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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 05.02.2004
Aktenzeichen: 9 WF 23/04
Rechtsgebiete: FGG, BGB, KostO


Vorschriften:

FGG § 13 a Abs. 1 Satz 2
FGG § 19 Abs. 1
FGG § 68 b Abs. 3
BGB § 1666
KostO § 30
KostO § 130 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 23/04 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde der Kindesmutter vom 9. November 2003 gegen den Beweisbeschluss des Amtsgerichts Oranienburg vom 17. Oktober 2003, Az.: 32 F 195/91, durch

den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ..., den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Landgericht ...

am 5. Februar 2004

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde vom 6. November 2003 wird als unzulässig verworfen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

Der Gegenstandswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten zu 1.) und zu 2.) sind die leiblichen Eltern des Kindes L...W..., das am 18. Februar 1995 geboren wurde. Nach der Trennung der miteinander verheirateten Kindeseltern am 21. Juli 2001 wohnte das Kind bei der Kindesmutter. Der Kindesvater hatte seit der Trennung mit L...keinen Umgang, da L... den Kontakt - auch in den gerichtlichen Anhörungen - ablehnte. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens beantragte die Kindesmutter die alleinige Übertragung des Sorgerechts für das Kind auf sie, während der Kindesvater die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts anstrebte. Durch Verbundurteil des Amtsgerichts Oranienburg vom 16. Mai 2003 wurde die Ehe der Kindeseltern geschieden und das Sorgerecht unter Hinweis auf die Stetigkeit der Betreuung der Kindesmutter übertragen.

Aufgrund der Ablehnung des Umgangs mit dem Kindesvater prüft das Amtsgericht nunmehr, ob das Umgangsrecht des Kindesvaters auszuschließen sei. Der Kindesvater beruft sich auf eine massive Beeinflussung von L... durch die Kindesmutter. Die Ursachen für die mit dem Hinweis auf die Auseinandersetzungen der Kindeseltern begründete ablehnende Haltung L...sind nicht bekannt. Im Rahmen der Anhörung vom 31. März 2003 hat sich L..., nach anfänglicher Ablehnung von Kontakten mit dem Kindesvater, mit einem einmaligen begleiteten Umgang einverstanden erklärt. Kurz nach der Beendigung der Anhörung erschien die Kindesmutter bei der Richterin und erklärte, dass L... dem Umgang nur zugestimmt habe, "damit sie ihre Ruhe" habe. Aufgrund der späteren Ablehnung kam der vereinbarte Umgang nicht zustande.

Entsprechend dem Antrag des Verfahrenspflegers vom 17. März 2003 und entgegen der Stellungnahme der Kindesmutter ordnete das Amtsgericht durch den angefochtenen Beschluss vom 17. Oktober 2003 die Einholung eines kinderpsychologischen Sachverständigengutachtens an, durch das in erster Linie geklärt werden soll, ob die ablehnende Haltung von L... dem "wahren Willen" entspreche und auf nachvollziehbaren und beachtenswerten Gründen beruhe. Hiergegen wendet sich die Kindesmutter mit ihrer Beschwerde vom 6. November 2003, da durch das Gutachten keine weitere Aufklärung zu erreichen sei. Die Gründe für die Ablehnung seien von ihr dargelegt worden und L... würde durch die Begutachtung in einen neuen Loyalitätskonflikt versetzt werden. Der Verfahrenspfleger beantragt in seiner Stellungnahme vom 17. November 2003 die Zurückweisung der Beschwerde, da nach dem bisherigen Verfahrensverlauf nicht erkennbar sei, dass die Kindesmutter dem Umgang mit dem Kindesvater förderlich gegenüber stehe. Eine erhebliche Belastung von L... durch die Begutachtung erwarte er nicht.

Das Amtsgericht hat der Beschwerde durch Beschluss vom 19. Januar 2004 nicht abgeholfen und die Sache dem Brandenburgischen Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Entgegen der amtsgerichtlichen Auffassung im Nichtabhilfebeschluss vom 19. Januar 2004 ist die gegen die Beweisanordnung gerichtete Beschwerde der Kindesmutter gemäß § 19 Abs. 1 FGG unzulässig und daher zu verwerfen.

Zwischenverfügungen des Gerichts sind nach § 19 Abs. 1 FGG anfechtbar. Der Anfechtbarkeit entzogen sind jedoch solche Zwischenentscheidungen, die den inneren Dienstbereich betreffen und damit keine Außenwirkung entfalten, oder vorbereitende Zwischenentscheidungen darstellen, deren selbstständige Anfechtbarkeit nicht geboten ist, da sie Rechte der Beteiligten nicht verletzten können (Keidel/Kuntze/Winkler-Kahl, FG, 15. Auflage, § 19, Rn. 9, m.w.N.).

Isolierte Beweisanordnungen sind als vorbereitende Entscheidungen grundsätzlich keine Verfügungen im Sinne des § 19 Abs. 1 FGG (BayOLG, NJWE-FER 1998, 43; OLG Düsseldorf NJW-RR 1993, 1256, Keidel/Kuntze/Winkler-Kahl, a.a.O., Rn.5 m.w.N.). Sie greifen - für sich allein betrachtet - grundsätzlich nicht in erheblicher Weise in die Rechte der Verfahrensbeteiligten ein, da sie bei der Anordnung eines medizinischen bzw. psychologischen Sachverständigengutachtens vom Betroffenen kein bestimmtes Verhalten verlangen (OLG Koblenz, FamRZ 2000, 1233 und FamRZ 2000, 1441, 1442; BayOLG, FamRZ 2000, 249 f; erkennender Senat, FamRZ 1997, 1019; OLG Frankfurt am Main, FamRZ 1993, 442; a.A. KG, FamRZ 2002, 970 und FamRZ 2001, 311). Der Beweisbeschluss über die Einholung eines Sachverständigengutachtens legt dem Betroffenen weder Handlungs- noch Duldungspflichten auf. Er muss sich weder untersuchen noch explorieren lassen (OLG Koblenz, FamRZ 2000, 1233; BayOLG, FamRZ 2000, 249, 250 und 2001, 707 unter ausdrücklicher Ablehnung der Ansicht des KG in FamRZ 2001, 311). Allenfalls dann, wenn durch den angeordneten Vollzug der Beweisanordnung oder die Androhung von Zwangsmitteln die Rechte eines Beteiligten betroffen sind, wird deren Anfechtbarkeit bejaht.

Entgegen den Bedenken des Kammergerichts (FamRZ 2001, 311 und FamRZ 2002, 970) wird durch die Versagung der Beschwerdemöglichkeit gegen die Beweisanordnung auch nicht effektiver Rechtsschutz versagt, indem die Beteiligten auf die Anfechtung der Endentscheidung verwiesen werden. Die zur Begründung herangezogene Vorschrift des § 68 b Abs. 3 FGG gilt aufgrund ihrer systematischen Stellung nur in Betreuungsverfahren und nicht in sämtlichen Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

Eine andere Bewertung rechtfertigt sich auch nicht im Hinblick auf das der Kindesmutter als Beschwerdeführerin zustehende alleinige Sorgerecht. Dieses wird durch die bloße Beweisanordnung nicht berührt. Soweit das OLG Zweibrücken in seiner Entscheidung vom 22. September 1998 (FamRZ 1999, 521) unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bayerischen Oberlandesgerichts (FamRZ 1995, 501) ausführt, dass die Anordnung eines kinderpsychologischen Gutachtens bereits das Sorgerecht einschränke, trägt das angegebene Zitat diese Bewertung nicht. Im dortigen Fall waren Gegenstand des Beschwerdeverfahrens insbesondere umfangreiche Handlungsanordnungen für die Begutachtung (stationäre Aufnahme, Herausgabeanordnung). Auch die Kommentierung Palandt-Diederichsen (BGB, 62. Auflage, § 1626, Rn. 13) bezieht sich lediglich auf die Zustimmungsbedürftigkeit ärztlicher Eingriffe. Dass die Begutachtung selbst nicht ohne Zustimmung des Sorgeberechtigten durchgeführt werden kann, steht außer Zweifel (vgl. OLG Frankfurt am Main, FamRZ 2001, 638), wobei dessen Zustimmung - bei Verweigerung - ggf. nach § 1666 BGB durch das Familiengericht ersetzt werden kann (OLG Zweibrücken, FamRZ 2002, 1210 und FamRZ 1999, 521). Der Kindesmutter stände daher ausschließlich gegen eine amtsgerichtliche Ersetzung der Zustimmung die Beschwerdemöglichkeit offen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.

Die Festsetzung des Gegenstandswertes für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 130 Abs. 2, 30 KostO.

Ende der Entscheidung

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