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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 16.11.2005
Aktenzeichen: 9 UF 183/05
Rechtsgebiete: BGB, VAÜG, VAHRG


Vorschriften:

BGB § 1587 Abs. 2
BGB § 1587 a Abs. 2 Nr. 3
BGB § 1587
BGB § 1587 a Abs. 1 Satz 1
BGB § 1587 a Abs.1 Satz 2
BGB § 1587 b Abs. 1
BGB § 1587 b Abs. 6
VAÜG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b
VAÜG § 3 Abs. 1 Nr. 5
VAHRG § 1 Abs. 3
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht

Beschluss

9 UF 183/05

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die befristete Beschwerde des Beteiligten zu 3. vom 7. September 2005 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 3. August 2005 durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Seidel, den Richter am Oberlandesgericht Götsche und den Richter am Oberlandesgericht Schollbach am 16. November 2005 im schriftlichen Verfahren beschlossen:

Tenor:

Auf die befristete Beschwerde wird die angefochtene Entscheidung abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Von dem Versicherungskonto des Antragstellers bei der Beteiligten zu 1., Versicherungsnummer 89 170462 P 003, werden auf das Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 2., Versicherungsnummer 44 130963 H 504, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 55,76 €, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Dezember 2001, übertragen. Der genannte Monatsbetrag ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Zu Lasten der bei dem Beteiligten zu 3. zum Aktenzeichen 049.1 0040920.0 VA 1405 bestehenden Anwartschaften des Antragstellers auf eine Betriebsrente werden auf dem Versicherungskonto der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 2., Versicherungsnummer 44 130963 H 504, nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 7,33 €, bezogen auf das Ende der Ehezeit am 31. Dezember 2001, begründet.

Der Monatsbetrag der zu begründenden nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Es bleibt bei der Kostenentscheidung des ersten Rechtszuges. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Beschwerdewert wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde des Beteiligten zu 3. hat auch in der Sache Erfolg.

Der Antragsteller hat nach der Auskunft der Beteiligten zu 1. vom 25. September 2002 während der Ehezeit im Sinne des § 1587 Abs. 2 BGB (1. Mai 1986 bis 31. Dezember 2001) angleichungsdynamische Anwartschaften in der knappschaftlichen Rentenversicherung und in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten in Höhe von insgesamt monatlich 496,68 €, denen Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 VAÜG in Verbindung mit § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB), erworben.

Darüber hinaus hat er nach Auskunft des Beteiligten zu 3. vom 12. Mai 2004, einer Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes, innerhalb der vorgenannten Ehezeit eine unverfallbare Anwartschaft auf eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 60,59 € erworben. Da der Wert dieses Anrechts der betrieblichen Altersversorgung nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 3 BGB im Anwartschaftsstadium nicht in nahezu gleicher Weise wie der Wert der aus der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte steigt, ist dieses Anrecht in eine dynamische (nichtangleichungsdynamische) Anwartschaft umzurechnen. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass der Wert des Anrechts ab Rentenbeginn um 1 % jährlich steigt.

Aus der Monatsrente ist zunächst die auf die Ehezeit entfallende Jahresrente zu berechnen, die mithin 727,08 € (60,59 € x 12 Monate) beträgt. Sodann ist nach der BarwertVO der Barwert zu berechnen, wobei der Faktor der Tabelle 1 (2,7 bei einem Lebensalter zum Ende der Ehezeit von 39 Jahren) erhöht gemäß Anmerkung 2 um 65 vom Hundert (2,7 + 65 % = 4,455) zu Grunde zu legen ist, da diese Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes ab dem Leistungsbeginn auf Grund der Steigerung von jährlich 1 % als volldynamisch anzusehen ist (zur VBL: BGH FamRZ 2004, 1474 ff. m. Anm. Glockner; Brandenburgisches OLG FamRZ 2005, 37; OLG München, FamRZ 2004, 639).

Es ergeben sich danach 3.239,14 € (6.335,21 DM) als Barwert. Multipliziert mit dem Umrechnungsfaktor 0,0000957429 (Umrechnung von Beiträgen in Entgeltpunkte) ergeben sich sodann 0,6065 Entgeltpunkte, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Umrechnungsfaktor ausschließlich für DM-Beträge gilt. Diese Entgeltpunkte stellen sodann eine monatliche nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaft in Höhe von 15,35 € dar (0,6065 EP x 49,51 DM [aktueller Rentenwert West]).

Die Antragsgegnerin hat ausweislich der Auskunft der Beteiligten zu 2. vom 14. Januar 2003 während der vorgenannten Ehezeit angleichungsdynamische Anwartschaften in der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten in Höhe von monatlich 385,16 €, denen Entgeltpunkte (Ost) zugrunde liegen, erworben.

Ferner steht ausweislich der Auskunft der Beteiligten zu 4. vom 5. April 2005 fest, dass sie Anwartschaften aus einer betrieblichen Altersversorgung erworben hat. Die Höhe der zu erwartenden Jahresrente beläuft sich nach der derzeitigen Bemessungsgrundlage auf 402,84 €. Diese Anwartschaft ist nach der Mitteilung der Beteiligten zu 4. vom 9. November 2005 im Anwartschaftsstadium statisch. Der Wert des Anrechts steigt nach Rentenbezug jedoch jährlich um 1 %.

Demzufolge muss ebenfalls eine Umbewertung in eine dynamische Anwartschaft vorgenommen werden, wobei jedoch zunächst der Ehezeitanteil unter Berücksichtigung der Versorgungszusage zum 1. April 2000 und des Erreichens der Altersgrenze von 62 Jahren zum 13. September 2025 zu bestimmen ist.

Bei einer Quotierung nach Monaten ergibt sich folgende Rechnung: 21 Monate (Anteil Ehezeit) x 100 % : 306 Monate (Gesamtzeit) = 6,8627 %. Somit sind 27,65 € als Jahresrente bezogen auf die Ehezeit zu berücksichtigen (402,84 € x 6,8627 %).

Sodann ist nach der BarwertVO der Barwert zu berechnen, wobei der Faktor der Tabelle 1 (2,6 bei einem Lebensalter zum Ende der Ehezeit von 38 Jahren) erhöht gemäß der Anmerkung 1 um 24 vom Hundert und der Anmerkung 2 um 65 vom Hundert (2,6 + 24 % + 65 % = 5,3196) zu Grunde zu legen ist, da die Versorgung bereits mit Erreichen des 62. Lebensjahres ausgezahlt wird und auch diese betriebliche Zusatzversorgung ab dem Leistungsbeginn auf Grund der nunmehr stattfindenden Steigerung von jährlich 1 % als volldynamisch anzusehen ist (vgl. zur vormaligen Anpassung nach § 16 BetrAVG: OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 1568; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 539; Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl., Rn. 236 zu § 1587 a BGB).

Es ergeben sich danach 147,09 € (287,68 DM) als Barwert. Multipliziert mit dem Umrechnungsfaktor 0,0000957429 (Umrechnung von Beiträgen in Entgeltpunkte) ergeben sich sodann 0,0275 Entgeltpunkte, wobei zu berücksichtigen ist, dass der Umrechnungsfaktor ausschließlich für DM-Beträge gilt. Diese Entgeltpunkte stellen sodann eine monatliche nichtangleichungsdynamische Rentenanwartschaft in Höhe von 0,70 € dar (0,0275 EP x 49,51 DM [aktueller Rentenwert West]).

Nach den §§ 1587, 1587 a Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Antragsteller ausgleichspflichtig, da er die werthöheren Anwartschaften besitzt. Der Versorgungsausgleich war gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b VAÜG auch vor der Einkommensangleichung durchzuführen, da der Antragsteller sowohl über die werthöheren angleichungsdynamischen als auch nichtangleichungsdynamischen Anwartschaften verfügt.

Der Ausgleichsberechtigten steht nach § 1587 a Abs.1 Satz 2 BGB die Hälfte des Wertunterschiedes der beiderseitigen Anwartschaften zu.

Hinsichtlich der in der gesetzlichen Rentenversicherung erworbenen angleichungsdynami-schen Anwartschaften waren daher im Wege des Splittings gemäß § 1587 b Abs. 1 BGB die Hälfte des Wertunterschiedes (111,52 €) der beiderseitigen Anwartschaften, also 55,76 € monatlich, vom Rentenkonto des Antragstellers auf das der Antragsgegnerin zu übertragen. Insoweit hat das Amtsgericht den Ausgleich auch zutreffend vorgenommen; der Senat hat den Tenor lediglich aus Klarstellungsgründen insgesamt neu gefasst.

Die Hälfte der Differenz der verbleibenden nichtangleichungsdynamischen Anrechte in Höhe von 7,33 € ist im Wege des analogen Quasi-Splittings gemäß § 1 Abs. 3 VAHRG durch Begründung auf dem Rentenkonto der Antragsgegnerin bei der Beteiligten zu 2. auszugleichen.

Die Anordnung der Umrechnung der zu übertragenden angleichungsdynamischen Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte (Ost) beruht auf § 3 Abs. 1 Nr. 5 VAÜG. Die Anordnung der Umrechnung der zu begründenden nichtangleichungsdynamischen Rentenanwartschaften in Entgeltpunkte beruht auf § 1587 b Abs. 6 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 93 a Abs. 1 ZPO, 21 GKG; die Entscheidung zum Beschwerdewert beruht auf § 49 Nr. 3 GKG.



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