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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 26.11.2001
Aktenzeichen: 9 UF 152/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB, FGG, KostO


Vorschriften:

ZPO § 621 e
BGB § 1634 Abs. 2
BGB § 1684
FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
KostO § 131 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 152/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde des Antragstellers vom 16. Juli 2001 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lübben vom 20. Juni 2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Landgericht ...

am 26. November 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass eine erneute Antragstellung zum Umgangsrecht bis zum 1. März 2004 ausgeschlossen wird.

Dem Antragsteller werden die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt.

Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 5.000 DM festgesetzt.

Gründe:

Die gemäß § 621 e ZPO zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Das Amtsgericht hat zu Recht ein Umgangsrecht des Antragstellers ausgeschlossen, allerdings ist der Ausschluss zeitlich zu begrenzen.

Soweit das Amtsgericht in der Beschlussformel das Umgangsrecht unbefristet ausgeschlossen hat, begegnet dies Bedenken.

Der BGH (FamRZ 1994, 158, 160) hat ausgeführt, dass das Familiengericht gemäß § 1634 Abs. 2 BGB entweder Umfang und Ausübung des Umgangsrechts konkret regeln oder, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist, die Umgangsbefugnis ebenso konkret einschränken oder ausschließen muss. Im vorliegenden Fall fehlt es an einer Klarstellung, für welche Dauer ein Ausschluss des Umgangsrechts gemeint ist. Der unbefristete Ausschluss beseitigt die insoweit verbleibende Unsicherheit nicht, wann der Kindesvater eine erneute Prüfung des Umgangsrechts begehren kann.

Völlig zu Recht hat das Amtsgericht jedoch entschieden, dass zur Zeit ein Umgangsrecht wegen des starken Widerstandes des Kindes nicht durchführbar ist.

Zwar ist für die gedeihliche seelische Entwicklung von Kindern und die psychische Verarbeitung einer Familienauflösung in aller Regel bedeutsam, die Beziehung zu dem nicht sorgeberechtigten Elternteil aufrecht zu erhalten. Dennoch kann das in § 1684 BGB geregelte Umgangsrecht des nicht sorgeberechtigten Elternteils gemäß Abs. 4 dieser Vorschrift dann ausgeschlossen werden, wenn dies zum Wohl des Kindes erforderlich ist. Hier steht nach dem Ergebnis der vom Amtsgericht durchgeführten Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, dass die Durchführung der vom Antragsteller gewünschten Besuchskontakte zu einer konkreten Gefährdung des Kindeswohls führen musste. Der Ausschluss des Umgangsrechts ist deshalb berechtigt, wenn er auch erneut zeitlich zu begrenzen war.

Ein Ausschluss des Umgangsrechts ist dann geboten, wenn ein Kind Kontakte mit dem nicht sorgeberechtigten Elternteil ablehnt und aufgrund seiner derzeitigen Verfassung und Einstellung nicht in der Lage ist, die Konfliktsituation, der es durch Besuchskontakte ausgesetzt wäre, zu bewältigen. Die Ablehnung von Kontakten muss dabei auf einer inneren Ablehnung beruhen, der tatsächliche oder eingebildete, nicht sachgerecht verarbeitete Ereignisse zugrunde liegen. In einem derartigen Fall würde eine gewaltsame Durchsetzung des Umgangsrechts mit seinem Zweck im allgemeinen ebenso unvereinbar sein wie mit dem Persönlichkeitsrecht des Kindes (OLG Celle, FamRZ 1998, 1459, OLG Hamm, FamRZ 2000, 45).

Nach den von der Sachverstandigen in ihrem Gutachten getroffenen Feststellungen ist es der ausdrückliche Wunsch und Wille A...-M..., den Vater nicht zu sehen, keinen Umgang mit ihm zu haben. Dieser Wunsch und Wille ist überwiegend auf eigene Erlebnisse und Erfahrungen mit dem Vater zurückzuführen, insbesondere auf die zweimalige Entführung durch ihn und die hierdurch veranlasste mehrmonatige Trennung von der Kindesmutter als ihrer Hauptbezugsperson.

Die Gewährung des Umgangsrechts für den Antragsteller wurde die geistig-seelische Entwicklung des Kindes A...-M... gefährden A -M. leidet seit der zweiten Entführung durch den Antragsteller nach Rumänien und der dadurch bedingten viermonatigen Trennung von der Antragsgegnerin unter Trennungs- und Verlustängsten, die bei ihr zu einer Retardierung der altersentsprechenden Entwicklung von Autonomie und Unabhängigkeit geführt haben Sie zeigt gegenüber der Antragsgegnerin eine Verlustangst, die altersuntypisch ist und sich aufgrund der zweimaligen Entführung durch den Vater entwickelt hat.

Dem steht nicht entgegen, dass A...-M... bis zur zweiten Entführung durch den Antragsteller durchaus eine positive Bindung an den Vater gehabt hat, wie dies der Gutachter im Vorverfahren Dr. Ru... festgestellt hat.

Hierbei ist nicht zu verkennen, dass A...-M... im Zeitpunkt der ersten Entführung erst 2 1/2 Jahre alt war und der Antragsteller dem Kind während des zweiten Aufenthaltes in Rumänien nicht etwa die Rückkehr zur Mutter in Aussicht gestellt hat, sondern ihr vielmehr zu verstehen gegeben hat, die Mutter kümmere sich nicht, weil sie ja ein anderes Baby habe.

Die ernst zu nehmenden und nachvollziehbaren Ängste des Kindes A...-M... haben auch im Zeitpunkt der Entscheidung durch das Amtsgericht noch vorgelegen, sich insbesondere in der Anhörung des Kindes durch die Amtsrichterin bestätigt. A.. -M... hat jeglichen Kontakt zum Antragsteller abgelehnt und dies mit ihren immer noch bestehenden Ängsten vor einer erneuten Entführung begründet.

Nach den eingehenden und überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen geht der Senat davon aus, dass einer weiteren Gefährdung der geistig-seelischen Entwicklung des Kindes A...-M... derzeit nur mit dem Ausschluss des Umgangsrechts begegnet werden kann. Allerdings war dieser zeitlich zu begrenzen, da auch nach den Ausführungen der Sachverständigen A...-M... bei weiterer therapeutischer Hilfe bis zur Pubertät in der Lage sein dürfte, ihre Ängste abzubauen und zudem dem Vater mit zunehmenden Alter begegnen können wird, ohne befürchten zu müssen, dass er sie erneut entführen werde.

Um die Ablehnung des Kindes A...-M... ihm gegenüber zu überwinden, ist auch der Antragsteller gehalten dem Kind dabei zu helfen, seine Ängste abzubauen, indem er die Ablehnung von Besuchskontakten akzeptiert. Nur so kann eine neue Vertrauensbasis geschaffen werden, auf der zu einem späteren Zeitpunkt erneut überprüft werden kann, ob das bestehende Umgangsrecht ohne Gefährdung des Kindeswohls wieder ausgeübt werden kann. Um den Kontakt zu seiner Tochter nicht gänzlich zu verlieren, sollte der Antragsteller in brieflichen Kontakt zu seiner Tochter treten, was A...-M... auch nicht ablehnt, worauf ihre eigenen Äußerungen in der Anhörung und diejenigen der Verfahrenspflegerin schließen lassen.

Eine mündliche Verhandlung mit den Beteiligten hält der Senat nicht für erforderlich.

Die Parteien haben in erster Instanz in den mehrfachen Terminen und auch bei der Sachverständigen ihr Anliegen deutlich und ausführlich darstellen können.

Auch von der Anhörung des Kindes A -M ist abzusehen, weil sie bereits beim Amtsgericht zu Worte gekommen ist und jede weitere Anhörung sie zudem unnötig belasten wurde.

Da die Beschwerde des Antragstellers keine Aussicht auf Erfolg hat, war die von ihm beantragte Prozesskostenhilfe ebenfalls nicht zu bewilligen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG, § 131 Abs. 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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