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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 28.09.2006
Aktenzeichen: 9 UF 133/06
Rechtsgebiete: FGG, ZPO, BGB


Vorschriften:

FGG § 14
FGG § 50
FGG § 50 a
FGG § 50 b
ZPO § 114
BGB § 1684 Abs. 4
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 133/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Umgangsrechtssache

betreffend V... S..., geboren am ... 2000

hat der 1. Familiensenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Seidel, den Richter am Oberlandesgericht Götsche und den Richter am Oberlandesgericht Schollbach

am 28. September 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Der Antrag der Antragsgegnerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 28. Juli 2006 zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.

2. Es wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die befristete Beschwerde der Antraggegnerin vom 28. Juli 2006 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 14. Juli 2006 im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen.

Es wird Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 3 Wochen gegeben.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt Umgang mit seinem Kind V... S..., geboren am ... 2000. Das Kind lebt bei der Antragsgegnerin, der als Großmutter des Kindes mit Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 15. Oktober 2002 (34 F 302/02) die elterliche Sorge für V... als Vormund übertragen worden ist, nachdem der alleinsorgeberechtigten Kindesmutter diese entzogen worden war.

Der Antragsteller lebte mit der Kindesmutter und V... bis 2002 in einem gemeinsamen Haushalt. Nach der Trennung der Kindeseltern wurde das Kind sodann im September 2002 in den Haushalt der Antragsgegnerin aufgenommen. Seit diesem Zeitpunkt fand ein Umgang nicht statt. V... betrachtet die Antragsgegnerin und deren Ehemann als ihre Eltern; die Existenz ihrer leiblichen Eltern ist ihr nicht bekannt.

Der Antragsteller vertritt die Auffassung, dass V... über seine Existenz als Vater aufzuklären und ihm im Interesse des Kindeswohls ein Umgangsrecht einzuräumen sei.

Der Antragsteller hat beantragt,

das Umgangsrecht mit dem am ... 2000 geborene Kind V... S... dahingehend zu regeln, dass zunächst eine Anbahnung und sodann der übliche Umgang stattzufinden haben.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat die Ansicht vertreten, dass V... die Wahrheit über ihre Eltern zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht verkraften würde. Es sei zu befürchten, dass der Erfolg der wegen psychischer Probleme durchgeführten Therapiemaßnahmen gefährdet sei. Darüber hinaus behauptet sie, dass der Antragsteller in der Vergangenheit gewalttätig zumindest gegenüber der Kindesmutter gewesen sei.

Das Amtsgericht Oranienburg hat durch den angefochtenen Beschluss vom 14. Juli 2006 nach Anhörung der Großmutter, des Kindesvaters und des Kindes den Umgang dahingehend geregelt, dass ab Januar 2007 begleiteter Umgang in zeitlich gestaffelter Form stattzufinden habe (zunächst zwei Stunden monatlich, dann 14-tägig für zwei Stunden). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass V... über die wahre Elternschaft aufzuklären sei und einem Schaden durch eine psychologisch betreute Information entgegengewirkt werden könne; hierfür hat es die Übergangszeit eingeräumt. Den behaupteten Gewalttätigkeiten sei ausreichend durch die Anordnung der Umgangsbegleitung Rechnung getragen.

Hiergegen richtet sich die befristete Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt und für deren Durchführung sie Prozesskostenhilfe begehrt. Sie wiederholt und vertieft ihren bisherigen Vortrag. Insbesondere vertritt sie weiterhin die Auffassung, dass noch nicht der richtige Zeitpunkt zur Aufklärung V... gekommen sei.

II.

Gemäß § 14 FGG gelten im vorliegenden Verfahren für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch die Vorschriften nach der ZPO. Nach § 114 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die antragstellende Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann und die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet sowie nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist nur dann gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund seiner Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für insoweit zutreffend oder es zumindest für vertretbar hält, dass der Antragsteller mit seinem Begehren durchdringt und dieses nicht aussichtslos erscheint. Es muss auf Grund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung zum Erfolg führen kann (vgl. nur Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 114 Rn. 19 m.w.N.).

Eine solch hinreichende Erfolgsaussicht besteht für die befristete Beschwerde nicht. Das Amtsgericht Oranienburg hat zu Recht dem Antragsteller mit der angefochtenen Entscheidung ein Umgangsrecht mit seiner Tochter eingeräumt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts, die sich der Senat zu Eigen macht, wird Bezug genommen.

Danach sind Gründe im Sinne des § 1684 Abs. 4 BGB, die eine weitergehende Einschränkung bzw. einen Ausschluss des Umgangsrechts rechtfertigen würden, nicht gegeben. Eine konkrete Kindeswohlgefährdung, die insoweit Voraussetzung des Ausschlusses wäre (vgl. nur Palandt/ Diederichsen, BGB, 65. Aufl., § 1684 Rn. 20 ff.), kann nicht festgestellt werden.

Das Amtsgericht hat zum einen mit seiner Anordnung des begleiteten Umgangs der Besorgnis der Antragsgegnerin vor Gewalttätigkeiten ausreichend Rechnung getragen. Zum anderen hat es beim Umfang der jeweiligen Umgangskontakte der eingetretenen Entfremdung zwischen Vater und Tochter und der daraus resultierenden notwendigen Anbahnung des Verhältnisses zwischen ihnen genügend Beachtung geschenkt, um eine behutsame Kontaktaufnahme zu ermöglichen.

Auch der Einwand, dass noch nicht der richtige Zeitpunkt sei, um V... über ihre leiblichen Eltern zu informieren, verhilft dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg. Insoweit ist bereits fraglich, wann jemals der wirklich richtige Zeitpunkt ist, Kinder über solch wichtige Dinge in Kenntnis zu setzen. Zum anderen sind objektive Anhaltspunkte dafür, dass V... zum gegenwärtigen Zeitpunkt diese Information noch nicht verkraften könnte, weder ersichtlich noch substanziiert vorgetragen. Im Gegenteil sind zum jetzigen Zeitpunkt die vormaligen Therapien beendet und es ist davon auszugehen, dass V... normal entwickelt ist, was ihre Einschulung in diesem Jahr zeigt. Auch das zuständige Jugendamt befürwortet die Information des Kindes.

Schließlich stellt auch der vom Amtsgericht gewählte Beginn der Umgangskontakte im Januar 2007 eine ausreichende Rücksichtnahme hinsichtlich der Befindlichkeiten von V... dar. In dem verbleibenden Zeitraum von immer noch ca. 3 Monaten, sollte es gelingen, das Kind schonend und unter Inanspruchnahme professioneller Hilfe mit der Realität vertraut zu machen.

Demzufolge ist eine Gefährdung des Kindeswohls durch die titulierten Umgangskontakte nicht zu besorgen, sodass die gegen die amtsgerichtliche Entscheidung gerichtete befristete Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht.

III.

Die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 50 FGG ist nicht erforderlich, da es für die Entscheidung nicht ausschlaggebend auf die Interessen und den Willen des Kindes ankommt.

Einer erneuten persönlichen Anhörung der Großmutter, des Kindesvaters und des Kindes nach §§ 50 a, 50 b FGG bedarf es ebenfalls nicht. So liegt die Anhörung der Beteiligten vor dem Amtsgericht erst kurze Zeit zurück. Das Ergebnis dieser Anhörungen ist ausführlich protokolliert worden und es sind weder neue entscheidungserhebliche Tatsachen vorgetragen worden noch ist eine Änderung des rechtlichen Gesichtspunktes eingetreten. Darüber hinaus schließt sich der Senat der rechtlichen Würdigung des Amtsgerichts an und anderweitige Gesichtspunkte, die eine erneute Anhörung gebieten würden, sind nicht ersichtlich.

Ende der Entscheidung

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