Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 31.05.2007
Aktenzeichen: 9 WF 137/07
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 91 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 104 Abs. 3
BGB § 1379 Abs. 1 Satz 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 137/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde der Beklagten vom 16. April 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lübben betreffend der Kostenfestsetzung vom 21. März 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Götsche als Einzelrichter

am 31. Mai 2007

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluss abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Antrag des Klägers vom 7. Dezember 2006 auf Kostenausgleichung betreffs der Gutachterkosten des Sachverständigen P... wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Der Beschwerdewert beträgt 490,11 € (65 % von 754,02 €).

Gründe:

Die gemäß § 104 Abs. 3 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde der Beklagten hat Erfolg. Das Amtsgericht hat zu Unrecht die Kosten des Klägers von 754,02 Euro, die sich ausschließlich auf das durch ihn während des Prozesses eingeholte Privatgutachten beziehen, als erstattungsfähige Kosten des Klägers angesehen.

1.

Gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Die Kosten des durch den Kläger eingeholten Privatgutachtens stellen sich unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstandes nicht als notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO dar. Es ist Aufgabe des Gerichtes, streitige Tatsachen erforderlichenfalls durch Einholung von Sachverständigengutachten im Wege einer Beweisaufnahme zu klären. Kosten für privat in Auftrag gegebene Gutachten sind daher grundsätzlich nicht erstattungsfähig. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn das Privatgutachten prozessbezogen und notwendig war; ob darüber hinaus auch der Rechtsstreit gefördert werden muss, ist streitig, kann aber hier dahinstehen (vgl. insgesamt Musielak/ Wolst, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 91, Rn. 59).

Eine Notwendigkeit für das hier eingelegte Gutachten des Sachverständigen P... kann nicht festgestellt werden. Der Kläger hat dieses Gutachten nach Auskunftserteilung durch die Beklagte eingeholt. Dass er nicht anderweitig in der Lage war, den Wert des streitgegenständlichen Gutachtens jedenfalls ansatzweise zu bestimmen, hat er nicht im Einzelnen vorgetragen. Soweit er sich darauf berufen hat, über keine entsprechenden Kenntnisse zu verfügen, kann dies nicht ausreichen, um den vorangestellten strengen Anforderungen an die Erstattungsfähigkeit eines Privatgutachtens zu genügen. Die insoweit bestehende Unkenntnis des Klägers trifft auf die Mehrheit der Bevölkerung zu und kann daher für sich betrachtet die Einholung des Privatgutachtens nicht rechtfertigen. Es wäre daher Sache des Klägers gewesen, durch Heranziehung vergleichbarer Grundstücke, die zum Verkauf angeboten werden, oder unter Heranziehung von Werttabellen den Wert zumindest ansatzweise zu bestimmen; jedenfalls hätte es eines Vortrages des Klägers dazu bedurft, dass er hierzu nicht aus fachspezifischen, sondern aus sonstigen Gründen, z. B. aufgrund Nichtvorhandenseins entsprechender Werttabellen oder eines Marktes für solcherlei Grundstücke, nicht in der Lage war.

Unabhängig davon verschärfen sich die vorangestellten Anforderungen noch, wenn das Gutachten während des Rechtsstreits eingeholt wird (Musielak/Wolst, a. a. O., Rn. 60 m. w. N.). Läuft der Prozess bereits, so wird vielfach wegen der entsprechenden Wertermittlung ein Gutachten durch das Gericht einzuholen sein; eine doppelte Belastung mit solchen Kosten ist daher möglichst zu vermeiden. Auch hierzu fehlt jegliches substanziierte Vorbringen des Klägers, der sich allein in pauschaler Weise auf eine Unkenntnis berufen hat.

Im Übrigen kann auch der Umstand, dass es sich hier um Wertermittlungsfragen betreffs eines Grundstücks handelt, nicht allein ausschlaggebend dafür sein, dass dann ein Privatgutachten werden darf. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass dem Kläger gem. § 1379 Abs. 1 Satz 2 BGB ein neben dem allgemeinen Auskunftsanspruch bestehender Wertermittlungsanspruch gegen die Beklagte zustand (allgemein dazu BGH FamRZ 2003, 597). Die Beklagte war insoweit verpflichtet, über Aktiva und Passiva ihres Endvermögens auch hinsichtlich entsprechender Werte Auskunft zu ergeben.

Insoweit kann auch die Einschaltung von Hilfspersonen verlangt werden, grundsätzlich aber nicht die Vorlage eines Sachverständigengutachtens (BGH FamRZ 1991, 316, 317). Nur in Ausnahmefällen kommt die Hinzuziehung eines Sachverständigen für die Wertermittlung in Betracht (BGH FamRZ 1982, 682, 683). Daran wird deutlich, dass auch der Auskunftspflichtige in aller Regel ohne sachverständliche Hilfe die entsprechenden Wertangaben tätigen muss. Dies lässt erkennen, dass auch hinsichtlich derart schwieriger Wertermittlungsfragen grundsätzlich keine Befugnis einer Partei - sei es der Anspruchsteller, sei es der Anspruchsgegner - zu einer sofortigen Einholung eines Sachverständigengutachtens besteht. Nichts anderes kann dann für die Beurteilung der Notwendigkeit der Kosten gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO gelten.

2.

Auf Seiten des Klägers sind daher jedenfalls nicht die für das Privatgutachten geltend gemachten Kosten anzusetzen; insoweit ist hinsichtlich des angefochtenen Beschlusses von 0 € auf Seiten des Klägers auszugehen.

Auf Seiten der Beklagten schwebt hinsichtlich der von ihr geltend gemachten Kosten von 120,67 € noch ein Rechtsmittel des Klägers, über das das Amtsgericht noch nicht entschieden hat. Damit ist eine abschließende Entscheidung des Senats über die Kostenfestsetzung nicht möglich, weshalb allein über den Kostenantrag des Klägers zu entscheiden war.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

Zurück