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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 05.12.2006
Aktenzeichen: 9 UF 189/06
Rechtsgebiete: RegelbetragVO, ZPO, BGB


Vorschriften:

RegelbetragVO § 2
ZPO § 93 a
ZPO § 307
ZPO § 308 Abs. 1
ZPO § 645
ZPO § 648
ZPO § 648 Abs. 1
ZPO § 648 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 648 Abs. 2
ZPO § 648 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 652
ZPO § 652 Abs. 1
ZPO § 652 Abs. 2 Satz 1
BGB § 119
BGB § 123
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 189/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners vom 18. September 2006 gegen den Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 25. August 2006 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Seidel, die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Werr und den Richter am Oberlandesgericht Götsche

am 5. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

1. Unter Zurückweisung der weitergehenden sofortigen Beschwerde wird der Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 25. August 2006 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der zum Ersten jeden Monats vom Antragsgegner an die Antragstellerin zu zahlende Unterhalt wird für die Zeit ab 22. März 2006 auf 80 % des Regelbetrages der 3. Altersstufe gemäß § 2 Regelbetrag-VO festgesetzt. Der festgesetzte Unterhalt vermindert sich um das anrechenbare Kindergeld für ein erstes, zweites, drittes oder viertes oder weiteres Kind. Anrechenbar ist das hälftige Kindergeld, soweit es zusammen mit dem Unterhalt 135 % des jeweiligen Regelbetrages übersteigt.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen zu 15 % die Antragstellerin und zu 85 % der Antragsgegner.

3. Der Beschwerdewert beträgt 3.014 €.

Gründe:

I.

Die gemäß § 652 Abs. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig.

Insbesondere hat der Antragsgegner zulässige Einwendungen gemäß § 652 Abs. 2 Satz 1 ZPO insoweit vorgebracht, als er - zumindest inzident - die Wirksamkeit des durch ihn erklärten Anerkenntnisses in Frage gestellt hat.

Zwar ist § 652 Abs. 2 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 648 Abs. 1, Abs. 2 ZPO nicht unmittelbar anwendbar, da der Fall der Erklärung eines Anerkenntnisses insoweit nicht darin genannt ist. Dabei handelt es sich insbesondere nicht um eine Einwendung gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens (§ 648 Abs. 1 Satz 1 ZPO), da § 648 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Voraussetzungen des § 645 sowie des § 648 ZPO betrifft (vgl. auch Musielak/Borth, ZPO, 5. Aufl., § 648, Rn. 2), die hier nicht einschlägig sind.

Beruht die Festsetzung aber auf einem durch das Gericht angenommenen Anerkenntnis des Antragsgegners gemäß § 308 Abs. 1 ZPO, so muss es dem Antragsgegner nachgelassen sein, Einwendungen gegen die Wirksamkeit des Anerkenntnisses bzw. dessen Vorhandensein überhaupt bereits im Beschwerdeverfahren des § 652 ZPO geltend machen zu können. Denn insoweit rügt er das Fehlen einer wesentlichen prozessualen Voraussetzung für den Erlass des Festsetzungsbeschlusses, den das erstinstanzliche Gericht angenommen hat. Dies kann zudem aus einem Umkehrschluss aus § 652 Abs. 2 Satz 1 ZPO entnommen werden, wonach der Antragsgegner die Unrichtigkeit der Kostenentscheidung bereits im Beschwerdeverfahren geltend machen kann. Kann der Antragsgegner damit aber die Rüge, das Gericht habe die Voraussetzungen insbesondere des § 93 a ZPO für ein erklärtes Anerkenntnis unzutreffend beurteilt, im Beschwerdeverfahren das § 652 ZPO erheben, so muss es ihm erst recht möglich sein, in der Hauptsache selbst das Vorliegen eines Anerkenntnisses überhaupt in Abrede stellen zu können.

II.

Die Beschwerde ist aber nur zum Teil begründet, soweit der Antragsgegner sich gegen die Festsetzung eines Unterhaltes vor dem 22. März 2006 wendet. Im Übrigen bindet den Antragsgegner das eigene abgegebene Teilanerkenntnis, weshalb es ab dem 22. März 2006 bei dem im Festsetzungsbeschluss niedergelegten Unterhaltssätzen zu verbleiben hat.

1.

Zunächst steht fest, dass der Antragsgegner mit seinem unter dem 25. März 2006 (Bl. 6 ff. d. A.) erhobenen Einwendungen gegen den Antrag auf Festsetzung von Unterhalt einen solchen in Höhe von 80 % des jeweiligen Regelbetrages anerkannt hat. Dies folgt aus dem Wortlaut der unter H enthaltenen Einwendung, womit der Antragsgegner erklärt hat der beantragte Unterhalt ist zu hoch angesetzt. Ich bin in der Lage 80 % des jeweiligen Regelbetrages zu zahlen.

Diese Erklärung kann nur so verstanden werden, dass der Antragsgegner 80 % des jeweiligen Regelbetrages zahlen will und insoweit ein Teilanerkenntnis abgibt.

Auch unter Berücksichtigung der Vorschriften der § 645 ff. ZPO ergibt sich nichts anderes. Nach § 648 Abs. 2 Satz 1 ZPO kann der Antragsgegner Einwendungen insbesondere zur Leistungsfähigkeit nur insoweit erheben, wenn er zugleich erklärt, inwieweit er zur Unterhaltsleistung bereit ist und dass er sich insoweit zur Erfüllung des Unterhaltsanspruches verpflichtet. Zweck dieser Bestimmung ist es, dass sich der Unterhaltsschuldner über seine Verpflichtung Klarheit verschafft und gegebenenfalls rechtlich beraten lässt (BT-Drucksache 13/7338, S. 41). Der Antragsteller soll insoweit in die Lage versetzt werden, aufgrund der erteilten Auskünfte und Erklärungen des Antragsgegners eine Prüfung der Aussichten der weiteren Rechtsverfolgung vorzunehmen (Musielak/Borth, a.a.O., § 648, Rn. 7). Aus Sicht der Antragstellerin kann die vorgenannte Erklärung des Antragsgegners aber nur so verstanden werden, dass er sich zur Zahlung von 80 % des jeweiligen und auch hier geltend gemachten Regelbetrages bereit erklärt.

2.

Eine Anfechtung dieses Teilanerkenntnisses gemäß § 307 ZPO scheidet aus. Als so genannte Bewirkungshandlung des Prozessrechtes kann ein Anerkenntnis nicht wegen Täuschung oder Irrtums in analoger Anwendung der §§ 119, 123 BGB angefochten werden (BGHZ 80, 389, 392); ebenso ist ein Widerruf unzulässig (Musielak/Musielak, a.a.O., § 307, Rn. 14). Nichts anderes kann im vereinfachten Verfahren über die Festsetzung des Unterhaltes gemäß § 645 ff. ZPO gelten. Da dieses Verfahren hinsichtlich eines Anerkenntnisses keine besonderen Regelungen enthält, unterliegt es den allgemeinen prozessrechtlichen Regelungen der ZPO. Dass in dem vereinfachten Verfahren auch ein Anerkenntnis wirksam erklärt werden kann, zeigt sich schon an der zuvor dargestellten Regelung des § 648 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Im Übrigen bestehen keine Bedenken, dass der Festsetzungsbeschluss ganz oder teilweise auf ein durch den Antragsgegner erklärtes Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruches beruhen kann (vgl. auch Musielak/Borth, a.a.O., § 649, Rn. 2).

3.

Erfolgreich ist die sofortige Beschwerde des Antragsgegners dagegen insoweit, als die Festsetzung des Unterhaltes über das erklärte Anerkenntnisses hinaus erfolgt ist. Bei Erhebung seiner Einwendungen (Schreiben vom 25. März 2006) hat der Antragsgegner erklärt, dass der Unterhalt erst ab dem 22. März 2006 verlangt werden kann. Damit kann sein Anerkenntnis nur dahingehend ausgelegt werden, dass er dieses erst für die Zeit ab 22. März 2006 abgeben will. Nach Maßgabe dessen wird im Übrigen auch den Antrag der Antragstellerin auf Erlass eines Teilfestsetzungsbeschlusses in Höhe von 80 % des Regelbetrages gemäß Schriftsatz vom 15. August 2006 nur dahingehend verstanden werden können, dass nur im Umfange der erklärten Anerkenntnisses und daher für die Zeit ab 22. März 2006 ein entsprechender Teilfestsetzungsbeschluss erlassen werden soll. Da i. Ü. die Antragstellerin die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt hat, ist das Amtsgericht mit seiner Entscheidung zu Unrecht über den Antrag der Antragstellerin bzw. den Umfang des erklärten Teilanerkenntnisses hinausgegangen, soweit Unterhalt bereits für die Zeit ab dem 1. März 2006 zuerkannt worden ist.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zum Beschwerdewert auf § 42 Abs. 1, Abs. 5 GKG.

Ende der Entscheidung

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