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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 05.12.2006
Aktenzeichen: 9 UF 90/06
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 99 Abs. 2 Satz 1
ZPO § 99 Abs. 2 Satz 2
ZPO § 567 Abs. 2
ZPO § 569 Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 UF 90/06 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 10. Januar 2006 gegen die Kostenentscheidung im Teilanerkenntnis- und Schlussurteil des Amtsgerichts Zehdenick vom 12. September 2005 (3 F 135/05) durch die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Werr als Einzelrichterin

am 5. Dezember 2006

beschlossen:

Tenor:

I. Auf die sofortige Beschwerde des Beklagten wird die Kostenentscheidung des angefochtenen Urteils abgeändert. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger aus einem Beschwerdewert von bis zu 300 € tragen.

II. Dem Beschwerdeführer wird auf seinen Antrag vom 8. Juni 2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens unter Beiordnung von Rechtsanwältin ... bewilligt.

Der Antrag des Beschwerdegegners vom 22. Mai 2006 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Abwehr der gegnerischen Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die sofortige Beschwerde des Beklagten vom 10. Januar 2006 gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Amtsgerichts Zehdenick vom 12. September 2005 ist nach § 99 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft, sowie innerhalb der zweiwöchigen Notfrist des § 569 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingelegt und begründet worden; der Beschwerdewert nach § 99 Abs. 2 Satz 2 ZPO ist ebenso erreicht wie die Kostenbeschwer des § 567 Abs. 2 ZPO, sodass das Rechtsmittel insgesamt zulässig ist.

Das Rechtsmittel führt in der Sache auch zum Erfolg. Zu Unrecht hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung dem Beklagten die Kosten des Verfahrens nach § 91 ZPO auferlegt. Diese sind vielmehr gemäß § 93 ZPO vom Kläger zu tragen, weil der Beklagte die Klageforderung sofort anerkannt und keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben hat.

Das vom Beklagten mit Schriftsatz vom 27. Juni 2005 - und damit innerhalb der ihm zur Klageerwiderung gesetzten Frist - erklärte Anerkenntnis ist als sofortiges im Sinne des § 93 ZPO zu werten. Hierzu bedarf es zwar, jedenfalls nach der überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (vgl. OLG Hamburg FamRZ 1989, 990; OLG Schleswig, SchlHA 77, 191; Zöller-Herget, ZPO, 26. Aufl., § 93, Rn. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 64. Aufl., § 93, Rn. 92; a. M. OLG Karlsruhe, FamRZ 1998, 846; OLG München MDR 2003, 1184; OLG Hamm FamRZ 1993, 1345; Thomas-Putzo, ZPO, 24. Aufl., § 93, Rn. 3) im Grundsatz der gleichzeitigen Erfüllung, hier also der Herausgabe des Vollstreckungstitels. Doch gilt dies nur insoweit, als die Forderung bereits fällig ist, was vorliegend jedoch schon deshalb nicht der Fall, weil zum Zeitpunkt des Anerkenntnisses rückständige Unterhaltsforderungen aus einer Zeit bestanden, die von der Abänderungsklage nicht umfasst war. Diesen rückständigen Unterhalt für die Monate April bis einschließlich Juni 2005 hat der Kläger vielmehr erst im August 2005 ausgeglichen, woraufhin ihm der Vollstreckungstitel ausgehändigt wurde. Daher war der Beklagte zunächst durchaus berechtigt, die Erfüllungshandlung der Titelherausgabe bis zur Erfüllung seiner offen stehenden (von der Klage nicht erfassten) Forderung zurückzustellen, da erst dann der Anspruch auf Herausgabe des Vollstreckungstitels fällig geworden ist.

Entgegen der vom Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung vertretenen Auffassung hat der Beklagte auch keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben. Diese ist nur dann anzunehmen, wenn die beklagte Partei sich vor Beginn des Verfahrens so verhält, dass der Kläger bei vernünftiger Würdigung davon ausgehen musste, er werde ohne Klage nicht zu seinem Recht kommen. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr hat der Beklagte in dem vom Amtsgericht in Bezug genommenen Schreiben vom 25. April 2005 rechtlich zutreffend darauf hingewiesen, dass ihm Ausbildungsunterhalt bis zur Ablegung der Wiederholungsprüfung im Juni 2005 zustehe. Diese Ausführungen sind deshalb nicht zu beanstanden, weil ein einmaliges Durchfallen bei einer Abschlussprüfung jedenfalls dann lediglich als leichtes Versagen anzusehen ist, das keinen Wegfall des Unterhaltsanspruchs begründet, wenn die Ausbildung insgesamt nicht gefährdet erscheint (vgl. BGH FamRZ 1990, 149). Angesichts der Tatsache, dass dem Beklagten letztlich der Ausbildungsabschluss am 13.6.2005 gelungen ist, lagen diese Voraussetzungen unzweifelhaft vor. Damit stand seine Bedürftigkeit außer Zweifel. Demgegenüber hat der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Kläger einen Nachweis für die von ihm behauptete Leistungsunfähigkeit infolge Krankheit nicht erbracht. Der bloße Bezug von Krankengeld seit dem 22. März 2005 rechtfertigt die Annahme der erforderlichen Nachhaltigkeit einer Einkommensveränderung keineswegs. Sein sonstiges Vorbringen, er müsse sich - ohne Angabe eines genauen Zeitpunktes - einer Hüftoperation unterziehen, ist insoweit ebenso wenig hinreichend substanziiert, wie das vorgelegte ärztliche Attest vom 15. April 2005, das eine Arbeitsunfähigkeit "auf Dauer" bestätigt, jedoch ohne Angabe jeglicher Diagnose keine Aussagekraft besitzt.

Vor diesem Hintergrund durfte der Beklagte zu Recht davon ausgehen, dass ihm ein Ausbildungsunterhaltsanspruch zumindest bis zum Ablegen der Wiederholungsprüfung im Juni 2005 zustand. Nichts anderes, insbesondere nicht die Geltendmachung weitergehender Unterhaltsansprüche, ist seinem vorgenannten Schreiben zu entnehmen. Mit diesem hat der Beklagte also dem Kläger keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben, sodass vorliegend die Kostenfolge des § 93 ZPO eingreift.

II.

Der Prozesskostenhilfeantrag des Beschwerdeführers vom 22. Mai 2006 war mangels Bedürftigkeit zurückzuweisen. Ausgehend von dem von ihm bezogenen Krankengeld war lediglich der persönliche Freibetrag in Höhe von 380 € und die Beiträge zu einer Unfallversicherung in Höhe von 14,18 € in Abzug zu bringen; hinsichtlich der Lebensversicherung fehlt es an einem aktuellen Nachweis; dem vorgelegten Mietvertrag ist eine eigene Zahlungsverpflichtung des Klägers nicht zu entnehmen. Bei dem demzufolge nach § 115 ZPO einzusetzenden Einkommen wäre dem Kläger aber eine Ratenzahlungsverpflichtung in Höhe von 135 € aufzuerlegen, was zur Folge hätte, dass die voraussichtlichen Verfahrenskosten von vier Monatsraten abgedeckt wären, weshalb eine Bewilligung gemäß § 115 Abs. 4 ZPO ausscheidet.

Demgegenüber war dem Beklagten zur Durchführung des Beschwerdeverfahrens auf seinen Antrag vom 18. Juni 2006 Prozesskostenhilfe zu bewilligen.

Ende der Entscheidung

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