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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 01.10.2009
Aktenzeichen: 9 UF 60/09
Rechtsgebiete: BGB, ZPO


Vorschriften:

BGB § 278
BGB § 1696
ZPO § 233
ZPO § 234
ZPO § 236
ZPO § 520 Abs. 2
ZPO § 522 Abs. 1
ZPO § 621 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 621 e Abs. 1
ZPO § 621 e Abs. 3 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Der Antrag der Kindesmutter vom 29. Juni 2009 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerdebegründung wird zurückgewiesen.

Die befristete Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 16. April 2009 - Az. 35 F 261/08 - wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Kindesmutter auferlegt.

Der Wert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1. und 2. sind die - geschiedenen - Eltern der am .... Januar 2005 geborenen L... R.... Mit dem Scheidungsverbundurteil vom 20. Juni 2007 hat das Amtsgericht Oranienburg u. a. dem Kindesvater die elterliche Sorge für L... R... allein übertragen und die Kindesmutter verurteilt, das Kind an den Kindesvater zurückzuführen und herauszugeben. Die dagegen gerichtete befriste Beschwerde der Kindesmutter hat der Senat mit Beschluss vom 20. Februar 2008 zurückgewiesen.

Die Kindesmutter hatte am 21. Juli 2006 mit L... eine Urlaubsreise nach Litauen angetreten, von der sie - bezogen auf L...: gegen den zuvor ausdrücklich erklärten Willen des Kindesvaters - nicht nach Deutschland zurückgekehrt war. Nach dem Sorgerechtsverfahren in Deutschland hat es in der Folgezeit in Litauen und bis zum Europäischen Gerichtshof zahlreiche gerichtliche Auseinandersetzungen um die Rückführung des Kindes nach Deutschland und in den Haushalt des Kindesvaters gegeben. Am 25. August 2008 hat schließlich das Oberste Gericht in Litauen festgestellt, dass die Bescheinigung des Amtsgerichts Oranienburg zur Rückführung von L... vollstreckbar ist. Daraufhin hat der Kindesvater die Vollstreckung eingeleitet und im Laufe einer Eingewöhnungsphase das Kind - jedenfalls für die Kindesmutter überraschend und unter im Einzelnen umstrittenen Umständen - am 20. Oktober 2008 nach Deutschland zurückgebracht.

Mit einem am 30. Oktober 2008 beim Amtsgericht eingegangen Schriftsatz hat die Kindesmutter daraufhin mit näherer Darlegung auf Abänderung des (Verbund-)Urteils des Amtsgerichts Oranienburg vom 20. Juni 2007 dahin angetragen, dass ihr allein das Sorgerecht für L... R... übertragen wird.

Der Kindesvater ist dem Antrag der Kindesmutter im Einzelnen entgegengetreten.

Mit Beschluss vom 16. April 2009 hat das Amtsgericht nach Anhörung aller Verfahrensbeteiligten und des Kindes die Sorgerechtsanträge der Mutter zurückgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidung (Bl. 376 ff. d.A.) Bezug genommen.

Gegen diesen ihr am 22. April 2009 zugestellten Beschluss hat die Kindesmutter mit einem am 12. Mai 2009 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde eingelegt, diese jedoch nicht bis zum 22. Juni 2009 begründet. Auf den Hinweis der Vorsitzenden vom 24. Juni 2009 (Bl. 415 R d.A.), dass ein rechtzeitiges Gesuch um Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist nur zum Aktenzeichen des Parallelverfahrens 9 UF 61/09 eingegangen sei und die Beschwerde im hiesigen Verfahren mangels fristgerechter Begründung bzw. mangels rechtzeitigen Fristverlängerungsgesuchs als unzulässig zu verwerfen wäre, hat die Kindesmutter mit Schriftsätzen vom 29. Juni 2009, eingegangen beim Oberlandesgericht an diesem Tage, Wiedereinsetzung beantragt (Bl. 417 ff. d.A.) und die Beschwerde begründet (Bl. 425 ff. d.A.).

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages hat die Kindesmutter ausgeführt, im Büro ihres Verfahrensbevollmächtigten sei der Ablauf der Begründungsfrist am 22. Juni 2009 ordnungsgemäß notiert gewesen. Tatsächlich sei die Begründungschrift auch zu diesem Zeitpunkt bereits erstellt gewesen, habe jedoch noch einer letzten Abstimmung mit der Kindesmutter bedurft, weshalb am Tag des Fristablaufs - allerdings zum Aktenzeichen 9 UF 61/09 - um kurzfristige Verlängerung der Begründungsfrist nachgesucht worden sei. Aus den nach Einlegung der beiden Rechtsmittel am 12. Mai 2009 in den beiden Parallelverfahren zum Sorgerecht und zum Umgangsrecht vom Oberlandesgericht zeitgleich übermittelten und - bis auf das Aktenzeichen II. Instanz - jeweils inhaltsgleichen Eingangsbestätigungen sei eine sichere Unterscheidung bzw. Zuordnung der zweitinstanzlichen Gerichtsaktenzeichen (9 UF 60/09 und 9 UF 61/09) nicht möglich gewesen. Da nach Kenntnis des Verfahrensbevollmächtigten selbst wie auch seiner langjährigen und zuverlässigen Mitarbeiterin die Gerichte in ständiger Übung bundesweit die Aktenzeichen nach der zeitlichen Reihenfolge des Eingangs vergäben, sei man davon ausgegangen, dass das Oberlandesgericht für die aus seiner Kanzlei zuerst per Fax übermittelte Beschwerde in dem Umgangsverfahren das Aktenzeichen 9 UF 60/09 und für die zwei Minuten später per Fax übermittelte Beschwerde in dem Sorgerechtsverfahren das Aktenzeichen 9 UF 61/09 vergeben habe. Dementsprechend sei in seiner Kanzlei "die zweite Geschäftsnummer 9 UF 61/09 der Sorgerechtssache zugeordnet worden". Zu diesem Aktenzeichen sei dann auch am letzten Tag des Fristablaufs in dem Sorgerechtsverfahren fristwahrend ein Fristverlängerungsantrag gestellt und vom Oberlandesgericht antragsgemäß beschieden worden. Erst mit dem gerichtlichen Hinweis vom 24. Juni 2009 sei offenbar geworden, dass das Oberlandesgericht für das hiesige Sorgerechtsverfahren das Aktenzeichen 9 UF 60/09 vergeben habe. Die Fristversäumnis beruhe demnach auf "einer Abweichung von den gerichtlichen Gepflogenheiten, die Geschäftsnummern nach zeitlichem Eingang zu vergeben", was "der Anwalt nicht voraussehen" habe können. Anlass, bei Gericht wegen der konkreten Zuordnung der dort vergebenen Aktenzeichen Nachfrage zu halten, habe aus seiner Sicht nicht bestanden. Zusätzlich verweist er darauf, dass einzig in der Sorgerechtssache am 22. Juni 2009 die Beschwerdebegründungsfrist abgelaufen sei, diejenige in der Umgangssache erst am 30. Juni 2009, sodass es gar keinen Grund gegeben habe, in dem Umgangsverfahren bereits am 22. Juni 2009 auf Fristverlängerung anzutragen. Weiter führt der Verfahrensbevollmächtigte aus, dass er - anders als das Oberlandesgericht bis zu dem Hinweis vom 24. Juni 2009 - bereits bei Einlegung der Beschwerden durch die Unterscheidung "R..., Umgang" und "R..., Sorgerecht" (Bl. 561/562 d.A.) wie auch insbesondere bei seinem Fristverlängerungsantrag vom 22. Juni 2009 durch die Überschrift "In der Sorgerechtssache" (Bl. 365 des Parallelverfahrens 9 UF 61/09) eine eindeutige Zuordnung vorgenommen und damit auch dem Gericht ermöglicht habe. Abschließend ist er der Auffassung, dass wegen der besonderen Bedeutung der Hauptsache und der dort gerügten Grund- und Menschenrechtsverletzungen eine Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuchs mit der Folge eines kurzfristig erneut beim Amtsgericht zu stellenden Antrages nach § 1696 BGB unverhältnismäßig sei.

In der Sache selbst erstrebt die Kindesmutter unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens weiterhin die Abänderung der Sorgerechtsentscheidung dahin, dass ihr das elterliche Sorgerecht für die Tochter allein übertragen wird.

Der Kindesvater hält das Rechtsmittel für unzulässig. Gründe, die eine Wiedereinsetzung rechtfertigen könnten, lägen nicht vor. Zum einen sei das Fristverlängerungsgesuch nicht so rechtzeitig gestellt worden, wie dies nach dem Vorbringen der Kindesmutter möglich gewesen wäre. Im Übrigen gebe es keinen allgemein anerkannten Grundsatz dahin, dass Faxschreiben - zumal bei einer zeitlichen Differenz des Absendevorganges von nur drei Minuten - in der Reihenfolge ihres Absendens auch beim Adressaten eingingen. Außerdem wäre, so meint der Kindesvater, bei der - gebotenen - Anlegung getrennter Verfahrensakten im Büro des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter, der tatsächlich aber pflichtwidrig beide Verfahren aus einer Handakte führe, "eine Zuordnung der vom Gericht vergebenen Aktenzeichen sodann unproblematisch möglich gewesen". Hilfsweise verteidigt er die angefochtene Entscheidung in der Sache.

Der Senat hat im Anhörungstermin am 24. August 2009 (nur) zur Zulässigkeit des Rechtsmittels der Kindesmutter verhandelt, auf Bedenken gegen die Erfolgsaussichten für das Wiedereinsetzungsgesuch hingewiesen und der Kindesmutter Gelegenheit gegeben, zu den Hinweisen des Senates ergänzend vorzutragen.

II.

Die gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO statthafte befristete Beschwerde der Kindesmutter ist gemäß § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht rechtzeitig innerhalb der Frist des § 621 e Abs. 3 Satz 2 ZPO in Verbindung mit § 520 Abs. 2 ZPO begründet worden ist. Der gemäß §§ 234, 236 ZPO form- und fristgerecht eingegangene Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Beschwerdebegründung bleibt in der Sache ohne Erfolg.

Dem Wiedereinsetzungsgesuch der Kindesmutter war der Erfolg zu versagen, weil sie nicht dargelegt und glaubhaft gemacht hat, dass ihren Verfahrensbevollmächtigten, dessen Verhalten sie sich zurechnen lassen muss (§ 85 Abs. 2 ZPO), an der Fristversäumnis kein Verschulden trifft (§§ 233, 236 Abs. 2 Satz 1 ZPO).

Grundsätzlich muss der Rechtsanwalt alles ihm nur Zumutbare tun und durch geeignete Organisation seiner Kanzlei sicherstellen, dass die gesetzlichen Notfristen zuverlässig festgehalten und gewahrt werden. Gerade wegen der - besonders in Familiensachen gegebenen - Verwechslungsgefahr, die sich im Streitfall auch verwirklicht hat, muss durch geeignete Vorkehrungen gewährleistet werden, dass in mehreren Verfahren der gleichen Parteien mehrere Fristen für Rechtmittel gegen unterschiedliche Entscheidungen notiert und dann auch sicher eingehalten werden können. Das gilt zuallererst natürlich im Hinblick auf eine klare und unverwechselbare Zuordnung mehrerer Rechtmittel in Angelegenheiten eines Mandanten innerhalb der eigenen Aktenführung des Rechtsanwalts (vgl. hierzu BGH FamRZ 2006, 190; BGH NJW 1995, 2562). Mit in gleicher Weise geeigneten Maßnahmen ist jedoch auch sicherzustellen, dass fristwahrende Schriftsätze bei Gericht unverwechselbar dem Verfahren zugeordnet werden können, für das sie tatsächlich bestimmt sind. Der Rechtsanwalt muss insbesondere auch für den mangelfreien Zustand der ausgehenden Schriftsätze Sorge tragen, also etwa auch ein Fristverlängerungsgesuch persönlich auf Vollständigkeit und Richtigkeit hin überprüfen (vgl. Zöller-Greger, ZPO, 27. Aufl., § 233 Rdnr. 23 "Ausgangskontrolle"). Fehlerhafte oder unvollständige Angaben in einem fristgebundenen Schriftsatz schaden nur dann nicht, wenn aufgrund der sonstigen erkennbaren Umstände für Gericht und Prozessgegner nicht zweifelhaft bleibt, für welches von mehreren Rechtsmittelverfahren dieser eingereicht ist (vgl. BGH MDR 2001, 529). Eine Wiedereinsetzung scheidet grundsätzlich auch dann aus, wenn zu der Fristversäumung neben dem Verschulden der Partei oder ihres Prozessbevollmächtigten auch ein Mitverschulden des Gerichts beigetragen hat. Dies gilt nur dann nicht, wenn sich das Verschulden der Partei oder ihres Anwalts aufgrund des Fehlers des Gerichts nicht mehr entscheidend auswirkt, sondern die Fristversäumung bei einer wertenden Betrachtung allein auf den gerichtlichen Fehler zurückzuführen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 26. April 2004, Az. II ZB 6/03 - zitiert nach juris, dort Rdnr. 8 m.w.Nw.).

Im konkreten Fall ist zwar davon auszugehen, dass das Gericht jedenfalls einen Mitverursachungsbeitrag für die hier unstreitig eingetretene Verwechselung bei der Zuordnung der zweitinstanzlichen gerichtlichen Aktenzeichen zu dem Sorgerechtsverfahren einerseits und dem Umgangsverfahren andererseits geleistet hat. Dieser hat allerdings kein derartiges Gewicht, dass bei einer Gesamtwürdigung der Umstände des konkreten Einzelfalls der Fehler des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter völlig in den Hintergrund träte und deshalb die Fristversäumung letztlich als unverschuldet im Sinne von § 233 ZPO anzusehen wäre. Im Einzelnen:

Soweit der Kindesvater ein Verschulden des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter schon aus dem Umstand abzuleiten sucht, dass dieser nicht bereits am 17. Juni 2009, als sich nach der Darstellung der Kindesmutter abgezeichnet habe, dass wegen noch vorhandenen Abstimmungsbedarfs die am 22. Juni 2009 ablaufende Frist zur Beschwerdebegründung nicht würde eingehalten werden können, um Fristverlängerung nachgesucht hat, geht dieser Vorhalt ins Leere. Es ist zum einen seit langem anerkannt, dass das Ausnutzen einer Frist bis zum letzten Tag höhere Anforderungen an das zur Fristwahrung Erforderliche nur im Hinblick auf die sich konkret aus der zeitlichen Nähe zum drohenden Fristende ergebenden Gefahren für den Zugang des fristwahrenden Schriftsatzes bei Gericht stellen (vgl. Zöller-Greger, a.a.O., Rdnr. 14 m.w.Nw.). Darum aber geht es vorliegend nicht. Das nach der Intention des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter für das hiesige Sorgerechtsverfahren gestellte Fristverlängerungsgesuch ist tatsächlich am 22. Juni 2009 beim Oberlandesgericht eingegangen. Problematisch war hier nicht der unmittelbar bevorstehende Fristablauf, sondern die - objektiv - falsche Angabe des gerichtlichen Aktenzeichens und die daraus resultierende - aus Sicht des Absenders - falsche Zuordnung des Verlängerungsgesuchs zu dem parallel geführten Umgangsverfahren. Tatsächlich besteht kein Grund zu der Annahme, das hier in Rede stehende Fristverlängerungsgesuch vom 22. Juni 2009 wäre (jedenfalls) dem Sorgerechtsverfahren zugeordnet worden, wenn es nicht erst am letzten Tag der hier laufenden Frist, sondern etwa bereits am 17. Juni 2009 eingegangen wäre. Ebenso wenig besteht Grund zu der Annahme, die - aus Sicht der Kindesmutter falsche - Zuordnung dieses Fristverlängerungsgesuchs durch den Senat zu dem Umgangsverfahren wäre bei früherem Eingang desselben noch vor Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist in dem Sorgerechtsverfahren aufgefallen, sodass die Fristversäumnis hätte verhindert werden können.

Der Senat vermag abweichend von der Auffassung des Kindesvaters auch aus dem - generell-abstrakt natürlich durchaus gefahrenträchtigeren - Führen mehrerer (Rechtsmittel-)Verfahren derselben Verfahrensbeteiligten aus einer Handakte des Rechtsanwaltes heraus keinen für die hier eingetretene Fristversäumnis unmittelbar kausalen Zusammenhang herzuleiten. Der Senat zieht nicht in Zweifel, dass innerhalb der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter die unterschiedlichen Fristen in den personenidentisch geführten Sorge- und Umgangsverfahren in einer hinreichend unterscheidbaren Weise notiert und nachgehalten worden sind. Dies ergibt sich zum einen aus der Anlage BF 4 zum nachgelassenen Schriftsatz vom 31. August 2009 (Bl. 563 d.A.), in der allerdings "Sorge" und "Umgang" auch nur anhand der amtsgerichtlichen Aktenzeichen zugeordnet sind. Unstreitig hat sich vorliegend jedenfalls nicht unmittelbar die aus dem Betreiben mehrerer Verfahren aus einer Handakte erwachsende besondere Verwechselungsgefahr für die Einhaltung der Fristen durch den Rechtsanwalt realisiert. Ursächlich war hier in erster Linie der - aus nachstehend erörterten Gründen ohne Weiteres vermeidbare - Fehler in der Zuordnung der zweitinstanzlichen gerichtlichen Aktenzeichen.

Insoweit besteht also zwar kein unmittelbarer, tatsächlich aber gleichwohl ein immerhin adäquat-kausaler Zusammenhang zu dem unbestrittenen Umstand, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter das Sorgerechts- und das Umgangsverfahren über zwei Instanzen aus einer Handakte heraus geführt hat.

Richtig ist, dass die beiden Aktenzeichenmitteilungen des Beschwerdegerichts vom 12. Mai 2009 jeweils Bezug nehmen auf die "Familiensache betreffend das minderj. Kind L... R... " und "die am 12.05.2009 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangene Beschwerde". Da sowohl in der Sorgerechtssache wie in dem Umgangsverfahren die Rechtsmittel der Kindesmutter am 12. Mai 2009 eingegangen waren, ließ sich aus den Angaben in der Aktenzeichenmitteilung des Gerichts tatsächlich nicht entnehmen, welches der vergebenen Aktenzeichen 9 UF 60/09 und 9 UF 61/09 welchem der beiden Verfahren zugeordnet worden ist. Das einzige weitere Unterscheidungsmerkmal in diesen Eingangsbestätigungen des Beschwerdegerichts wäre das Aktenzeichen des Verfahrensbevollmächtigten der Beschwerdeführerin gewesen, das in diesen gerichtlichen Mitteilungen ausdrücklich in Bezug genommen wird. Hier allerdings wirkt sich dann doch der Umstand einer einheitlichen Handakte und daraus resultierend eines einzigen Aktenzeichens des Rechtsanwalts für beide Gerichtsverfahren aus. Wären die beiden Verfahren durch den Anwalt in zwei getrennten Handakten geführt worden, wäre - mutmaßlich und zweckmäßigerweise - auch eine Unterscheidung in den Geschäftszeichen des Anwalts vorgenommen worden, die wiederum objektiv zu einer Unterscheidbarkeit der diese anwaltlichen Geschäftszeichen ausdrücklich in Bezug nehmenden Aktenzeichenmitteilungen des Beschwerdegerichts und damit zu einer - von Mutmaßungen über übliche Verfahrensweisen des Gerichts bei der Aktenzeichenvergabe gleichermaßen unabhängigen wie zutreffenden - Zuordnung der gerichtlichen Aktenzeichen zu dem konkreten Umgangs- bzw. Sorgerechtsverfahren geführt hätten.

Es bleibt danach unbestritten, dass auch das Oberlandesgericht durch die beschriebene Art und Weise der Aktenzeichenmitteilung einen Mitverursachungsbeitrag für die hier eingetretene Verwechslung gesetzt hat. Richtig ist, dass es - wegen der Festlegungen im hier bestehenden Automatisationsverfahren momentan tatsächlich nicht, grundsätzlich objektiv aber - sicherlich möglich ist, in "Familiensachen" die Eingangsbestätigungen des erkennenden Gerichts durch die zusätzliche Aufnahme des Aktenzeichens der I. Instanz oder durch einen konkretisierenden Zusatz wie "S(orge)" und "U(mgang)" unterscheidbarer zu gestalten und dadurch dazu beizutragen, die in - vielfach parallel betriebenen - Familiensachen in besonderer Weise bestehende Verwechslungsgefahr zu minimieren. Für die Frage der Wiedereinsetzung kommt es allerdings entscheidend darauf an, dass die Fristversäumung bei einer wertenden Betrachtung allein auf den gerichtlichen Fehler zurückzuführen ist. Davon kann im Streitfall nicht die Rede sein. Das Gericht hat zu keinem Zeitpunkt aktiv und konkret Anlass gegeben zu der Annahme, für das Sorgerechtsverfahren sei das Aktenzeichen 9 UF 61/09 vergeben worden. Die Eingangsmitteilungen waren nicht inhaltlich falsch, sondern vielmehr zur Unterscheidung der Verfahren schlicht untauglich, denn aus sich heraus erkennbar uneindeutig und klärungsbedürftig. Der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter hat indes auf die tatsächlich als unklar erkannten Aktenzeichenmitteilungen des Beschwerdegerichts nicht sachgerecht reagiert. Er hat nämlich die danach dringend gebotene Nachfrage bei Gericht unterlassen und eine auf - nicht hinreichend abgesicherte - Vermutungen gestützte eigene, tatsächlich falsche Zuordnung der gerichtlichen Aktenzeichen zu den Rechtsmittelverfahren vorgenommen und dadurch selbst die entscheidende Ursache für die Fristversäumnis gesetzt.

Nach der Darstellung in dem Wiedereinsetzungsgesuch und in dem ergänzenden Schriftsatz vom 31. August 2009 ist in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten offen zutage getreten, dass die Eingangsbestätigungen des Beschwerdegerichts nicht klar erkennen ließen, welches der beiden Aktenzeichen für das Sorgerechtsverfahren vergeben worden ist. Dann aber hätte nichts näher gelegen, als durch Nachfrage bei Gericht abzuklären, wie die Aktenzeichen zugeordnet worden sind. Gerade weil in beiden Verfahren die Rechtsmittelbegründungsfristen zu unterschiedlichen Zeitpunkten abliefen und - das kann als ständige Übung aller Gerichte angenommen werden - bei Gericht eine Zuordnung eingehender Schriftsätze zu allererst über das gerichtliche Aktenzeichen erfolgt, wäre eine Absicherung durch Erkundigung bei Gericht dringend geboten gewesen. Die strengen Anforderungen, die der Bundesgerichtshof gerade in Familiensachen für die anwaltliche Fristenkontrolle postuliert hat (BGH FamRZ 2006, 190 m.w.Nw.), enthalten im Kern die allgemeine Aufforderung an den Anwalt, durch geeignete Maßnahmen die Unterscheidbarkeit in einer - hier vorliegenden Konstellation, die mit dem Risiko einer Verwechslung konkret behaftet ist, sicherzustellen. Gerade im hier vorliegenden Fall einer offen erkannten Verwechslungsgefahr wäre deshalb eine Nachfrage bei Gericht unerlässlich gewesen.

Eine solche Nachfrage hat es hier unstreitig nicht gegeben. Vielmehr hat die Mitarbeiterin B... L... der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter im ausdrücklich Einverständnis mit diesem selbst die gerichtlichen Aktenzeichen eigenmächtig in der Weise zugeordnet, dass das ältere Aktenzeichen 9 UF 60/09 dem zuerst per Fax übermittelten Rechtsmittel in dem Umgangsverfahren und das jüngere Aktenzeichen 9 UF 61/09 der zwei Minuten später mittels Fax abgesandten Beschwerde in dem Sorgerechtsverfahren zugewiesen worden ist. Die Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter rechtfertigt diese Annahme aus einer "dem Unterzeichner seit über 30 Jahren Berufspraxis geläufig(en)" üblichen Verfahrensweise der Gerichte allgemein (Seite 3 des Schriftsatzes vom 31. August 2009, Bl. 555 d.A.).

Der erkennende Senat kann für das Brandenburgische Oberlandesgericht eine solche gängige Praxis für die innerhalb ein und desselben Tages eingehenden Rechtsmittel nicht bestätigen. Im Gegenteil: Der Zeitpunkt des Eingangs einer Rechtsmittelschrift innerhalb ein- und desselben Tages spielt im hiesigen Gericht überhaupt keine Rolle bei der Aktenzeichenvergabe. Über die Verfahrensweise an anderen (Rechtsmittel-)Gerichten in der Bundesrepublik bestehen hier keine konkreten hinreichend repräsentativen Erkenntnisse. Die pauschalen Behauptungen des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter sind allerdings schon durch keine hinreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte näher untersetzt und deshalb nicht überprüfbar und jedenfalls nicht glaubhaft gemacht. Tatsächlich bestehen erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der Darstellung des Rechtsanwalts der Kindesmutter. Zum einen eröffnen die Gerichte heutzutage eine Vielzahl von unabhängig voneinander bestehenden Möglichkeiten der - auch gleichzeitigen - Einlegung von Rechtsmitteln. Das erkennende Gericht bietet Eingangsmöglichkeiten sowohl über die deutsche Post AG, über - zu abweichenden Zeiten ausliefernde - andere Post-Zustellungsdienste, per Fax über zwei unterschiedliche Fax-Nummern an zwei - auch räumlich getrennt untergebrachten - Fax-Geräten, über den sog. elektronischen Gerichtsbriefkasten bis hin zu einer Übergabe in der Wachtmeisterei durch Mitarbeiter in unmittelbarer Nähe ansässiger Kanzleien und schließlich über den (Nacht-) Briefkasten. Bei der Vielzahl dieser parallelen Einreichungsmöglichkeiten muss schon sehr bezweifelt werden, ob es objektiv überhaupt möglich ist, eine Reihenfolge der Eingänge nach Stunde und Minute festzustellen; "ohne nennenswerten Mehraufwand für das Gericht", wie die Kindesmutter meint (Seite 4 des Schriftsatzes vom 31. August 2009, Bl. 556 d.A.) geht das ganz sicher nicht. Jedenfalls findet eine entsprechende Erfassung im Brandenburgischen Oberlandesgericht definitiv nicht statt. Insbesondere aber besteht für eine Differenzierung der Eingänge nach Stunde und Minute überhaupt kein plausibles praktisches Bedürfnis, weil es für die einzig interessierende Frage eines fristgerechten Eingangs einer Rechtsmittel(begründungs)schrift ausschließlich auf den Tag des Eingangs ankommt und die Uhrzeit dabei völlig irrelevant ist. Bei dieser Sachlage bestehen durchgreifende Bedenken gegen die Richtigkeit der Behauptung, dass "an den Gerichten üblicherweise" eine Aktenzeichenvergabe nach Stunde und Minute des Eingangs einer Rechtsmittelschrift stattfindet. Nicht nur deshalb bietet die - im Übrigen einzig auf den Zeitpunkt der Absendung der Rechtsmittelschriftsätze abstellenden und eine entsprechende Reihenfolge bei Gericht schon nur noch unterstellenden - Annahme des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter keine hinreichend tragfähige Grundlage für die eigenmächtige und tatsächlich falsche Zuordnung der gerichtlichen Aktenzeichen zu den beiden familiengerichtlichen Verfahren, konnte also von der dringend gebotenen und einfach zu bewerkstelligenden Nachfrage bei Gericht nicht entheben. Die Behauptung, dass "die Geschäftsstellen häufig unbesetzt und regelmäßig nur sehr schwer zu erreichen sind" (Seite 4 des Schriftsatzes vom 31. August 2009, Bl. 556 d.A.), entbehrt für die Geschäftsstelle des erkennenden Senates jeder Grundlage.

Für die vom Anwalt der Kindesmutter ausdrücklich angeführte spätere Nachfrage bei der Geschäftsstelle (Seite 2 des Schriftsatzes vom 31. August 2009, Bl. 554 d.A.) nach dem 22. Juni 2009 sind derartige Schwierigkeiten auch nicht behauptet worden. Soweit diese im Übrigen ergeben haben soll, dass "zunächst nur ein Geschäftszeichen für beide Angelegenheiten zusammen vergeben worden sei, dann aber nachträglich die - zuerst bei Gericht eingegangene - Umgangssache ein späteres Aktenzeichen erhalten habe", ist die Relevanz dieser Ausführungen für das Wiedereinsetzungsgesuch schon nicht erkennbar. Außerdem muss die Richtigkeit dieser - in Bezug auf Gesprächspartner und Zeitpunkt sehr unkonkreten und nicht glaubhaft gemachten - Darstellung schon aus dem Zusammenhang der weiteren Ausführungen bezweifelt werden. Die Eingangsbestätigungen des Gerichts datieren beide vom 12. Mai 2009, dem Tag des Eingangs beider Rechtsmittelschriften. Die Aktenzeichenmitteilungen sollen zudem bereits zwei Stunden nach der Einreichung der Beschwerden "zeitgleich in der Kanzlei des Unterzeichners per Telefax eingegangen" sein. Für eine nachträgliche Korrektur oder Ergänzung war danach schon keine Zeit; eine solche lässt sich nach Lage der Gerichtsakten tatsächlich auch nicht feststellen.

Entgegen der Auffassung der Kindesmutter hat das Gericht auch nicht etwa deshalb den entscheidenden Grund für die Fristversäumnis gesetzt, weil es das Fristverlängerungsgesuch vom 22. Juni 2009 fehlerhaft dem zum Aktenzeichen 9 UF 61/09 geführten Umgangsverfahren zugeordnet hat.

Erstes Zuordnungskriterium für alle bei Gericht eingehenden Schriftsätze ist das gerichtliche Aktenzeichen, das in dem hier angesprochenen Fristverlängerungsantrag mit 9 UF 61/09 bezeichnet war, das wiederum nach Lage der gerichtlichen Akten von Beginn an für das Umgangsverfahren vergeben war, ohne dass hier für den erkennenden Senat irgendwelche Zweifel bestanden hätten.

Entgegen der Auffassung der Kindesmutter nötigt auch der Umstand, dass nur in dem hier zu entscheidenden Sorgerechtsverfahren die Beschwerdebegründungsfrist am Tag des Eingangs des Fristverlängerungsgesuchs ablief, während diese Frist in dem Umgangsverfahren tatsächlich erst am 30. Juni 2009 endete, keineswegs zwingend zu der Annahme, dass das Fristverlängerungsgesuch offensichtlich der falschen Akte 9 UF 61/09 zusortiert worden sein muss. Es gibt weder einen Rechtssatz noch einen Erfahrungssatz dahin, dass Fristverlängerungsgesuche jeweils ausschließlich am Tag des Fristablaufs eingereicht werden. Dies gilt zwar tatsächlich für die meisten Fälle; es entspricht allerdings richterlicher Erfahrung, dass immer wieder auch "vorfristig" auf Verlängerung der Begründungsfrist angetragen wird, weil dies der sicherere Weg ist und die Partei sich dadurch nichts vergibt.

Auch ansonsten bot der Inhalt des Fristverlängerungsgesuchs keine hinreichend zuverlässigen oder gar zwingenden Anhaltspunkte für die Annahme, dass tatsächlich in dem Sorgerechtsverfahren um Fristverlängerung nachgesucht werden sollte. Insbesondere nötigte die Überschrift "In der Sorgerechtssache" nicht zu einer Zuordnung zu dem Verfahren 9 UF 60/09. Die Bezeichnung familiengerichtlicher Verfahren im engeren und weiteren Zusammenhang mit dem Eltern-Kind-Verhältnis als "Sorgerechtsverfahren" oder "Sorgerechtssache" für Verfahren sowohl nach § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO als auch nach Nr. 2 oder 3 der genannten Vorschrift ist durchaus verbreitet, schon für sich betrachtet also kein zwingender Grund zu der Annahme, dass hier auch nur möglicherweise der Schriftsatz falsch zugeordnet worden sein könnte, zumal zum Aktenzeichen 9 UF 61/09 tatsächlich ein Familienverfahren betreffend L... R... anhängig war, in dem die Beschwerdebegründungsfrist noch lief. Auch der Umstand, dass - ohne konkrete Bezeichnung von Daten - abstrakt-generell um Verlängerung der "Beschwerdebegründungsfrist um eine Woche", also nicht etwa bis zum 29. Juni 2009, nachgesucht worden war, trug dazu bei, dass das Gericht - zu Recht - überhaupt keinen ernst zu nehmenden Anlass zu der Vermutung hatte, hier könnte eine Verwechselung vorliegen. Nur wenn der Verfahrensbevollmächtigte der Kindesmutter um Fristverlängerung um eine Woche ausdrücklich bis zum 29. Juni 2009 nachgesucht hätte, wäre Misstrauen in die richtige Zuordnung bei Gericht angebracht gewesen, weil tatsächlich in dem Verfahren 9 UF 61/09 die Begründungsfrist erst am 30. Juni 2009 ablief, der Fristverlängerungsantrag in dieser Form für dieses Verfahren also tatsächlich sinnwidrig gewesen wäre. So liegt der Fall hier aber nicht. Wegen der abstrakt-generellen Formulierung "um eine Woche" "passte" das Fristverlängerungsgesuch vom 22. Juni 2009 zwanglos zum Umgangsverfahren mit dem entsprechenden gerichtlichen Aktenzeichen und ist deshalb konsequent und ohne jeden vernünftigen Zweifel an der richtigen Zuordnung dahin beschieden worden, dass Fristverlängerung bis zum 7. Juli 2009 gewährt würde, weil im Verfahren 9 UF 61/09 die Begründungsfrist erst am 30. Juni 2009 ablief (vgl. Bl. 366 der Akte des Parallelverfahrens 9 UF 61/09).

Bei der gegebenen Sachlage - Aktenzeichen passt zu einem anhängigen Verfahren der genannten Beteiligten ebenso wie die inhaltliche Formulierung des Verlängerungsgesuchs - konnte dem Umstand der Einleitung mit dem Begriff "Sorgerechtssache" kein besonderes Gewicht mehr beigemessen werden. Kein Verfahrensbeteiligter erwartet ernstlich, dass der einleitenden Bezeichnung als "Rechtsstreit", "Familiensache", "Beschwerdeverfahren" oder eben auch "Sorgerechtssache" für die gerichtliche Zuordnung von Schriftstücken eine erhebliche Bedeutung zukommt, wenn der Schriftsatz ansonsten inhaltlich zu dem Verfahren, dessen Aktenzeichen angegeben wird und dessen Sachakten mit dem betreffenden Schriftsatz allein vorgelegt werden, "passt". Hauptfehler war hier die Angabe des falschen gerichtlichen Aktenzeichens durch den Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter. Fehlerhafte oder unvollständige Angaben in einem eine Notfrist wahrenden Schriftsatz schaden aber nur dann nicht, wenn aufgrund der sonstigen erkennbaren Umstände für Gericht und Prozessgegner nicht zweifelhaft bleibt, in welchem Verfahren das Rechtsmittel eingelegt oder begründet oder eben auch Fristverlängerung für die Rechtsmittelbegründung beantragt wird. Im konkreten Fall konnten mit Blick auf den Begriff "Sorgerechtsverfahren" aus den vorstehenden Gründen bestenfalls vorsichtige Zweifel an der vorgenommenen Zuordnung zu dem Umgangsverfahren aufkommen. Es war aber keineswegs unzweifelhaft erkennbar, dass in dem Verfahren 9 UF 60/09 Fristverlängerung beantragt werden sollte, zumal im Zeitpunkt der Vorlage bzw. Bescheidung des hier in Rede stehenden Gesuchs vom 22. Juni 2009 bei der zuständigen Vorsitzenden allenfalls abstrakt Kenntnis von einem Parallelverfahren der Verfahrensbeteiligten bestanden hat, die Sachakte dieses Verfahrens aber nicht präsent war, weil sie nicht vorgelegen hat, da es dazu in diesem Zeitpunkt für eine Vorlage an den Richter gar keinen sachlichen Grund gab. Es ergab sich deshalb auch nicht etwa aus einem etwa zufälligen zeitlichen Zusammenhang der Vorlage beider Sachakten die vielleicht zu Misstrauen in die richtige Zuordnung Anlass gebende positive Kenntnis des Fristablaufs am 22. Juni 2009 (allein) in dem Verfahren 9 UF 60/09. Eine Verpflichtung zu Nachforschungen nach dem Stand der Dinge in dem Parallelverfahren bestand nach dem Inhalt des Fristverlängerungsgesuchs aus den angeführten Gründen gerade nicht; ebenso wenig gab es hinreichend konkreten Anlass zu einer Absicherung der Zuordnung durch Nachfrage in der Kanzlei des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter.

Anders als bei dem Eingang der ganz offensichtlich nicht hinreichend unterscheidbaren Aktenzeichenmitteilungen des Beschwerdegerichts liegt bei dem Fristverlängerungsgesuch vom 22. Juni 2009 gerade kein vergleichbar offenkundiges Problem für die Zuordnung zu den gerichtlichen Verfahrensakten vor. Das Gesuch konnte vielmehr seinem Inhalt nach zwanglos dem Verfahren 9 UF 61/09 zusortiert werden und ist allein dort beschieden worden.

Der Umstand, dass der gerichtliche Hinweis vom 24. Juni 2009 zur Unzulässigkeit der Beschwerde in dem Sorgerechtsverfahren von der Geschäftsstelle offenbar unter dem falschen Aktenzeichen 9 UF 61/09 versandt worden ist - eine Leseabschrift ist in den Akten nicht vorhanden, das Vorbringen der Kindesmutter insoweit soll aber auch nicht in Zweifel gezogen werden -, bestätigt einmal mehr die generell große Verwechslungsgefahr in parallel geführten Familienverfahren und verdeutlicht die Notwendigkeit zur Sicherstellung einer hinreichenden Unterscheidbarkeit, die jedenfalls nach dem weiteren Inhalt für das Hinweisschreiben vom 24. Juni 2009 allerdings durchaus gegeben war. Im Übrigen können Fehler des Gerichts nach Ablauf der hier versäumten Frist schon im Ansatz nicht als entscheidende Ursache für die vorangegangene Fristversäumnis herangezogen werden.

Es bleibt danach dabei, dass mit der eigenmächtigen und falschen Zuordnung der für Dritte, also nach außen im Zuge der Eingangsbestätigungen tatsächlich nicht ununterscheidbar vergebenen gerichtlichen Aktenzeichen der entscheidende Fehler im Büro des Verfahrensbevollmächtigten der Kindesmutter begangen worden ist. Das Versäumnis unterbliebener Nachfrage zur Absicherung der Annahme der richtigen Zuordnung stellt sich als schuldhaft im Sinne von § 278 BGB dar. Verschulden liegt vor, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des Falles zuzumuten war. Nachdem die Ununterscheidbarkeit der gerichtlichen Aktenzeichen aufgrund der Eingangsbestätigungen vom 12. Mai 2009 offen zutage getreten und damit die Verwechslungsgefahr offenkundig war, war bei Anlegung des vorstehenden Sorgfaltsmaßstabes eine einfache telefonische Nachfrage bei Gericht dringend geboten und ohne Weiteres zumutbar. Dadurch wäre eine korrekte Zuordnung zwanglos möglich und die Wahrung der Beschwerdebegründungsfrist hinreichend sichergestellt gewesen.

Mit dem Postulat eines erkennbar gebotenen und einfach zu bewerkstelligenden Rückrufs bei Gericht zur Absicherung der - wie ausgeführt tatsächlich nicht hinreichend tragfähigen - Vermutung zur Zuordnung der zweitinstanzlichen Aktenzeichen werden die Anforderungen an die Sorgfaltspflicht der Kindesmutter und ihres Verfahrensbevollmächtigten nicht überspannt. Der Gegenstand des Beschwerdeverfahrens oder Art und Umfang der - aus prozessualen Gründen hier gerade keiner sachlichen Prüfung zu unterziehenden - Rügen gegen die angefochtene Entscheidung ist für die Frage einer (un-)verschuldeten Fristversäumnis ohne eigene Relevanz. Deshalb gebietet der Umstand, dass es vorliegend um ein Sorgerechtsverfahren geht, in dem eine zu treffende Sachentscheidung am Wohl des Kindes auszurichten ist, keine der Kindesmutter günstigere Entscheidung im Verfahren der Wiedereinsetzung.

Die nach Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist und Versagung der Wiedereinsetzung unzulässige befristete Beschwerde der Kindesmutter ist gemäß §§ 621 e Abs. 3 Satz 2, 522 Abs. 1 ZPO als unzulässig zu verwerfen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 30 Abs. 2 und 3 KostO.

Ende der Entscheidung

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