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Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 18.01.2001
Aktenzeichen: 9 WF 242/00
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 114
ZPO § 323 Abs. 3
ZPO § 323
BGB §§ 1601 ff
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
BGB § 1612 b Abs. 5
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 242/00 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die Beschwerde des Antragstellers vom 14. November 2000 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Neuruppin vom 26. Oktober 2000 durch

die Richterin am Oberlandesgericht Surkau, den Richter am Landgericht Schollbach und den Richter am Amtsgericht Götsche

am 18. Januar 2001

beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Neuruppin vom 10.November 1997 - 5 F 373/96 - dergestalt, daß er ab April 2000 nur noch zur Zahlung eines monatlichen Kindesunterhalts an den Antragsgegner in Höhe von 143,- DM verpflichtet ist. Zur Begründung führt der Antragsteller aus, er sei aufgrund der Geburt eines 2. Kindes, J K, und unter Berücksichtigung seines bis Januar 2000 unverändert gebliebenen Einkommens nicht mehr in der Lage, den mit 296,- DM monatlich titulierten Unterhalt zu zahlen. Dies gelte auch, wenn der inzwischen eingetretene Bezug von Arbeitslosengeld infolge des Verlustes seiner Arbeitsstelle nicht berücksichtigt werde, da er während des Bestehens seines Arbeitsverhältnisses lediglich ein monatliches Nettoeinkommen von 1717,- DM habe erzielen können.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe nur insoweit bewilligt, als er Abänderung des Unterhaltstitels auf monatlich 260,- DM begehrt. Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dem weiterhin maßgebendem Einkommen des Antragstellers sei die Einkommenssteuerrückerstattung hinzuzurechnen. Ferner seien berufsbedingte Aufwendungen im Mangelfall nur dann abzugsfähig, wenn sie konkret nachgewiesen werden würden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der Begründung, bei Zugrundelegung eines fiktiven Einkommens müssten auch die angefallenen Werbungskosten berücksichtigt werden.

II.

Die gemäß § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO statthafte Beschwerde ist in der Sache nicht begründet.

Nach § 114 ZPO ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Dies ist vom Amtsgericht im Ergebnis zu Recht überwiegend verneint worden.

Soweit das Amtsgericht dem Antragsteller Prozesskostenhilfe bewilligt hat, ist dem Beschluss nicht mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, ab welchem Zeitpunkt eine Abänderung des vorliegenden Unterhaltstitels als berechtigt angesehen wird. Für den Fall, dass das Amtsgericht eine hinreichende Erfolgsaussicht für eine Abänderung des Urteils des Amtsgerichts Neuruppin vom 10. November 1997 bereits ab April 2000 angenommen hat, wird das Amtsgericht im Falle streitiger Entscheidung die Regelung des § 323 Abs.3 ZPO zu beachten haben, wonach ein Urteil erst für die Zeit nach Erhebung der Klage abgeändert werden darf. Satz 2 des § 323 ZPO begünstigt nur den Unterhaltsberechtigten, der bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen die Abänderung eines Urteils auch schon für einen früheren Zeitpunkt verlangen kann. Dagegen kommt die vom Antragsteller begehrte Herabsetzung des Unterhalts erst für die Zeit ab Zustellung des Urteils, hier ab dem 3. November 2000, in Betracht.

Im Übrigen kommt die Herabsetzung des Unterhaltstitels auch ab Zustellung der Klageschrift nach dem bisherigen Vorbringen des Antragstellers nicht in Betracht, so dass eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe über den angefochtenen Beschluss hinaus nicht erfolgen kann. Die Unterhaltsverpflichtung des Antragstellers gegenüber seinem minderjährigen Kind ergibt sich aus den §§ 1601 ff BGB. Diese Verpflichtung entfällt nur, soweit der Unterhaltsverpflichtete unter Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtung außer Stande ist, Ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren (§ 1603 Abs. 1 BGB).

Den Kläger trifft die gesteigerte Unterhaltsverpflichtung des § 1603 Abs. 2 Satz 1 BGB. Danach sind die unterhaltsverpflichteten Eltern ihren minderjährigen unverheirateten Kindern gegenüber verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu ihrem und der Kinder Unterhalt gleichmäßig zu verwenden. Den Unterhaltsschuldner trifft die Pflicht zur bestmöglichen Verwertung seiner Arbeitskraft; er muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte er im Einzelnen unternommen hat, um einen zumutbaren Arbeitsplatz zu finden und sich bietende Erwerbsmöglichkeiten zu nutzen (vgl. auch BGH FamRZ 1996, 345). Dabei ist der Unterhaltsverpflichtete gehalten, nicht den erstbesten Arbeitsplatz anzunehmen; vielmehr muss er sein Bemühen dahin ausrichten, eine solche Arbeitsstelle zu finden, die ihm die Zahlung ausreichenden Unterhaltes an den Unterhaltsschuldner - zumindest in Höhe des Mindestunterhaltssatzes - ermöglicht. Ein so verschärft haftender Unterhaltspflichtiger hat sich intensiv, das heißt unter Anspannung aller Kräfte und unter Ausnutzung aller vorhandenen Möglichkeiten, um die Erlangung einer hinreichend entlohnten Arbeit zu bemühen. Er muss alle verfügbaren Mittel für den Unterhalt des Kindes verwenden, praktisch alle Erwerbsmöglichkeiten ausschöpfen. Bei Arbeitslosigkeit hat sich der Pflichtige durch intensive Suche um eine Erwerbsstelle zu bemühen; bei Arbeitsstellen mit geringem Einkommen ist entweder eine neue Arbeitsstelle oder eine weitere Beschäftigung zu suchen, um zusätzliche Mittel zu erlangen. Dem Unterhaltsschuldner sind insoweit sowohl Gelegenheits- und Aushilfstätigkeiten (OLG Köln NJWE-FER 1999, 84) als auch ein Ortswechsel zumutbar (BGH FamRZ 1994, 372). Die beruflichen Dispositionsmöglichkeiten treten hinter die Elternverantwortung, den Mindestunterhalt leisten zu können, zurück (OLG Bamberg NJWE-FER 2000, 77; OLG Zweibrücken FamRZ 2000, 29, vgl. insgesamt Senat in MDR 2000, 1438).

Der Antragsteller hat Umstände, die der Aufnahme einer ausreichend dotierten Erwerbstätigkeit nach Eintritt der Arbeitslosigkeit bereits im Februar 2000 entgegenstehen, trotz der bei ihm liegenden Darlegungs- und Beweislast nicht vorgetragen. Da der Antragsteller nicht in gehöriger Weise seiner Erwerbsobliegenheit nachgekommen ist, ist er so zu behandeln, als erziele er ein Einkommen, das ihn in die Lage versetzen würde, den titulierten Unterhalt an den Antragsgegner zahlen zu können. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der bisherige Titel bereits unterhalb des Mindestunterhalts liegt und ab 1.Januar 2001 eine Anrechnung des anteiligen Kindergeldes gemäß § 1612 b Abs.5 BGB nicht mehr erfolgt.

Eine weitere Herabsetzung des bisher zu zahlenden Unterhalts kommt daher nicht in Betracht.

Ende der Entscheidung

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