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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 19.06.2008
Aktenzeichen: 9 UF 23/08
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 3
ZPO § 5 HS 2
ZPO § 511 Abs. 2 Nr. 1
ZPO § 522 Abs. 1 S. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 23/08 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts durch

die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Werr als Vorsitzende, die Richterin am Oberlandesgericht Rohrbach-Rödding und den Richter am Oberlandesgericht Götsche als beisitzende Richter

am 19.06.2008

beschlossen:

Tenor:

Die Berufung des Beklagten gegen das am 17.01.2008 verkündete Urteil des Amtsgerichts Bad Liebenwerda - Az. 20 F 186/07 - wird als unzulässig verworfen.

Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 600,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin hat den Beklagten, ihren von ihr getrennt lebenden Ehemann, im Wege der Stufenklage auf Auskunft und Belegerteilung über die in den Jahren 2004 bis 2006 erzielten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit sowie ggf. Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch genommen. Der Beklagte hat widerklagend das Ziel verfolgt, die Klägerin zur Auskunft und Belegerteilung über ihre in den Jahren 2004 bis 2006 erzielten Einnahmen und Ausgaben zu verurteilen.

Mit am 17.01.2008 verkündetem Teilurteil hat das Amtsgericht Bad Liebenwerda den Beklagten antragsgemäß zur Auskunft und Belegerteilung verurteilt und die Widerklage abgewiesen. Gegen das ihm am 23.01.2008 zugestellte Urteil hat der Beklagte mit am 18.02.2008 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Er verfolgt seine erstinstanzlichen Anträge weiter.

Mit Beschluss vom 05.05.2008 hat der Senat darauf hingewiesen, dass Bedenken gegen die Zulässigkeit der Berufung im Hinblick auf das Erreichen der Berufungssumme bestehen. Der Beklagte meint, der Wert der Beschwer sei mit mehr als 600,00 € zu bemessen. Insbesondere sei der Aufwand für die notwendige Erstellung von Steuerunterlagen, Einnahme-ÜberschussRechnungen und erforderliche Zusammenstellungen sehr hoch. Er benötige hierfür 100 bis 150 Arbeitsstunden, wobei ein Stundensatz von 15,00 € bis 25,00 € pro Stunde angemessen sei.

II.

Die rechtzeitig eingelegte und begründete Berufung ist gemäß § 522 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil der nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von mehr als 600,00 € nicht erreicht ist.

Der für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgebliche Wert der Beschwer richtet sich nach § 3 ZPO. Abweichend von § 5 Halbsatz 2 ZPO, der nur für den Zuständigkeitswert gilt, sind bei einer Berufung, die Klage und Widerklage betrifft, die Werte zu addieren (ganz herrschende Meinung: Zöller/Herget, ZPO, 26. Auflage, § 5, Rz. 2; Baumbach/Hartmann, ZPO, 66. Auflage, § 511, Rz. 16).

Der Wert der Ansprüche auf Auskunft ist nach dem Interesse des Berufungsklägers zu bemessen. Dessen Interesse in Bezug auf die Klage besteht in der Nichterteilung der ihm auferlegten Auskunft. Dieses wird nach dem Aufwand an Zeit und Kosten ermittelt, den die Auskunftserteilung für den Verpflichteten mit sich bringt (BGH, NJW-RR 2007, 1301; BGHZ-GSZ-128, 85; Baumbach, a.a.O., § 3, Rz. 24 m.w.N.).

Daraus folgt hier allerdings nicht, dass die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen, Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen oder Einnahmen-Überschussrechnungen bzw. der Aufwand, den der Beklagte selbst für die Erstellung betreiben muss, für die Bemessung der Beschwer maßgebend wäre. Der Beklagte ist durch das Teilurteil nicht dazu verurteilt worden, Bilanzen oder Einnahme-Überschussrechnungen für die Jahre 2004 bis 2006 zu erstellen. In diesem Sinne kann weder der Klageantrag, noch der Tenor des angefochtenen Urteils, in dem der Antrag wörtlich übernommen worden ist, ausgelegt werden. Die Verurteilung, die Auskunft durch Vorlage der näher bezeichneten Unterlagen zu belegen, ist vielmehr dahin zu verstehen, dass der Beklagte diese Unterlagen vorzulegen, nicht aber herzustellen hat. Hinsichtlich der Einnahmen-Überschussrechnungen ergibt sich dies bereits aus dem Wortlaut der Verurteilung zu 1b, nämlich durch die Verwendung des Wortes "etwaiger". Die Verwendung des Wortes "bzw." lässt zusätzlich darauf schließen, dass auch die zuvor genannten Unterlagen nur vorzulegen sind, soweit sie sich bereits im Besitz des Beklagten befinden. Außerdem ist üblicherweise davon auszugehen, dass nicht Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen und Einnahme-Überschussrechnungen eines selbständig Tätigkeiten kumulativ vorliegen, sodass sich auch hieraus ergibt, dass das Amtsgericht den Beklagten nur verpflichten wollte, vorhandene Belege über sein Einkommen zur Verfügung zu stellen. Zur Abgabe der Einkommensteuererklärung und zur Aufstellung von Gewinn- und Verlustrechnungen ist der Beklagte als selbständiger Gewerbetreibender ohnehin verpflichtet (§§ 5, 25 Abs. 3 EStG). Die entsprechenden Kosten treffen ihn sowieso und sind nicht durch die Verurteilung durch das angefochtene Teilurteil begründet worden. Es verbleibt damit im Wesentlichen die Anforderung zur Aufstellung geordneter Zusammenstellungen über seine verschiedenen Einkünfte. Insoweit ist jedoch nicht von einem Aufwand auszugehen, der einen Wert von etwa 300,00 € übersteigt.

Allerdings musste der Beklagte auf Grund der Fassung des Tenors des Teilurteils zum Zeitpunkt der Berufungseinlegung, auf den es für die Zulässigkeit seines Rechtsmittels ankommt, damit rechnen, von der Klägerin zur Erfüllung der titulierten Verpflichtung einschließlich einer vermeintlichen zur Erstellung von Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen angehalten zu werden und etwaigen Vollstreckungsversuchen unter Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe entgegentreten zu müssen. Sein Rechtsmittelinteresse ist deshalb zusätzlich nach den hierdurch anfallenden Kosten zu bemessen (vgl. BGH, FamRZ 2007, 1461; 2002, 666).

Der Gegenstandswert für ein derartiges Verfahren richtet sich nach dem Interesse der Klägerin an der Durchsetzung des titulierten Auskunftsanspruchs. Das von der Klägerin verfolgte Interesse an der Auskunftserteilung ist grundsätzlich mit einem Bruchteil des Werts des Anspruchs zu bemessen, dessen Geltendmachung vorbereitet werden soll (BGH, a.a.O.; Hartmann, Kostengesetze, 38. A., Anh zu § 48 GKG - § 3 ZPO Rz. 24). Mangels ausreichender Anhaltspunkte für die Höhe des in Frage kommenden Unterhalts kann nur der Mindestwert von 300,00 € (§ 13 Abs. 1 S. 1 RVG) zu Grunde gelegt werden. Der ursprünglich angekündigte Antrag der Klägerin zu III. gibt für die Bemessung des Streitwerts nichts her, weil dazu jegliche Begründung fehlt und der Antrag auf gerichtlichen Hinweis zurückgenommen worden ist. Bei Annahme des Mindestwerts errechnen sich lediglich Anwaltskosten von rund 11,00 € (0,3 der vollen Verfahrensgebühr von 25,00 € nach RVG-VV 3309 zuzüglich Pauschale von 20 % nach RVG-VV 7002 zuzüglich 19 % Umsatzsteuer). Selbst wenn man davon ausginge, dass die Klägerin einen Anspruch von monatlich 500 € mit der Auskunftsklage vorbereiten will, so ergäbe sich ein Streitwert von 1.200 € für die Auskunftsklage (20 % der Hauptsache von 6.000 €). Danach errechnen sich Anwaltskosten von rund 36,50 € für die Abwehr der Vollstreckung.

Zusammen mit den Kosten der Auskunftserteilung ergibt sich mithin für die Berufung gegen die Entscheidung auf die Klage lediglich eine Beschwer von höchstens rund 336,50 €.

Hinsichtlich seiner eigenen Widerklage, die der Beklagte in der Berufungsinstanz ebenfalls weiterverfolgt, bemisst sich der Wert der Beschwer nach dem vom Beklagten verfolgten Interesse an der Auskunftserteilung. Dieses ist, wie ausgeführt, grundsätzlich mit einem Bruchteil des Werts desjenigen Anspruchs zu bemessen, dessen Geltendmachung vorbereitet werden soll. Auch insoweit hat der Beklagte keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Höhe des in Frage kommenden Unterhalts mitgeteilt. Vielmehr erscheint es auf Grund der ihm im Wesentlichen bereits vorliegenden Auskünfte nach derzeitigem Sach- und Streitstand eher als ausgeschlossen, dass ein Unterhaltsanspruch des Beklagten gegen die Klägerin überhaupt vorliegen könnte. Ein Wert von mehr als 240,00 € (was einem Hauptsachewert von 1.200 €, mithin einem Unterhaltsanspruch von 100 € monatlich entspräche) kann deshalb für diesen Auskunftsanspruch nicht angesetzt werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 S. 1; 40; 48 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Für den Gebührenstreitwert sind ebenfalls die Werte von Klage und Widerklage zu addieren, § 45 Abs. 1 S. 1 GKG.

Ende der Entscheidung

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