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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 07.01.2002
Aktenzeichen: 9 WF 150/01
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2 Satz 2
BGB § 1600 b Abs. 1 Satz 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 150/01 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde des Antragstellers vom 30. Juli 2001 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 6. Juli 2001 durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., die Richterin am Oberlandesgericht ... und den Richter am Amtsgericht ...

am 7. Januar 2002

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Eine Erstattung der Kosten findet nicht statt.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte Beschwerde des Antragstellers ist in der Sache nicht begründet.

Das Familiengericht hat dem Antragsteller zu Recht Prozesskostenhilfe versagt.

Es bestehen bereits Bedenken, ob der Antragsteller in persönlicher und wirtschaftlicher Hinsicht nicht in der Lage ist, die Kosten des Verfahrens allein zu tragen. Denn er hat in seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein Gartengrundstück zum Verkehrswert von 7.000 DM angegeben und darüber hinaus eine Lebensversicherung. Da das Gartengrundstück ersichtlich nicht zum ständigen Wohnen des Antragstellers dient, denn der Antragsteller bewohnt mit seiner jetzigen Ehefrau in F eine Wohnung, ist der Antragsteller bereits gehalten, das Gartengrundstück zu verwerten, um die Kosten des Prozesses finanzieren zu können. Darüber hinaus hat er, wie bereits ausgeführt, eine Lebensversicherung, zu deren Beleihbarkeit der Antragsteller nichts ausgeführt hat.

Das Amtsgericht hat die Prozesskostenhilfe aber auch zu Recht deshalb versagt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung des Antragstellers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat, § 114 ZPO.

Der Antragsteller hat nicht dargetan, dass die Anfechtungsfrist von zwei Jahren gemäß § 1600 b Abs. 1 Satz 1 BGB gewahrt ist. Die Frist beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Anfechtungsberechtigte von den Umständen erfahrt, die gegen die Vaterschaft sprechen, § 1600 b Abs. 1 Satz 2 BGB. Die für den Fristbeginn maßgebliche Kenntnis liegt vor, wenn Tatsachen bekannt werden, die bei sachlicher Beurteilung geeignet sind, Zweifel an der Vaterschaft zu wecken und die nicht ganz fern liegende Möglichkeit der Nichtvaterschaft zu begründen. Bei der Kenntnis ist zu unterscheiden zwischen den für die Nichtvaterschaft sprechenden objektiven Umständen, von denen volle oder sichere Kenntnis des Anfechtungsberechtigten vorliegen muss und der daraus als Schlussfolgerung zu gewinnenden möglichen Überzeugung von der Nichtvaterschaft. Der Anfechtungsberechtigte muss nicht persönlich aus den ihn bekannten Tatsachen Überzeugung gewinnen, dass das Kind nicht von ihm abstammt; es genügt vielmehr der objektive Verdacht, d. h., dass aus der Sicht eines verständigen, medizinisch-naturwissenschaftlich nicht vorgebildeten Laien die Vaterschaft ernstlich in Frage gestellt ist bzw. die Nichtvaterschaft nicht gänzlich fern liegt (BGH, FamRZ 1990, 507; OLG Hamm, NJW-RR. 1995, 643; OLG Karlsruhe, FamRZ 2001, 702, 703).

Nach seinem eigenen Vorbringen hatte der Antragsteller aber Kenntnis vom Mehrverkehr der Kindesmutter, die ihm bereits zu Beginn der Schwangerschaft mitgeteilt hatte, dass sie mit einem Arbeitskollegen ein Verhältnis gehabt habe.

Die Kenntnis von einem Mehrverkehr der Kindesmutter in der Empfängniszeit ist aber ein Umstand, der geeignet ist, schwerwiegende Zweifel an der eigenen Vaterschaft zu begründen. Die Kenntnis vom Mehrverkehr der Kindesmutter löst damit den Beginn der Anfechtungsfrist aus (OLG Hamm, NJW-RR 1995, 966; OLG Köln, FamRZ 2001, 703).

Es kann deshalb dahinstehen, ob der Antragsteller erst Anfang des Jahres 2001 durch eine fachmedizinische Untersuchung davon Kenntnis erlangt hat, dass er jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nicht zeugungsfähig ist. Denn eine einmal durch die Kenntnis von gegen die Vaterschaft sprechenden Umständen ausgelöste Anfechtungsfrist beginnt nicht etwa neu zu laufen, wenn der Anfechtungsberechtigte weitere verdächtige Umstände erfährt.

Etwas anderes gilt nur, wenn der ursprünglich bestehende und dem Anfechtungsberechtigten bekannte Verdachtsmoment durch gegenteilige Tatsachen widerlegt erscheint oder wenn die Überzeugung von Verdachtsmomenten bei verständiger Würdigung aufgegeben werden durften. Letzteres ist etwa bei bloßer Verharmlosung eines Ehebruchs und ständiger Betonung der Ähnlichkeit des Kindes mit dem gesetzlichen Vater der Fall, nicht aber bei der bloßen Versicherung - wie hier - der Mann sei der leibliche Vater.

Derartige Umstände, durch welche die in Gang gesetzte Anfechtungsfrist wieder hätte entfallen können, sind im vorliegenden Fall aber von dem Antragsteller nicht vorgetragen worden. Die bloße Versicherung, nur er sei der Vater, konnte bei dem gleichzeitig eingestandenen Mehrverkehr nicht den Verdacht widerlegen, dass der Antragsteller möglicherweise nicht der Vater des beklagten Kindes ist.

Die Anfechtungsfrist von zwei Jahren war damit bei Eingang des Prozesskostenhilfegesuchs bereits abgelaufen und entsprechend konnte der Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg beigemessen werden.

Ende der Entscheidung

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