Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Brandenburgisches Oberlandesgericht
Beschluss verkündet am 13.09.2007
Aktenzeichen: 9 WF 268/07
Rechtsgebiete: ZPO, InsO


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 240
ZPO § 240 Satz 1
InsO § 40
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Brandenburgisches Oberlandesgericht Beschluss

9 WF 268/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht

In der Familiensache

hat der 1. Senat für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts auf die als sofortige Beschwerde auszulegende Beschwerde des Beklagten vom 3. September 2007 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Cottbus vom 13. August 2007 durch den Richter am Oberlandesgericht Götsche als Einzelrichter

am 13. September 2007

beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die gemäß § 127 Abs. 2 ZPO statthafte und in zulässiger Weise eingelegte sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Amtsgericht hat mit in jeder Hinsicht zutreffenden Erwägungen die Erfolgsaussichten einer Rechtsverteidigung für den Beklagten gemäß § 114 ZPO verneint.

I.

Soweit der Beklagte die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 ZPO begehrt, geht dies fehl. Gemäß § 240 Satz 1 ZPO erfolgt eine Unterbrechung nur dann, wenn das streitige Verfahren die Insolvenzmasse betrifft. Betroffenheit in diesem Sinne liegt vor, wenn der Streitgegenstand ganz oder teilweise zur Insolvenzmasse gehört oder aus ihr zu leisten wäre. Für regelmäßig wiederkehrende Leistungen, zu denen Unterhaltsforderungen zählen, gilt dies nur hinsichtlich der rückständigen Ansprüche gegen den Schuldner, nicht dagegen für solche, die nach Verfahrenseröffnung entstanden sind. Dies folgt aus der Vorschrift des § 40 InsO (vgl. auch OLG Hamm, FamRZ 2005, 279, 280; Musielak/Stadler, ZPO, 5. Aufl. 2007, § 240, Rn. 5 m. w. N.).

Das Insolvenzverfahren ist ausweislich der eingereichten Kopie des Beschlusses des Amtsgerichts Cottbus vom 19. Dezember 2005 (63 IN 464/05) zu diesem Tage eröffnet worden. Mit dem vorliegenden Rechtsstreit macht die Klägerin Unterhaltsforderungen für die Zeit ab Februar 2006 geltend. Die vorgenannten Voraussetzungen einer Betroffenheit der Insolvenzmasse liegen daher nicht vor. Auf diese Umstände hat das Amtsgericht den Beklagten bereits hingewiesen, ohne dass dieser hierauf näher eingegangen ist. Die abweichende Auffassung des Beklagten beruht wohl auf einem falschen Verständnis des Begriffs der Rückstände; seine insoweit vertretene Auffassung ist in keiner Weise nachvollziehbar.

II.

Soweit der Beklagte auf die Pfändungsfreigrenzen hinweist, trägt dies nicht. Gerade mit der Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens erlangt der Unterhaltsschuldner die Möglichkeit, sich gegenüber seinen sonstigen Gläubigern auf seine Pfändungsfreigrenzen zu berufen und dadurch bei Wahrung seines notwendigen Selbstbehaltes Unterhalt leisten zu können (vgl. nur Wendl/Staudigl/Gutdeutsch, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. 2004, Rn. 122 a m. w. N.). Dem Schuldner ist also einerseits sein notwendiger Unterhalt zu belassen, andererseits muss er - im Verhältnis zu sonstigen Gläubigern - in die Lage versetzt werden, seinen weiteren gesetzlichen Unterhaltspflichten nachzukommen (vgl. auch Rotax/Kreutzkam, Praxis des Familienrechts, 3. Aufl. 2007, S. 1292). Insoweit ist die unterhaltsrechtlich-relevante Leistungsfähigkeit anhand der allgemeinen materiell-rechtlichen Erwägungen zu prüfen. Einschränkungen aufgrund des Verbraucherinsolvenzverfahrens bestehen hier nicht.

III.

Das Amtsgericht hat den Beklagten zutreffend als zumindest fiktiv leistungsfähig zur Zahlung des geltend gemachten Mindestunterhaltes (100 % des Regelbetrages) behandelt. Insoweit übersieht der Beklagte, dass ihm hinsichtlich seiner fehlenden Leistungsfähigkeit die vollständige Darlegungs- und Beweislast trifft. Diesen insoweit strengen Anforderungen ist er bislang nicht im ausreichenden Maße nachgekommen.

1.

Dies betrifft zunächst bereits seine tatsächliche Leistungsunfähigkeit. Insoweit hat der Beklagte darzulegen und nachzuweisen, dass er weder aus seinen erzielten Einkünften noch aus seinem Vermögen die geltend gemachten Mindestsätze decken kann. Hinsichtlich seiner Einkünfte hat er zwar Lohnbescheinigungen vorgelegt, diese sind aber teilweise nur schwer lesbar, was bereits Zweifel an der ausreichenden Darlegung aufkommen lässt. Jedenfalls fehlt es aber an einer weitergehenden Darlegung dazu, dass dem Beklagten keinerlei weiteren Einkünfte zukommen. Dies betrifft insbesondere die Frage des Erhalts einer Einkommensteuerrückerstattung, zu der bislang ein entsprechendes Vorbringen des Beklagten fehlt.

Unabhängig davon fehlt es bislang an jeglichen Ausführungen dazu, dass der Beklagte nicht in der Lage ist, aus seinem Vermögen den geltend gemachten Unterhalt zu befriedigen. Allein die Eröffnung der Verbraucherinsolvenz bedeutet nicht, dass es insoweit eines weitergehenden Vortrages des Beklagten nicht mehr bedarf. Vielmehr ist der Beklagte schon unter Berücksichtigung des Zeitablaufes gehalten, zu seinen jetzigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen umfassend vorzutragen. Nur so kann er seine mangelnde Leistungsfähigkeit ausreichend dartun.

Selbst wenn aber anhand der durch den Beklagten vorgelegten Einkommensnachweise sein verfügbares Einkommen berechnet wird, ergibt sich, dass er derzeit vollständig leistungsfähig ist. Für August 2006 bis Juli 2007 ergibt sich ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 12.281,03 € (soweit dies anhand der zum Teil schwer lesbaren Belege nachvollzogen werden kann). Dies entspricht einem monatlichen Einkommen von 1.023,42 €. Abzüglich des dem Beklagten zustehenden Selbstbehaltes von 820 € verbleiben ihm 203,42 €, weshalb es ihm möglich ist, den Mindestunterhaltsbetrag von 177 € (Zahlbetrag von 100 % des Regelbetrages Ost) zu zahlen. Dabei sei darauf hingewiesen, dass dem Beklagten von dem vorangestellten Nettoeinkommen keine Abzüge zuzubilligen sind. Soweit er in 2007 eine Direktversicherung abgeschlossen hat, handelt es sich um eine unzulässige Maßnahme der Vermögensbildung, jedenfalls soweit dies dem hier relevanten Mindestunterhaltsanspruch der Klägerin betrifft. Ebenso wenig sind ihm 5 % berufsbedingte Aufwendungen zuzubilligen, da im Rahmen des Mindestunterhaltes eine derartige Pauschalisierung nicht in Betracht kommt (Leitlinien des OLG Brandenburg, Ziffer 10.2.1 Satz 3).

2.

Im Übrigen muss sich der Beklagte, so er denn tatsächlich nicht leistungsfähig wäre, als fiktiv leistungsfähig behandeln lassen. Zu den Voraussetzungen einer Erfüllung der den Beklagten treffenden gesteigerten Erwerbsobliegenheit vgl. Brandenburgisches OLG, FamRZ 2007, 1336 f. und 2007, 72 jew. m. w. N.

Diesen strengen Anforderungen genügt das Vorbringen des Beklagten erkennbar nicht. Die bislang nachgewiesenen Bemühungen, einen ausreichend hoch dotierten Arbeitsplatz zu finden, sind schon zahlenmäßig zu gering. Im Übrigen entlastet auch die gesundheitliche Einschränkung den Beklagten nicht von der Verpflichtung zur Darlegung seiner mangelnden Leistungsfähigkeit bzw. seiner Möglichkeiten, eine ausreichend hoch dotierte Arbeitsstelle zu finden (vgl. auch OLG Frankfurt, FamRZ 2006, 566).

Ende der Entscheidung

Zurück