Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.12.2008
Aktenzeichen: 9 UF 122/08
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, SGB VIII


Vorschriften:

ZPO § 517
ZPO § 520
ZPO § 543 Abs. 2
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3
BGB § 1626 a Abs. 1 Nr. 1
BGB § 1632 Abs. 4
BGB § 1666
BGB § 1666 a
SGB VIII §§ 27 ff.
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Auf die befristete Beschwerde der Beteiligten zu 1. und 2. wird der Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 22. August 2008 - Az. 51 F 415/07 - aufgehoben.

Es wird angeordnet, dass die Kindeseltern im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe Erziehungshilfen (§§ 27 ff. SGB VIII) und darüber hinaus für ihre Kinder zur Verfügung stehende Plätze in der Kindertagesstätte bzw. im Hort annehmen.

Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die - nicht miteinander verheirateten, aber zusammenlebenden - Eltern der am .... Dezember 2002 geborenen E. M., des am .... Februar 2004 geborenen M. M. und der am .... Dezember 2007 geborenen C. M.. Die Kindeseltern haben am 17. Januar 2008 Sorgeerklärungen für die drei Kinder nach § 1626 a Abs. 1 Nr. 1 BGB abgegeben.

Die Kindeseltern haben seit 2004 nahezu durchgehend unter Einbeziehung verschiedener Träger in unterschiedlichem Umfang Hilfe zur Erziehung durch das Jugendamt C. erhalten. Wegen Erziehungsdefiziten hatte es bereits in der Vergangenheit Inobhutnahmen der Kinder E. und M. M. gegeben, nämlich in der Zeit vom 18. bis zum 22. April 2004 und erneut vom 22. Juni 2004 bis zum 4. August 2006. Am 13. Dezember 2007 wurden beide Kinder erneut vom Jugendamt in Obhut genommen und zu einer Pflegefamilie gebracht. Die am 17. Dezember 2007 in der elterlichen Wohnung geborene C. M. hat das Jugendamt am 19. Dezember 2007 im Krankenhaus in Obhut genommen und in einer weiteren Pflegefamilie untergebracht. Anlass hierfür war der Eindruck des Jugendamtes, dass die Kindeseltern zunehmend weniger bereit gewesen seien, die Erziehungsberatung in Anspruch zu nehmen, gleichzeitig aber den Bedürfnissen der beiden älteren Kinder nicht gerecht werden könnten und insbesondere auch die Vorbereitungen für die nahe Geburt des dritten Kindes nicht mit dem gebotenen Nachdruck getroffen worden seien. Insgesamt - so die Einschätzung des Jugendamtes bei Antragstellung im Dezember 2007 - schienen die Eltern nicht allein mit ihrer "bockigen" Tochter E., sondern mit der gesamten Situation überfordert zu sein.

Die Kindeseltern sind der Inobhutnahme und der beantragten Entziehung des gesamten elterlichen Sorgerechts mit der Behauptung entgegengetreten, es habe auch und gerade wegen der uneingeschränkt fortbestehenden Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit dem Jugendamt kein dringender Handlungsbedarf bestanden.

Das Amtsgericht hat ein Sachverständigengutachten zur Frage der Erziehungseignung der Kindeseltern eingeholt und im Ergebnis dessen mit Beschluss vom 22. August 2008 den Beteiligten zu 1. und 2. das Recht der elterlichen Sorge für alle drei Kinder bis auf Weiteres entzogen, die Vormundschaft für die Kinder angeordnet und das Jugendamt der Stadt C. zum Vormund bestellt.

Gegen diese Entscheidung haben beide Kindeseltern Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses eingelegt.

II.

Die befristete Beschwerde der Kindeseltern ist gemäß § 621 e Abs. 1 und 3 ZPO in Verbindung mit §§ 517, 520 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingereicht und begründet worden. Das Rechtsmittel ist in der Sache ganz überwiegend begründet.

Die in §§ 1666, 1666 a BGB normierten Voraussetzungen für eine - auch teilweise - Entziehung des elterlichen Sorgerechts liegen nicht, jedenfalls nicht mehr vor.

Zwar bestehen nach den insoweit überzeugenden Feststellungen im Rahmen des erstinstanzlichen Verfahrens durchaus nicht unerhebliche Bedenken gegen die Erziehungseignung beider Elternteile. Nach den insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, denen sich der Senat nach eigener kritischer Würdigung anschließt, sind beide Eltern nur eingeschränkt in der Lage, die kindlichen Belange zu erkennen und auf diese einzugehen. Dies zeigt sich etwa darin, dass es ihnen nicht möglich war, die (älteren beiden) Kinder zu einem strukturierten Spielen anzuleiten und sie hierdurch in ihrer Entwicklung zu fördern. Es gelingt den Eltern auch nicht, den Kindern klare Grenzen aufzuzeigen und diese dann auch konsequent durchzusetzen und dabei insbesondere auf jegliche Form körperlicher Gewalt zu verzichten. Jedenfalls in der Vergangenheit hat es im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur anstehenden Geburt der jüngsten Tochter tatsächlich auch eine Situation echter Überforderung gegeben, die dann letztlich in die hier streitbefangene Inobhutnahme mündete. Als E. und M. schwer erkrankt waren, war die hochschwangere Kindesmutter tatsächlich viel zu spät mit - ihrem eigenen Zustand nicht mehr zuträglichen - Renovierungsarbeiten beschäftigt und ausgelastet und deshalb die Betreuung und Versorgung der Kinder nicht mehr im erforderlichen Umfang sichergestellt. Eine aus diesen - sicher zu großen Teilen unverschuldeten - Defiziten in der Erziehungsfähigkeit resultierende Gefährdung des Kindeswohls lag und liegt daher zumindest nahe. Dies wird allerdings - dies haben die Erörterungen im Anhörungstermin vor dem Senat am 11. Dezember 2008 ergeben - von den Eltern (jedenfalls inzwischen) auch unumwunden eingeräumt.

Ob der durch das Amtsgericht angeordnete vollständige Entzug der elterlichen Sorge auch zum jetzigen Zeitpunkt noch geboten erscheint, hat in rechtlicher Hinsicht zunächst in Rechnung zu stellen, dass mit einer (unbefristeten) Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbundene Maßnahmen nur dann erfolgen dürfen, wenn einer Kindeswohlgefährdung nicht auf andere Weise wirksam begegnet werden kann, auch nicht durch öffentliche Hilfen.

Im konkreten Fall sind die Einschränkungen in der Erziehungsfähigkeit nach Auffassung des Senates nicht so gravierend, dass derzeit festgestellt werden kann, die Eltern seien nicht willens oder in der Lage, die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Jedenfalls unter Berücksichtigung des im Rahmen von §§ 1666, 1666 a BGB stets zu beachtenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ist ein Entzug des elterlichen Sorgerechts verbunden mit der unbefristeten Herausnahme der Kinder aus dem elterlichen Haushalt nach dem Erkenntnisstand des Senates nicht (mehr) gerechtfertigt.

Unstreitig ist inzwischen, dass die Kindeseltern ohne nachhaltige Unterstützung (= Hilfe zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII) vorläufig nicht in der Lage sein werden, insbesondere alle drei Kinder gleichzeitig ordnungsgemäß zu betreuen und zu erziehen. Ebenso unstreitig ist, dass es den Kindern in ihren derzeitigen Pflegefamilien gut geht. Dennoch kommt dem Staat das Recht, den leiblichen Eltern auch nur das Aufenthaltsbestimmungsrecht und noch weniger das gesamte elterliche Sorgerecht zu entziehen, nicht schon unter der Voraussetzung zu, dass ein Kind bei Pflegeeltern besser aufgehoben ist als bei der Mutter und/oder dem Vater. Einen Anspruch des Kindes auf die bestmöglichen Eltern gibt es nicht (vgl. BVerfG FamRZ 1982, 567; BayObLG NJW-RR 1990, 70; OLG Köln FamRZ 2004, 827). Selbst einer nicht optimalen Elternbetreuung ist grundsätzlich der Vorrang vor einer - auch qualifizierten - Fremdbetreuung einzuräumen (vgl. OLG Celle FamRZ 2003, 549/550; OLG Hamburg FamRZ 2001, 1008). Nicht jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit berechtigt den Staat, die Eltern von der Pflege und Erziehung ihres Kindes auszuschalten (BVerfG FamRZ 1982, 567/569). Voraussetzung für einen derart weitgehenden Eingriff in das Elternrecht der Beschwerdeführer aus Art. 6 GG ist vielmehr, dass anderenfalls das geistige, seelische oder körperliche Wohl ihrer drei Kinder gefährdet wäre und mildere Maßnahmen diese Gefährdung nicht abwenden können.

Die von dem Sachverständigen - zumindest im Zusammenhang mit den Beobachtungen aus der Interaktion der Eltern mit ihren beiden älteren Kindern überzeugend - beschriebenen Defizite in den Möglichkeiten der Eltern, eine optimale kindgerechte Betreuung und insbesondere Förderung sicher zu stellen, sollen nicht beschönigt werden. Gleichwohl fehlt es im konkreten Fall an greifbaren Anhaltspunkten dafür, dass die beiden älteren Kinder seit der Rückführung in den elterlichen Haushalt im August 2006 seelisch und/oder körperlich nachhaltig vernachlässigt und/oder unzureichend betreut worden wären. Natürlich ist - das hat der Kindesvater für den Senat auch überzeugend selbstkritisch eingeräumt - jeder Klaps in das Gesicht eines Kindes ein elterliches Versagen in der konkreten Situation und muss durch Erlernen geeigneter Erziehungsstrategien ersetzt werden. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass körperliche Züchtigung als generelles Erziehungsmittel eingesetzt wird und ein Fall körperlicher Misshandlung im engeren Sinne vorliegt und deshalb die Herausnahme der Kinder aus der elterlichen Familie dringend geboten wäre, bestehen vorliegend allerdings nicht.

Insbesondere aber vermag der Senat nach dem im Anhörungstermin gewonnen persönlichen Eindruck dem Sachverständigen nicht in seiner Einschätzung zu folgen, die Kindeseltern sähen ihr eigenes Erziehungsverhalten unkritisch, zeigten keine Einsicht in die Berechtigung und den Ernstcharakter der gegen die Eltern gerichteten kritischen Vorhaltungen, bagatellisierten etwaige eigene Versäumnisse, würden einen Veränderungsbedarf nicht wirklich erkennen und seien deshalb beratungsresistent (Seiten 63 und 65 des Gutachtens, Bl. 213, 215 d.A.). Die Eltern wirkten ebenso engagiert wie nachdenklich und auch selbstkritisch eigenem Fehlverhalten in der Vergangenheit gegenüber. Dies zeigt sich beispielsweise darin, dass sie glaubhaft versichert haben, etwa bei den Großeltern der Kinder väterlicherseits um Rat bei bestimmten Fragen ihre Kinder betreffend nachgefragt zu haben. Dies bestätigt zum einen, dass Ratschläge der Jugendamtsmitarbeiter bzw. der von diesen eingeschalteten Hilfeträger nicht ohne Weiteres übernommen, sondern hinterfragt werden (dazu unten mehr), belegt aber in gleicher Weise, dass die Eltern nicht stets die vermeintlich bessere Erziehungskompetenz für sich in Anspruch nehmen, sondern konkret Rat und Hilfe bei "erfahrenen Eltern" suchen.

Nach dem Eindruck des Senates ist jedenfalls jetzt davon auszugehen, dass das von dem Sachverständigen noch als Kernaspekt für seine Empfehlung einer Unterbringung aller drei Kinder in einer Langzeitpflegestelle benannte fehlende Problembewusstsein der Eltern deutlich gewachsen ist. Unerheblich ist insoweit, ob dies allein unter dem Druck des Verfahrens geschehen ist. Beide Eltern haben glaubhaft eine Einsicht in bestehende Unzulänglichkeiten und einen nachhaltigen Hilfebedarf zum Ausdruck gebracht; sie haben dabei mit Recht weniger abstrakt-theoretische Ratschläge zur Erziehung von Kindern im Allgemeinen, sondern konkret-praktische Hilfestellung in der Bewältigung erlebter Situationen angemahnt. Die Nachhaltigkeit des Suchens um Unterstützung folgert der Senat insbesondere aus der freimütigen Zustimmung zum vorläufigen Verbleib jedenfalls der beiden älteren Kinder bei der Familie Seidel. Beide Eltern haben glaubhaft vermittelt, dass ihnen daran gelegen ist, zunächst die Umgangskontakte zu intensivieren. Diese Annäherungsphase soll genutzt werden, die bestehenden Erziehungs- und Betreuungsdefizite abzubauen und so die Rückführung der Kinder in einer Weise vorzubereiten, die die Belastungen für die Kinder möglichst gering halten. Auch für die jüngste Tochter bietet sich allerdings eine überstürzte Herausnahme aus der derzeitigen Pflegestelle nicht an. Die Eltern mögen bedenken, dass seit nunmehr einem Jahr die Familie S. Hauptbezugspunkt für C. ist, die familiäre Bindung zur Ursprungsfamilie kaum vorhanden ist und deshalb erst behutsam aufgebaut werden muss. Der Senat ist mit den Kindeseltern der Auffassung, dass C. zwar als erstes in den elterlichen Haushalt aufgenommen werden sollte, setzt aber auch insoweit auf die - ja auch signalisierte - Einsicht der Beschwerdeführer dahin, dass eine Rückführung zur Unzeit nicht im Interesse ihres Kindes und damit letztlich auch nicht im Interesse der Eltern liegen kann.

Insgesamt haben die Kindeseltern hier eine Einsicht gezeigt, die eine nicht unerhebliche Reife voraussetzt und Verantwortungsbewusstsein zeigt für das Wohlergehen der Kinder, die beiden Eltern ganz offensichtlich sehr am Herzen liegen. Dies ist den Eltern angesichts der Umstände der Trennung von ihren Kindern, insbesondere der - vom Jugendamt tatsächlich wenig einfühlsam betriebenen - Trennung von ihrer jüngsten Tochter C. positiv anzurechnen. Die Eltern haben mit der Versicherung, keineswegs die Kinder unverzüglich in den eigenen Haushalt zurückholen zu wollen, unter Beweis gestellt, dass sie tatsächlich in der Lage sind, im Interesse ihrer Kinder nach tragfähigen Lösungen für ein zukünftig besseres familiäres Zusammenleben zu suchen und zu finden. Bei dieser Sachlage kann keinesfalls heute schon ausgeschlossen werden, dass sie während der - allerdings auch nicht zu kurz zu bemessenden - Fortdauer der Fremdunterbringung an Erziehungsfähigkeit gewinnen. Die weitere Unterbringung in den Pflegefamilien wird allerdings mit einer Intensivierung der - mit geeigneter familienpädagogischer Hilfestellung zu begleitenden - Umgangskontakte einhergehen müssen. In einem solchen Fall aber ist die Entziehung des Sorgerechts als unverhältnismäßig anzusehen und unzulässig (vgl. BVerfG FamRZ 2008, 492).

Der Senat kann allerdings auch nicht verhehlen, dass gewisse Restzweifel bleiben, ob die Kindeseltern die hier zunächst überzeugend bekundete Mitwirkungsbereitschaft dauerhaft und vor allen Dingen in jeder Hinsicht zuverlässig in die Praxis umsetzen können. Den Beschwerdeführern ist zuzugeben, dass die vom Sachverständigen vielfach betonte Neigung zur unabhängigen Meinungsbildung entgegen dessen Einschätzung nicht grundsätzlich zu beanstanden ist. Der Senat hat durchaus auch Verständnis dafür, dass Eltern die Mitarbeiter des Jugendamtes und - insbesondere mehrfach wechselnde - Personen eingeschalteter Hilfsträger in einer Situation der Trennung von ihren Kindern zunächst weniger als Unterstützung wahrnehmen und auch nicht immer bereit sind, jeden Ratschlag sofort anzunehmen und umzusetzen. Die Kindeseltern mögen sich aber vor Augen führen, dass nach der festen Überzeugung des Senates kein Anlass zu grundsätzlichem Misstrauen in die Absichten und pädagogischen Fähigkeiten der hier berufenen Mitarbeiter des Jugendamtes oder sonstiger Hilfsträger besteht. So wenig der Senat an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Kindeseltern zweifelt, so wenig Anlass gibt es auch, die Aussage der Jugendamtsmitarbeiterin Frau Se. in Zweifel zu ziehen, dass an der noch bei Antragstellung im Dezember 2007 geäußerten Absicht, die Kinder dauerhaft in einer Pflegefamilie aufwachsen zu lassen, nicht (mehr) festgehalten wird. Es gibt keinen Grund, jeder Maßnahme oder auch nur jeder Anregung von Seiten des Jugendamtes mit Misstrauen zu begegnen. Tatsächlich ist uneingeschränkt davon auszugehen, dass das Handeln der Mitarbeiter des Jugendamtes und der zugezogenen Hilfeträger ausschließlich davon bestimmt wird, dem Wohl der Kinder zu dienen. Der Senat hat durchaus Verständnis für die weiterhin bestehende Besorgnis, dass die bestehenden Erziehungsdefizite der Eltern nicht nachhaltig abgebaut werden können und schlussendlich erneut eine - weitergehende Maßnahmen erfordernde - Kindeswohlgefährdung auftritt. Dies gilt insbesondere für den Fall einer ja nicht gänzlich ausgeschlossenen übereilten Rückführung der Kinder in den elterlichen Haushalt oder einer etwa auf lange Sicht erlahmenden Bereitschaft zur Mitwirkung an der Vereinbarung und Umsetzung von Hilfeplänen. Der Senat war - das soll hier nicht verheimlicht werden - sogar geneigt, eine (befristete) Verbleibensanordnung nach § 1632 Abs. 4 BGB zu treffen, sah sich allerdings aus Rechtsgründen daran gehindert.

Den Eltern soll jedenfalls dringend angeraten werden, die aufgrund der beruflichen Ausbildung und berufpraktischen Erfahrung unzweifelhaft vorhandene Eignung der sie in der Erziehung unterstützenden (Amts-)Personen grundsätzlich anzuerkennen. Die Beschwerdeführer sollten - gerade mit Blick auf den von ihnen selbst vehement eingeforderten Vertrauensvorschuss - den Vorschlägen, Maßnahmen oder sonstigen Ratschlägen offen gegenüber treten und nicht nach "bösen Absichten" suchen. Es geht nicht darum, die Beschwerdeführer in ihrer Eigenschaft als Eltern zu gängeln oder zu bevormunden, sondern die auch nach ihrer eigenen Einschätzung unbestrittenen vorhandenen Schwierigkeiten abzubauen, um den Kindern eine - auch von den Eltern gewünschte - bessere Zukunft im familiären Umfeld zu ermöglichen.

Den Eltern soll insbesondere ans Herz gelegt werden, dass Ziel der Hilfen zur Erziehung im konkreten Fall nicht allein sein kann, Autorität für das Aufstellen und Durchsetzen von Regeln sowie Strategien für einen konsequenten Umgang mit nie ausbleibenden Konflikten innerhalb der Familie zu entwickeln. Es ist ebenso erforderlich, dass die Eltern lernen, den Kindern Lob und Anerkennung zukommen zu lassen; ferner muss auch eine sichtbare emotionale Zuwendung zu den Kindern durch Zärtlichkeiten, Umarmungen u.ä. erlernt werden. Letzteres wird insbesondere für die jüngste Tochter von ganz wesentlicher Bedeutung sein. Die Eltern werden zukünftig selbst in deutlich stärkerem Maße als dies bislang der Fall war gefordert sein, aktiv auf die Bedürfnisse ihrer Kinder einzugehen und deren auch emotionalen Belange nicht nur wahrzunehmen, sondern ihr Handeln darauf auszurichten. Hier ist eine beständige und zuverlässige Mitarbeit der Eltern in ganz weiten Feldern der Erziehung und Betreuung ihrer Kinder ebenso gefordert wie eine nach den jeweils richtigen Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung suchende Unterstützung durch das Jugendamt.

Nachdem zwischen allen Beteiligten Einigkeit dahin besteht, dass eine Erziehung, Betreuung und Versorgung der Kinder durch die Eltern ohne nachhaltige Installierung von auf die jeweilige Entwicklung abgestimmten Helfersystemen nicht möglich ist, war der angefochtene Beschluss mit der Maßgabe aufzuheben, dass die Eltern verpflichtet werden, Hilfen zur Erziehung nach §§ 27 ff. SGB VIII anzunehmen. Zur Sicherstellung einer kindgerechten Entwicklung hin zu selbständigen und verantwortungsbewussten Persönlichkeiten war zudem anzuordnen, dass die Eltern die ihnen konkret eröffnete Möglichkeit der Unterbringung der Kinder in der Kindertagesstätte bzw. im Hort anzunehmen haben und damit zugleich verpflichtet sind, den Besuch in solchen Einrichtungen zuverlässig zu gewährleisten.

III.

Eine Kostenentscheidung nach § 13 a Abs. 1 Satz 1 FGG ist nicht veranlasst; im Übrigen beruht die Kostenentscheidung auf § 94 Abs. 1 Nr. 3 KostO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 30 Abs. 2 KostO.

Die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 621 e Abs. 2 Nr. 1 ZPO ist nicht veranlasst, da weder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert,

Ende der Entscheidung

Zurück