht hat die mit der angefochtenen Entscheidung erfolgte Entziehung des Sorgerechts für die betroffenen minderjährigen Kinder unter Bezugnahme auf die Feststellungen des Sachverständigen vorrangig mit dem Erziehungsunvermögen der Eltern begründet. Diesbezügliche sich aus Vorfällen in der Vergangenheit ergebende Verdachtsmomente begründeten die Besorgnis auch künftiger Schädigungen des Wohles der betroffenen Kinder.

Dieser Bewertung schließt sich der Senat auf Grund des im Anhörungstermin insbesondere von den Kindeseltern gewonnenen persönlichen Eindrucks unter Berücksichtigung der von dem Sachverständigen im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens überzeugend dargelegten Erkenntnisse an.

Der unbestimmte Rechtsbegriff des Erziehungsunvermögens im Sinne der genannten Vorschrift wird durch verschiedene Erscheinungsformen konkretisiert, wie etwa den Missbrauch der elterlichen Sorge, der Kindesvernachlässigung und das Versagen der Eltern. Im hier zu beurteilenden Fall muss der Senat davon ausgehen, dass auf Grund unverschuldeten Versagens der Kindeseltern trotz ihnen gewährter umfangreicher Hilfen in der Vergangenheit die Deckung der Grundbedürfnisse der Kinder insbesondere auf angemessene gesundheitliche Versorgung und emotionale Zuwendung durch die Kindeseltern nicht gewährleistet werden konnten. Hinsichtlich der medizinischen Versorgung fällt dies besonders für die schwerstbehindert geborene Tochter J... ins Gewicht, die auf die zuverlässig dreimal tägliche Medikamentengabe und das ordnungsgemäße Setzen neuer Katheter angewiesen ist. Zwar hat die für die Versorgung dieses Kindes familienintern zuständige Kindesmutter insoweit eine Vernachlässigung der erforderlichen Maßnahmen in Abrede gestellt, doch muss davon ausgegangen werden, dass es sich dabei um eine Schutzbehauptung handelt. Die Familienhelferin hat demgegenüber berichtet, dass von den abgezählten Medikamenten bei Ablauf des vorgegebenen Zeitraumes Tabletten übrig waren; auch der Kindesvater hat in diesem Zusammenhang den Verdacht geäußert, dass die Mutter das Setzen des Katheters nicht mit der unbedingt einzuhaltenden Regelmäßigkeit vornehme. Unregelmäßigkeiten hierbei bergen aber angesichts der eingeschränkten Blasen- und Nierenfunktion dieses Kindes das gravierende Risiko eines dauerhaften Schadens in sich, sodass jegliche Nachlässigkeit als Kindeswohlgefährdung zu werten ist. Aber auch die Versorgung der beiden Söhne R... und F... war in der Vergangenheit durch die von den Kindeseltern zugestandene medizinisch nicht indizierte Verabreichung von Fieberzäpfchen zur Ruhigstellung nicht in ordnungsgemäßer Weise sichergestellt. Gerade dieser Umstand macht das kindeswohlgefährdende Ausmaß der Überforderung der Beschwerdeführer deutlich, die offensichtlich keine andere Möglichkeit sahen, die Kinder in anderer Weise zu beruhigen und ihnen zu dem benötigten Schlaf zu verhelfen. Obgleich im Verlauf des Beschwerdeverfahrens in diesem Punkt bei den Kindeseltern nachträglich im gewissen Umfang ein Problembewusstsein entstanden sein mag, stellt eine Gefährdung des Kindeswohls durch Medikamentenmissbrauch dennoch ein so erhebliches Risiko dar, dass die Beteuerung der Kindeseltern im Verlauf der Anhörung vor dem Senat, derartige Medikamente seien nun nicht mehr im Haushalt, nicht ausreicht, um dieser Gefährdung zukünftig wirksam zu begegnen. Hinzu kommt, dass angesichts der besonderen Problematik in der Entwicklung aller dreier Kinder deren besonderer Förderung durch Hilfsmaßnahmen, wie etwa Physio- und Sprachtherapie, besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist, die auf Grund der Lebensumstände und der Persönlichkeit der Kindeseltern durch diese nicht immer garantiert zu sein scheinen.

Vielmehr waren die Beschwerdeführer zu Zeiten der Versorgung ihrer drei Kinder bereits mit der Organisation der Haushaltsführung und der Abwicklung der alltäglichen Pflichten ganz offenkundig überfordert. Dies lag nach den insoweit übereinstimmenden Bekundungen der übrigen Beteiligten sicherlich im erheblichen Maße darin begründet, dass die Kindesmutter die häuslichen Pflichten ganz überwiegend dem Kindesvater überließ, der mit der Versorgung eines Fünfpersonenhaushaltes - obgleich sicherlich guten Willens - physisch und psychisch an seine Grenzen stieß. An dieser Stelle realisierte sich sodann für die betroffenen Kinder ein Gefährdungspotenzial, das aus den Persönlichkeitsstrukturen ihrer Eltern resultiert. Dies ist einerseits auf Seiten des alles ihm Mögliche versuchenden Kindesvaters seine Alkoholerkrankung, die er zwar trotz aller Probleme in bewundernswerter Weise seit nun 2 3/4 Jahren ohne erneutes Trinken beherrscht hat, deren Möglichkeit eines Rückfalls aber zeitlebens fortbestehen wird. Dass er selbst diese Gefahr des Rückfalls im Falle seiner Überforderung durch die häuslichen Verhältnisse sieht, machen seine wiederholten Hilfsappelle an die Familienhelferin deutlich. Einer solchen bei Rückführung der Kinder erneut drohenden Überforderungssituation könnte nur durch eine konsequente gleichmäßige Aufgabenverteilung im Hinblick auf die Haushaltsführung durch die Kindeseltern und zusätzlich durch Installierung einer umfassenden Familienhilfe begegnet werden. Dem steht jedoch zum anderen die Einstellung der Kindesmutter entgegen, der - wie sie bei ihrer Anhörung vor dem Senat anschaulich dokumentiert hat - weiterhin die Einsichtsfähigkeit in ihre Hilfsbedürftigkeit fehlt. Sie überschätzt unverändert ihre eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten, wenn sie die der Familien in der Vergangenheit gewährten Hilfen zur Ursache der aufgetretenen Probleme erklärt, zukünftig umfassende Hilfsmaßnahmen ablehnt und sich selbst nachdrücklich als im Stande bezeichnet, ihre Familie aus eigener Kraft zu versorgen. Dabei erscheinen bereits Zweifel angebracht, ob ihre Bekundungen zu einer zukünftig partnerschaftlichen Haushaltsführung bei gleichmäßiger Pflichtenverteilung auf Dauer in die Praxis umzusetzen wären. Der von den Kindeseltern erstellte und zur Akte gereichte "Plan" lässt jedenfalls die erforderliche Präzisierung und zeitliche Zuordnung vermissen. Hinzu kommt, dass beiden Kindeseltern auf Grund ihrer eingeschränkten intellektuellen Fähigkeiten das Bewusstsein für das Vorhandensein und das Ausmaß von Problemen ihrer Kinder fehlt. Dass sowohl F... wie auch R... hauptsächlich in Sprache und Motorik gravierende Entwicklungsverzögerungen aufweisen, ist ihnen nicht ins Bewusstsein gedrungen. Bei den vorliegend betroffenen Kindern handelt es sich aber durchweg um ausgesprochene "Problemkinder", die ganz besonderer Zuwendung und Betreuung bedürfen, welche über einen geordneten Tagesablauf noch weit hinausgeht. Diese verstärkte Betreuung sind die Beschwerdeführer nach Überzeugung des Senats derzeit zu leisten nicht in der Lage. Dass die Kinder - wovon sich das Gericht überzeugen konnte - in ihren jetzigen Pflegefamilien eine fortschreitend erfreuliche Entwicklung genommen haben, ist zweifellos auf die dort gewährleistete verstärkte Förderung zurückzuführen. Dass sie eine ähnlich positive Entwicklung auch im elterlichen Haushalt genommen hätten, wie die Kindesmutter dem Senat gegenüber erklärte, ist nicht zu erwarten; vielmehr dokumentiert diese Äußerung im besonderen Maß Realitätsferne, die ohne Hilfe von außen nicht kompensierbar erscheint. Da insbesondere die Kindesmutter aber jegliche weitere Hilfe von dritter Seite ablehnt, kann mit einer Veränderung der häuslichen Situation nicht gerechnet werden, weshalb mildere Maßnahmen im Sinne des § 1666 a BGB als der Entzug der elterlichen Sorge nicht in Betracht kommen.

Die Nebenentscheidung folgen aus §§ 13 a Abs. 1 FGG, 30 Abs. 2 KostO.

Ende der Entscheidung

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