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Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 25.07.2002
Aktenzeichen: 9 UF 59/02
Rechtsgebiete: ZPO, BGB
Vorschriften:
ZPO § 415 | |
ZPO § 621e Abs. 1 | |
BGB § 1617 c | |
BGB § 1618 | |
BGB § 1618 S. 3 | |
BGB § 1618 S. 4 | |
BGB § 1618 Satz 5 | |
BGB § 1618 Abs. 4 | |
BGB § 129 |
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss
9 UF 59/02 Brandenburgisches Oberlandesgericht
In der Familiensache
betreffend das minderjährige Kind P... H..., geb. am 2. Mai 1991,
hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die befristete Beschwerde des Antragsgegners vom 4. März 2002 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Senftenberg vom 31. Januar 2002 durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Oberlandesgericht ...
am 25. Juli 2002
beschlossen:
Tenor:
Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe für die Verteidigung gegen die Beschwerde unter Beiordnung von Rechtsanwältin G... in ... - ratenfrei - bewilligt.
In Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der Antrag der Antragstellerin auf Ersetzung der Einwilligung zur Namensänderung vom 26. Juli 2001 zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin zu tragen.
Der Beschwerdewert beträgt 3.000 €.
Gründe:
Die gemäß § 621e Abs. 1 ZPO statthafte, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte zulässige befristete Beschwerde hat Erfolg.
1.
Zu einer Entscheidung über die Ersetzung der Einwilligung des Antragsgegners zur Einbenennung des betroffenen Kindes gem. § 1618 S. 4 BGB war das Amtsgericht nicht befugt, da die Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht vorliegen.
Gemäß § 1618 S. 3 BGB bedarf es der Einwilligung des anderen - nicht sorgeberechtigten - Elternteils in die Einbenennung nur dann, wenn das Kind den Namen des anderen Elternteils führt. Nur für diesen Fall ist gemäß § 1618 Abs. 4 BGB bei entsprechender Verweigerung der Einwilligung die Ersetzung durch das Amtsgericht erforderlich, um die Einbenennung durchführen zu können. Zwingende Voraussetzung ist daher die Gleichheit zwischen dem aktuell geführten Namen des Kindes und dem des anderen Elternteiles im Zeitpunkt der Einbenennung (Palandt/Diederichsen, BGB, 61. Aufl., 2002, § 1618, Rn. 15; Staudinger-Coester, BGB, 13. Aufl. 2000 § 1618 Rn. 22; MünchKomm-v.Sachsen Gessaphe, BGB, 4. Aufl. 2002 § 1618 Rn. 17). Dagegen entfällt das Einwilligungserfordernis, wenn der andere Elternteil das namensrechtliche Band zu dem Kind bereits gelöst hat (Wagenitz, Neues Kindesnamensrecht, FamRZ 1998, 1545, 1551), also sich der Name des anderen Elternteils geändert und das Kind sich dieser Änderung nicht angeschlossen hat (Staudinger-Coester und MünchKomm-v.Sachsen Gessaphe, jeweils a. a. O.). Dies folgt aus dem Zweck des Einwilligungserfordernisses, welches dem Schutz der namensrechtlichen Bindung des Kindes zum nicht sorgeberechtigten Elternteil dient (BT-Drucks. 13, 4899, Bl. 92; BGH FPR 2002, 267). Fehlt es aber aktuell an diesem namensrechtlichen Band, so stellt die Einbenennung keinen Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens dar (EuGHMR, 3. Sektion, Zulässigkeitsentscheidung vom 6. Dezember 2001 - Beschwerde Nr. 31178/96, Ls. abgedruckt in FamRZ 2002, Heft 13 S. II); der Schutzzweck des Einwilligungserfordernisses ist nicht erfüllt, eine Einwilligung des nicht sorgeberechtigten Elternteils deshalb schon von vornherein nicht erforderlich.
Daran ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführer nach eigener Behauptung seinen ursprünglichen, mit dem derzeitigen Namen des betroffenen Kindes identischen Geburtsnamen wieder annehmen will und bereits einen entsprechenden Antrag gestellt hat. § 1618 S. 3, 4 BGB will das tatsächlich bestehende namensrechtliche Band schützen. Es kommt daher auf die aktuell geführten Namen an (Staudinger-Coester und MünchKomm-v.Sachsen Gessaphe, jeweils a. a. O.) Ist dieses aber bereits zerschnitten worden, entfällt der Schutzzweck der Norm. Eine in der Zukunft mögliche Wiederherstellung dieses Bandes genügt nicht, um den Schutzbereich erneut zu öffnen, zumal es bislang im vorliegenden Fall auch offen ist, ob die Änderung des Namens des Vaters auch tatsächlich erfolgen wird.
2.
Vorsorglich weist der Senat noch auf Folgendes hin:
Bislang fehlt es noch an den für die Einbenennung notwendigen formellen Voraussetzungen. Die Einbenennung des Kindes ist gem. § 1618 BGB zunächst an verschiedene formelle Voraussetzungen gebunden (allgemein dazu Brandenburgisches OLG FamRZ 2001, 570, 571). Hierzu gehört auch die Erklärung des neuen Ehemannes der Kindesmutter zur Einbenennung (§§ 1618 Abs. 1 Satz 1, 1617 c Abs. 1 S. 3 BGB), die zur Akte zu reichen ist, was bisher nicht erfolgt ist. Ferner fehlt es an einer in der Form des § 1617 c BGB gegenüber dem Standesbeamten abzugebenden Erklärung der Kindesmutter sowie des nunmehr 11 Jahre alten Kindes.
Die Erklärungen des sorgeberechtigten Elternteils und des Stiefelternteils müssen öffentlich beglaubigt werden, § 1618 Satz 5 i.V.m. § 129 BGB. Derartige formgerechte Erklärungen sind bislang - soweit erkennbar - nicht erteilt. Auch der Umstand, dass über den Anhörungstermin vom 29. Januar 2002 eine gerichtliche Niederschrift erfolgt und darin die Einbenennungserklärungen der Mutter des betroffenen Kindes und des Stiefvaters enthalten sind, genügt nicht. Zwar ist das Protokoll eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 ZPO. Für die Form des § 1618 Satz 5 BGB ist dies jedoch ohne Bedeutung. Der Begriff der öffentlichen Beglaubigung ist nicht identisch mit dem der öffentlichen Urkunde, soweit dies das Gesetz nicht ausdrücklich anordnet. Mangels einer solchen ausdrücklichen gesetzlichen Gleichsetzung genügt es daher nicht, derartige Erklärungen zu Protokoll des Familiengerichtes abzugeben (vgl. auch OLG Köln, FamRZ 2002, 262, 264).
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 13 a Abs. 1 FGG, 30 Abs. 2 und 3, 131 Abs. 2 KostO.
Ende der Entscheidung
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